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Einleitung Politische Theorie in der Prämoderne

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Theorie

Politische Theorie beinhaltet den Versuch einer Systematisierung von Aussagen über die politische Wirklichkeit. Das heißt, es geht in der Theorie darum, dem Anspruch gerecht zu werden, die Vielzahl von Wahrnehmungsmöglichkeiten der sogenannten Wirklichkeit ebenso konkret wie auch abstrakt darlegen zu können. Hierzu bedarf es nicht nur der formalen Systematisierung, sondern mehr noch der logischen Stringenz bei der Beweisführung. Erst wenn diese gegeben ist, wird es möglich, mittels einer Theorie eine (relativ) umfassende Aussage über die Wirklichkeit geben zu können. Nur wenn die Theorie in ihren einzelnen logischen Bausteinen stringent im Sinne einer Methode operiert, kann sie eine Vielzahl von Wirklichkeitsaspekten umfassen und systematisch aufeinander zuordnen. Und nur dann lassen sich konkrete Aussagen über den Sinn oder Unsinn von empirischen Erscheinungsformen formulieren. Im eigentlichen Sinne werden sie genau genommen erst durch die theoretische Erklärung und Herleitung erfassbar. Gute Theorien haben somit immer eine induktive und eine deduktive Komponente in ihrem Gedankensystem. Je nach Methodologie wird mal mehr der eine Erklärungsaspekt oder der andere hervorgehoben. Grundsätzlich gilt aber: Erst im Wechselspiel von Deduktion und Induktion ergibt sich die Brillanz und Konsistenz einer Theorie.

Politisches Denken im Mittelalter

Was hier ganz allgemein gesagt wird, gilt – wie für alle Theorien – erst recht für die im politischen Bereich. Die Frage, was politische Wirklichkeit ist, hängt nicht zuletzt – oder überhaupt in erster Linie – von der theoretischen Prämisse ab. Das ist sicherlich sehr modern formuliert und man wird im Folgenden sehen, dass dies historisch nicht immer so der Fall gewesen ist. Aber – und das kennzeichnet den vorliegenden Band – das Verständnis über das Politische kristallisiert sich im Laufe der Prämoderne als ein theoretisch zu gewinnendes Verständnis mehr und mehr heraus. Dies ist im sogenannten Mittelalter keineswegs so der Fall gewesen: Obwohl das Mittelalter über substantielle Dialoge und Denkschriften zur Frage des Politischen verfügt, sich auch um dessen Eigenständigkeit jenseits der theologischen Provenienz durchaus bemüht, verbleibt man hierbei in einem Rahmen, der seine philosophische, sehr oft eklektizistische Herangehensweise an das Thema nicht verleugnen kann und will. In den Diskursen zwischen dem 4. und dem 15. Jahrhundert bleibt es stets bei einer sehr theologischen Befrachtung politischer Themen. Wenn sie hierbei im Sinne eines sachlich zu fundierenden Eigenwerts dargestellt werden, dann stets mit philosophischen Mitteln, die das System vermeiden und das Anthropologische bevorzugen. Mit anderen Worten: Das Mittelalter kennt keine politische theoria im Sinne der eingangs skizzierten Referenzkriterien. Zwar gibt es allenthalben über die Frage „Was ist der Mensch – bei Gott?“ interessante Antworten zum politologischen Kontext, aber dies ist selten systematisch gedacht und formuliert und schon gar nicht im Sinne eines eigenen Systems mit von der Theologie womöglich unabhängigen Kriterien erörtert worden. Politische Philosophie findet statt, insbesondere seit dem Hochmittelalter, seitdem man die Politik des Aristoteles wiederentdeckt und ins Lateinische übersetzt hat, aber es ist dies lange Zeit eben noch keine dezidierte Theorie des Politischen.

Politische Theorie der Prämoderne 1500-1800

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