Читать книгу Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane - Pete Hackett - Страница 22
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ОглавлениеSie lagerten zehn Meilen südlich der Grenze. Die ganze Zeit über wartete Ringo Jefford schon mit mühsam gebändigter Ungeduld darauf, endlich einige Minuten mit Old Simp allein zu sein. Immer wieder ruhte dabei sein glühender Blick auf den geldgefüllten Satteltaschen, die neben dem niedrigen Feuer lagen. Als Kelly schließlich aufstand, um den angepflockten Pferden die umgehängten Futtersäcke abzunehmen, stellte Jefford rasch den leergetrunkenen Kaffeebecher neben sich auf die Erde und beugte sich lauernd vor. „He, Cowboy!“, raunte er leise.
Der Oldtimer, der mit einem Stock in der Glut stocherte, hob gemächlich den Kopf und schob seinen Priem von einer Backe in die andere. „Mach mir ja keinen Ärger, du Strolch! Ich bin rechtschaffen müde und möchte für heute meine Ruhe haben.“
„Menschenskind, Cowboy, ich versteh nicht, dass du diesen Quatsch von Kelly mitmachst!“
„Dann halt gefälligst die Schnauze!“
„Mann!“, zischte Jefford nach einem raschen Spähblick auf Chad, der bei den Pferden hantierte. „Überleg doch, was dabei herauskommen wird, wenn Kelly mich tatsächlich auf Bancrofts Ranch schleppt. Jess und Will werden euch mit heißem Blei empfangen, ehe Kelly dazukommt, auch nur ein Wort zu sagen. Die Jungens sind doch nicht blöd. Die lassen es doch nicht darauf ankommen, dass …“
Old Simp gähnte. „Lass mich zufrieden. Kelly weiß schon, was er tut.“
Jefford zerrte wütend an den Lederriemen, mit denen seine Hände vorne zusammengebunden waren. „Aber du weißt es nicht. Denk nur an das Geld, das Kelly Bancroft zurückbringen will. Du lieber Himmel, kommt dir denn nicht die Galle hoch bei dem Gedanken, die dreißigtausend Bucks schön brav ausgerechnet bei dem Mann abzuliefern, der wie der Teufel hinter deinem und Kellys Skalp her war? Das ist doch heller Wahnsinn!“
Old Simp brummte und stocherte heftiger im Feuer. Die Pferde prusteten, und weit entfernt heulte ein Coyote den Mond an, der wie eine Silbersichel hoch über den Felsen und Pinien hing. Leise knisterten die Flammen.
Jefford flüsterte: „Morgen sind wir schon auf der anderen Seite der Grenze, Cowboy. Solange würde ich an deiner Stelle nicht warten. Heute Nacht ist der richtige Zeitpunkt für uns beide, um mit dem Zaster abzuhauen. He, zum Teufel, Cowboy, hörst du mir überhaupt zu?“
„Aber sicher. Und wenn du nicht endlich deine Klappe hältst, helfe ich mit einer blauen Bohne nach.“ Old Simp warf den angekohlten Stock weg und richtete seinen alten Navycolt auf den gefesselten Verbrecher. Jefford zerknirschte einen Fluch zwischen den Zähnen.
Drüben bei den Pferden fragte Chad: „Gibt es Ärger, Simp?“ Seine Tritte malmten über den Lagerplatz. Der hagere Oldtimer erhob sich schwerfällig, die Waffe immer noch auf Jefford gerichtet. Er spuckte einen Strahl Tabaksaft ins Feuer, dass es zischte.
„Nichts Besonderes, Kelly. Er ist nur reichlich nervös, wenn er an den Besuch bei Bancroft denkt. Er möchte gerne, dass ich mit ihm und dem Geld türme.“
„Idiot!“, fauchte Jefford wütend.
Old Simp grinste faltig. „Selber Idiot! Wenn ich die Moneten will, dann brauche ich doch dich nicht dazu. Du würdest dich ja doch nur bei der nächsten Gelegenheit mit einer Kugel in meinen Rücken bedanken. Nein, mein Lieber, wenn ich verschwinde, dann allein.“ Blitzschnell schwang er die Waffe auf Chad herum. „Tut mir leid, Kelly, aber Jeffords Idee mit dem Geld ist wirklich nicht schlecht. Von hier aus schaffst du den Trail zur Bancroft-Ranch auch ohne mich.“
Chad war wie vor den Kopf geschlagen. Er wartete darauf, dass der ledergesichtige Oldtimer jetzt grinsend den Colt wegstecken und alles nur für einen schlechten Spaß erklären würde. Aber so gelassen Simp auch nach außen wirkte, das scharfe Funkeln in seinen kleinen hellen Augen war nicht zu übersehen. Dieselbe Entschlossenheit strahlte von ihm aus wie damals, als er Chad vor dem
Lynchstrick gerettet hatte. Kelly schüttelte benommen den Kopf.
