Читать книгу Das große Schlemmen - Rimur R. - Страница 15
Kapitel 5
Оглавление„Du bist wirklich nett...“
Kennt ihr die Minotauren aus den griechischen Sagen? Genau so ein Ding ist mir über den Weg gelaufen. Wobei „über den Weg gelaufen“ die falsche Wortwahl ist. Vielmehr wurde ich von den Bewohnern einer nahegelegenen Siedlung zu ihm geschickt. Ich war gerade auf der Straße entlanggewandert, da hatten sie mich aufgegriffen – also gefangengenommen – und mich verschleppt. Anschließend hatten sie mich mehrmals und unter schwersten Gewissensbissen um Verzeihung gebeten, weil ihnen keine andere Möglichkeit bliebe, als mich dem Minotauren vorzusetzen. In schaurigsten Geschichten erzählten sie mir, dass dieser seit mehreren Jahren alle paar Wochen einen der Einheimischen der Gegend entführe und fräße. Dadurch sei schon beinahe die Hälfte der Bevölkerung umgekommen. Und egal, was sie auch taten, um ihn loszuwerden, sie schafften es nicht. Nichts konnte dieses Ungeheuer bisher von seinem Beutezug abhalten. Sie hatten alles mögliche probiert, ihn gejagt, mit ihm gekämpft, versucht sein Heim zu zerstören. Aber nichts brachte den erwünschten Erfolg. Im Gegenteil hatten sie den Minotauren dadurch nur noch wütender gemacht und er hatte die Menschen, die ihm ans Leder wollten gejagt, erwischt und gefressen. Ein paar hatten das sogar mit eigenen Augen gesehen. Selbst zwei der Kinder hat das böse Monstrum nicht verschont und bei lebendigem Leib unter ihren hilfesuchenden Schreien verschlungen. Während die fünf Bauerntölpel mir alles unter wachsendem Schauer berichteten, wunderten sie sich nicht wenig über meine anschwellende Begeisterung und der Aufforderung, mich gefälligst schneller dahinzubringen, wo sie mich aussetzen wollten. Nach meiner Reaktion waren die fünf offensichtlich schockiert und hielten mich für verrückt. Auf jeden Fall redeten sie kein Wort mehr mit mir, sondern setzten mich an geplanter Stelle aus. Wie in den Sagen lebten die Dinger gerne in Labyrinthen oder labyrinthischen Gebäuden und Naturgebilden, wie dichten Wäldern, unübersichtlichen Schluchten oder weit verzweigten Höhlensystemen. Also allem, wo ein Mensch wie ich sich wunderbar leicht verirren konnte. Bei mir war es ein sehr dichter Wald, durch den ich irrte. Alles war grün über grün und das Blattwerk der Bäume war so reichhaltig, dass es das meiste Licht vom Boden abhielt. Dadurch war es hier aber nicht kahl und leer. Im Gegenteil wimmelte es auf dem Boden nur so vor Leben. Kriechende Insekten, zwitschernde Vögel in der Ferne oder ein Hörnchen, dass von einem Baum zum nächsten sprang. Insgesamt wirkte alles hier sehr einladend. Nur konnte man sich auch leicht verirren, da nach wenigen dutzend Metern schon alles gleich aussah, zumindest für mich. Nach der ersten Verirrung wollte ich zurück zum Ausgangspunkt gehen. Den fand ich jedoch nicht mehr. Egal wohin ich mich wandte, alles sah zugleich fremd und dann wieder vertraut aus. Ich machte mir nichts draus, immerhin wollte ich ja gefunden werden und nicht fliehen. Dennoch wäre mir wohler gewesen, hätte ich ungefähr gewusst, wohin ich gehe. Nach einer Weile fragte ich mich, ob der Minotaurus wirklich so böse und schrecklich