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4. Kapitel Braut Christi
ОглавлениеDer Brief mit der Aufschrift „per Eilboten“ erwartete Mae Francis bereits, als sie am 15. August 1944 das Wohnzimmer im Haus der Gianfrancescos betrat. Mit der rechten Hand riss sie den Umschlag auf und holte das Blatt heraus. Mae erstarrte, als sie die vertraute Handschrift erkannte. Ihre Augen überflogen den Brief bis zu den unterstrichenen Sätzen am unteren Ende der Seite. Die Schrift sah aus, als ob der Briefinhalt in angespannter Eile geschrieben worden wäre.
14. August 1944
Meine allerliebste Mutter,
wenn Du diesen Brief bekommst, werde ich in Cleveland sein. Ich bin in das Anbetungskloster an der Kreuzung zwischen Fortieth Street und der Euclid Avenue eingetreten. Du kennst es besser unter dem Namen Kloster St. Paul. Ich weiß, meine liebste Mutter, dass dies ein Schock für Dich sein wird. Doch wenn ich Dich um Erlaubnis gebeten hätte, wärst Du mit diesem Schritt nie einverstanden gewesen. Auf diese Weise eintreten zu müssen, hat mir furchtbar wehgetan. Ich wünschte mir, Du würdest mich Unserem Herrn als Seine Braut übergeben. Es wird für Dich schwierig sein, all das zu verstehen, doch dies ist Sein heiligster Wille. Seit meiner Genesung hast Du viele wundervolle Dinge für Unseren Herrn getan. Er hat jetzt eine Aufgabe für Dich. Es gibt viele Seelen, die Du zur richtigen Herde zurückführen kannst. Deine Aufgabe ist es, draußen Seelen für Ihn zu gewinnen. Befolge seine Bitte und übergib alles großzügig und ohne Vorbehalt Seinem Heiligsten Herzen. Weil ich Seine Braut sein werde, wird Seine Liebe für Dich außerordentlich wachsen. Er liebt Dich so sehr, dass er dieses Opfer von Dir erbittet. Er möchte in Deinem Herzen an erster Stelle stehen. Bisher hast Du mich vor Ihn gestellt. Unser Herr hat versucht, Dir all dies schon während Deines ganzen Lebens verständlich zu machen. Binde Dich nicht, meine liebste Mutter, an irgendjemanden oder an irgendetwas auf dieser Erde, sondern nur an Gott allein, der geduldig auf Deine ganze Liebe wartet. Ein Kloster, meine Mutter, ist ein Himmel auf Erden. Es ist das größte Privileg, das einem Menschen auf Erden geschenkt werden kann. Dies sagte unsere liebe Muttergottes zur seligen Maria von Agreda. Ich will Ihm dort mit jedem Atemzug sagen, dass ich Ihn liebe. Dort will ich Wiedergutmachung leisten für all die kalten Herzen auf der Welt. Nach meiner Heilung geschah etwas in mir. Was es war, weiß ich nicht. Ich verliebte mich ganz und gar in Unseren Herrn. Es war schwer für mich, in den vergangenen neunzehn Monaten in der Welt zu leben. Ich liebe Dich sehr und habe nicht vergessen, was Du alles für mich getan hast. Meine Liebe für Dich ist seit meiner Heilung noch gewachsen, doch wenn ich noch einen Monat länger in der Welt hätte leben müssen, hätte ich sie ganz verlassen und wäre in unsere ewige Heimat eingegangen. Ich gehöre der Welt nicht. Bitte vertraue Ihm. Du kannst mir immer schreiben und mich alle zwei Monate einmal besuchen. Du kannst mich am geöffneten Gitter sehen. Ich werde Dir einmal monatlich schreiben. Zuerst gehören wir Gott, dann erst unseren Eltern. Wir sind Seine Kinder. Ich bitte um Deinen Segen, dass ich die Höhen erreichen kann, die ich anstrebe. Ich liebe Dich sehr. Ich möchte Großmutter für alles danken, was sie für mich getan hat. Mein Geliebter wird sie reich belohnen. Auch sie kann mich bei geöffnetem Gitter besuchen. Ich hab Dich lieb!
Für immer Deine
Rita xxxxxx
Tränen strömten über Maes Gesicht. Zuerst hatte der Mann, den sie liebte, sie verlassen, und jetzt war ihr Kind, ihr Fels, seinem Beispiel gefolgt. Die Schmerzen gingen in Zorn über. Ein stundenlanges Selbstgespräch mit einer Schimpftirade des Selbstmitleids setzte ein. „Mein einziges Kind ist von mir gegangen“, schrie sie hysterisch. Als sie Großmutter Gianfrancesco und Onkel Pete den Brief zeigte, schlossen sie sich Maes wildem Gebaren an und waren beide außer sich.
„Es war, als wäre ich gestorben“, erläuterte Mutter Angelica. „Man erzählte sich, dass man meine Mutter auf der ganzen Straßenzeile schreien hörte. Sie rannte die Straße hinunter und wollte den Pfarrer aufsuchen, weil sie vermutete, ich hätte von ihm den Taufschein und die Geburtsurkunde bekommen. Der Pfarrer bejahte dies, machte aber meiner Mutter verständlich, dass er es nicht als seine Aufgabe betrachtet hätte, meiner Mutter meinen Entschluss mitzuteilen.“
In den darauffolgenden Monaten kam bei Mae immer ein tiefes Gefühl der Enttäuschung und der Wut auf, wenn sie an Rita dachte. Freunden erzählte sie, dass Rita „undankbar“ gewesen sei und sie „mutterseelenallein“ zurückgelassen habe.