Читать книгу Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane - Pete Hackett - Страница 23

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Eine graue, niedrig hängende Wolkendecke verhüllte den Himmel von New Mexico, als die Reiter zwei Tage später ihre staubbedeckten Gäule auf dem Hof der Bancroft-Ranch zügelten. Zusammengesunken, mit fahlem, gealtertem Gesicht, hockte Chad Kelly zwischen den Rawlins-Brüdern im Sattel. Seine vorne zusammengeschnürten, wund gescheuerten Handgelenke schmerzten. Längst hatte er es aufgegeben, die Fesseln heimlich zu lockern. In New Mexico war es seit Jahren eine alte bedrückende Weisheit: Wen die Rawlins-Brüder einmal hatten, der war erledigt, der entwischte ihnen nicht mehr. Die Schurken hatten Chad keinen Zweifel daran gelassen, dass sie jeden Fluchtversuch prompt mit einer Kugel bezahlen würden.

Chads Herz zog sich schmerzhaft zusammen, wenn er daran dachte, wie oft er zu einem kameradschaftlichen Besuch hier aufgetaucht war. Jetzt kam er als Opfer, als Todgeweihter. „Galgenfutter“, wie es Emmett Rawlins grinsend nannte. Am schlimmsten war: Von hier, wo er sterben sollte, waren es nur mehr zehn oder zwölf Meilen zu seiner eigenen kleinen Ranch zu Conchita.

Beklemmende Stille herrschte. Die große, früher von emsigem Leben erfüllte Ranch machte einen heruntergekommenen, verödeten Eindruck. Das diffuse Licht vertiefte noch die düstere Atmosphäre. Die Banditen schienen jedoch dafür kein Gefühl zu haben. Dave feuerte gleichmütig einen Schuss in die Luft, schob die Waffe wieder ins Holster und stützte abwartend die Ellenbogen aufs Sattelhorn.

Knarrend schwang die Ranchhaustür auf. Tom Bancroft trat über die Schwelle. In einer anderen Umgebung hätte Chad ihn auf den ersten Blick vielleicht gar nicht erkannt. Bancroft ging gebeugt, zusammengezogen, so als leide er unter ständigen Magenschmerzen. Sein zerfurchtes Gesicht war noch magerer geworden. Bartstoppeln bedeckten seine ledrigen Wangen. Den Augen fehlte jeder Glanz. Sie belebten sich auch jetzt nicht, als sich Bancrofts Blick auf die staubgepuderten Reiter heftete.

„Na also! Dachte schon, es sei niemand daheim!“, grinste Dave Rawlins. „Da ist der Vogel, den wir fangen sollten. Gute Arbeit, wie?“

„Dafür haben wir euch ja aus dem Jail geholt“, lachte Will, der gemeinsam mit Jess ebenfalls aus der Tür trat. „Hallo, Kelly! Lange nicht gesehen. Wie geht‘s denn so?“

„Er sehnt sich nach der Hanfkrawatte“, lachte Emmett. „Das ist alles, was ihm fehlt.“

„Hinterm Haus steht ein Baum mit dicken Ästen. Der wird dir sicher prächtig gefallen, Kelly“, höhnte nun auch Jess. In den Augen der Bancroft-Brüder war ein wildes, triumphierendes Gefunkel. Keiner fragte nach Old Simp oder Jefford. Nur Chads Tod war jetzt für sie wichtig.

Chad beugte sich auf dem Pferd vor und starrte den hageren Rancher beschwörend an. „Tom, um Himmels willen, lass es nicht zu! Noch kannst du diesen Wahnsinn verhindern!“

Bancroft schüttelte den Kopf. Seine Stimme war tonlos. „Du wirst hängen, Chad. Das bin ich Larry schuldig.“

„Tom, du hast dich in eine falsche Idee verrannt! Ich musste auf Larry schießen, sonst hätte er mich erwischt! Wenn du mir nicht glaubst, dann bring mich wenigstens vor ein Gericht. Bring mich nach Silver City zu Sheriff Slaughter!“

Bancroft zuckte zusammen und wurde noch fahler, als er ohnehin schon war. Seine Söhne grinsten verkniffen.

Die Rawlins brachen in schallendes Gelächter aus.