war, wie er mir beschrieben wurde. Die idyllisch wirkende Umgebung ließ nicht unbedingt auf ein bösartiges Wesen schließen, sonst wäre es hier doch um einiges stiller. In Gedanken geriet ich in eine Sackgasse aus dichten Nadelsträuchern, die ich nicht durchdringen konnte, wollte ich mir nicht tiefe Wunden zu hunderten zufügen. Noch dazu hatte ich nicht bemerkt, dass mir seit einiger Zeit und leise stampfend etwas in kurzer Entfernung gefolgt war. Als ich mich umwandte und den Rückweg antreten wollte, war für meinen Verfolger der Moment gekommen, sich zu zeigen und der gewaltige Minotaure versperrte den Weg. „Heyyyyy!“, rief er begeistert und baute sich viereinhalb Meter vor mir auf. „Du siehst ja nett aus! Eudamos hatte schon lange keinen so hübschen und netten und saftigen Menschen mehr. Und du tappst ihm auch noch freiwillig in die Falle!“, freute er sich ungebändigt und riss dabei einen neben ihm stehenden jungen Baum um, was er aber gar nicht bemerkte. Ich zuckte kurz zurück, da ich fürchtete, der Baum falle in meine Richtung um. Doch der Minotaurus griff den Stamm und schleuderte ihn einfach davon. Danach taxierte er mich abschätzig. Offenbar fand er es seltsam, dass ich nicht schrie oder um Gnade winselte. Ich sah ihm an, wie es hinter seiner Stirn ratterte, als er fragte: „Kommst du von selber mit oder muss Eudamos dich schlafend machen? Das muss er bei den meisten tun, da sie sonst wegrennen wollen und das soll ja nicht passieren, hmm?“ Er musterte mich abermals und fragte: „Wirst du wegrennen? Denn dann wird Eudamos dich gleich schlafend machen. Du wirkst aber nicht so, als ob du wegrennen willst, oder?“ Er näherte sich, kniete und war immer noch einen Kopf größer als ich. Deutlich konnte ich die unzähligen Verletzungen und Narben an seinen Armen und Beinen erkennen, die er in den Jahren zugefügt bekommen hatte. Er folgte meinen Blick und lachte bitter auf. „Alte Sachen sind das, die Narben. Die Leute mögen Eudamos nicht sehr hier, was er schade findet. Er hätte so gerne einmal jemanden zum Reden, weißt du? So gern. Ganz besonders, bevor er jemanden isst. Aber niemand mag Eudamos. Er kann es nicht verstehen“, sagte er nachdenklich. Jetzt begriff ich erst, dass er in der dritten Person von sich selbst sprach! Manchmal war ich wirklich begriffsstutzig. Warum auch immer, irgendwie war er ja nett. Er war unglaublich naiv. So sehr, dass es schon nahezu an Dummheit grenzte, aber dennoch nett. Er hatte lediglich eine andere Vorstellung vom Leben und glaubte, dass seine Nahrung ohne Zwang zu ihm kommen müsse, damit er sie essen kann. Niedlich.
Egal. Ich war nicht hier, um mich um die Belange anderer zu kümmern. Ich blieb freundlich und redete beruhigend: „Ich komme gerne mit dir mit und höre auch gerne zu. Aber nur, wenn du mich später in einem Stück isst. Ich mag es nicht, wenn man was übrig lässt oder überall Blut verspritzt wird.“ Ganz eifrig nickte er aufgeregt, stimmte zu und war begeistert von meinem Vorschlag. Auch er mochte Blut nicht sehr, obwohl es einen interessanten Geschmack für ihn hatte, wie er sagte. „Ich mag aber eher die Haut. Wenn Eudamos die Leute vorher ableckt, schmeckt das so schön salzig. Das mag er ganz besonders gern! Er hebt sich immer die Füße bis zum Schluss auf. Die schmecken am besten!