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Allein mit der Angst

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Ich fand niemanden, bei dem ich mich wirklich öffnen konnte. Zu Hause unterdrückte ich die Gefühle. Wenn meine Tochter wach war, wollte ich sie nicht belasten. Sie war zu klein, um Fragen zu stellen. Nach außen hin wirkte die Oma wie immer. Dass die Oma nun zu Hause war statt zu arbeiten und sich ihr Alltag abrupt geändert hatte, merkte mein Kind nicht. Meine Eltern besuchten uns und halfen mir, als ich für eine Woche allein war, mit ihr. Jetzt hatten sie Zeit, das war schön. Ich erzählte meiner Tochter nichts von der Alzheimerkrankheit. Warum auch? Dann hätte ich von meiner Traurigkeit und meinen Ängsten erzählen müssen. Ich wollte warten, bis sich der Alltag veränderte und eine Erklärung brauchte.

Ich sprach auch sonst wenig über meine Sorgen und Ängste. Ich hatte ein paar Anläufe gemacht und befreundeten Müttern von der Diagnose erzählt. Aber es tat jedes Mal weh. Wie sollte ich auf dem Spielplatz so nebenher von etwas für mich so Unfassbarem sprechen? Ich wollte, dass mich jemand in den Arm nimmt und sagt: ‚Das ist echt sch…‘ Stattdessen hörte ich dann Geschichten von anderen tragischen Schicksalen und Krankheiten. Ich fühlte mich nicht ernst genommen in meinen Gefühlen, keiner schien meinen grau-trüben Schleier zu verstehen. Keiner konnte meine Panik teilen. Ich fragte mich immer wieder, ob ich nicht vielleicht übertrieb. ‚Stell dich nicht so an, Peggy. Du bist gesund. Du darfst nicht traurig sein und weinen. Du musst stark bleiben‘, dachte ich oft und versuchte dieser grauen Alzheimerwolke die Stirn zu bieten.

Ich suchte im Internet nach Menschen, denen es ähnlich ging wie mir. Ich fand ein paar Foren, aber oft ging es um konkrete Fragen und Hilfsangebote. Einen Austausch unter Angehörigen fand ich nicht. Ich hatte das dringende Bedürfnis, mit Menschen zu sprechen, die sich auskennen. Ich wollte nicht irgendjemanden hören, der sich dunkel an die Demenz seiner Uroma erinnerte. Ich wollte wissen, wie es wirklich ist. Bei meiner Recherche im Internet war ich längst auf die Deutsche Alzheimer Gesellschaft und ihre regionalen Gruppen gestoßen. Würde man uns da helfen können? Leider gab es in der Nähe keine Gruppe. Und so versuchte ich, alleine mit meinen Gefühlen klarzukommen.

Ich genoss die Zeit mit meinen Eltern. Ich freute mich über ihre Besuche. Sie schienen durch die Krankheit noch mehr zu einer Einheit gewachsen zu sein, als sie es ohnehin schon immer für mich waren. Ich fand es berührend zu sehen, wie mein Papa zu meiner Mama hielt. Wenn sie mitten im Gespräch anfing zu weinen, umarmte er sie sanft und küsste sie. Zu sehen, wie sie sich nach so vielen Jahren noch so sehr lieben und sich umeinander kümmern – das hat mich sehr gerührt.

Infoteil: Was tun nach der Diagnose? Ein Überblick über Medikamente, Therapien und Angebote für Angehörige und Betroffene

Es gibt keine Heilung von Alzheimer, aber eine Reihe von Therapien, die die Symptome hinauszögern oder Beschwerden lindern können. Die medikamentöse Therapie ist eine Säule, aber nicht die einzige. Eine wichtige Unterstützung und Hilfe sind nichtmedikamentöse Therapien wie Ergotherapie, aber auch Maltherapie oder Gesprächstherapie. Besprechen Sie sich mit dem Arzt über die Behandlungsmöglichkeiten. Für bestimmte Therapien können auch Rezepte ausgestellt werden. Im Laufe der Zeit wird sich der Therapieplan immer wieder anpassen, so sind etwa Gesprächs- und Verhaltenstherapie für Menschen mit beginnender Demenz geeignet, während Logopädie häufig in einem späteren Stadium sinnvoll ist. Diese Möglichkeiten gibt es:

Medikamentöse Therapien:

Wichtig: Die Mittel können nur richtig wirken, wenn sie nach Vorschrift eingenommen werden. Dabei können Angehörige oder Pflegedienste unterstützen. Treten Nebenwirkungen auf, sollten Sie dies rasch mit dem Arzt besprechen, er kann die Dosierung und die Mittel anpassen.

