Читать книгу Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane - Pete Hackett - Страница 18

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Nach dem Sturm breitete sich dumpfes, bleiernes Schweigen über das zerklüftete Land. Noch immer hingen dichte Wolken des aufgewirbelten Staubes in der nunmehr reglosen stickigen Luft. Die Sonne leuchtete dahinter wie ein blass-roter Lampion. Die düstere dämmrige Atmosphäre passte zu der Stimmung, in der sich Tom Bancroft befand. Er kauerte mit seinen Söhnen unter einer überhängenden Felswand und blickte kaum auf, als Jube Dwyer seinen struppigen Gaul aus dem sich wie in Zeitlupe senkenden grauen Staubvorhand heraus lenkte.

Jess erhob sich ruckartig. Die Narbe auf seiner linken Wange leuchtete wie ein weißer Farbstrich. „Nun? Habt ihr was gefunden?“

Dwyer hockte müde zusammengesunken im Sattel. „Nichts! Und wenn du mich fragst, Jess, wir werden auch nie mehr den Schimmer einer Spur von den beiden finden. Dieser verdammte Sturm hat alles zugeweht.“

„Du kommst allein, Jube. Wo sind die anderen?“

„Fort.“

Mit ein paar langen Schritten war Jess bei dem gedrungenen Reiter. Seine Augen glühten. „Was heißt das?“, stieß er wild hervor.

Dwyer zuckte die Achseln. „Fort eben! Abgehauen! Sie hatten die Nase voll von Mexiko und noch mehr davon, vergeblich hinter Kelly und Old Simp herzuschnüffeln. Sie sagten, sie würden für Rinderarbeit bezahlt und nicht dafür, auf Menschenjagd ihre Skalps zu riskieren.“

Jess trat einen Schritt zurück. Seine knochige Rechte senkte sich auf den Revolver. Er wurde sich dieser eingefleischten Reaktion selber gar nicht bewusst. Will näherte sich rasch. „Verdammt, Jube, mach keine blöden Witze!“

Dwyer lachte missmutig. „Sehe ich aus, als sei mir nach Späßen zumute? Die Jungs wollten nicht mehr, basta. Da waren ein paar Kerle, die etwas von ‘nem gewissen El Moreno faselten, der mit seinen Leuten diese Gegend unsicher machen soll. Sie hatten keine Lust, an ihn zu geraten, für dreißig lumpige Dollar im Monat, wie sie sagten. Außerdem war die Rede davon, dass sie vielleicht nicht mal dieses Geld mehr bekommen würden. Jefford ist doch mit dem Herdenerlös auf und davon. Na, ich weiß nicht, wenn das nicht den Ruin der Bancroft-Ranch bedeutet?! Die Jungs meinten, es wäre höchste Zeit, sich anderswo nach ‘nem neuen Job umzusehen.“

„Elende Verräter!“, knirschte Will. „Da soll mir ja keiner mehr unter die Augen kommen!“

Jess starrte Dwyer aus zusammengekniffenen Augen an. „Warum hast du nicht versucht, sie aufzuhalten?“

„Du bist gut! Wie denn, he? Mit dem Schießeisen in der Faust? Damit einer auf die Idee kommt, mir von hinten ‘ne Kugel zu servieren? Bin ich der Boss? Zum Teufel, nimm die Pfote von der Kugelspritze, Mann! Ich kann‘s auch nicht ändern, dass die Jagd so ausgeht.“

Der hagere Rancher hatte Dwyer leer und abwesend angestarrt. Jetzt richtete er sich hölzern auf. „Es kann keine Rede davon sein, dass wir aufgeben. Wir suchen weiter. Wir reiten erst auf die Ranch zurück, wenn Chad für Larrys Tod bezahlt hat. Los, packt die Sachen zusammen! Wir brechen auf!“

Dwyer schüttelte den Kopf. „Wohin denn? Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt! Das ist doch verrückt!“

Ein Schimmer des alten stählernen Glanzes lebte in Bancrofts Augen auf. Er blickte Dwyer scharf an. „Hier gebe noch immer ich die Befehle. Ich habe geschworen, dass wir Chad zur Strecke bringen werden, und wenn es Wochen und Monate dauert!“

„Ohne mich!“, brummte der gedrungene Cowboy. „Jess, Will, zum Geier, steht nicht da und glotzt mich so an! Sagt ihm, dass es verrückt ist, was er da vorhat! Sagt ihm …“

„Du irrst dich, Jube“, schnitt Jess ihm kalt das Wort ab. „Wir sind einer Meinung mit Dad. Wir werden nicht ruhen, bis wir Larrys Mörder gestellt und an einen Ast geknüpft haben.“