“, beteuerte er. Mir wurde schon ganz mulmig im Magen und ich stellte mir vor, was dieser Hüne alles mit mir machen würde. Es kribbelte überall, sodass ich mich zu Eudamos Verwunderung schüttelte und er fragte, ob alles in Ordnung sei. Nachdem ich ihm versicherte, dass es mir bestens gehe, stand er auf und nahm mich an der Hand. So führte er mich durch das undruchdringlich Dickicht zu seinem Schlafplatz. Dabei bekam ich mehr und mehr den Eindruck, es eher mit einem Kind anstatt einem ausgewachsenen Minotauren zu tun zu haben. Zumindest war seine geistige Entwicklung hängengeblieben. Sein zu Hause war eine verfallene Holzfällerhütte, neben der ein riesiger, moosbewachsener Komposthaufen lag, der ziemlich hoch schien. Mein kleingeistiger Freund klärte mich über den Berg als seine Toilette auf und verzog dabei ein wenig verschnupft das Gesicht. „Eudamos hasst es, Kacka zu machen. Wenn er nicht aufpasst bleibt am Ende was kleben. Das ist dann immer eklig, wenn er nicht genug Blätter mitgenommen hat.“ Er bot mir einen leicht morschen Stuhl an, auf dem ich Platz nahm. Dazu fragte er doch tatsächlich, ob ich Lust auf einen Kräutertee hätte! „Ich freu' mich ja so, dass endlich mal jemand nicht schlafend mein Haus besucht!“, sagte er und summte gut gelaunt ein mir unbekanntes Lied vor sich her, bis der Tee fertig war, und ich bemerkte, dass es gar kein wirkliches Lied sondern bloß eine Aneinanderreihung irgendwelcher Töne war, die er als schön empfand. Nachdem er mir den Tee in einer ebenfalls leicht morschen Holztasse gereicht hatte, begann er eine stundenlange Erzählung über sein Leben, seine Erlebnisse und Begegnungen, die – lässt man mal alle Opfer weg – sich an einer Hand abzählen ließen. Im Nachhinein wunderte es mich überhaupt nicht, dass er einen so verschrobenen Charakter hatte. Wer jahrelang in Einsamkeit lebte, musste zwangsläufig irgendwann mit sich selbst zu sprechen anfangen. Er erklärte mir außerdem sehr detailreich, wie sein Alltag aussah, was mich eigentlich gar nicht interessierte, da ich ohnehin nur für eine Sache hier war. Andererseits wollte ich ihn nicht verärgern. Sein Alltag war ziemlich langweilig und bestand nicht selten aus sinnlosem Wandern durch die Gegend. Eigentlich suchte er bloß Freunde und nicht immer jemanden zum Fressen. Nur wenn er Hunger hätte, wollte er sie vertilgen. Sonst aber nicht. Doch jedes Mal, wenn er ein paar Menschen gegessen hatte und dann zu ihnen ging, vertrieben sie ihn immer. Und weil er nicht mehr zu den Menschen gehen konnte, suchte er sich andere Beschäftigungen. „Am liebsten guckt Eudamos den Tieren hier zu. Die sind nett und kommen auch freiwillig, bevor ich sie esse.“ Ich konnte mir kaum vorstellen, dass diese Freiwilligkeit auf Gegenseitigkeit beruhte. Notgedrungen ertrug ich die unendlich uninteressanten Details, lächelte und sagte immer mal wieder „Ja“ und „Aha“ und „Oh, wirklich?“. Das hatte leider zur Folge, dass ich ihn animierte, immer weiterzuerzählen, ohne Punkt und Komma. Am Ende war das aber wiederum ganz nützlich, da ich eine Vertrauensbasis schuf, die ich später noch ausnutzen konnte.