„Slaughter wartet in der Hölle auf dich, du Narr!“, japste Ted, als hätte er einen umwerfenden Witz gehört. „Der hat unsere Befreiung aus dem Jail nicht überlebt, der arme Kerl. Na, irgendwann wird es sicher ‘nen neuen Sheriff in Silver City geben. Aber dann bist du garantiert längst tot.“

„Tom!“, murmelte Kelly erschüttert. „Mein Gott! Worauf hast du dich da eingelassen?“

Ein Frösteln durchlief Bancrofts hagere Gestalt. Dann versuchte er seiner Stimme den alten harten Klang zu geben, was ihm allerdings nicht recht gelang.

„Sei still, Chad! Für mich gibt es kein Zurück mehr. Slaughters Tod ist erst recht ein Grund mehr für mich, meine Rache zu vollstrecken. Jess, Will, worauf wartet ihr? Holt ihn vom Pferd! Bringt ihn zur Sykomore hinterm Haus, und vergesst den Strick nicht!“

Seine Söhne wollten sofort los, da hob Dave Rawlins herrisch eine Hand. Es war die Linke. Seine Rechte lag wie zufällig dicht hinterm Coltkolben. „Alles hübsch der Reihe nach, Amigos! Erst das Geschäft. Wir haben unseren Teil der Abmachung erfüllt, jetzt seid ihr dran. Ihr bekommt euren Freund Kelly erst, wenn wir das Geld haben. Ich hoffe doch sehr, Bancroft, dass die versprochenen dreitausend Piepen für uns bereitliegen.“

Auch Emmett und Ted hatten ihre Hände an die Waffen gelegt. So bullig und ungeschlacht diese Halunken auch aussahen, jeder wusste, wie höllisch flink sie mit den Schießeisen sein konnten. Absichtlich hatten sie ihre Pferde mehr als ein Dutzend Yards von der Ranchhausfront entfernt gezügelt.

Jess Bancroft grinste schief. „Keine Sorge, ihr bekommt das Geld.“

Sein Vater wandte sich schweigend ab und verschwand wieder im Haus. Er ging schlurfend wie ein alter Mann.

Jess dämpfte seine Stimme. „Was ist mit Jefford?“

„Tot“, grinste Dave. „Wenn wir hier verschwinden, dann vergiss nicht, uns die Extraprämie nachzubringen. Wir warten in dem Wäldchen zehn Meilen südlich von hier. Wenn du nicht kommst …“

„Schon gut, schon gut, ihr bekommt den Zaster“, winkte Jess hastig ab. „Habt ihr bei Jefford nichts gefunden, was …“ Er verstummte, denn sein Vater kam zurück. Er hielt drei Packen Geldscheine in den Händen, wahrscheinlich das letzte Geld, das er nach dem Verlust der vierzigtausend Dollar hatte auftreiben können.

„Tu‘s nicht, Tom! Gib ihnen keinen Cent!“, versuchte es Chad verzweifelt wieder. Dave zog den Colt und drückte ihm die kalte Mündung an die Schläfe.

„Wenn du nicht sofort den Rand hältst, nehme ich den Bancrofts die Arbeit ab, dich aufzuknüpfen.“

„Dreitausend, wie versprochen“, sagte Bancroft dumpf.

Dave nickte seinem Bruder Emmett zu. „Hol es! Zähl es nach, bevor du‘s einsteckst.“

Der zweitälteste Rawlins wollte seinen grobknochigen Wallach zum Ranchhaus lenken. Da meldete sich hinter ihnen bei den verwitterten Schuppen und Brennholzstapeln eine rostige Stimme.

„Nicht so hastig, Jungs! Wenn ihr schon so verdammt geschäftstüchtig seid, dann wendet euch lieber an mich. Dreitausend Bucks sind ja ein Jammerpreis für Kelly. Ich biete mehr.“

Chad wagte nicht den Kopf zu drehen. Denn Dave brauchte nur der Daumen über dem gespannten Hammer wegzurutschen, um Chads jäh erwachte neue Hoffnung im Keim zu ersticken. Chad hatte die Stimme auch so erkannt. Sein Herz pochte heftig. Old Simp war da! Old Simp, von dem er gedacht hatte, dass er mit seiner Beute schon viele, viele Meilen weit weg auf dem Weg nach Kalifornien oder sonst wohin reiten würde!

