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EINLEITUNG

Seitdem Güter den Besitzer wechseln und Dienstleistungen für andere erbracht werden, denken die Menschen darüber nach, wie sich der Handel damit am besten abwickeln lässt. Einzelne und ganze Gesellschaften haben sich einen wirtschaftlichen Vorsprung gesichert, als man begann, Geld als Tauschmittel zu verwenden, indem sie sich ganz auf die Produktion konzentrierten. Die Ägypter, Maya, Griechen und Römer – sie wussten bereits, dass Wohlstand durch Handel nicht nur die Grundlage für Macht ist, sondern auch die Basis, auf der Gesellschaft und Kultur wachsen und gedeihen.

Viele Erkenntnisse der ersten Händler sind heute noch aktuell. Spezialisierung führt zu vorteilhaften Skaleneffekten bei der Produktion: Die Herstellungskosten sinken, wenn die Stückzahl steigt. Geld führte zur Idee des »Mehrwerts«: Der Verkaufspreis ist höher als die Herstellungskosten. Schon zu Zeiten des Tauschhandels wussten die Hersteller, dass es vorteilhaft ist, einen möglichst hohen Wert mit möglichst niedrigem Aufwand zu schaffen. Moderne Unternehmen nutzen zwar neueste Technik und handeln global, aber die wesentlichen Merkmale des Unternehmertums haben sich seit Jahrtausenden kaum verändert.

»Die Kunst der Verwaltung ist so alt wie die Menschen.«

Edward D. Jones Investmentbanker (1893–1982)


Eine Ära des Wandels

Objekte wirtschaftlicher Forschung sind Unternehmen noch nicht allzu lange. Die Begriffe »Manager« und »Management« tauchen erst am Ende des 16. Jahrhunderts in der englischen Sprache auf. Dr. Alfred Chandler legt in The Visible Hand (1977) den Wendepunkt auf die Zeit um das Jahr 1850. Davor gab es fast nur lokal agierende Familienfirmen. Geschäfte wurden in relativ kleinem Maßstab getätigt, sodass es wenig Grund für weitreichende Forschungen gab.

Erst der Einsatz der Eisenbahn ab Mitte des 19. Jahrhunderts und die Industrielle Revolution führten dazu, dass Unternehmen über ihren vorherigen Wirkungskreis hinauswuchsen. Für diese Entwicklung, die zudem international voranschritt, brauchten Unternehmen feste Prozesse und Strukturen. Da sie immer größer wurden und sich immer weiter ausdehnten, war bessere Koordination und Kommunikation gefragt – kurz: Die Unternehmen brauchten ein Management, das sich um ganz unterschiedliche Belange verantwortlich kümmerte.

Produktion im Fokus

Als die zuvor in Handarbeit ausgeführten Aufgaben von Maschinen übernommen und die Betriebe größer wurden, wollten Theoretiker wie Henri Fayol immer effizientere Arbeitsprozesse entwickeln. Die hauptsächlich von Frederick Taylor (1856–1915) entwickelte Theorie des »Scientific Management« (dt. »Wissenschaftliche Betriebsführung«) ging davon aus, dass es für alle Aufgaben einen »besten Arbeitsprozess« gab. Die Arbeitsabläufe waren genau festgelegt, die Arbeiter hatten die Maschinen zu überwachen und zu bedienen, als seien sie ein Teil von ihnen. Als um das Jahr 1900 Fließbänder in den Fabriken eingerichtet wurden, ging es vor allem um Normen und Massenproduktion.

Henry Ford konnte mit dem Ford Modell T große industrielle Erfolge erzielen, doch er war auch für den Ausspruch bekannt: »Warum hängt an jedem Paar Hände, das ich brauche, ein Gehirn?« Zwar stieg die Produktivität damals, aber es entstanden auch starke Konflikte zwischen Arbeitern und Management. Die Arbeitsbedingungen waren schlecht, die Unternehmen ignorierten die sozialen Aspekte der Arbeit.


Psychologische Ansätze

Um 1920 machte sich ein neuer Einfluss bemerkbar, und zwar die »Human-Relations«-Bewegung mit ihren Verhaltensstudien. Die Psychologen Elton Mayo und Abraham Maslow wiesen die Unternehmen auf den Wert menschlicher Beziehungen hin. Arbeiter wurden nicht mehr als »Teil der Maschinerie« betrachtet, sondern als Individuen mit Bedürfnissen. Manager achteten zwar weiterhin auf Effizienz, erkannten aber, dass Mitarbeiter produktiver waren, wenn ihre emotionalen und sozialen Bedürfnisse erfüllt werden. Zum ersten Mal wurden die Aufgabe an sich, die Arbeitsumgebung, das Arbeiten in der Gruppe, die Bezahlung und nicht finanzielle Anreize als wichtige Motivationsfaktoren betrachtet.