Nach mehreren Stunden und viel Tee hatte Eudamos schließlich alles gesagt, was er sagen wollte. Ganz ehrlich, wenn ihr Selbstmord durch Totquatschen begehen wollt, dann kann ich euch Eudamos nur empfehlen. Ich hockte genervt auf meinem Stuhl und sah mit leerem Blick in die Luft, bis ich seinen vielsagend schielenden Blick von der Seite bemerkte. Ich dankte allen mir bekannten Göttern dafür. Vorher jedoch wollte ich nochmal Wasser lassen, was ihn gleich misstrauisch machte. „Du willst doch nicht fliehen, oder?“, fragte er laut drohend, fast schon wütend. „Wenn du fliehst, wird Eudamos dich verfolgen und in Stücke reißen! Du willst wegrennen, nicht wahr?“ Er baute sich auf und starrte auf mich herab, dass ich mir noch kleiner vorkam, als ich ohnehin schon war. Ich musste ihn mühsam beruhigen und erklären, dass mir eine Flucht gar nichts bringen würde. Ich wusste ja nicht, wo in diesem beschissenen Wald ich überhaupt war. Er hätte mich in Nullkommanichts wieder eingefangen. Das glaubte er mir jedoch nicht, jeder könne schließlich einen Weg aus dem Wald finden, er fand ihn ja schließlich auch. Touché. Dagegen konnte ich nichts erwidern. Ich schlug ihm vor, einfach mit mir zu kommen und auch zu pinkeln. Er hatte nicht weniger Tee getrunken als ich, argumentierte ich, also müsste er auch ziemlichen Druck haben. Dagegen fiel nun ihm nicht wirklich etwas ein und er stimmte notgedrungen zu. „Aber nur, wenn Eudamos etwas mit dir machen darf“, stellte er eine Bedingung. Langsam wurde es brenzlig, mein Blase drückte. „Jaja! Ist ja gut! Was immer du willst! Nur lass mich endlich pissen, sonst mach ich gleich hierhin!“, erwiderte ich. Schleunigst führte er mich nach draußen, nicht zum Komposthaufen, sondern an eine andere Stelle, wo die Fauna des Waldes erstaunlich gut gedieh. „Da macht Eudamos immer Pipi“, erklärte er mir. Ich achtete gar nicht weiter auf ihn, zog die Hose runter und ließ es laufen. Herrlich! Entspannend! Endlich! Der Minotaurus überwachte mich natürlich, während wir im Wald standen und ich den Boden goss. Nachdem ich fertig war, wollte ich die Hose wieder hochziehen. Stattdessen forderte der Hüne, dass ich mich nackt machte. Soso, er wollte also gleich anfangen? Nun gut. Ich zog alles aus, bis auf das letzte Hemd und die Unterhose. „Oh! Du bist wirklich nett! Eudamos dachte, du willst das nicht. Normalerweise muss er das immer selbst machen. Aber er mag die Leute nicht ausziehen, weil er die schönen Kleider dabei zerreißt“, erklärte er, während sein Gehänge auf unerhörte Größe wuchs. Dabei wurde es aber nicht steif und hart, sondern blieb schlaff. Es war so, als würde er lediglich einen Schlauch oder Rüssel ausfahren. Ich war erstaunt darüber. Sowas wollte ich auch können! Er verlangte von mir, dass ich mich vor ihm hinkniete, direkt unter den ausfahrbaren Rüssel. Und ja, es wurde genau das, wonach es sich anhört. Kaum hatte ich Einfaltspinsel mich darunter positioniert, schoss mir ein kräftiger Urinstrahl entgegen. Ich war so überrascht, dass ich kurz meinen Mund öffnete und die ekelhafte Flüssigkeit trank, bevor ich zu würgen und spucken begann. Wah! Musste das sein? Es musste. Und es hörte nicht auf. Ich bekam eine unfreiwillige Dusche von bestimmt fünf Minuten! Wie groß war eigentlich die Harnblase eines Minotauren? Was ich allerdings unsagbar schrecklich fand, törnte Eudamos richtig an! Sein Ding wuchs. Und zwar so gewaltig, dass mir das Würmchen zwischen meinen Beinen seitdem winzig vorkam. An diesem Tag ist ein Teil meines Selbststolzes in tausend Scherben gesprengt worden. Hätte er weitergemacht, ich war mir sicher, hätte er auf mich draufgewichst. Das wollte ich dann aber nicht und stand auf, sobald der Strahl versiegt war. Ungewöhnlicherweise stank ich nicht nach Urin, wie ich befürchtet hatte. Eudamos warf sich nieder und schnupperte ganz interessiert an mir. Ich fand es irgendwie gut, weil ich seinem Maul so nah war, was ich als Fortschritt wertete. „Ja!“, rief er fröhlich. „So riechst du gut! So wollte Eudamos schon immer mal einen essen. Erst die Soße ablecken und dann das Bonbon naschen! Lecker!