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Prolog

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Es war einer jener goldenen Oktobertage, an denen der echte Indian Summer so reich ist. Der Bahnhof quoll über vor Leuten, die die Züge verließen und ihr Gepäck ordneten, um dann dem Ausgang zuzustreben. Der Weg war kurz, der Bahnhof eher klein, leicht zu verstopfen. Vor allem, wenn er von 10000 jungen Menschen auf einmal gestürmt wurde.

Craig Summers registrierte das alles eher unbewußt, mußte er sich doch auch selbst seinen Weg vor den Bahnhof erkämpfen. Er wurde geschoben, ging fast nicht mehr selbst, bemerkte, daß das auch für die Leute um ihn herum galt, und hoffte, in den Bussen, die vor dem Bahnhof warten sollten, einen Sitzplatz zu ergattern.

Draußen vor dem Bahnhof standen zwar Busse, aber die waren so schnell überfüllt, daß die meisten ihnen nur hinterherschauen konnten. Dann kamen neue Busse, aber irgendein Mechanismus hielt Craig von ihnen fern, während andere so begünstigt wurden, daß sie schnell einen Bus fanden. Nach einer Stunde immer neuer Busse, stand nur noch ein Bus da. Craig und ein paar andere Übriggebliebene rannten auf ihn zu. Craig kam als letzter an. Der Busfahrer schüttelte nur den Kopf, schloß die Tür und fuhr los.

Craig setzte sich auf seinen Koffer, fluchte leise. Dann suchte er den Fahrplan. Der nächste Bus fuhr erst in zwei Stunden. Taxi war zu teuer. Also laufen. Craig holte seinen Stadtplan heraus. Mindestens vier Meilen waren das. Zum Glück hatte sein Koffer Rollen.

Auf dem Weg durch die Stadt fiel ihm auf, daß die Straße nicht nur sehr eng war, sondern auch viele alte Häuser hier standen. Er fühlte sich tatsächlich um Jahrzehnte in die Vergangenheit zurückversetzt. Auf einem dieser Westernhäuser stand sogar „Clearwater First Savings Bank“. Craig schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich stand dort noch einer dieser beweglichen Tresore. Einladung zum Überfall!

Der Sheriff ritt vorbei, und grüßte. Craig grüßte zurück, bis ihm auffiel, daß der Mann 1. nicht in einem Auto saß und 2. ganz eindeutig ein Indianer war. Hier im Westen, in den Bergen Colorados?

Als er etwa 2 Meilen gelaufen war, mußte Craig sich setzen. Er war müde. Zuerst der Flug nach Denver, dann die lange Fahrt hinauf in die Berge und jetzt dieser Marsch. Selbst mit Rollen war der Koffer schwer wie Blei.

„Setzen Sie sich doch hierher, junger Mann. Das ist viel bequemer.“

Craig drehte sich erschrocken nach dem Sprecher um. Der saß an einem Tisch auf der Straßenterrasse eines Saloons, der auch so aussah wie aus einem Western, und deutete auf einen freien Stuhl neben sich. Craig schleppte sich zum Tisch und setzte sich. Sofort kam eine Kellnerin und stellte ihm ein Bier hin. Ohne Worte hob der Andere sein Glas, und sie stießen an. Craig trank einen großen Schluck.

Er grinste schief:„Ist schon komisch.“

„Was?“fragte sein Gegenüber.

„Ich bin noch nicht 'mal an der Uni angekommen, und die Party fängt schon an.“

„Passiert manchmal im Leben. Glauben Sie’s mir.“Der Andere nahm noch einen tiefen Schluck. Erst jetzt fand Craig Zeit, ihn sich genauer anzusehen. Er war alt, mindestens 80, schien aber noch gut beieinander zu sein. Lang und hager, die Beine unter dem Tisch lang ausgestreckt, so saß er da und beobachtete den Verkehr auf der Hauptstraße. James Steward mit 80, der Vergleich drängte sich Craig auf. So wie der Mann dasaß, hätte er auch einem Western entsprungen sein können.

„Uni?“fragte er jetzt.

„1. Semester,“nickte Craig schief.

„Welches Fach?“

„Anglistik.“

„Oh,“sagte der Alte nur, wurde aber plötzlich etwas lebhafter, schob den Hut ins Genick, öffnete die Augen etwas mehr.

Craig wollte schon fragen, warum ihn das interessierte, aber Irgendetwas hielt ihn davon ab.

„Schon selbst 'mal geschriftstellert?“setzte der Alte das Gespräch fort.

„Schülerzeitung und eine veröffentlichte Kurzgeschichte.“Was ging diesen Mann das eigentlich an?

„Lust, was Längeres zu schreiben?“Die Stimme hatte sich nicht viel verändert.

„Wenn die Story gut ist, und es sich lohnt.“Craig blieb vorsichtig.

„Täglich das Bier hier und ein gutes Mittagessen,“grinste der Alte breit,„und natürlich die Rechte.“

„Die Rechte woran?“Craig wurde noch zurückhaltender. Das Ganze war dermaßen surreal. Solche Dinge passierten doch nicht wirklich, oder?

Der Alte zog seine altmodische Taschenuhr hervor und sah nach der Zeit.„Einschreibung ist bis heute Abend um Acht,“gab er statt einer Antwort zurück,„also spitzen Sie Ihren Kugelschreiber und hören Sie mir zu. Danach können Sie immernoch ‚Nein!‘ sagen.“

Craig entschied, daß der Nachmittag schlechter laufen könnte, leerte sein Glas, das sofort ersetzt wurde, bestellte etwas zu essen, holte sein Schreibzeug aus dem Koffer und spitzte die Ohren.

„Dieser Saloon,“begann der Alte,„und einige andere Häuser stehen hier schon über hundert Jahre.“

Craig schrieb.

„Jetzt denken Sie sich alle diese modernen Bauten und den Asphalt auf der Straße weg. Auch die Autos gab es noch nicht, nur Pferd und Wagen. Wir schreiben Sonntag, den 3. Oktober 1869, heute vor 110 Jahren …“

Clearwater

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