Während des Zweiten Weltkriegs trieben die damit zusammenhängenden Erfindungen den technischen Fortschritt schneller voran. Die neuen Erkenntnisse waren auch in Friedenszeiten für Wirtschaft und Handel von Bedeutung. Zu dieser Zeit richtete sich der Blick der Manager auf quantitative Auswertungen, sie begannen, betriebliche Abläufe mithilfe von Computern zu regeln. Der Faktor Menschlichkeit spielte weiterhin eine Rolle, doch rückte zunächst die Messbarkeit von Prozessen und Leistungen in den Vordergrund.

Globale Marken

In der Nachkriegszeit entstanden auch die ersten multinationalen Konzerne – Unternehmen mit vielfältigen Interessen. Der Krieg hatte die Welt kleiner gemacht, damit war der Weg für die ersten globalen Marken geebnet. Über Fernsehen, Zeitschriften und Zeitungen erreichten die Firmen die Menschen. Zwar hatten Unternehmen immer Werbung betrieben, aber erst mit den Massenmedien eröffnete sich ein viel weiteres Feld, das Marketing. Um 1940 hatte der amerikanische Werbefachmann Rosser Reeves den Wert von Alleinstellungsmerkmalen (»Unique Selling Proposition«) erkannt. Um 1960 diente Marketing nicht mehr nur der Information, sondern der Erforschung der Kundenwünsche und der speziellen Anpassung der Produkte.

»Beim Unternehmertum geht es ums Überleben und das fördert die Kreativität. Es geht nicht um Finanzwissenschaft, sondern um den Handel – Kaufen und Verkaufen.«

Anita Roddick Unternehmerin (1942–2007)

In den frühen 1960er-Jahren hielten viele Produkte nicht, was das Marketing versprach, die Unzufriedenheit der Kunden wuchs. Deshalb und wegen der Konkurrenz aus Japan konzentrierten sich westliche Unternehmen stärker auf Qualitätsmanagement (»Total Quality Management«, TQM) und das Null-Fehler-Prinzip. Managementforscher wie W. Edwards Demming und Philip B. Crosby sahen Qualität als Aufgabe der gesamten Firma, nicht nur der Produktionsabteilung an. So führten viele Firmen die japanische Philosophie des »Kaizen« ein, das die »Human-Relations«-Ideen mit dem kundenzentrierten Ansatz des Marketings verband. Es beinhaltet, dass »alle alles laufend verbessern«. Alle Mitarbeiter auf allen Ebenen arbeiten in »Qualitätszirkeln« mit, die die Prozesse und Produkte stetig verbessern. Auch wenn TQM als Schlagwort veraltet ist, bleibt Qualität weiterhin sehr wichtig. Heute ist »Six Sigma« aktuell, eine Methode zur Prozessoptimierung, die Motorola 1986 entwickelte und die Jack Welch übernahm, als er CEO von General Electric wurde.


Gurus und Denker

Die Geschichte des Unternehmertums als Forschungsgebiet etablierte sich in den 1970er-Jahren. Dr. Alfred Chandler vollzog den Schritt von der reinen Beschreibung zur Analyse. Sein Kurs an der Harvard Business School bezog sich vor allem auf Organisationsund technische Innovationsfähigkeit sowie laufende Lernprozesse. In den 1980er- und 1990er-Jahren regten Management-Experten wie Michael Porter, Igor Ansoff, Rosabeth Moss Kanter, Henry Mintzberg und Peter Drucker die Unternehmen dazu an, ihre Umgebung sowie die Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen und anpassungsfähig zu bleiben. Bei der unternehmerischen Strategie ging es vor allem darum, die Bedingungen für Wachstum zu wahren und die Produkte korrekt am Markt zu platzieren. Zudem unterschieden sich diese Vordenker von ihren Vorgängern, die sich meist auf operationale Themen konzentriert hatten, durch eine Fokussierung auf das Thema Führung. In seinem Buch Die Fortschrittsfalle (1998) deckte Charles Handy beispielsweise Widersprüchlichkeiten auf und thematisierte die wunden Punkte. Autoren wie er hatten erkannt, dass Führung im Unternehmenskontext keine einfache Sache ist.

Digitale Pioniere

Mit dem Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert begann mit dem Internet, wie zuvor mit dem Fernsehen und den Massenmedien, ein neues Zeitalter für die Unternehmen. Zwar endete der Boom der ersten Dotcom-Phase von 1997 bis 2000 mit dem Bankrott sehr vieler Start-up-Unternehmen, doch die erfolgreichen Pioniere des Internethandels legten den Grundstein für eine neue Unternehmenslandschaft, die auf Innovation beruht. Ob in Hightech-Unternehmen wie Hewlett-Packard und Apple oder im Zusammenhang mit den Websites, Apps und Social Media in der modernen Unternehmenswelt – die Technologie spielt eine immer wichtigere Rolle.