“ Eine seltsame Komposition, Soße und Bonbon. Er lotste mich zurück in die verfallene Hütte, wohin ich ganz brav folgte. Dort sollte ich mich mit ausgestreckten Armen und gespreizten Beinen mitten in den Raum stellen. Er fing an, mich schmatzend abzulecken und mit seiner bestimmt vierzig Zentimeter langen und weichen Zunge zu waschen. Er ließ keine einzige Stelle aus und wusch die bevorzugten Stellen – meine Füße – besonders sorgsam. Ich musste mich dafür auf den Boden setzen und sie ihm entgegenstrecken, damit er sie ins Maul nehmen konnte. Anders als bei richtigen Rindern hatten Minotauren ein beeindruckendes Gebiss. Hinten waren typische Kauzähne, aber Vorne hatte er bedrohlich aussehende Reißzähne. Vor allem die Eckzähne waren sehr viel größer und spitzer, als alle anderen und verliehen ihm ein zusätzlich gefährliches Aussehen, wenn man mal von seinem sonst eher friedvollen Charakter absah. Seine Zungenspitze kitzelte mich an den Fußsohlen und zwischen den Zehen. Erst beim linken, dann rechten Fuß. Es fühlte sich wie eine gratis Fußmassage an, was es ja letztlich auch war. Ich sagte ihm, er könne gleich mit den Füßen beginnen, sobald er mich fressen wolle. „Ich mag den Anblick von Zähnen und Zunge in meinem Blickfeld. Vor allem schaue ich gerne zwischen ihnen hindurch nach draußen“, erklärte ich erschaudernd, als es mich kribbelte. Eudamos nickte eifrig, hielt aber plötzlich – wie vom Donner gerührt – inne und starrte mich an. „Hast du das schonmal gemacht?“, fragte er, nachdem er von meinem Fuß abließ. Ich nickte. „Wie geht das? Wie kannst du dann lebend vor mir stehen?“ Interessant. Das Prinzip des Todes verstand er also. Ich klärte ihn also darüber auf, schon in mehreren Rachen gewesen zu sein und dass mich die Kreaturen immer ausgespuckt hatten. Darauf verzog sich seine Miene in ein enttäuschtes Gesicht. Ich sah kleine Tränen, die sich in seinen Augenwinkeln sammelten. Was zur Hölle war denn jetzt? Als ich fragte, was er habe, antwortete er: „Eudamos wollte dich fressen. Aber das kann er jetzt nicht mehr, weil er dich töten würde und du nie wieder ein anderes Maul sehen könntest!“ Seine Unterlippe zuckte wild, er schluchzte. „Eudamos hat aber solchen Hunger!“, rief er verzweifelt, schlug gegen die neben ihm aufragende Hauswand, die darauf zerbarst und in die Brüche ging. Na toll. Jetzt hatte ich es also doch geschafft, ihn bockig zu machen.
Mir musste schnell etwas einfallen, sonst würde er noch auf die Idee kommen, mich einfach zu zerfetzen. Da hatte ich dann zum Glück einen Geistesblitz. Eine Idee, wie ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen konnte. „Weißt du, Eudamos, es gibt Leute in einer Stadt, die sich liebend gerne von dir verschlingen und auch verdauen lassen würden“, redete ich auf ihn ein und er horchte ungläubig. „Sie betrachten es als Ehre zum Teil von jemand Stärkerem zu werden. Dort ist es Gesetz, dass sie sich dir hingeben müssen, wenn du Hunger hast und sie fressen willst. Wenn wir uns jetzt aufmachen, sind wir in drei Tagen dort“, erklärte ich. „Wirklich? Du lügst auch nicht? Was ist, wenn du lügst?“, stutzte er. Was sollte das denn jetzt? Wir waren immer noch misstrauisch? Ich wollte mich schon von freiwillig von ihm verputzen lassen, habe nicht zu fliehen versucht und er traute mir immer noch nicht? Oh Mann! „Ich lüge nicht“, schüttelte ich energisch den Kopf. „Und um es dir zu beweisen, werde ich dich begleiten. Du wirst mich fressen, aber nur soweit, dass ich noch gerade so aus dir herausgucken kann – so wie ich es ja wollte. So nimmst du mich mit und ich kann dir immer sagen, wo du hin musst.“ - „Wirklich? Wirklich?!“ - „Ja wirklich“, sagte ich schon halb genervt. „Und wenn wir am Abend des dritten Tages nicht angekommen sind, darfst du mich endgültig runterschlucken.“ Eudamos brüllte jubelnd. „Das darf Eudamos dann? Und du bist ihm auch nicht böse?“, bedrängte er mich aufgeregt und dankte mir überschwänglich, nachdem ich verneinte.