„Simp, um Himmels willen, was ist in dich gefahren? Das ist doch Wahnsinn, wenn du …“
„Wahnsinn wäre es, Bancroft das Geld zurückzubringen, das er ja doch längst abgeschrieben hat. Glaub mir, Kelly, ich würde keinen Cent davon anrühren, wenn du die Moneten für dich und deine junge Frau behalten würdest. Aber Bancroft? Nein, Kelly, nachdem dieser Kerl dir die Freundschaft kündigte und uns wie wilde Tiere hetzen ließ, würde ich lieber das Geld ins Feuer schmeißen, als es ihm zurückbringen.“
„Ich verstehe ja deine Wut auf ihn. Es ist und bleibt aber trotzdem sein Geld, Simp. Du wirst doch nicht noch auf deine alten Tage zum …“
„Ach, hör auf damit! Das ist ja alles nur Gewäsch, leeres Gerede! Ich würde mich höchstens an den Haaren reißen, sollte ich irgendwann mal in der Gosse liegen und Bancroft hätte an meiner Stelle die dreißigtausend Dollar erwischt. Gib dir keine Mühe, Kelly! Mach es mir nicht schwerer als nötig. Mein Entschluss steht fest. Ich hab‘ mir den Kopf darüber zerbrochen, seit wir El Morenos Felsenfestung verlassen. Da musste nicht erst Jefford sein Maul aufreißen, um mich auf diese Idee zu bringen.“
Als Old Simp sich mit dem angeschlagenen Sixshooter den Geldtaschen näherte, sprang Jefford auf. „Behalte von mir aus den Zaster, Cowboy, aber sag ihm, er soll mich losbinden!“
„Den Teufel tu ich! Ich bin zwar jetzt in Kellys Augen ein Lump, aber ich denk nicht dran, ihn um die Chance zu bringen, seine Unschuld zu beweisen.“ Der hagere Weidereiter bückte sich vorsichtig nach den Satteltaschen. „Lass lieber die Finger von der Kugelspritze, Kelly. Besser, du schnallst ab, bevor du noch auf dumme Gedanken kommst, Amigo.“
„Du wirst nicht schießen, Simp!“
„Nein, aber nur, wenn du mich nicht dazu zwingst!“
„Simp, sei vernünftig! Steck das Eisen weg, und wir werden alles vergessen!“
„Für mich gibt es kein Zurück mehr! Tu, was ich dir sage, Kelly. Eine Kugel in deine Schulter genügt mir, um meine Flucht zu sichern. Aber was wird dann aus deinem Trail mit Jefford?“
Chad öffnete widerstrebend die Schnalle seines Revolvergurts. Er fühlte keinen Hass, nur bittere Niedergeschlagenheit. Simps triumphierendes Grinsen war nicht echt, als er Chads Waffe aufhob. „Tritt näher ans Feuer, damit ich dich besser beobachten kann, wenn ich reite.“
Chad gehorchte schweigend. Der Oldtimer stiefelte zu den Pferden, band seinen Braunen los und schwang sich in den Sattel. „Adios, Kelly! Grüß Bancroft von mir!“
Mit einem rauen Auflachen zog Old Simp seinen Gaul herum, gab ihm die Sporen und preschte in die Dunkelheit hinein. Chad verharrte wie eine Statue. Seine Augen brannten, als sei Rauch in sie geraten. Da stürzte Jefford an ihm vorbei auf den Colt zu, den Simp auf halber Strecke zu den Pferden fallen gelassen hatte. Jeffords Jackenschöße flatterten. Chad erwischte ihn an der Schulter, gerade als der Verbrecher sich bückte und mit den gefesselten Händen nach der bläulich glänzenden Waffe griff. Er riss ihn hoch und knallte ihm die Faust so wuchtig ans Kinn, dass Jefford auf den Rücken stürzte. Keuchend, mit hassverzerrter Miene, starrte der Bandit zu ihm hoch.
