Читать книгу Die besten 11 Western des Sommers 2021 - Pete Hackett - Страница 31
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ОглавлениеIhre verbissene Zuversicht überraschte ihn. Sie war stark, viel stärker als er bisher geglaubt hatte. Und, beim Geier, weshalb sollte sie nicht die richtige Frau für ihn sein?
Jeder Handgriff, den sie an seinem Bein tat, jagte ihm neue Schmerzen durch den Körper. Aber, bei Gott, sie tat wenigstens etwas, versuchte ihm zu helfen. Ob es einen Sinn hatte oder nicht, das konnte zu diesem Zeitpunkt niemand beurteilen.
Mein Gott, was ist, wenn sie fertig ist?, dachte er verzweifelt. Lieber ertrage ich noch ein paar Stunden diese Hölle. Aber ich kann ihr nicht helfen. Verdammt, ich ...!
Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Betsy wickelte etwas um sein Bein, und es tat weh wie tausend Martern.
»Gib mir ’nen Schluck«, forderte er drängend. Er fühlte sich plötzlich elend. Nur nicht ohnmächtig werden, nur jetzt nicht ...
Betsy setzte ihm die große Flasche an die Lippen, und etwas davon lief an seinem Hals herunter. Er schluckte. Es brannte wie ein Lavastrom in seiner ausgetrockneten Kehle.
»Jetzt hast du genug von diesem guten Whisky vergeudet«, maulte Orel Fallon. »Wird langsam Zeit, dass du dich um uns kümmerst.«
Als sie die Flasche wegnahm, schnappte er nach Luft und japste wie ein junger Hund.
»Wolltest du ihn ersäufen?«, fragte Howie gutgelaunt, so kurz vor dem Ziel seiner Wünsche.
Betsy stellte die Flasche hin. »Ich bin noch nicht fertig«, sagte sie, und ihre Stimme zitterte nicht ein bisschen.
Woher, um alles in der Welt, nahm diese Frau nur ihre Zuversicht? Worauf vertraute sie nur so fest? Verdammt, es gab keinen Ausweg für sie beide ...!
Jeremy Shane dachte an den Revolver unter seinem Bett. Er wusste nicht genau, wo er dort lag, aber wie auch immer, er musste ihn schnell in die Hand bekommen, wenn er auch nur die Spur einer Chance haben wollte. Sein einziger Vorteil war, dass sie nichts davon wussten.
Er beobachtete die Gestalten im Dämmerschein der trüben Lampe. Sie alle starrten auf Betsys Rücken, und die Gier glitzerte in ihren Augen wie böses Glimmen. Sobald Betsy Blue hier fertig war, würden sie sich nehmen, was nur aufgeschoben war, würden wie Tiere über ihren zarten Körper herfallen. O Gott ...!
Wenn das geschah, dann könnte er nach der Waffe unter seinem Bett greifen, musste es tun, denn dann blieb keine Zeit mehr. Niemals würde er zusehen können, wie ...
In diesem Augenblick war Betsy Blue fertig. Ihre großen, blauen Augen blickten traurig, als sie ihn ansah, und doch war es ihm, als spielte da der Hauch eines Lächelns um ihren Mund, so als wollte sie sagen: Mach dir keine Sorgen, ich werde schon durchhalten. Aber stattdessen sagte sie: »Es sieht nicht gut aus. Ich werde morgen früh noch mal nach den Wunden sehen, ehe ich das Bein schiene.«
Shane nickte und dachte bitter: morgen früh? Wer weiß, was dann noch von dir übrig ist und von mir?
Betsy drehte sich zu den anderen um. Erwartungsvolles, lüsternes Schweigen schlug ihr entgegen, fordernde Blicke. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich zu wehren. Nicht, wenn sich noch ein Schimmer Hoffnung in ihr regte, mit dem Leben davonzukommen.