„Aber das ist doch … Ach, zum Teufel, macht, was ihr wollt. Harvey, Skinner und die anderen hatten recht. Ich hätte gleich mit ihnen verschwinden sollen. Bis ihr endlich zur Vernunft kommt und euch auf den Heimweg macht, ist es ja doch zu spät. Dann wird auch das letzte Rind von eurer Weide gewandert sein. Dann könnt ihr noch von Glück sagen, wenn herumzigeunernde Strolche eure Ranch nicht bis auf die Grundmauern niedergebrannt haben. Was sollte dann unsereins noch bei euch verloren haben? In der Gegend um Silver City wird man bald vergessen haben, dass die Bancroft-Ranch mal zu den großen Ranches in New Mexico zählte. Well, anderswo gibt‘s auch ‘nen Job …“

Er wollte seinen Braunen wenden. Da zog Jess blitzschnell den Revolver. „Nicht so voreilig, Jube! Noch sind wir nicht soweit, dass wir ohne einen Cent in der Tasche auf der Straße stehen. Noch sitzt Jefford mit den vierzigtausend Bucks nicht im Trockenen. Und noch lassen wir uns von einem so miesen, hergelaufenen Kuhtreiber, wie du einer bist, auf diese Tour nicht abblitzen!“

„Will“, keuchte Dwyer, „wir waren immer gute Freunde! Bring ihn zur Vernunft, Will! Du weißt, dass ich …“

Achselzuckend wandte sich der junge blonde Mann ab und ging zu den Pferden. Jess grinste wölfisch. „Ehrlichkeit zahlt sich manchmal nicht aus, was, Jube? Du hättest wirklich nicht zurückkommen und uns Bescheid sagen sollen.“

„Jess, um Himmels willen, ich …“

„Zieh, du feiger Hund!“ Jess Miene war plötzlich eine wilde, hassverzerrte Fratze, der Ausdruck in seinen Augen mörderisch. „Los, nimm den Revolver, bevor ich dich einfach wie einen tollen Hund über den Haufen knalle!“

Bancroft, der hinter ihm stand, konnte dieses schreckliche Gesicht nicht sehen. Aber Dwyer wurde bleich. „Nein Jess! Mach keinen Quatsch! Ich weiß ja, dass ich keine Chance gegen dich habe …“

„Das hättest du dir früher überlegen müssen.“

„Keinen Mord, Jess!“, rief Bancroft dumpf. „Soll er doch verschwinden! Wir werden Chad auch ohne ihn erwischen! Für so feige, erbärmliche Kreaturen ist sowieso kein Platz an unserer Seite. Lass ihn reiten, Jess. Ich will ihn nie wieder auf unserer Ranch sehen.“

Zwei, drei Sekunden kämpfte Jess heftig mit sich, und nur Dwyer, der Jess‘ Augen sah, wusste die ganze Zeit, wie nahe er dem Tod war. Dann endlich sank Jess Waffe herab. Im selben Augenblick zeigte sein hageres Gesicht wieder hämische Gelassenheit. „Schon gut, Dad, ich werde mir die Hände an so einem Kerl nicht schmutzig machen. Hau ab, Jube!“

Dwyer wagte erst seinen Gaul zu wenden, als Bancrofts Ältester den Revolver ins Holster schob. Dwyer gab seinem Braunen so heftig die Sporen, dass das Tier mit einem schrillen Aufwiehern wie von der Sehne geschnellt davonschoss. Die Staubschleier zwischen den Felstürmen verschluckten ihn.

„Heh!“, rief Will. „Er hat noch meine Winchester im Scabbard. Ich hab sie ihm geliehen.“

Die Brüder wechselten einen Blick. Jess lachte. „Dann beeil dich, Mann, wenn du ihn noch einholen willst. Du brauchst die Knarre sicherlich noch, ehe wir über die Grenze zurückreiten.“

Will saß schon im Sattel, geschmeidig wie ein Panther, packte die Zügel und preschte los, bevor sein Vater etwas sagen konnte. Betont gleichmütig schlenderte Jess zur überhängenden Felswand zurück. Er setzte sich auf einen Stein, zog sein Rauchzeug hervor und drehte sich eine Zigarette.

„Will ist sicher bald zurück“, meinte er, ohne aufzublicken. „Nur keine Sorge. Jube wird schon vernünftig sein. Schließlich sind sie alte Freunde.“

Bancroft starrte über den leeren Sattel seines Rotfuchses abwesend in das fahle Zwielicht. „Chads Vorsprung wird immer größer. Glaubst du wirklich daran, dass wir ihn je erwischen, Jess?“

Sein Sohn blickte überrascht auf. Jäh wandte sich der hagere Rancher um. In seinem Gesicht arbeitete es. Jess blickte ihn lauernd an.

