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Filippos Panos Parikia, Paros, Juni 2018

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Filippos war, gleich nachdem die Leiche zum Flughafen transportiert worden war, zurück in die Dienststelle nach Parikia gefahren, Konstantinos blieb noch vor Ort. Er sollte sich bei den wenigen Häusern rund um die Unfallstelle umhören. Vielleicht war jemandem in der Nacht etwas aufgefallen, was zur Aufklärung des Unfalls beitragen konnte.

Katharina erwartete ihren Chef bereits mit ernster Miene.

»Und? War es wirklich so schlimm?«, begrüßte sie ihn. Xenia hatte sie schon in den morgendlichen Einsatz eingeweiht.

»Kein schöner Anblick, und das auf nüchternen Magen.« Er ging in die Küche und schenkte sich einen Kaffee ein.

»Verstehe! Unfallopfer sind immer scheußlich. Gibt es Zeugen? Xenia sprach von Unfallflucht.« Die Sekretärin nickte.

»Bisher nicht, aber Konstantinos hört sich um. Viele Gebäude gibt es auf der Strecke nicht, aber wir wollen nichts unversucht lassen, dieses Schwein zu fassen.« Er nahm einen kräftigen Schluck von seinem Kaffee.

»Ich habe mit dem Namen, den du mir gegeben hast, bei der Telefonauskunft gesucht, leider Fehlanzeige«, meldete sich Xenia zu Wort. »Weder in Parikia noch in Drios gibt es zu dem Namen einen Eintrag. Da werde ich umfangreicher suchen müssen.«

»Drios war meine erste Idee, weil der Mann zu Fuß unterwegs war. Wo wollte er hin zu dieser Zeit?« Filippos schaute fragend in die Runde. »Vielleicht bringt Konstantinos etwas Licht ins Dunkel, wenn er mit den Anliegern gesprochen hat.« Er gähnte.

»Was ist mit Spuren am Unfallort?«, wollte die Kommissarin wissen.

»Bis auf ein paar Splitter, wahrscheinlich von einem zerbrochenen Blinker, haben wir nichts gefunden.« Der Kriminalbeamte hielt den Beutel mit den Kunststoffteilen in die Höhe.

»Die müssen schnellstens nach Athen in die KTU, damit wir wissen, nach welchem Fahrzeugtyp wir suchen müssen.«

»Wird gleich erledigt.« Xenia griff nach der Tüte und legte sie auf ihren Schreibtisch.

»Spyros soll sie umgehend zum Flughafen bringen«, überlegte sie laut und wählte seine Nummer.

»Und ruf die ›Neue‹ besser vorher an, damit sie vorbereitet ist. Neben den Beweisstücken bekommt sie auch noch eine Leiche. Ansonsten gibt es wieder Theater. Der Tote wartet schon auf seinen Abflug.«

Die Kommissarin grinste, sie wusste sofort, von wem er sprach.

»Wird nicht deine neue Freundin … diese Kinka?«, fragte sie provozierend.

»Bestimmt nicht! Mit Angeliki war das schön unkompliziert. Musste die sich unbedingt in einen Holländer verlieben?«

»Das muss ich wohl auf meine Kappe nehmen. Aber wo die Liebe so hinfällt …«, war Katharinas Kommentar. Sie hatte die frühere Chefin der Athener Gerichtsmedizin mit ihrem späteren Lebenspartner, einem Kriminalbeamten aus Holland, zusammengebracht. »Aber wir werden uns wohl mit der ›Neuen‹, wie du sie nennst, arrangieren müssen.«

»Ist diese Kinka wirklich so furchtbar?«, wollte Xenia wissen. »Du hast doch sonst keine Probleme mit Frauen? Ich erinnere mich an Zeiten, da hast du jedem weiblichen Wesen im Handumdrehen den Kopf verdreht.« Sie blinzelte ihm lasziv zu.

»Absolut nicht mein Beuteraster und die Zeiten sind lange vorbei.« Er schüttelte seinen Kopf. »Die ist halt anders. Sie will für alles einen schriftlichen Antrag haben und ihre Art gefällt mir überhaupt nicht.« Filippos verzog verächtlich seinen Mund.