»Na los, zieh schon diesen Fummel aus«, forderte Orel sie heiser auf. »Als du unten in Benton unseren Bruder becirctest, hast du dich nicht so geniert.«
Betsy begann langsam das Kleid anzuheben. Jetzt muss ich es gleich versuchen, dachte Jeremy Shane fiebernd, ehe ihre dreckigen Hände ... Gott im Himmel, wenn sie nur etwas mehr zur anderen Seite ginge, sodass diese Halunken mich nicht direkt im Blickfeld haben.
Er wälzte sich so behutsam es ging zum Rand seines Lagers, das aus einem primitiven Holzgestell und einigen Fellen bestand.
In diesem Moment hob Orel Fallon lauschend den Kopf. »Was war das?«
Jeremy Shane hatte es auch gehört: Die Pferde draußen im Pferch wurden unruhig, schnaubten und stampften erregt hin und her.
Orel Fallons Blick kehrte drohend zu Betsy Blue zurück.
»Wen hast du da noch mitgebracht?«
Das Mädchen schüttelte stumm und ängstlich den Kopf.
Man hörte, wie die Tiere ängstlich zur anderen Seite des Corrals drängten.
Howie fuhr hoch. »Da draußen ist jemand, oder ich will verdammt sein.«
»Mach das Licht aus!«, schnarrte Orel gereizt.
Wieder tauchte alles in pechschwarze Finsternis. Shane atmete auf. Die Gefahr da draußen hatte die Gefahr hier drinnen vorerst gebannt. Das lang gezogene Heulen eines Wolfes erklang unweit von Jeremy Shanes Behausung.
»Da will uns einer glauben machen, ein räudiger Wolf habe die Gäule erschreckt«, brummte Howie. »Aber Wölfe kommen um diese Jahreszeit nicht so nahe an Menschen heran. Und wenn, dann heulen sie nicht, wenn sie um ihre Beute herumschleichen.«
»Dann können es nur Rothäute sein«, meinte Cole Fallon, und man hörte Besorgnis aus seiner Stimme heraus.
»Ich habe auch schon Weiße gekannt, die diesen Ruf täuschend ähnlich nachahmen konnten«, räumte Howie ein. »Aber du hast recht, Cole, wahrscheinlich handelt es sich um Rothäute.«
»Was, zum Henker, wollen die von uns?«
»Unsere Gäule natürlich. Was sonst?«
»Wir sollten rausgehen und sie zur Hölle schicken«, schlug Howie vor.
»Ich gehe nicht im Dunkeln da raus«, erklärte Orel Fallon entschieden. »Diese Hundesöhne haben Augen wie Katzen.«
»Wollt ihr euch von diesen Halsabschneidern die Gäule klauen lassen?«
»Meine Haare sind mir jedenfalls lieber«, entschied Cole Fallon.
»Vielleicht war es wirklich nur ’n Wolf.«
»Ist mir egal«, brummte Howie. »Wenn ihr die Hosen voll habt, sehe ich eben allein nach.«
»Sei kein Narr«, versuchte Ingram ihn zurückzuhalten.
»Keine Sorge«, meinte Howie großspurig. »Wer auch immer da draußen ist, er wird mich nicht erwischen.«
Er öffnete die Tür einen kleinen Spalt und schlüpfte geräuschlos hinaus.
»Der ist verrückt«, murmelte Orel Fallon, »aber das ist schließlich seine Sache.«
»Ruhig!«, zischelte Ingram. »Da war doch wieder was!«
Alle lauschten angespannt. Nur Jeremy Shane überlegte fieberhaft, wie er an den Revolver unter sich herankommen konnte. Jetzt, wo alle sich auf ihr Gehör konzentrierten, würden sie sofort bemerken, dass et etwas tat. Zwar würden sie nicht sehen, was, aber das Risiko war ihm zu groß. Er durfte sich nicht den leisesten Fehler erlauben. Deshalb legte er sich zurück und wartete.