Fluchend griffen Bancrofts Söhne zu den Revolvern. Aber an ihren wütend verkniffenen Gesichtern erkannte Chad, dass der Oldtimer schlau genug war, sich in sicherer Deckung zu halten. Außerdem befanden sich die Reiter zwischen ihm und den Männern beim Ranchhaus. Das Schnauben von Simps Pferd drang aus dem Schatten. Dave Rawlins wandte vorsichtig den Kopf. Vielleicht erwartete er, dass eine Waffe auf ihn zielen würde. Dann wäre Chads Leben wahrscheinlich keinen Dollar mehr wert gewesen. Old Simp wusste das auch, und deshalb versuchte er es lieber gar nicht erst, den berüchtigten Rawlins-Brothers auf die raue Tour zu kommen.

„Beim Henker!“, grinste Dave rissig. „Du bist ja ein gefragter Mann, Kelly. Durch dich werden wir noch richtig reich. He du, Mister, wer immer du bist, versuch ja nicht, uns aufs Kreuz zu legen. Das hat noch keiner geschafft.“

Jess machte einen Schritt vorwärts. „Zum Teufel, das ist ein Freund von Kelly! Ein alter verrückter Kuhtreiber, der …“

„Geschäft ist Geschäft“, grinste Dave. „Wenn er genug Zaster hat, um uns Kelly abzukaufen, kann er von mir aus der Teufel höchstpersönlich sein. He, Hombre, wie steht‘s damit? Wie viel bietest du?“

Jess fluchte. Seine Faust schloss sich um den Revolverkolben. „So haben wir nicht gewettet! Wir haben euer Wort, dass Kelly uns …“

„Lass deinen Knaller stecken, Junge!“, warnte Dave heiser. „Allmählich solltest du doch wissen, dass mit uns nicht zu spaßen ist. Ich mache meine Geschäfte, mit wem es mir passt. He, Hombre, ich weiß noch immer nicht, wie viel du zahlen willst.“

„Das Doppelte von dem, was euch die Bancrofts geboten haben“, antwortete Old Simp lässig. Er lenkte seinen struppigen Braunen hinter der Schuppenecke hervor. Das wachsame, unternehmungslustige Funkeln seiner hellen Augen verjüngte das hagere verwitterte Gesicht. Bancrofts Söhne starrten wie hypnotisiert auf die prallen Satteltaschen, die vor Simps Schenkel über dem Pferd hingen. Als Dave Rawlins sah, dass der Oldtimer tatsächlich keine Waffe in der Faust hielt, sank seine Coltfaust herab. Chad konnte den Kopf wenden.

Old Simp, der sich in sicherer Entfernung hielt, blinzelte ihm zu. „Du hattest recht, Kelly. Das schlechte Gewissen ließ mir keine Ruhe. Bin doch schon zu alt, um in eine neue Rolle zu schlüpfen. Als ich dann umkehrte und merkte, was aus dir geworden ist, ahnte ich gleich, zu was dieses verflixte Geld noch gut sein würde.“

„Dafür ist dir ein Platz auf meiner Ranch sicher, Simp, und wenn du hundertfünfzig Jahre alt wirst!“

„Das ist ein Wort, Kelly! Na, Rawlins, gilt das Geschäft? Sechstausend Dollar für Kelly.“

„Es ist unser Geld“, schrie Jess Bancroft. „Dieser verdammte Kerl hat kein Recht …“

„Ich verhindere einen Mord“, grinste Old Simp achselzuckend. „Wenn ich dazu kein Recht habe, wozu dann?“

„Die Hölle soll dich verschlingen, du alter Gauner! Rawlins, der Mistkerl will dich reinlegen. Der schleppt vierzigtausend Dollar mit sich herum, die eigentlich uns ge …“

„Irrtum! Sind nur noch dreißigtausend. Aber die reichen garantiert, um euch endgültig aus dem Rennen zu werfen.“

„Hm!“, brummte Dave mit gierig glitzernden Augen. „Bevor ich ja sage, will ich sehen, ob du den Zaster auch wirklich hast, Oldtimer.“

„Von mir aus!“, blinzelte Old Simp listig. „Aber wenn du denkst, du kannst die Moneten und Kelly kassieren, irrst du dich, Muchacho. Schick einen von deinen Brüdern her, aber unbewaffnet.“

„Tu ihm den Gefallen“, sagte Dave brummig zu Emmett. Der schnallte grinsend seinen Revolvergurt ab, reichte ihn Ted und ritt zu Old Simp hinüber. Gemächlich, mit einer Hand am Kolben des Navycolts, öffnete der Oldtimer eine der beiden Ledertaschen.

