Читать книгу Der mündige Trinker - Peter Sadowski - Страница 6
1 Einleitung
ОглавлениеIm Folgenden wird beispielhaft das Vorgehen in der stationären Rehabilitation wegen Alkoholabhängigkeit beschrieben, wie es in der Fachklinik für Abhängigkeitsrehabilitation von 1997 bis 2007 (in der Johanna-Odebrecht-Stiftung in Greifswald) praktiziert wurde. Es handelt sich um eine kleine Einrichtung mit 22 Betten.
Damit der Unterschied zwischen beschriebenem Konzept und gelebter Wirklichkeit in der Einrichtung möglichst gering bleibt, wurden viele Teile des Konzeptes für das Qualitätsmanagement-Handbuch der Einrichtung in die Form von Flussdiagrammen gebracht. Beschrieben wird hier das Vorgehen innerhalb des stationären Settings; die stationäre Behandlungsphase wird als Teil einer Kombi-Therapie gesehen.
Innerhalb der stationären Rehabilitationsphase sollen
vom Patienten1 eindeutige Entscheidungen zum Behandlungsauftrag und zur Störungsbewältigung getroffen werden (Abhängigkeitsakzeptanz und unbedingte Abstinenzentscheidung)
grundlegende Selbstmanagement-Kompetenzen vermittelt werden. Dazu gehören die Fähigkeiten, sich selbst und soziale Situationen zu beobachten, sich selbst und soziale Situationen zu bewerten, die Ergebnisse des eigenen Verhaltens zu bewerten und sich im Idealfall selbst zu verstärken.
Individuelle funktionale Zusammenhänge zwischen Störungsentwicklung und intrapersonaler Variablen sollen gemeinsam mit den Patienten identifiziert werden.
Gemeinsam mit dem einzelnen Patienten sollen Alternativen für die Art des Erlebens und Verhaltens erarbeitet werden, die bis dahin die Abhängigkeitsentwicklung gefördert hatten. Innerhalb der stationären Rehabilitationsphase soll begonnen werden, diese individuellen Therapieziele anzustreben. Diese Entwicklung soll in einer ambulanten Rehabilitationsphase fortgeführt werden.
Selbstmanagement-Therapie wird in diesem Zusammenhang als eine psychotherapeutische Basisversorgung angesehen, mit deren Hilfe der einzelne Patient an das Identifizieren von individuellen Therapiezielen herangeführt wird und mit dessen Hilfe für eine weitere eigenverantwortliche Entwicklung über das Ende der professionellen psychotherapeutischen Versorgung hinaus motiviert wird (fortlaufendes Selbstmanagement). Die individuellen Therapieziele werden angestrebt mit Hilfe derjenigen psychotherapeutischen Techniken, die wissenschaftlich begründet sind und die dem jeweiligen Therapeuten zur Verfügung stehen (in der Regel verhaltenstherapeutische Standardmethoden). Ein Verbessern des Zugangs zu den emotionalen Anteilen der Person wird ebenfalls im Rahmen von individuellen Therapieziele erarbeitet; ebenso natürlich der Umgang mit Gefühlen, soweit sie dem Alkoholkonsum vorausliefen (siehe z.B. „Verhaltensanalyse“, Kapitel 6.4.6.2). Natürlich können Praktiker gute Gründe dafür finden, den Umgang mit Gefühlen zu allgemeinen Therapiezielen zu erklären.
Aus der Sicht von Selbstregulation (siehe Kapitel 3.3 „Unterschiedliche Intensitäten der Selbststeuerung: Selbstkontrolle und Selbstregulation“) heraus ist es sogar ausgesprochen wünschenswert, dass der Einzelne nicht nur seinen Verstand einsetzt, um Abweichungen oder Übereinstimmungen mit dem gewählten Weg zum identifizieren. Bei dem hier beschriebenen Vorgehen liegt der Schwerpunkt der therapeutischen Bemühungen auf dem Vorbereiten von Entscheidungen, die der Patient treffen sollte und auf dem Motivieren zu fortlaufendem Selbstmanagement.
Die Vernetzung der therapeutischen Anstrengungen zwischen der stationären und der ambulanten Rehabilitationsphase werden ebenfalls aus der Sicht der stationären Behandlung beschrieben.