Antidementiva: Damit lässt sich der Gedächtnisverlust einige Zeit aufhalten. Der Großteil der Menschen mit Demenz spricht gut auf eine Behandlung mit Antidementiva an. Dabei unterscheidet man im Groben zwei Wirkstoffe: Azetylcholinesterasehemmer und Glutamatantagonisten. Azetylcholinesterasehemmer werden bei leichter und mittlerer Demenz empfohlen. Sie regulieren die Botenstoffe im Gehirn und können dazu führen, dass sich die Konzentrations-, Lern- und Denkfähigkeit nicht verschlechtert, in manchen Fällen verbessert sie sich sogar. Glutamatantagonisten werden bei mittelschwerer bis schwerer Demenz verwendet. Bei beiden Mitteln ist es wichtig, rechtzeitig und zum richtigen Zeitpunkt mit der Behandlung zu beginnen. Antidementiva machen nicht abhängig.

Antidepressiva: Es gibt unterschiedliche Typen von Antidepressiva, die auf verschiedene Weise wirken. Einige sind eher antriebssteigernd, andere antriebshemmend. Nicht selten leiden Menschen mit Demenz unter depressiven Verstimmungen oder Depressionen. Antidepressiva sollen die Stimmung aufhellen. Sie können auch in einer anderen Richtung wirken wie zum Beispiel bei heftigen Angstzuständen oder starken Schlafstörungen. Generell dauert es ein paar Wochen, bis die Mittel anschlagen. Sie sollten langsam dosiert werden und ebenso langsam abgesetzt werden.

Neuroleptika: Diese Mittel kommen zum Einsatz, wenn Menschen mit Demenz Aggressionen, Sinnestäuschungen oder Wahnvorstellungen entwickeln. Die Mittel wirken hemmend auf den Botenstoff Dopamin im Gehirn. Wegen zahlreicher Nebenwirkungen sollten sie nur begrenzt und mit äußerster Vorsicht eingesetzt werden und auch nur wirklich dann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Nicht-medikamentöse Therapien:

Nicht-medikamentöse Therapien und psychosoziale Interventionen können Menschen mit Demenz in verschiedenen Bereichen sehr gut helfen. Für die meisten Erkrankten ist es ideal, wenn sie ein fester Bestandteil der Betreuung sind. Einige Therapien können auf Rezept verschrieben werden. Besprechen Sie das mit dem Arzt. Scheuen Sie sich nicht, frühzeitig begleitende Therapien zu machen und an entsprechenden Angeboten teilzunehmen. Es hat sich gezeigt, dass kognitive Stimulation bei leichter und moderater Demenz einen positiven Effekt auf die kognitive Leistung hat. Dies wirkt jedoch nicht langfristig, sondern für die Dauer des Trainings. Deswegen ist es sinnvoll, entsprechende Therapien und Verfahren dauerhaft und begleitend zu nutzen. Mit dem Lauf der Krankheit werden sich Bedürfnisse und Herausforderungen ändern, deshalb sollte die Art der Therapie und Maßnahme immer wieder individuell angepasst werden.

Ergotherapie: Sie kann Menschen mit Demenz unterstützen, Alltagsfertigkeiten möglichst lange beizubehalten. Zusammen mit dem Therapeuten werden Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen, Basteln, Anziehen geübt. Der Fokus ist auf der Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit, um so den Menschen mit Demenz zu stärken. Studien bestätigen, dass individuell angepasste ergotherapeutische Maßnahmen bei leichter bis moderater Demenz positive Wirkungen haben, vor allem dann, wenn sie im häuslichen Umfeld stattfinden und die Bezugspersonen eingebunden werden.

Physiotherapie: Darunter versteht man regelmäßige und gezielte Bewegungsangebote, die entweder als Einzel- oder Gruppentermine möglich sind. Studien haben gezeigt, dass mit einer gezielten Bewegungstherapie motorische Fähigkeiten langsamer abnehmen als ohne entsprechende Therapie und dass Menschen mit Demenz auch im Alltagsleben von dieser Therapie profitieren. Einzeltherapien sind häufig erfolgreicher als Gruppentherapien, weil sie gezielt auf die Fähigkeiten eingehen können und weder unter- noch überfordern, sondern individuelles Trainieren ermöglichen. Hilfreich ist es, wenn der pflegende Angehörige einbezogen und geschult wird.

Logopädie: Kommunikations- und Sprachprobleme stellen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen eine große Herausforderung dar. Logopäden können mit verschiedenen Übungen helfen, die Kommunikationsfähigkeit zu unterstützen, indem sie die Wortfindung, die Aussprache und das Sprachverständnis fördern. Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz treten häufig Probleme beim Essen auf, auch durch Schluckstörungen. Dabei kann die Logopädie ebenfalls helfen, indem noch vorhandene Fähigkeiten trainiert werden (Schlucktraining) und die Therapeuten Hinweise zur Zubereitung und zum Reichen der Nahrung geben.