Der Bandit bekam Stielaugen und einen wässrigen Mund. „Dave!“, krächzte er. „Diese alte Vogelscheuche hat tatsächlich mehr Moneten, als wir je auf einem Haufen gesehen haben!“

„Das mit der Vogelscheuche will ich überhört haben“, knurrte Old Simp beleidigt. „Bist du jetzt beruhigt, Rawlins? Well, dann gib Kelly raus. Schick ihn zu mir herüber.“

„Okay!“, antwortete der grobschlächtige Verbrecher schleppend. „Aber dafür will ich alles Geld, das du hast.“

Simp zog eine von seinem scheinbar unerschöpflichen Vorrat an Kautabakstangen aus der Jackentasche und biss ein großes Stück davon ab. Er kaute missmutig. „Bescheiden bist du ja nicht gerade, Rawlins …“

Dave grinste gierig. „Jeder hat so seine Schwäche. Meine ist Geld, viel Geld. Dafür tu ich alles. Dafür lasse ich es sogar auf einen Kampf ankommen. Und den willst du doch nicht, oder?“

„Nicht unbedingt“, gab Old Simp sauer zu. „Du bist wirklich ein verflucht geldgieriger Hundesohn. Aber keine Bange, Kelly, ich kaufe dich frei.“

„Wie klug von dir!“, lobte Rawlins. „Gib Emmett die Taschen mit den Bucks. Dann lasse ich Kelly reiten.“

„Das wirst du nicht!“, schrie Jess Bancroft mit überkippender Stimme und zog den Revolver.

Rawlins brauchte seinen Colt nur herumzuschwingen. Ein Feuerstrahl peitschte aus der Waffe. Jess krümmte sich nach vorne und sank auf die Knie. Will stieß seinen Revolver hoch. Eine Pulverdampfwolke hüllte ihn ein. Dave brüllte wie ein Stier, stürzte aus dem Sattel und geriet unter die stampfenden Hufe seines erschreckten Pferdes.

Dann wurde Will von Teds Kugel getroffen. Er schwankte, hielt sich jedoch mit zusammengebissenen Zähnen auf den Beinen und feuerte zurück. Die Kugel fällte Teds Gaul. Der junge Rawlins bekam gerade noch die Füße aus den Steigbügeln.

„Dave!“, kreischte er, während er durch den aufwallenden Staub rollte. „Dave!“

Emmett hatte Old Simp die geldgefüllten Ledertaschen entrissen, spornte nun seinen Hengst mit wutverzerrter Miene auf den Hof zurück und schoss auf Will. Ein weiteres Loch platzte im Hemd des blonden Ranchersohnes auf. Blut sprudelte hervor. Aber Will stand und pumpte wie ein Irrer das heiße Blei aus seiner Waffe, bis die Revolvertrommel leer war. Rawlins und sein Pferd gingen in einer brodelnden Staubwolke zu Boden. Die Taschen mit den dreißigtausend Dollar flogen in hohem Bogen durch die Luft.

Keuchend, mit schrecklich verzerrter Miene, ließ Will seinen qualmenden Sechsschüsser sinken. Sein Oberkörper war blutüberströmt – ein grausiger Anblick.

„Bancroft, du verdammter Hund!“, heulte Ted Rawlins und schoss ihm vom Boden aus eine Kugel durch den Kopf. Will sackte nieder wie eine Marionette, deren Schnüre durchtrennt werden.

Schwer atmend richtete sich Ted auf.