Die Kommissarin ersparte sich einen Kommentar, auch sie vermisste die langjährige Zusammenarbeit mit der erfahrenen Medizinerin. Nachdem ihre Freundin und ehemalige Kollegin Angeliki ihren Job gekündigt und nach Holland umgezogen war, hatte Kinka die Abteilung übernommen. Eine resolute, ehrgeizige Frau, die sich mit ihren jungen Jahren noch behaupten musste. Fast zwei Jahre war das nun schon her. Zum Glück hatten sie mit der Abteilung in Athen immer nur zu tun, wenn es Schwerverbrechen aufzuklären gab. Das kam nicht so häufig vor. Einen ersten Eindruck hatten sie von ihr bekommen, als Angeliki die Kollegin kurz vor ihrem Abschied nach Paros geschickt hatte, um bei den Untersuchungen zu einem Mord an einem Arbeiter aus dem Kraftwerk mitzuhelfen. Dieser erste Auftritt hatte sich bei dem jungen Polizeichef eingeprägt.

»Die Kleine hat es nicht einfach. Sie ist ein schweres Erbe angetreten und glaube mir, ich weiß, wovon ich rede.« Katharina nahm sie in Schutz. Sie erinnerte sich noch daran, wie sie nach ihrer Ausbildung bei der Athener Mordkommission angefangen hatte und in der ersten Zeit belächelt wurde. »Das braucht Jahre, bis du dir als Frau in diesem Apparat Respekt verschafft hast. Leider hat sich daran nichts geändert.«

»Da brauchst du dir bei ihr keine Sorgen machen, nach ihrem ersten Einsatz bei uns im Spätsommer 2016. Schon ihr Outfit machte einem Angst.«

»Wie? Erzähl!« Xenia war furchtbar neugierig. Sie hatte die Frau noch nicht persönlich kennengelernt.

»Unzählige Tattoos, grauselige Motive und kurzgeschorene Haare, von den Piercings ganz zu schweigen. Schwarzer Gürtel in Karate und passionierte Triathletin. Sie bewegt sich wie ein Raubtier auf Beutezug.« Filippos ließ an der neuen Kollegin kein gutes Haar.

»Ich wusste gar nicht, dass du so intolerant sein kannst. Das ist die neue, junge Generation. Schluss jetzt mit dem Gemecker«, beendete Katharina die Diskussion. »Ich werde Kinka anrufen und ihr unser Anliegen schildern. Auch wenn sie nicht deinem typischen Frauenbild entspricht, wir müssen mit ihr klarkommen. Wir sind auf die Hilfe aus Athen angewiesen.«

Filippos stimmte mürrisch zu, war aber froh, dass Katharina das Gespräch übernehmen wollte.

Wenig später war Athen informiert und ein Platz in einer Nachmittagsmaschine für das Unfallopfer reserviert. Nach Zusendung eines Auftragsformulars an die Rechtsmedizin stand einer Untersuchung nichts mehr im Weg. Die Kommissarin wusste ihre frühere Position als Chefin der Mordkommission geschickt einzusetzen, Kinka hatte ihr einen Obduktionsbericht sowie die Ergebnisse zu dem zerbrochenen Blinker innerhalb der nächsten zwei Tage zugesichert.

»Jetzt müssen wir schleunigst wissen, wo der Tote gewohnt hat, damit wir die Angehörigen informieren können.« Filippos war zu Xenia ins Büro getreten. In der Hand hielt er den Kunststoffbeutel mit der Geldbörse des Unfallopfers. »Vielleicht haben wir hier noch Hinweise, wo der Mann zuhause war«, sondierte er die zahlreichen Kreditkartenschlitze nach versteckten Informationen. Am Unfallort hatte Konstantinos zunächst nur nach dem Namen des Mannes gesucht. »Da hätte ich auch früher draufkommen können«, erklärte er und fummelte eine abgegriffene Visitenkarte aus einem der Fächer. Xenia schaute ihm dabei gespannt über die Schulter.

»Das sieht doch vielversprechend aus. Der Tote scheint der Inhaber dieses Geschäftes zu sein.« Er überreichte die Karte seiner Kollegin. »Der Name passt zum Führerschein und wir haben eine Adresse.« Xenia nickte stumm und gab ihm die Visitenkarte zurück.

»Das musst du aber selber regeln«, sagte sie entschlossen. »Im Überbringen von Todesnachrichten bin ich ganz schlecht.« Schon bei dem Gedanken daran begann ihr Magen zu revoltieren.

»Ich werde mich gleich darum kümmern.« Filippos stöhnte auf. Auch für ihn war das jedes Mal eine extrem belastende Angelegenheit.

»Der Betrieb ist auf Naxos. Hoffentlich erreiche ich dort jemanden. Lieber würde ich persönlich vorbeifahren, aber dazu haben wir keine Zeit. Wir brauchen zunächst Gewissheit.«

Mit Herzklopfen zog er sich in sein Büro zurück, vor ihm die vermeintliche Visitenkarte des Unfallopfers.

Er machte einen tiefen Seufzer und wählte die Nummer.

Brennender Sommer

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