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Nach einem heißen Bad und kalten Kompressen ging es Rebecca wieder einigermaßen gut. Die Spuren der Misshandlung würden in einigen Tagen nicht mehr zu sehen sein. Bis dahin empfahl Angus dem Mädchen, sich zu schonen.

Als er mit Leesa Boody wenig später allein war, sagte er grollend: "Der Ärger hat angefangen."

"Was wirst du unternehmen?", erkundigte sich das blonde Girl. Sie machte sich Sorgen um ihn.

Er hob die breiten Schultern. "Erst mal abwarten. Vielleicht genügt die Abreibung, die ich Higgins verpasst habe, um auch die andern erkennen zu lassen, dass mit dem Marshal von Statton nicht gut Kirschen essen ist."

"Wäre schön, wenn sie gleich wieder verschwinden würden", meinte Leesa hoffnungsvoll.

"Ja, das wäre schön", pflichtete Angus ihr bei. Seine Züge verkanteten. "Aber wenn sie die harte Tour bevorzugen, können sie sie haben. Ich werde mich nicht davor drücken. Dann kriegt der Sargtischler eben mal wieder Arbeit."

Leesa legte ihm die Hand auf den Arm. "Lass dich von denen nicht provozieren, hörst du?", sagte sie eindringlich.

Über Angus' Nasenwurzel entstand eine tiefe VFalte. "Ich werde tun, was nötig ist, um Recht und Ordnung in meiner Stadt aufrecht zu erhalten", sagte er entschlossen. "Kümmere dich weiter um Rebecca", bat er.

Sie nickte. "Mach' ich."

Angus gab ihr einen freundschaftlichen Klaps auf den Hintern und ging. Er holte sein Pferd aus der Scheune und schwang sich in den Sattel.

Die Candy Ranch war keine richtige Ranch, sondern ein großes ehemaliges Ranchhaus, das am Stadtrand stand. Neben der Pferdescheune gab es zwei kleinere Nebengebäude, in denen die hier tätigen Ladys ihre Privatzimmer hatten.

Zentrum des riesigen Haupthauses war die Eingangshalle mit der großen Freitreppe, die zu den "Geschäftszimmern" der Mädchen führte, und eine luxuriöse Bar, wo Butler Willard Bloomingdale die Drinks servierte.

Angus Walker ritt die Main Street hinunter. Ein klappriges Gefährt, vor das zwei müde Gäule gespannt waren, kam ihm entgegen. Ihm bot sich ein vertrautes Bild: Die Menschen auf den Bohlensteigen nahmen in gewohnter Weise Notiz von ihm. Im Schatten der Vorbauten saßen vereinzelt alte Männer, die einst mitgeholfen hatten, Statton aufzubauen. Vor dem General Store sortierte der Kaufmann seine Waren. "Hallo, Marshal!", rief er, als Angus vorbeiritt. Angus grüßte zurück. Die Stadt war noch friedlich. Aber würde das so bleiben? Seit Angus hier für Gesetz und Ordnung sorgte, durften sich die Bürger von Statton wieder sicher fühlen.

Das war nicht immer so gewesen. Die Stadt hatte wilde, leidvolle Zeiten hinter sich, und Angus war entschlossen, alles dranzusetzen, dass den Menschen, die ihn zum Marshal gewählt hatten und ihm vertrauten, der eingekehrte Friede auch in Zukunft erhalten blieb.

Er erreichte sein Office, stieg vom Pferd und ging hinein. Justin Hollow, das alte Großmaul, war nicht da. Wo treibt der Gauner sich herum?, dachte Angus amüsiert.

Er war gerade dabei, die Munitionsbestände zu prüfen, als ein Mann zur Tür hereinkam, mit dessen Besuch er nicht im Entferntesten gerechnet hätte.

"Hallo, Marshal", sagte der große schwarzhaarige Bursche.

"Hallo!", gab Angus kurz angebunden zurück.

"Ich bin Ken Pockerman."

Angus nickte. "Ich weiß, wer Sie sind."

Pockerman lachte. "Ich hoffe, sie glauben nicht alles, was die Zeitungen über mich schreiben."

"Kein Rauch ohne Feuer. In jedem Gerücht steckt zumindest ein Körnchen Wahrheit, sagt man."

