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Länger und besser leben durch Testosteron?

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Inzwischen ist es schon fast 40 Jahre her, dass Herbert Grönemeyer in einem berühmten Song die Frage stellte: »Wann ist man ein Mann?« Zumindest die Endokrinologen – das sind die Hormonspezialisten – haben darauf eine ziemlich präzise Antwort: Sobald seine Hoden anfangen, Testosteron zu produzieren. Testosteron ist tatsächlich das Hormon, das aus Jungens Männer macht. Es lässt die Körperbehaarung sprießen, baut Muskeln auf und sorgt für maskuline Züge. Und selbstverständlich ist es verantwortlich für die Spermienproduktion und das sexuelle Verlangen. Wie entscheidend das Testosteron für die Geschlechtsentwicklung ist, lässt sich im Übrigen eindrucksvoll an einem seltenen Krankheitsbild demonstrieren. Bei der »Testikulären Feminisierung« sind die betroffenen Patienten genetisch eindeutig männlich. Sie produzieren sogar in ihren Hoden normale Mengen an Testosteron. Allerdings kann dieses aufgrund eines genetischen Defektes an den zuständigen Rezeptoren seine entsprechende Wirkung nicht entfalten. Die Folge ist: Diese Männer entwickeln sich wie Frauen und haben so gut wie keine Körperbehaarung (Hairless Women Syndrome). Ein Beleg für die Tatsache: Die Natur bevorzugt das Weibliche. Denn die Natur interessiert sich vor allem für die Fortpflanzung der eigenen Art und zu der tragen Frauen nun einmal deutlich mehr bei. Um zu einem Mann zu werden, bedarf es einer besonderen Anstrengung. Beziehungsweise besonderer Hormone.

Testosteron ist also für die Mannwerdung wichtig. Aber ist es auch ein »Anti-Aging-Hormon«, wie oft behauptet wurde? Daran gibt es immer wieder Zweifel. Aus der Veterinärmedizin wissen wir etwa: Eine frühzeitige Kastration männlicher Tiere führt nicht zu einer verkürzten Lebenserwartung. Im Gegenteil: Ein Ochse lebt länger als ein Stier, ein Wallach lebt länger als ein Hengst. Beim Menschen sind entsprechende Untersuchungen aus naheliegenden Gründen schwierig. Die frühzeitige Kastration ist in letzter Zeit doch ein wenig aus der Mode geraten. Sie war aber lange Zeit an manchen Orten der Welt durchaus üblich. Zum Beispiel wurde sie über mehrere Jahrhunderte hinweg am koreanischen Königshof praktiziert. Und anhand der dortigen Aufzeichnungen lässt sich nachrechnen, dass die Lebenserwartung der Hofeunuchen gegenüber desjenigen der anderen dort lebenden Männer ebenfalls nicht verkürzt war. Die Eunuchen lebten sogar zwölf Jahre länger.9 Bevor Sie nun – vorausgesetzt, Sie sind ein männlicher Leser – gleich beim nächsten Krankenhaus anrufen, um einen entsprechenden Operationstermin zu vereinbaren, lassen Sie mich noch kurz ein paar neuere Studien anführen. So kam zum Beispiel eine aktuelle Metaanalyse, also eine Auswertung gleich mehrerer Untersuchungen, zu dem Ergebnis, dass Männer mit niedrigem Testosteronspiegel ein erhöhtes Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen aufweisen.10 Die niedrigste Sterblichkeitsrate fand sich dagegen bei Männern mit der höchsten Konzentration von Testosteron im Blut.

Wie das mit dem längeren Leben und dem Testosteron auch sein mag – es geht in diesem Zusammenhang ja nicht nur um die statistische Lebenserwartung, sondern auch um die individuelle Lebensqualität. Und zu der trägt Testosteron ohne Frage einiges bei.

Den Sex habe ich schon genannt. Testosteron ist das Hormon für sexuelles Verlangen schlechthin. Das gilt übrigens für Männer wie für Frauen. Androgene – Sammelbegriff für alle männlichen Geschlechtshormone – bringen aber auch ansonsten Schwung ins Leben. Wenn Männer vom Sofa nicht mehr runter- und aus der Strickjacke nicht mehr rauskommen, ist das ein ziemlich sicheres Zeichen für einen Androgenmangel. Dass männliche Hormone Muskeln auf- und Fett abbauen, ist in den meisten Fällen auch nicht gerade ein unerwünschter Effekt. Nicht zuletzt ist es einer der Gründe, warum sich Testosteron bei Sportlern und Bodybuildern großer Beliebtheit erfreut. Neben dem Wachstumshormon, auf das ich später noch komme, ist es das wirkungsvollste hormonelle Anabolikum überhaupt.

Ob das Leben mit Testosteron nun länger dauert, mag noch nicht abschließend geklärt sein. Dass es einem ohne Testosteron länger vorkommt, weil es einfach langweiliger ist, kann allerdings als gesichert gelten. Gute Gründe also, auch im Alter auf seinen Testosteronspiegel zu achten.

Jung bleiben ist Kopfsache

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