„Willst du aufgeben, Dad?“ Ein verstohlener Vorwurf schlich sich in seine Stimme. „Denkst du etwa an deine alte Freundschaft mit Kelly?“

Hastig schüttelte Bancroft den Kopf. „Er ist Larrys Mörder, nur das zählt für mich! Nur – wir verstehen alle nicht genug vom Spurenlesen, um ihn aufzustöbern, wenn er sich irgendwo in der Sierra verkriecht. Wir sind völlig auf den Zufall angewiesen.“

Jess senkte wieder den Kopf, so dass der Schatten seines Stetsons das wölfische Glitzern seiner Augen verdeckte. „Ich wüsste schon die richtigen Männer, die Kelly für uns fangen würden, vorausgesetzt wir würden sie gut bezahlen.“

„Ich würde all mein Geld zusammenkratzen, das weißt du! Wer sind diese Leute?“

Jess neigte den Kopf noch tiefer. Er brauchte für seine Zigarette diesmal länger als sonst. „Die Rawlins-Brüder …“

Er tat, als bemerkte er nicht das Zusammenzucken seines Vaters. Bancroft keuchte: „Du bist verrückt! Redest du wirklich von diesem berüchtigten Banditentrio, das gleich hinter Ringo Jefford auf der Liste aller Sheriffs und Marshals von New Mexico steht? Hieß es nicht, der Sheriff von Silver City hätte sie geschnappt und eingelocht?“

„Natürlich müssten wir sie aus dem Jail holen“, meinte Jess beiläufig. „Dürfte nicht allzu schwer sein, wenn wir‘s richtig anpacken. Das wäre dann immerhin schon ein Teil des Preises, den die Kerle für Kelly von uns bekämen. Am Geld sollte es also nicht scheitern. Aber wie gesagt, es ist nur so eine Idee, weil es mir ums Verrecken keine Ruhe lässt, dass Larrys Mörder vielleicht sonst nie zur Rechenschaft gezogen wird.“

Bancroft begann mit kurzen schnellen Schritten hin und her zu gehen. Plötzlich fuhr er hoch. „War das kein Schuss?“

Jess hatte es auch gehört. Aber er schüttelte den Kopf, lehnte sich zurück und rauchte ruhig. Bancroft wirkte rastlos wie ein Tiger im Käfig. Schweißrinnsale sickerten über seine ledrigen Wangen. Wieder blieb er stehen, nahm den Hut ab und fuhr mit der Hand durch das schüttere, von grauen Strähnen durchzogene Haar.

„Diese Verantwortung, Jess! Die Rawlins haben schon mindestens ein halbes Dutzend Menschenleben auf dem Gewissen. Ich müsste es mir mein Leben lang vorwerfen, wenn sie durch unsere Schuld noch mehr Mord und Schandtaten verübten.“

„Noch weniger würdest du es verwinden, wenn Larrys Tod nie gesühnt würde, nur weil du kein Risiko wagtest. Außerdem, wer sagt denn, dass wir den Rawlins-Brüdern Gelegenheit geben, je wieder einem Menschen ein Haar zu krümmen, außer Kelly natürlich. Warten wir doch erst mal ab,

bis sie ihren Job erledigt haben. Das Weitere wird sich finden.“

„Nun gut“, murmelte er rau, „versuchen wir es mit den Rawlins – Larrys wegen.“

Will jagte heran, bleich, mit einem harten Zug um den Mund und einem seltsamen Funken in den graugrünen Augen. So hatte er in jener Nacht ausgesehen, als er Juan Ortiz über den Haufen geschossen hatte. Mit einem verkniffenen Grinsen blickte Jess auf das zuvor leere Sattelfutteral, aus dem nun der Kolben einer Winchester 73 ragte. „Na, alles glatt gegangen?“

„Was denn sonst? Jube lässt dich grüßen …“ Will sah das Warnsignal in Jess Augen und wischte hastig den verräterischen Blutfleck vom Gewehrkolben.

Jess klatschte die Hände zusammen. „Na denn, auf nach Silver City!“

„Wieso das?“, fragte sein Bruder verblüfft.

Jess lachte leise.

„Wir werden dort Kellys Todesurteil unterschreiben und die Henker hinter ihm herschicken. Lass dich überraschen, Kleiner!“

Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane

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