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3. Kosten
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Die Produktion von Gütern oder Leistungen ist nur unter Einsatz von Ressourcen (Produktionsfaktoren = Kapital und Arbeit) möglich, die das Unternehmen in der Regel auf dem Markt gegen Entgelt erwerben muss. Es entstehen also Produktionskosten. Diese Kosten werden in unterschiedliche Kategorien eingeteilt, denn sie haben unterschiedliche Bedeutung für das Angebotsverhalten von Unternehmen am Markt.
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Die Gesamtproduktionskosten für ein bestimmtes Produkt lassen sich zunächst einmal danach unterscheiden, ob sie von der produzierten Menge abhängig sind (variable Kosten) oder nicht (fixe Kosten). Für beide Kostenarten lassen sich weiterhin unterscheiden: die Gesamtkosten für eine bestimmte produzierte Menge, die Durchschnittskosten pro Produkteinheit sowie die Grenzkosten, die denjenigen Betrag bezeichnen, um den sich die Gesamtkosten erhöhen, wenn ein Unternehmen seine Produktion um eine weitere Einheit steigert. Folgendes numerische Beispiel möge die Unterschiede veranschaulichen:
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Tabelle 1: Kostenarten
Menge insgesamt | Gesamte Fixkosten | Gesamte variable Kosten | Gesamtkosten | Grenzkosten | durchschnittliche Gesamtkosten | durchschnittliche fixe Kosten | durchschnittliche variable Kosten |
---|---|---|---|---|---|---|---|
M | GFK | GVK | GK | Kʼ | DGK | DFK | DVK |
0 | 55 | 0 | 55 | 0 | |||
1 | 55 | 30 | 85 | 30 | 85 | 55 | 30 |
2 | 55 | 55 | 110 | 25 | 55 | 27,5 | 27,5 |
3 | 55 | 75 | 130 | 20 | 43,3 | 18,3 | 25 |
4 | 55 | 105 | 160 | 30 | 40 | 13,75 | 26,25 |
5 | 55 | 155 | 210 | 50 | 42 | 11 | 31 |
6 | 55 | 225 | 280 | 70 | 46,7 | 9,2 | 37,5 |
7 | 55 | 315 | 370 | 90 | 52,9 | 7,9 | 45 |
8 | 55 | 425 | 480 | 110 | 60 | 6,9 | 53,1 |
9 | 55 | 555 | 610 | 130 | 67,8 | 6,1 | 61,7 |
10 | 55 | 705 | 760 | 150 | 76 | 5,5 | 70,5 |
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Fixkosten (FK) sind unabhängig von der produzierten Menge, weil sie den Verbrauch von Ressourcen betreffen, die – wie etwa Bürogebäude, Produktionsanlagen oder langfristig eingestelltes Personal – ohnehin vorhanden sind, gleichgültig ob viel oder wenig produziert wird. Die Höhe der Gesamtfixkosten (GFK) ändert sich also auch mit zunehmender Menge nicht. Mit zunehmender Menge können die Fixkosten aber auf immer mehr produzierte Einheiten umgelegt werden, so dass die Durchschnittskosten pro Stück (DFK) entsprechend fallen. Man spricht daher von Mengen- bzw. Größenvorteilen der Produktion (economies of scale – Skalenerträge). Andererseits fallen die Fixkosten in voller Höhe bereits an, bevor die erste Einheit produziert ist, so dass die fixen Grenzkosten (FKʼ) vom ersten Stück an gleich null sind. Diese Zusammenhänge lassen sich folgendermaßen grafisch darstellen:
Schaubild 1:
Fixkosten
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Variable Kosten (VK) sind demgegenüber Kosten, die von der produzierten Menge abhängig sind, weil sie sich auf Ressourcen – wie etwa Rohstoffe, Vorprodukte, Energie oder Arbeitseinsatz – beziehen, deren Verbrauch sich in einer bestimmten Relation zur produzierten Menge verändert. Mit zunehmender Menge steigen also die gesamten variablen Kosten (GVK). Sie steigen aber im Prinzip disproportional, nämlich ab einem bestimmten Punkt (W) schneller als die produzierte Menge (zur Begründung sogleich), dh die variablen Grenzkosten (VKʼ), die auf jede zusätzlich produzierte Einheit entfallen, nehmen zu. Für die durchschnittlichen Stückkosten (DVK) bedeutet dies, dass sie nun ebenfalls steigen. Man spricht daher von Mengen- bzw. Größennachteilen (diseconomies of scale – negative Skalenerträge). Diese Zusammenhänge lassen sich grafisch folgendermaßen darstellen:
Schaubild 2:
Variable Kosten
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Das überproportionale Ansteigen der durchschnittlichen variablen Kosten (DVK) hat zwei Gründe: ein Grund liegt in der abnehmenden Produktivität der variablen Produktionsfaktoren; der andere Grund betrifft die zunehmenden Transaktionskosten, die mit der Ausdehnung der Unternehmensorganisation infolge der Expansion der Produktion verbunden sind.
