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Amortisation bei Erneuerung der Raumheizung
ОглавлениеWie bereits errechnet, beträgt der gegenwärtige Verbrauch an Öl für die Raumheizung 1 840 Liter pro Jahr. Dieser Verbrauch kann natürlich von Haus zu Haus und Verbraucher zu Verbraucher sehr unterschiedlich sein. Daher ist es wichtig, dass Sie sich einen Überblick von Ihrem eigenen Verbrauch verschaffen.
Würde unsere Modellfamilie von der Ölzentralheizung auf eine Holzpelletanlage umsteigen, hieße dies, dass mindestens 15 000 Euro für eine neue Holzpelletanlage samt Pelletlager und -zuführung investiert werden müssten. Hinzu käme, dass der Betrieb auch dieser Anlage nicht kostenfrei erfolgen würde, sondern die Holzpellets eingekauft werden müssen. Geht man davon aus, dass dem Heizwert von 1 Liter Öl im statistischen Mittel 2,5 Kilogramm Holzpellets entsprechen, kann man die Kosten kalkulieren:
Die Modellfamilie benötigt etwa 1 840 Liter Öl für die Raumerwärmung.
Für das Öl zahlt die Familie gegenwärtig zum Beispiel 0,59 Euro pro Liter. Für die 1 840 Liter Jahresbedarf sind also 1 085,60 Euro aufzubringen.
Multipliziert man die 1 840 Liter Öl mit 2,5, ergibt dies einen Bedarf von 4 600 Kilogramm Holzpellets, die alternativ benötigt würden, um die gleiche Menge an Wärme zur Verfügung zu stellen. Geht man von einem Holzpelletpreis von 250 Euro pro Tonne aus, müssen für diese Pelletmenge also 1 150 Euro gezahlt werden.
Das heißt, der Betrieb der Holzpelletanlage ist in unserer Modellrechnung zu den aktuellen Rahmenbedingungen sogar 64,40 Euro pro Jahr teurer als der Betrieb der Ölheizung. Hier kann keine wirkliche Einsparung erfolgen, die eine Amortisierung ermöglichen würde, wenn nicht der Ölpreis steigt – und zwar deutlich steigt. Demnach müsste die Amortisierung also woanders erfolgen, beispielsweise bei den Installationskosten der Anlagen.
Moderne Heizungsanlagen sind energieeffizienter als alte und in der Regel auch platzsparender. Sie lassen sich also leicht auch in älteren Häusern unterbringen.
Nehmen wir also an, der Ölheizungsbrenner und der Kessel müssen ohnehin gerade ausgetauscht werden, und man steht nun vor der Alternative, entweder einen neuen Ölbrenner und Kessel zu installieren oder eine Holzpelletanlage.
Während ein neuer Ölheizungskessel mit Brenner 5 000 Euro kosten kann, stehen dem Investitionskosten für eine Holzpelletanlage von 15 000 Euro entgegen. Das heißt, für die Modellfamilie wird sich eine Holzpelletanlage gegenüber ihrer bestehenden und mit neuem Kessel und Brenner (die ja auch schon etwas sparsamer mit dem Öl umgehen werden als der alte Brenner) wieder lange funktionsfähigen Ölheizung auch langfristig nicht rechnen, solange sich die Ölpreise nicht massiv nach oben entwickeln und die Holzpelletpreise gleichzeitig annähernd stabil bleiben.
Die Familie hätte nun noch die Alternativen, zum Beispiel entweder auf Gas umzusteigen oder aber eine Wärmepumpe installieren zu lassen.
Würde die Familie auf Gas umsteigen, wäre die Voraussetzung, dass eine örtliche Gasinfrastruktur überhaupt gegeben ist (wenn man nicht mit Flüssiggas arbeiten will). Die Familie müsste dann zunächst einen Hausanschluss legen lassen. Die Kosten sind je nach Kommune und Versorgungsunternehmen sehr unterschiedlich. Genauso unterschiedlich sind die Gaspreise selbst, wie bundesweite Vergleiche immer wieder ergeben. Wer also von Öl auf Gas umsteigen möchte, darf nicht nur allein die Kosten für einen neuen Gasbrenner einkalkulieren (der Kessel kann oft weitergenutzt werden), sondern muss auch die Kosten für den Gasanschluss und den Gaspreis beim regionalen Versorgungsunternehmen vorher erfragen.
