Читать книгу Heilsam kochen mit Ayurveda - Prof. Dr. med. Dietrich Grönemeyer - Страница 10
AYURVEDA SCHENKT GESUNDHEIT UND WOHLBEFINDEN
ОглавлениеHaben Sie schon einmal eine ayurvedische Synchronmassage ausprobiert? Wenn nicht, sollten Sie es unbedingt tun! Der ganze Körper wird dabei sehr vorsichtig mit erwärmtem Sesamöl massiert. Sofort nach meiner allerersten Anwendung fühlte ich mich in eine andere Welt gebeamt. Eine unendliche Ruhe und Leichtigkeit und ein wahnsinniges Glücksgefühl durchströmten mich. Ich fühlte mich wie neugeboren. Und das duftende, schmackhafte und leichte Essen, das mir danach andächtig gereicht wurde, führte zu einem himmlischen Gefühl ewiger Gesundheit – auch wenn es ja nur ein klitzekleiner Moment meiner Existenz war. Aber immerhin! Ich begriff, dass Leben mehr ist, als ich bisher gedacht oder gefühlt hatte. Und auch, dass Ayurveda mehr ist als Hokuspokus.
Übersetzt bedeutet der Begriff »Ayurveda« das »Wissen vom Leben«. Wissen über die Prinzipien des Lebens im Allgemeinen genauso wie Wissen über Ernährung, Bewegung, Biorhythmen und spezielle Behandlungsansätze, körperlich wie psychisch. Zu begreifen, woraus Leben entsteht und sich regeneriert, war der Anspruch der indischen Philosophie und Medizin seit Jahrtausenden – auch, welche Rolle Partnerschaft, Lebensform, Architektur oder Verjüngungsmethoden dabei spielen. Auf einen Nenner gebracht, ist wahrscheinlich in keiner anderen Medizintheorie der Welt so viel Wissen um ein erfülltes und langes Leben verborgen wie in diesem Lebens- und Medizintheoriesystem. Viele wirksame Heilschätze könnten hier noch geborgen werden.
Das Grundprinzip eines individuellen, langen und erfüllten Lebens basiert auf einer gesunden Lebensweise und einer gesunden, konstitutionsorientierten Bewegung, Entspannung und Ernährung. Es gilt für jeden von uns, doch in unterschiedlicher individueller Ausprägung, da wir alle zwar grundsätzlich gleich, aber doch jeder einzigartig ist. »Viele Gesetzmäßigkeiten von Ayurveda leben wir alle bewusst oder unbewusst jeden Tag. Gleichzeitig entfernen wir uns immer wieder von unseren typgerechten Bedürfnissen«, hat mir Vaidya, ein für mich wichtiger Lehrer der ayurvedischen Medizin, vor Jahren erklärt. »Dadurch produzieren wir ein inneres Ungleichgewicht, das zu Krankheiten führen kann. Ayurveda hilft, die innere Balance wiederherzustellen.«
Dass die fantastisch schmeckenden und verlockenden Gerichte die Herstellung des inneren Gleichgewichtes vorsorgend und therapeutisch wesentlich unterstützen, habe ich lang bevor ich Volker Mehl begegnete, von meinem lieben Freund Ekki, ebenfalls einem begnadeten Koch, gelernt. Er hat als alter Kenner vedischer Texte und Zusammenhänge das ayurvedische Kochen in Indien gelernt und bereits vor Jahrzehnten versucht, das uralte Kochprinzip mit europäischen Pflanzen und Nahrungsbestandteilen aufzufrischen. »Kochen und Heilen gehören zusammen wie Ayurveda und Yoga oder Körper und Geist, lieber Dietrich. Sie sind eins, zwei Seiten derselben Medaille.« Ich bin ihm so dankbar dafür. Und ich habe mich seitdem bemüht mitzuhelfen, dieses Wissen zu transportieren und in den weltmedizinischen Kanon zu integrieren.
Unser schulmedizinisches Verständnis vom Begriff »Gesundheit« existiert im Ayurvedischen nicht, sondern es gibt dort eigentlich nur eine Annäherung: Der Sanskritbegriff »Swastha« bedeutet in etwa so viel wie »selbst stehen« oder besser »selbstständig sein« beziehungsweise »sich seiner selbst bewusst sein«. Ein jahrtausendealtes emanzipatorisches Prinzip, das bis heute in Heilprozessen kaum Beachtung gefunden hat. Welch eine (vergessene) Bereicherung oder besser, welch ein Schatz zum Verständnis der Lebensprozesse in uns. Was für eine immense Kraft könnte jeder von uns hieraus schöpfen.
»Gesundheit« ist nach ayurvedischer Auffassung auch, »wenn sich die Körperfunktionen der Gewebe, des Stoffwechsels, der Verdauung und der Ausscheidung im Gleichgewicht und sich Seele, Körper und Geist in andauerndem Zustand inneren Glücks befinden«, erkannte Sushruta bereits im Jahr 750 vor Christus. Jeder Mensch ist einzigartig und jeder ist seines Glückes Schmied. Mit einer solchen Haltung, so meine ich, liegt die Verantwortung über sich selbst auch bei jedem Einzelnen von uns. Wir Ärzte und Therapeuten sind nur Gehilfen. So hat es schon mein ärztlicher Vorfahre Paracelsus vor mehreren Hundert Jahren formuliert – genauso wie die für mich so wichtig gewordene Heilformel: »Liebe dich selbst.« Beste Voraussetzung also, selbstbestimmt seine eigenen Heilungsprozesse zu aktivieren und durch eine gesunde Lebensweise ein langes und erfülltes Leben vorsorgend zu gestalten.