Sein irrer Blick flackerte über die reglosen Gestalten seiner Brüder. Chad Kelly hatte sich gleich nach dem ersten Schuss geistesgegenwärtig aus dem Sattel fallen gelassen. Jetzt kniete er im träge schleiernden Staub und zerrte heftig an seinen Fesseln, obwohl das absolut sinnlos war. Rawlins beachtete ihn nicht. Seine Augen brannten sich an Tom Bancroft fest, der mit grauem Gesicht wie versteinert zwischen seinen niedergestreckten Söhnen stand. Der hagere Rancher war unbewaffnet. Die Geldscheinbündel lagen zu seinen Füßen.

Ein wildes Zucken tanzte über Ted Rawlins brutales Gesicht. „Jetzt bist du fällig, Rancher!“

Mit einem heiseren Schrei jagte Old Simp seinen Braunen auf ihn zu. Das Trommeln der Hufe riss Ted herum. Er schoss sofort, fehlte jedoch in der Hast. Im nächsten Moment rannte ihn Simps Pferd über den Haufen. Ted flog mehrere Schritte weit, ehe er besinnungslos liegen blieb.

Bancroft schien nichts von der Gefahr bemerkt zu haben. Er starrte nur Chad an, der noch immer am Boden kniete. Nie hatte er eine grausigeres, sinnloseres Abschlachten erlebt. Bancroft bewegte sich plötzlich wie in Trance. Er lief zu einem am Boden liegenden Revolver, hob ihn auf und ging mit der angeschlagenen Waffe langsam auf seinen ehemaligen Sattelgefährten zu. Es war unheimlich, wie leer und abwesend seine Miene dabei immer noch wirkte, so, als würde der Rancher von einem fremden Willen gelenkt.

Chad taumelte hoch. Er brachte kein Wort über die Lippen. Der Tod kam in Bancrofts hagerer, gebeugter Gestalt auf ihn zu.

„Bancroft, bleiben Sie stehen!“, schrie Old Simp.

Bancroft hörte ihn gar nicht. Er sah auch nicht, dass der Oldtimer seinen Navycolt auf ihn richtete. Doch Simp feuerte nicht. Bancrofts Revolverhahn war bereits gespannt. Jede Kugel, die den Rancher jetzt traf, würde gleichzeitig Chad Kellys Todesurteil bedeuten.

Da wehte Jess‘ matte Stimme über den in fahlem Dunst liegenden Ranchhof. „Dad …“

Bancroft zuckte zusammen. Der Sixshooter in seiner Faust zitterte auf einmal, aber nach wie vor zielte die Waffe auf Chad. Jess hatte sich mühsam auf die Ellenbogen gestemmt. Schmerzen zeichneten sein bleiches Gesicht. Aus seinem linken Mundwinkel sickerte ein dünner Blutfaden.

„Töte ihn nicht, Dad!“, rief Jess. „Es hat ja doch alles keinen Sinn mehr. Mit mir ist es aus … Sein Tod nützt niemand mehr. Er ist unschuldig. Er war immer dein Freund und …“ Jess bäumte sich auf, rang nach Atem und streckte eine Hand nach Bancroft auf. „Hilf mir, Dad! Hilf mir!“

Der Revolver glitt aus Bancrofts Hand. In dem Augenblick bevor er sich umwandte, sah Chad die furchtbare Verzweiflung, die sein altes Gesicht zerriss. Stolpernd lief Bancroft zu seinem Sohn und sank bei ihm auf die Knie. Jess starrte ihn gequält an, wollte noch etwas sagen, aber sein Atem erlosch für immer. Bancrofts hagere Gestalt bog sich wie unter einer Last, die ihn nie mehr hochkommen lassen würde.

Chad spürte keine Erleichterung, als Old Simp neben ihm vom Pferd sprang und seine Fesseln zerschnitt. Alles, was einmal zwischen ihm und Tom Bancroft gestanden war, zählte nicht mehr. Er wollte zu ihm. Doch gleichzeitig begriff er, dass Tom allein mit seinem Schicksal, seinen Fehlern fertig werden musste. Old Simps rostige Stimme verscheuchte Chads trübe Gedanken. Aufmunternd drückte ihm der Oldtimer die Zügel seines Pferdes in die Hand.

„Ich übernehme schon den Ritt nach Silver City, um dort Bescheid zu sagen. Lass du nur Conchita nicht länger als nötig warten.“

ENDE

Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane

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