Pockerman zog die Mundwinkel verächtlich nach unten. "Diese Journalisten sind allesamt ein unehrenhaftes, sensationsgeiles Gezücht – immerzu auf der Jagd nach heißen Storys. Wenn sie keine finden, dann erfinden sie eben welche, saugen sich die haarsträubendsten Unwahrheiten aus dem Finger und setzen sie ihren Lesern als Tatsachen vor. Und ehe man es verhindern kann, hat man seinen schlechten Ruf weg – und wird ihn nie mehr los, denn ein Zeitungsschmierer übernimmt vom andern, was der kolportiert hat und fügt noch ein paar dicke Lügen hinzu, um den Kollegen nach Möglichkeit zu übertrumpfen." Pockerman hob die Schultern. "Ich bin ein Opfer dieser Mistkerle."

Wer soll dir das glauben?, dachte Angus Walker.

"Da war mal ein Mann namens Don Chandler", sagte Ken Pockerman. "Vielleicht kennen Sie die Geschichte."

Angus schüttelte den Kopf.

"Chandler hatte was gegen mich", erzählte Pockerman. "Er verbreitete in seiner Zeitung so lange Lügengeschichten über mich, bis die Leute anfingen, sie zu glauben, und als der Bastard schließlich hinterrücks erschossen wurde, waren sich alle einig, dass ihn nur Ken Pockerman umgelegt haben konnte."

"Haben Sie's getan?", fragte Angus kühl.

"Ich schieße niemanden in den Rücken, Marshal, und ich ziehe niemals zuerst."

"Sie haben eine Menge Männer getötet."

Pockerman nickte. "In Notwehr. Sie könnten alle noch leben, wenn sie mich nicht herausgefordert hätten. In gewisser Weise ist Don Chandler an ihrem Tod schuld. Sie wollten sich mit mir messen, wollten herausfinden, ob ich wirklich so schnell bin, wie Chandler immer behauptet hatte. Die meisten von ihnen waren ehrgeizige Idioten, die den Ruhm für sich beanspruchen wollten, besser und schneller als Ken Pockerman gewesen zu sein. Wir leben in einem freien Land, Marshal. Es ist jedes Mannes Recht, sich zu wehren, wenn er bedroht wird, sein Leben mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Dieses Recht habe ich für mich in Anspruch genommen. Und die Zeitungen machten aus mir einen skrupellosen Gunman, einen kaltblütigen Killer, dessen Weg mit Leichen gepflastert ist. Dagegen kann man sich nicht wehren. Ich kann niemandem verbieten, über mich zu schreiben, und ich habe keinen Einfluss darauf, was er zu Papier bringt, muss es einfach hinnehmen und damit leben."

Liebe Güte, was bist du für ein armes Schwein, dachte Angus sarkastisch.

"Sie haben, wie alle andern, eine vorgefasste Meinung von mir, das sehe ich Ihnen an, Marshal", sagte der Bandenchef. "Sie hören den Namen Ken Pockerman, und schon sträuben sich Ihre Nackenhärchen. Ist es nicht so?"

Angus musterte sein Gegenüber mit finsterem Blick. "Warum sind Sie nach Statton gekommen?"

Pockerman lächelte. "Statton ist eine schöne Stadt."

"Es ist vor allem eine friedliche Stadt."

Pockerman nickte. "Das hat man Ihnen zu verdanken."

"Ich möchte, dass das so bleibt."

Pockerman legte die Hände auf seine Brust. "Ich bin der Letzte, der daran etwas ändern möchte, Marshal. Ich bin nicht so schlecht, wie Sie meinen. Ich habe immerhin das Leben Ihres Schützlings gerettet." Er runzelte nachdenklich die Stirn. "Wie war doch gleich ihr Name? Lucinda. Ja. Lucinda Jackson. Ihre Pferde gingen durch..."

"Lucinda hat mir davon erzählt", fiel Angus dem Banditen ins Wort.

Pockerman bleckte die Zähne. "Sollte mir das bei Ihnen keinen dicken Gutpunkt eingebracht haben, Marshal?"

Angus kniff die Augen zusammen. "Ich würde es dennoch begrüßen, wenn Sie und Ihre Freunde meiner Stadt schon sehr bald wieder den Rücken kehren würden."

Pockerman lachte. "Da sehen Sie, was dieser Don Chandler angerichtet hat." Er breitete die Arme aus. "Wir sind hier noch nicht mal richtig warm geworden, Marshal."

"Einer Ihrer Kumpane hat bereits argen Mist gebaut", knurrte Angus.

"Hal." Pockerman nickte. "Ich weiß." Er schaute Angus direkt in die Augen. "Aus diesem Grund bin ich hier, Marshal. Ich möchte mich bei Ihnen in aller Form für das indiskutable Verhalten meines Freundes entschuldigen und verspreche, dass so etwas nicht noch mal passieren wird."

Angus nickte ebenfalls, doch er glaubte dem Mann kein Wort.


Western Exklusiv Spezial Großband 1/2021

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