»Unternehmen sind oft Quellen progressiver Veränderungen.«

Jerry Greenfield Unternehmer und Mitgründer der Eiscremefirma Ben and Jerry’s (geb. 1951)

Der von der neuen Technologie befeuerte Gründerboom führte auch dazu, dass mehr Finanzmittel verfügbar wurden. In der Folge entwickelte sich in den 1980er- und 1990er-Jahren die Finanzwirtschaft zu einem eigenen Wissenschaftszweig. Unternehmen wuchsen durch Fusionen und Übernahmen, die Finanzierungskosten bezogen Marketing und Strategie ein. In den späten 1990er-Jahren kam die Wagniskapitalfinanzierung: Investoren förderten kleine Start-ups, um Gewinne zu erzielen. Zwar waren Gründungen nach wie vor riskant, aber die Technologie und der leichte Zugriff auf Geldmittel erleichterten den ersten Schritt. Dank Mikrofinanzierung und auch der Online-Netzwerke, in denen Rat von Gleichgesinnten zu bekommen war, herrschte eine sehr unternehmerfreundliche Stimmung.

In letzter Zeit rücken die Themen Vielfalt und soziale Verantwortung stärker in den Vordergrund. Unternehmen sollen – oft sogar per Gesetz – dazu bewegt werden, Menschen mit verschiedenem Hintergrund zu beschäftigen und sich überall auf der Welt ethisch korrekt zu verhalten. Die Sportbekleidungsfirmen Nike und Adidas beispielsweise verlangen von ihren Lieferanten, dass sie gewisse Standards bei ihren Arbeitsbedingungen erfüllen. Nachhaltigkeit, Recycling, Diversität und Umweltbewusstsein müssen ebenso bedacht werden wie strategisches Management und Risiko.


Neue Horizonte

Nicht nur das Denken in den Unternehmen wandelt sich, sondern die gesamte Geschäftswelt. Zum Beispiel verstärkt die Globalisierung den Wettbewerb. Aktivitäten in Schwellenländern bringen sowohl Chancen als auch Bedrohungen mit sich. Unternehmen können zwar in Niedriglohnländern günstig produzieren, doch im Lauf der Zeit entstehen in den sich entwickelnden Volkswirtschaften neue Konkurrenten. China wird nicht umsonst die »Fabrik der Welt« genannt, die dortigen Unternehmen bedrohen inzwischen oft die Existenz westlicher Unternehmen.

Die globale Rezession 2007/2008 und die seither herrschende wirtschaftliche Unsicherheit zeigen, dass sich Geschäftstätigkeiten im 21. Jahrhundert schwieriger gestalten als je zuvor. Die Gründung eines Unternehmens mag zwar einfacher sein, doch wer im Wettbewerb langfristig bestehen will, braucht folgende Eigenschaften: Durchhaltevermögen, um eine Idee auf den Markt zu bringen, Geschäftssinn, um einen guten Plan in Profit zu verwandeln, und die finanzielle Klugheit, um den Erfolg zu bewahren.

Laufende Veränderungen

Soziale, politische und technologische Faktoren zwingen Unternehmen dazu, immer wieder neue Gewinnchancen aufzutun. Das wirtschaftliche Denken ändert sich mit den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen, um deren Wohlstand es geht. Manchmal, etwa in der Finanzkrise 2008, schlagen die Bemühungen der Unternehmen fehl. In anderen Fällen – wie bei Apple und seinen revolutionär-neuen Produkten – stellen sich spektakuläre Erfolge ein.

Wirtschaft ist faszinierend als Forschungsgebiet und sie begegnet uns auf Schritt und Tritt. Auf der Straße, im Supermarkt, bei fast jeder Suche im Internet zeigt sich der Handel in seinen vielfältigen Formen. Im Kern ging und geht es dabei ums Überleben und um Überschüsse, um den Fortschritt des Einzelnen und der Gesellschaft. Nun, da die Welt dabei ist, sich immer weiter zu öffnen, entstehen vielfältige Möglichkeiten. Nie war es wichtiger und aufregender, sich mit Unternehmen zu beschäftigen, für Menschen mit Unternehmergeist lohnt sich das heute sogar mehr als je zuvor.

»Unternehmer müssen sich mehr als jede andere Berufsgruppe mit der Zukunft befassen: Sie müssen ständig rechnen, ständig ihre instinktive Voraussicht trainieren.«

Henry R. Luce Zeitschriftenverleger, USA (1898–1967)

Big Ideas. Das Management-Buch

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