Читать книгу Jung bleiben ist Kopfsache - Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk - Страница 7
Die Hirn-Körper-Kommunikation
ОглавлениеDas eine Nachrichtennetz ist unser Nervensystem. Es lässt sich vergleichen mit dem guten, alten Kabelnetz. Ausgehend vom Gehirn als übergeordneter Steuerungszentrale durchzieht es den Organismus mit unzähligen Strängen, die sich bis in die letzten Körperwinkel hinein verzweigen. Und genauso wie im Kabelnetz erfolgt auch die Signalübertragung durch elektrische Impulse.
Das Nervensystem übermittelt Informationen dabei nicht nur in eine Richtung, von der Schaltzentrale in die Peripherie, sondern es erlaubt auch den Informationsfluss zur Zentrale. Das ist vor allem bei der Übermittlung von Sinnes- und Schmerzreizen wichtig. Dass für diese Art von Informationstransfer elektrische Impulse genutzt werden, ist durchaus sinnvoll. Denn Strom hat eine besondere Eigenschaft: Er fließt schnell. Das tut er auch in unseren Nerven. Wer jemals auf eine heiße Herdplatte gefasst hat, weiß es zu schätzen, dass der Befehl »Hand wegziehen« nicht erst nach einigen Minuten erfolgt.
Auf der anderen Seite ist elektrischer Strom aber auch ziemlich eindimensional. Einschalten – ausschalten. Viel mehr Alternativen gibt es nicht. Deshalb leistet sich unser Körper neben der schnellen Nervenbahn noch ein zweites Informationsnetzwerk, das völlig anders arbeitet. In ihm erfolgt die Informationsübertragung durch Moleküle, die von speziellen, den endokrinen, Drüsen abgegeben werden. Als Transportweg dienen dafür nicht die Nervenfasern, sondern vor allem die Blutgefäße. Das macht den Transport zwar sehr viel langsamer, eröffnet aber auch ganz neue Möglichkeiten. Über das Blut können eine Vielzahl von unterschiedlichen Botenstoffen transportiert werden, die wesentlich komplexere Reaktionen ermöglichen als die schnelle, aber relativ einförmige Übertragung mittels Nervenimpuls.
Bekannt sind diese Botenstoffe unter dem Namen Hormone. Sie sind die Kuriere zwischen Kopf und Körper und gleichzeitig die unsichtbaren Regisseure unseres Lebens. Trotz der vielen großartigen Aufgaben, die sie erfüllen, haben Hormone aber häufig eine schlechte Presse.
Wenn sich niedliche kleine Kinder mit etwa zwölf Jahren in unberechenbare Pubertiere verwandeln, wenn liebenswerte Frauen prämenstruell zu wahren Furien mutieren oder wenn ansonsten rational denkende Männer Entscheidungen treffen, bei denen die Hoden offenbar mehr Einfluss hatten als das Großhirn – immer dann spielen die Hormone eine Rolle. Und selten eine überzeugende. »Das war nicht ich – das waren meine Hormone«, ist die Standardausrede all derjenigen, die für sich – zumindest zeitweise – eine Art endokrine Unzurechnungsfähigkeit in Anspruch nehmen. Hormongesteuert wäre demnach sozusagen das Gegenteil von selbstbestimmt.
Sind wir also tatsächlich das Opfer von Botenstoffen, die uns immer wieder zur Unzeit das Hirn vernebeln? Oder haben wir auch die Möglichkeit, durch den Einsatz unseres Gehirns unsere Hormone gezielt zu beeinflussen? Das wollen wir uns im Folgenden einmal ein wenig genauer anschauen. Und bei dieser Gelegenheit lassen sich dann vielleicht auch gleich einige Vorurteile über Hormone aus dem Weg zu räumen. Zumindest wenn uns die Botenstoffe nicht gerade am klaren Denken hindern.