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Die abnehmende Produktivität der variablen Produktionsfaktoren beruht auf der Beobachtung, dass bei unveränderten fixen Ressourcen die Steigerung der produzierten Menge einen ständig zunehmenden Einsatz variabler Ressourcen erforderlich macht bis ein Wendepunkt (W) erreicht wird, an dem eine weitere Steigerung des Einsatzes variabler Ressourcen keine Erhöhung der produzierten Menge mehr bewirkt. Dies entspricht dem allgemeinen Gesetz des fallenden Grenznutzens von Ressourcen.
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Der zweite Grund für das Ansteigen der variablen Kosten beruht auf der Beobachtung, dass jedes Unternehmen mit Transaktionskosten konfrontiert ist, die sich aus der Organisation der Produktionsabläufe und dem damit verbundenen Planungs- und Koordinierungsaufwand ergeben.[12] Diese – ebenfalls variablen – Kosten steigen proportional zur Ausdehnung der Unternehmensorganisation. Je größer das Unternehmen wird, desto bürokratischer werden die Strukturen und Entscheidungsprozesse. Entsprechend aufwändiger werden das Management und die Kontrolle der Produktionsabläufe. – Gewöhnlich steigen allerdings die variablen Kosten nicht linear, sondern sie sind zunächst bei geringer Produktionsmenge relativ hoch, verharren dann bei Produktionsausdehnung auf einem relativ stabilen Niveau bis sie jenseits einer bestimmten Produktionsausweitung wieder stark ansteigen.
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Die Produktionskosten eines Unternehmens insgesamt bestehen nun aus der Summe der fixen und der variablen Kosten. Wiederum lassen sich Gesamtkosten (GK), Durchschnittskosten (DK) und Grenzkosten (Kʼ) unterscheiden. Sie haben typischerweise folgenden Verlauf:
Schaubild 3:
Produktionskosten
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Die Gesamtkostenkurve (GK) entspricht in ihrem Verlauf den gesamten variablen Kosten (GVK), weil zu diesen Kosten ein stets gleich bleibender Betrag an fixen Kosten (FK) hinzukommt. Die gesamten Durchschnittskosten (DK) fallen zunächst aufgrund der abnehmenden durchschnittlichen Fixkosten (DFK: siehe Schaubild 1) und der dadurch bedingten Skalenerträge (economies of scale). Sie steigen dann aber wieder an wegen der zunehmenden durchschnittlichen variablen Kosten (DVK siehe Schaubild 2). Entsprechend fallen bzw. steigen die gesamten Grenzkosten (Kʼ).
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Fixkosten sind in der Regel versunkene Kosten (sunk costs), die verloren sind und auf keine Art und Weise wiedergewonnen werden können, wenn sie nicht durch die am Markt erzielten Erlöse gedeckt werden. So sind beispielsweise die Kosten der Investition in ein Stahlwerk versunken, da sich die Produktionsanlagen im Falle der Betriebseinstellung nicht einer anderen produktiven Verwendung zuführen lassen. Dagegen sind variable Kosten vermeidbare Kosten (avoidable costs), die nicht anfallen, wenn nicht produziert wird. So können die zur Stahlerzeugung erforderlichen Rohstoffe auch in anderen Stahlwerken oder zur Erzeugung anderer Güter verwendet werden. Für die Entscheidung, ob ein Unternehmen produzieren oder die Produktion einstellen sollte, kommt es bei kurzfristiger Betrachtung allein darauf an, dass die am Markt erzielten Erlöse die vermeidbaren Kosten (dh die variablen Kosten) decken. Nur wenn dies nicht der Fall ist, lohnt es nicht, weiter zu produzieren, weil dann nur Verluste erwirtschaftet würden.
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Es gibt nun allerdings Fälle, in denen auch ein Teil der Fixkosten vermeidbar ist, sofern die Produktion eingestellt wird. Das gilt für produktspezifische Fixkosten wie sie beispielsweise für langfristige Verträge über die Nutzung produktiver Ressourcen anfallen können. Dann sind zwar die langfristig zu zahlenden Nutzungsentgelte fixe Kosten. Sie lassen sich aber möglicherweise teilweise vermeiden, wenn die Verträge gegen Zahlung einer niedrigeren Entschädigung aufgelöst oder die Nutzungsberechtigungen gegen Entgelt an Dritte weitergegeben werden können. Auch solche vermeidbaren Fixkosten müssen durch die am Markt erzielten Erlöse gedeckt sein, damit das Unternehmen die Produktion fortsetzen kann. Denn anderenfalls würde sich das Unternehmen besser stehen, wenn es die Produktion einstellte. Preise, die nur die variablen Kosten decken, sind also nicht immer ausreichend, um ein Unternehmen auch nur kurzfristig vor dem Marktaustritt zu bewahren.