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DIE MACHT DER FRAUEN UND DIE OHNMACHT DER KATHOLISCHEN KIRCHE Zum Ausklingen der patriarchalen Definitionsmacht 1 Die Situation
ОглавлениеBereits 1993 hat eine Untersuchung der Deutschen Bischofskonferenz beunruhigende Entwicklungen festgehalten. 1982 hatten noch 40 Prozent der deutschen Katholikinnen eine enge Beziehung zur Kirche, 1992 waren es nur noch 25 Prozent. Die Mehrzahl der Katholikinnen sieht mittlerweile in der Institution Kirche eine „Männerkirche“, die sich für die Anliegen und Probleme der Frauen weder interessiert, noch Verständnis für sie aufbringt.172
Trotzdem liegt der Anteil der Frauen unter den KirchgängerInnen noch immer über jenem der Männer. Die zentral in den Gemeinden Engagierten sind nach wie vor vorwiegend Frauen: Sie arbeiten haupt-, neben- und ehrenamtlich in den Bereichen religiöser Erziehung und Katechese, engagieren sich pfarrlich in diversen Arbeitskreisen und Aktionen sowie in sozial-diakonischen und liturgischen Zusammenhängen. Eine Untersuchung am Institut für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie in Graz hat dies 2005 auch für die Steiermark belegt.173
Keinen Zugang hingegen haben Frauen aber bekanntlich zur Ordination und deshalb zur umfassenden Leitungsvollmacht. Es bleiben also den engagierten katholischen Frauen ihr gelebtes Christsein, ihr Engagement in der Alltagsseelsorge, ihre Frömmigkeit (und deren Weitergabe), viele untergeordnete und wenige einzelne Leitungsaufgaben, den Männern aber die definitorische und institutionelle Macht.
Dass der Aufbruch aus dieser Rollenaufteilung – „eine von Männern geleitete Frauenkirche“ – nur eine Frage der Zeit sein wird, steht fest:
In dem Maße, wie die Angehörigen der älteren Generation versterben, wird auch der Geschlechterunterschied in der Kirchlichkeit verschwinden, so wie er heute schon in der Nachkriegsgeneration und in den Groß- und Mittelstädten weitgehend verschwunden ist. Damit endet der im letzten Jahrhundert begonnene Prozeß der Feminisierung der Kirchen, ohne jedoch an seinen Ausgangspunkt zurückzukehren. Denn die Kirchenbänke, die die Frauen vakant in den Kirchen zurücklassen, werden nicht von Männern aufgefüllt. Die Entfeminisierung der Kirchen ist nicht mit einer „Re-Maskulinisierung“ gepaart; sie ist vielmehr generelle Entkirchlichung.174
Wie kam es dazu?