Psychotherapie: Gespräche mit geschulten Psychologen oder Therapeuten können helfen, die Verunsicherung und Angst zu bewältigen. Diese können dabei unterstützen, die Diagnose und die Veränderungen anzunehmen und damit umzugehen. Gerade am Anfang der Erkrankung kann dies sehr hilfreich sein, aber auch im Verlauf sind Gespräche mit Psychologen und anderen Experten sinnvoll. Auch Gesprächsgruppen von Menschen mit Demenz, wo man sich untereinander in kleinem Kreis austauschen kann, können eine gute Unterstützung sein.

Künstlerische Therapien: Kunst-/Musik-/Tanztherapien bieten von Beginn an eine gute Unterstützung bei Unruhe, Aggression, depressiver Stimmung oder Ängsten. Über verschiedene Aktivitäten können kommunikative und soziale Kompetenzen gefördert werden. Bei der Musiktherapie werden Menschen mit Demenz über die Stimme oder Instrumente zum Mitmachen oder aktiven Anhören angeregt. Untersuchungen haben gezeigt, dass unabhängig von der Phase der Demenz eine Musiktherapie positiv auf die Psyche und das Verhalten wirken kann, vor allem bei Angstzuständen. Musik wirkt stärker als Worte, denn darüber werden vor allem die Gefühle erreicht.

Biografiearbeit und Erinnerungspflege: Therapeuten oder Psychologen arbeiten dabei häufig mit Bildern, Gegenständen, Musik oder Büchern aus der Vergangenheit des Menschen mit Demenz. Ziel ist es, in den Gesprächen schöne Erinnerungen zu wecken, um ein positives Selbstbild zu entwickeln und den Menschen mit Demenz zu stärken. Welche Gegenstände sich eignen, hängt dabei von der Person und auch vom Stadium der Erkrankung ab. Das Vorspielen von Musik mit biografischem Bezug wird auch bei sehr unruhigen und aggressiven Menschen empfohlen, da es Effekte auf ihr Verhalten haben kann und sie beruhigt.

Tiergestützte Therapie: Dabei handelt es sich in der Regel um Besuchstherapien. Am häufigsten eingesetzt werden Hunde, aber auch andere Tiere wie Pferde, Esel, Kaninchen oder Meerschweinchen kommen infrage. Durch den Kontakt, das Kümmern oder das Beobachten werden die Sinne und Emotionen der Menschen mit Demenz angeregt. Studien zeigen, dass die Tiertherapie depressive Verstimmungen verbessert, Unruhe und Aggressionen lindern kann und Menschen mit fortgeschrittener Demenz reger und wacher werden können.

Sensorische Verfahren: Dazu gehören Methoden, um die Sinne anzuregen, etwa Aromatherapie, Massagen und Lichttherapie. So hat sich gezeigt, dass bestimmte Duft- und Aromastoffe auf Menschen mit einer mittleren bis schweren Demenz bei starker Unruhe eine entspannende Wirkung haben. Auch körperliche Berührungen wie bei einer Massage können beruhigend wirken.

Angebote für Angehörige:

Alzheimer betrifft nicht nur den Menschen, der die Diagnose erhält, sondern auch seine Angehörigen. Sie werden mit neuen Aufgaben und Herausforderungen konfrontiert und fühlen sich oftmals mindestens genauso alleine. Gut, wenn sie sich Hilfe und den Austausch mit anderen suchen. Das kann in einer Gesprächstherapie mit einem Psychologen oder einem Coaching mit einem Therapeuten sein, aber auch Angehörigengruppen oder -beratungen sind Möglichkeiten, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich über seine eigenen Gedanken und Gefühle klar zu werden. Ich kann den Austausch in einer Angehörigengruppe sehr empfehlen und rate auch dazu, dies schon früh zu beginnen. In solchen Gruppen ist es manchmal sehr gemischt, was die Demenzformen und -stadien angeht, aber dennoch ist der Austausch untereinander oftmals sehr wertvoll und gewinnbringend. In einem Coaching wie auch in einer Therapie kann gezielter auf die individuelle Situation eingegangen werden. Solche Coachings und Beratungen finden auch telefonisch oder digital statt. Manche werden von den Krankenkassen bezahlt, bei anderen muss man die Kosten selber tragen oder sie funktionieren auf Spendenbasis. Egal wie, aber ich kann nur raten: Suchen Sie sich als Angehöriger ebenfalls jemanden zum Reden. Das kann auch eine befreundete Person oder der Partner sein. In jedem Fall tut es gut, sich auszutauschen, und ich möchte alle ermuntern, das zu tun. Denn nur wenn es den Angehörigen gut geht, können sie sich auch gut um den Menschen mit Demenz kümmern.

Angebote für Betroffene – unterstützte Selbsthilfe:

In Selbsthilfegruppen können Menschen mit Alzheimerdemenz und anderen demenziellen Formen von Vergesslichkeit über ihre Situation reden. Nicht alle haben ein tragfähiges privates Netzwerk oder sie möchten die Familie nicht belasten. Hier kann der Austausch mit anderen Betroffenen sehr hilfreich sein.

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