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1. Weites Verständnis des Selbstbestimmungsrechts

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Diejenigen Stimmen, die sich zu einer ökumenischen Trägerschaft äußern, sprechen sich ganz überwiegend dafür aus, dass diese vom verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht gedeckt ist.508 Viele bleiben eine Begründung indes schuldig. Leisner drückt das aus, was wohl viele Vertreter der Literatur denken: „Vom Staatskirchenrecht her (….) würde ich grundsätzlich keine Bedenken sehen, wenn es zu einer ökumenischen Trägerschaft eines Tages käme. Denn hier ist ja doch das Selbstverständnis der beiden sich zusammenschließenden Kirchen maßgebend. Wenn sie beide dieselben Lösungen sich zu eigen machen, warum sollten ihnen dann gemeinsame Aktionen unmöglich sein? Das würde darauf hinauslaufen, dass sich von Staatskirchenrechts wegen die evangelische und die katholische Kirche niemals in Deutschland vereinigen dürften. Da aber sei Gott vor!“509

Auch Beyer spricht sich dafür aus, dass das Selbstbestimmungsrecht den Zusammenschluss konfessionsverschiedener Träger umfasst.510 Das GG schütze prinzipiell auch die Freiheit, Vereinigungen von Gemeinschaften zu gründen (Art. 4 Abs. 2 GG, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 WRV) und dabei auch die jeweils gewählte Organisationsform.511 Engelhardt wendet ein, dass es durch ein gemeinsames Handeln nicht zu einem Verlust der auf dem Selbstbestimmungsrecht beruhenden Befugnisse kommen könne, „(…) denn sicherlich kann der Staat einer Kirche und auch mehreren Kirchen wohl kaum verwehren, auf der Basis ihres Selbstbestimmungsrechts auch gemeinsam Caritas auszuüben“512 Ähnlich äußert sich Robbers zur Kooperation im ökumenischen Bereich: „Eine Beeinträchtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts nach staatlichem Religionsrecht ist damit nicht verbunden.“513 Rabe gibt zu bedenken, dass eine Vereinbarkeit interkonfessioneller Fusionen mit dem Selbstbestimmungsrecht nicht zwangsläufig heiße, dass sich die Einrichtung auch nach der Fusion auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen kann.514 Es bedarf einer hinreichenden Einflussnahme der Kirche. So schreibt Köstler „Einrichtungen, die ‚kirchlich‘ im rechtlichen Sinne sind, unterliegen dem religionsverfassungsrechtlich geschützten Bereich der kirchlichen Selbstbestimmung (…)“.515 Auch konfessionelle Einrichtungen sind bereits jetzt kaum noch rechtlich unselbstständige Eigenbetriebe einer Diözese oder Pfarrei, vielmehr sind sie oftmals rechtlich verselbstständigt.516 Auch hier bedarf es einer Zuordnung. Glawatz bringt es auf den Punkt: „Wenn sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche eine Einrichtung, die ökumenisch getragen wird, von der Aufgabe und dem Bekenntnis her als Teil ihres Auftrags in der Welt erachtet, muss dies staatlicherseits respektiert werden. Die entsprechende organisatorische Anbindung zu beiden Kirchen muss dann ebenfalls gesichert sein.“517

Richardi spricht sich demgegenüber dafür aus, dass es zwingend eine eindeutige Zuordnung eines Rechtsträgers zu einer Kirche bedarf.518 Er begründet dies jedoch nicht näher. Möglicherweise fußt diese Annahme weniger auf der Reichweite des Selbstbestimmungsrechts als vielmehr auf einer möglichst praktikablen (arbeitsrechtlichen) Zuordnung einer Einrichtung zu einer Kirche. Hierfür spricht sich auch Negwer aus. Er stützt sich dabei auf das unterschiedliche Satzungs-, Arbeits- und Versorgungsrecht der evangelischen Diakonie und der katholischen Caritas.519 Die damit verbundenen praktischen Probleme sind nicht von der Hand zu weisen, dürfen allerdings nicht zu einer Aberkennung des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts führen. Dieses Recht aufgrund potentieller praktischer Probleme in der Umsetzung zu versagen, würde die Religionsfreiheit verletzten.520

Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne

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