Читать книгу Jung bleiben ist Kopfsache - Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk - Страница 10
Was Frau beeinflussen kann und was nicht
ОглавлениеBeide weiblichen Geschlechtshormone – Östrogen und Progesteron – schützen also das Gehirn. Die Empfehlung, bei Frauen, denen die Gebärmutter entfernt wurde, eine Hormonersatztherapie ausschließlich mit Östrogenen durchzuführen, ist vor diesem Hintergrund alles andere als sinnvoll. Hinter solchen Empfehlungen steckt im Wesentlichen das Konzept, dass Gelbkörperhormon vor allem dazu da ist, die Gebärmutterschleimhaut vor einer übermäßigen Stimulation durch das Östrogen zu schützen. Ist keine Gebärmutter mehr vorhanden, wäre ein solcher Schutz also auch nicht mehr nötig. Progesteron ist aber wesentlich mehr als nur ein Gebärmutterschutzhormon. Es wirkt sich, wie oben dargelegt, auch schützend auf das weibliche Gehirn aus. Wer Hormone nur auf einen einzelnen Faktor reduziert, der verkennt ihre einzigartige Komplexität. Wer Frauen nur auf ihre Fortpflanzungsorgane reduziert, der tut das Gleiche.
Die Wechseljahre möglichst lange hinauszuschieben beziehungsweise die Hormonproduktion auch danach aufrechtzuerhalten, wäre also eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Da stellt sich die Frage: Kann ich als Frau durch meinen Lebensstil, die Ernährung oder mentale Techniken die Produktion meiner Geschlechtshormone tatsächlich wieder ankurbeln? Die Antwort lautet: Leider nein. Oder zumindest nur sehr bedingt. Zwar gibt es Faktoren, die sich vermeiden lassen, um verfrüht in die Wechseljahre zu kommen. Hier steht das Rauchen wieder einmal ganz oben auf der Liste. Nikotin schädigt bekanntermaßen unsere Blutgefäße. Ein schlechter durchblutetes Gewebe ist weniger leistungsfähig. Für die Eierstöcke bedeutet das: Bei Raucherinnen verabschieden sie sich durchschnittlich zwei bis drei Jahre früher in den Ruhestand als bei Nichtraucherinnen.6 Wem also immer noch ein Argument fehlt, endlich mit dem Rauchen aufzuhören – hier ist es.
Abgesehen davon gibt es aber so gut wie keine Möglichkeit, die eigenen Eierstöcke wieder zu revitalisieren, wenn diese sich im Rahmen der Wechseljahre in den Ruhestand verabschiedet haben. Angeboten wird hier zwar einiges. Hormonyoga etwa erfreut sich großer Beliebtheit, Akupunktur und anthroposophische Verfahren sind ebenfalls populär. Es ist auch durchaus nicht so, dass diese Behandlungen keinerlei Wirkung zeigen. Allerdings sollte man bei der Beurteilung etwas vermeiden, das man in der Philosophie einen Kategorienfehler nennt. Wechseljahre sind etwas anderes als Wechseljahrsbeschwerden. Der Begriff Wechseljahre bezieht sich auf das Versiegen der Hormonproduktion. Wechseljahrsbeschwerden wiederum nennt man die sich daraus häufig ergebenden körperlichen und psychovegetativen Störungen.
Durch Hormonyoga und ähnliche Verfahren lassen sich die lästigen Hitzewallungen durchaus reduzieren. Entspannungstechniken, die im nächsten Kapitel ausführlich beschrieben werden, können helfen, Einschlafstörungen oder auch depressive Verstimmungen positiv zu beeinflussen. Die Hormonproduktion selbst wird dadurch allerdings nicht wieder angekurbelt. Die Östrogenspiegel bleiben nach den Wechseljahren dauerhaft niedrig. Das bedeutet, dass vor allem die hormonmangelbedingten Organerkrankungen durch diese Methoden kaum beeinflusst werden. Die Knochendichte nimmt weiterhin ab. Das Arterioskleroserisiko steigt weiter an. Und die Gefahr einer Demenz im Alter wächst. Diese Risiken lassen sich eigentlich nur durch eine einzige Maßnahme beeinflussen, nämlich durch den Ersatz der fehlenden Hormone.