Man kann des Weiteren für die Vergleichsrechnung davon ausgehen, dass der Mengenbedarf an Gas für die Raumwärmeproduktion sehr einfach in ein Verhältnis zum Ölverbrauch zu setzen ist. Für eine Heizwärmeproduktion von 10 Kilowattstunden benötigt man circa 1 Liter Öl (Heizwert Öl = 10,2 kWh/l) oder 1 Kubikmeter Gas (= 10,4 kWh/m3); man kann also „Liter Öl“ in „Kubikmeter Gas“ umrechnen.
Unsere Modellfamilie hat einen Bedarf von 1 840 Litern Öl pro Jahr, das entspricht umgerechnet etwa 1 840 Kubikmetern Heizgas. Im Gegensatz zur Ölbevorratung kann man als Verbraucher aber keinen Gasvorrat anlegen, wenn der Preis gegebenenfalls doch gerade einmal etwas niedriger liegt, sondern man bezieht Gas in der Regel immer dann aus der Leitung, wenn man es gerade braucht. Das kann finanzielle Vor- und Nachteile haben. Der Vorteil ist, dass man nie größere Mengen einkaufen muss, der Nachteil ist, man kann kein „Schnäppchen“ machen, sondern ist immer dem gerade aktuellen Preis ausgeliefert. Eine Umstellung auf Gas kann also auch ein gewagtes Geschäft sein, zudem man die Kosten für den Anschluss selbst noch berücksichtigen muss. Zur Bereitstellung der gleichen Menge an Heizwärme fällt die CO2-Bilanz von Gas allerdings etwas besser aus als die von Öl.
Moderne Luftwärmepumpen lassen sich gut in Kombination mit Photovoltaikanlagen betreiben.
Als weitere Alternative böte sich die Installation einer Wärmepumpe an. Allerdings sind auch Wärmepumpen nicht gerade in höchstem Maße energieeffizient. Wie Sie im Kapitel „Wärmepumpen“ (ab Seite 93) noch lesen werden, ist außerdem nicht unbedingt jede Art von Wärmepumpe in einem Bestandsgebäude installierbar. Müssen etwa Bohrungen oder ein großflächiger Erdaushub für die Verlegung von Erdsonden beziehungsweise Erdkollektoren erfolgen, kann allein dies ganz schnell einen fünfstelligen Betrag kosten. Meist sind diese Arbeiten nicht durchführbar, ohne den Garten stark in Mitleidenschaft zu ziehen. Dann kostet auch dessen Wiederherstellung Geld. Häufig ist der Garten mit schwerem Bohrgerät auch schlicht nicht erreichbar.
Bei Nachrüstungen dürfte daher meist eine Wärmepumpe mit Außenluftbetrieb infrage kommen. Für eine solche Anlage ist mit Kosten zwischen 15 000 bis 20 000 Euro zu rechnen. Angenommen, die Modellfamilie hat in ihrem Haus bereits eine bestehende Fußbodenheizung, die an eine Wärmepumpe gekoppelt werden könnte, sodass die nachträgliche Installation überhaupt sinnvoll umzusetzen wäre, dann bliebe der Blick auf die Betriebskosten einer solchen Anlage.
Unsere Modellfamilie benötigt bislang 18 400 Kilowattstunden Heizleistung pro Jahr.
Zur Produktion von 10 Kilowattstunden Heizenergie ist etwa 1 Liter Öl notwendig.
Zentrale Lüftungsanlagen sind in Bestandsgebäuden auch nachrüstbar.
10 Kilowattstunden Heizenergie aus 1 Liter Öl kosten 0,59 Euro.
Setzt man statt Öl Strom zur Heizenergieproduktion ein, muss man schon sehr genau hinschauen, um die Kosten zu erkennen. 1 Kilowattstunde Strom kostet derzeit gemittelt 0,28 Euro.
10 Kilowattstunden Heizenergie aus Strom würden (bei einer Umwandlung zu 100 Prozent) 10 × 0,28 Euro kosten, also 2,80 Euro.