Chad wollte seinen Frontiercolt aufheben. Ein drohender rauer Ruf aus der Dunkelheit ließ ihn erstarren. „Wenn du die Bleispritze anfasst, bist du ein toter. Mann!“
Vorsichtig richtete sich Chad aus seiner gebückten Haltung auf. Sein Blick forschte im Schatten zwischen den Felsblöcken und Pinien. Eine zweite hämische Stimme meldete sich hinter ihm.
„Rechne dir keine Chance aus, Hombre. Wir sind zu dritt und bekannt dafür, dass wir selten danebenschießen – auf so ‘ne Entfernung ganz bestimmt nicht. Also, mach keinen Quatsch, Mister. Du würdest nicht mal dazu kommen, ihn zu bereuen.“
Ein leises Lachen folgte. Dann traten drei grobschlächtige Kerle mit unrasierten wüsten Gesichtern von verschiedenen Richtungen in den Lichtkreis des Lagerfeuers. Drei schwerkalibrige Colts zielten auf Kelly.
„Na, willst du uns nicht begrüßen, Amigo? Noch nie was von den Rawlins-Brothers gehört?“
Sie wussten genau, dass ihre Steckbriefe überall bekannt waren.
Chad zuckte die Achseln. „Ihr seid an den falschen Mann geraten, Jungs. Bei mir gibt‘s nichts zu holen, es sei denn, ihr seid mit meinen letzten fünf Dollar zufrieden.“
„Wir pfeifen auf deine lausigen fünf Bucks“, grinste Dave Rawlins gefährlich. „Wir wollen dich. Du bist Kelly, nicht wahr? Hat keinen Zweck, wenn du‘s leugnest. Wir haben deine genaue Beschreibung. Teufel, Jungs, das ist glatter gegangen, als ich dachte! Wenn‘s auch nicht leicht war, deine Fährte aufzuspüren, Kelly, du Hundesohn. Aber man sagt nicht umsonst von uns, dass wir imstande sind, sogar die Spur eines Vogels durch die Luft zu verfolgen.“ Rawlins lachte polternd. „Vorausgesetzt, wir werden gut dafür bezahlt! Du weißt sicher, von wem, oder?“
„Bancroft!“, würgte Chad hervor. Er spürte seinen Magen auf einmal wie einen Bleiklumpen. Ein wildes, fast schmerzhaftes Bedauern war in ihm, weil er vorhin nicht doch den Griff zur Waffe riskiert hatte.
Dave Rawlins lachte erneut. „Richtig getippt, mein Freund! Bancroft wird dreitausend Dollar hinblättern, wenn wir dich ihm servieren.“
„Tot oder lebendig!“, warf Ted grinsend hin. „Wozu noch viele Worte, Jungs? Ich war schon immer der Meinung, dass ein Toter weniger Scherereien macht, als einer, den man gefesselt mit sich herumschleppen muss.“
„Immer mit der Ruhe, Kleiner! Noch haben wir Bancrofts Geld nicht. Ich bin für Sicherheiten im Geschäft, verstehst du? Deshalb werden wir Mr. Kelly als Faustpfand für den Fall behalten, dass Mr. Bancroft und seine sauberen Söhne uns übers Ohr zu hauen versuchen.“
„Du denkst aber auch an alles, Dave! Von mir aus setzen wir diesen zweibeinigen Grizzly also gut verschnürt auf seinen Gaul und nehmen ihn mit. Aber nur, wenn er vernünftig ist und uns keinen Ärger macht. Hast du das gehört, Kelly?“ Die Tritte des jüngsten Rawlins knirschten von hinten auf Chad zu.
Emmett, der rechts von ihm stand, richtete seine Waffe plötzlich auf Jefford, der sich schwankend neben dem Feuer erhob. „Oha, wen haben wir denn da? Ich fress einen Besen, wenn das nicht unser alter Kollege Jefford ist.“
„Jungs, euch hat mir der Himmel geschickt!“, keuchte der ehemalige Bandenboss.