Das heißt, eine Wärmepumpe müsste schon mehr als viermal so effizient wie ein Ölbrenner arbeiten, um einen Vorteil bei den laufenden Betriebskosten zu erreichen. Entnimmt man einem Wärmepumpenprospekt also, die Anlage sei viermal effizienter als eine Ölheizung, kann man dies nur hoffen, um nicht am Ende höhere Verbrauchskosten zu haben. Daher ist die Jahresarbeitszahl von Wärmepumpen so wichtig. Wie im Kapitel „Wärmepumpen“ (siehe Seite 93) noch dargelegt wird, gibt diese an, mit wie viel Energie das System zur Produktion einer bestimmten Heizleistung gespeist werden muss. Dadurch wird ersichtlich, warum eine Jahresarbeitszahl von 4 mindestens notwendig ist, um im aktuellen Vergleich mit einer Ölbrennerheizung von einem sinnvollen Betrieb zu sprechen.
Bliebe als letzte Möglichkeit noch die Installation eines Holzofens. Soll dieser allerdings nicht nur mit Scheitholz beschickbar sein, sondern auch mit Holzpellets, und soll er gleich mehrere Räume mitbeheizen, schnellen hier die Investitionskosten ebenso in die Höhe wie bei der bereits genannten Holzpelletanlage. Zusätzlich muss geprüft werden, ob der Kaminzug überhaupt dafür geeignet ist. Auch hier ist dann eine Amortisation in einem überschaubaren Zeitraum mehr als fraglich.
Wie man sieht, ist es bei nüchterner Betrachtung keinesfalls so, dass sich der Systemwechsel von einem Energieträger zu einem anderen zügig amortisiert. Die schnellste Amortisation ist heute meistens noch bei einem Austausch eines alten Ölbrenners und Heizkessels gegen einen neuen gegeben. Durch den dann besseren Wirkungsgrad beim Verbrennen des Öls zur Warmwasserbereitung kann sich die Investition durch den geringeren Ölbedarf in einem überschaubaren Zeitraum tatsächlich rechnen.
Durchschnittlicher Heizölpreis in Deutschland bis 2020
Durchschnittlicher Verbraucherpreis für leichtes Heizöl in Deutschland in den Jahren 1960 bis 2020 in Cent pro Liter (Daten: Statista 2020)
Vielleicht will man aber gerade nicht nur einen Austausch des Brenners und Kessels vornehmen, da man so ja letztlich doch am Öl- oder Gashahn hängen bleibt, was beides langfristig betrachtet sicher keine zukunftsfähigen Energieträger sind. Es ist also gar nicht so einfach, eine – auch finanziell – wirklich überzeugende Alternative zu finden. Woran liegt das? Unter anderem daran, dass es bei Amortisationsrechnungen hinsichtlich der Heizenergie sehr wichtig ist, auch die Gebäudehülle im Auge zu behalten. Wie noch zu sehen sein wird, ist es sogar deutlich erfolgversprechender, die Heizenergiekosten durch eine gute Dämmung der Gebäudehülle zu senken als durch den Wechsel des Energieträgers.
Entscheidend ist natürlich auch die weitere Entwicklung der Energiepreise. Diese wird letztlich den mit Abstand wichtigsten Einfluss auf die Amortisationszeiten unterschiedlicher Energiesysteme haben. 1 Barrel Öl (159 Liter) kostete im Jahr 1999 lediglich 10 US-Dollar, im Jahr 2008 bereits 100 US-Dollar, um im Jahr 2017 wiederum nur noch etwa 54 US-Dollar zu kosten. Die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) ging noch 2008 davon aus, dass etwa im Jahr 2024 die Nachfrage nach Öl weltweit größer sein würde als die möglichen Fördermengen. Die fallenden Ölpreise seither sprechen eher dagegen. Ein wesentlicher Abnehmer von Öl war auch immer der Verkehr. Sollte hier die Elektromobilität absehbar Fortschritte machen, dürfte auch das nicht unbedingt zur Steigerung des Ölpreises beitragen. Eines der ganz wichtigen Argumente jeder Modernisierungswerbung war immer: Die Öl- und Gaspreise werden quasi automatisch immer weiter steigen. Bei einem endlichen Produkt und steigender Nachfrage ein nachvollziehbares Szenario. Bricht aber die Nachfrage ein, ändert sich das natürlich. Und sollte die Steigerung nicht wieder massiv einsetzen, werden die meisten darauf aufbauenden Amortisationsrechnungen in sich zusammenbrechen.
Eine gute Wanddämmung ist oft eine der wirksamsten Maßnahmen.