„Oder die Hölle!“, knurrte Dave. „Jefford, wir haben nicht vergessen, wie du uns damals bei San Vincente die Postkutsche vor der Nase weggeschnappt hast und es dann auch noch so einzurichten verstandest, dass der Sheriff mit seinen Leuten hinter uns her war.“
Jefford grinste verzerrt. „Du liebe Zeit, Jungs, das ist doch ‘ne halbe Ewigkeit her! Das werdet ihr mir doch nicht nachtragen. Nehmt mir doch endlich diese verdammten Armbänder ab, Amigos! Kerle wie wir müssen zusammenhalten. Alles, was ich will, ist ein Pferd und einen Revolver.“
„Das ist schon zu viel“, antwortete Dave und richtete seinen Colt ebenfalls auf Jefford. Dieser duckte sich wie ein in die Enge getriebener Wolf. Der Schweiß auf seinem halb von den Flammen angestrahlten Gesicht glitzerte rötlich.
„Na schön, also kein Pferd und kein Revolver! Irgendwie werde ich mich schon durchschlagen.“ Jefford zwang sich zu einem grimassenhaften Grinsen. Als er sich abwenden wollte, stoppte ihn Dave Rawlins raue Stimme.
„Niemand hat gesagt, dass du verschwinden sollst.“
Emmett und Ted lachten leise. Plötzlich stand die nackte Angst in Ringo Jeffords Augen.
Chad, der von Ted in Schach gehalten wurde, rief: „Nehmt ihn mit zu Bancroft! Ich verspreche euch, dass ihr es nicht bereuen werdet. Bancroft wird auch für Jefford bezahlen, wenn sich herausstellt, wie alles wirklich …“
„Halt die Klappe!“, knurrte Dave, ohne Jefford aus den Augen zu lassen. „Bancrofts Söhne haben uns ohne Wissen ihres Vaters tausend Dollar extra versprochen, wenn wir Jefford killen, für den Fall, dass er uns über den Weg läuft.“
„Das ist nicht wahr!“, keuchte Jefford gehetzt. „Jess war …“
„O doch“, grinste Dave. „Scheint so, als fürchteten sie, du könntest ihrem Oldman was erzählen, was er nicht wissen soll. Und für tausend Bucks mach ich gern zusätzlich meinen Finger krumm.“
Das erneute Lachen der Brüder war entnervend. Jefford warf sich herum und versuchte aus dem Lichtkreis zu entkommen. Dave lachte immer noch, als die Mündungsblitze aus seinem Colt zuckten. Er schoss dreimal so schnell hintereinander, dass die Detonationen zu einem lang rollenden Dröhnen verschmolzen. Jefford wurde wie von unsichtbaren Faustschlägen hin und her gestoßen. Er schrie markdurchdringend, stürzte und war plötzlich still.
Chad vergaß die auf ihn gerichtete Waffe. Jefford! Das war außer ihm und den Bancroft-Söhnen der letzte Mensch, der die Wahrheit kannte und seine Unschuld beweisen konnte. Alle anderen waren bereits tot: Hooker, die Ortiz-Brüder, Smiley, Redbull, Caddo. Die blutige Beute war ihnen selber zum Fluch geworden.
Und Jefford? Chad rannte zu ihm, ohne sich um Teds drohenden Ruf zu kümmern. Jefford lebte noch, als Chad bei ihm niederkniete. Er atmete flach und rissig. Seine Lippen bewegten sich. Aber kein Wort kam mehr aus seiner Kehle. Sein Kopf fiel zur Seite, sein Blick brach.
Chad hörte Tritte hinter sich, Sporengeklirr. Zusammengesunken blieb er an Jeffords Seite. Aus!, dröhnte es in seinem Kopf. Alles war aus und vorbei! Er würde Conchita nie wiedersehen. Sein eigener Sattelpartner aus lange vergangenen Tagen würde ihn wie einen lumpigen Verbrecher hängen lassen.
„Er hat nur bekommen, was er längst verdiente“, sagte Teds hämische Stimme hinter ihm. „Steh auf, Kelly!“
Chad gehorchte, aber anders, als der jüngste Rawlins es erwartet hatte. Wie ein Tiger federte er hoch, drehte sich und schmetterte dem bulligen Kerl die Faust ins Gesicht. Der wuchtige verzweifelte Hieb trieb Ted mehrere Yards zurück. Chad setzte nach, versuchte ihm den Colt zu entreißen. Da waren Dave und Emmett heran. Chad hörte noch ihr Keuchen, ihre heiseren Flüche, dann traf ihn ein Schlag, der alles auslöschte.