Meine gute Tat des Tages war getan, ich hatte ein Versprechen gegeben und würde es halten. Aber jetzt wollte ich endlich haben, wofür ich gekommen und die ganzen nervigen Mühen eingegangen war: Eudamos' Rachen. Ich sagte, wir müssten sofort los, worauf er keine Zeit mehr verlor. Er spuckte sich mehrmals in seine riesigen Hände. Dann packte er mich, hob mich vertikal über seinen Kopf und machte das verheißungsvolle Maul auf. Ja, ich gebe zu, spätestens jetzt hatte ich einen Harten. Es war noch viel größer als erwartet und er konnte es wirklich extrem weit öffnen, ganz anders als ein popeliger Stier. Klar, er war ja auch keiner, sondern ein eigentlich blutrünstiger Fleischfresser. Seine Zunge reckte sich weit hinaus, mir entgegen und kitzelte mich. In Wahrheit speichelte er mich ein, damit ich besser rutschte. Es war eine gewollt lange Prozedur und immer, wenn es mir zu schnell ging, bat ich darum, dass er langsamer sein sollte. „Du willst dich ja nicht verschlucken, oder?“, argumentierte ich. Wie bei der Waschung zuvor, ließ er auch diesmal keine Stelle aus. Sobald ich genügend Stabilität hatte, ließ er mich von sich aus los. Die Schluckbewegungen gepaart mit der Schwerkraft erledigten den Rest. Noch bevor ich an gewünschter Stelle angelangt war, grapschte ich nach seinem sehr beweglichen Mundfleisch und umschloss es mit meinen Armen. Küssen wollte ich es nicht. Aus irgendeinem Grund hatte ich eine Abneigung dagegen. Zumindest bei Eudamos. Wie abgesprochen, verschlang er mich, bis nur noch mein Gesicht über seinen Zungenrücken hinaus blicken konnte und ich fest im Gaumen saß. Er röchelte ein wenig, konnte aber noch atmen und sich uneingeschränkt bewegen. Er klaubte meine Sachen vom Boden und machte sich auf den Weg.
Zuerst rannte er eilig in die von mir angegebene Richtung, später verfiel er in einen strammen Gang. Immer, wenn er auf dem Boden auftrat, fürchtete ich, abzurutschen und verschlungen zu werden. Doch jedes Mal würgte Eudamos mich wieder leicht hervor. Drei Tage vergingen, in denen wir öfter pausierten und in denen ich ausgespien wurde, damit der Minotaure etwas trinken konnte. Am Ende des dritten Tages schließlich waren wir in der Gegend der besagten Stadt. Ich sagte ihm zwar, in welche Richtung er zu gehen hatte, aber ich glaube, er war manchmal mit Absicht in die falsche gewandert, sodass wir das Ziel nicht erreichten, als die Sonne unterging. Diese linke Bazille klatschte und freute sich. Ich wollte gerade die Stimme zum Protest anheben, dass er betrogen hatte, da hob sich sein Geschmacksorgan in meiner Gesichtsfront und presste mich nach unten. Ich versuchte mich vergeblich noch irgendwie zu halten, was mir natürlich nicht gelang. Ein kräftiger Schluck und ich war auf dem Weg in seinen Magen. Als ich in dem nicht sehr geräumigen Bauch ankam, fragte er mich nach einer Weile, in welchem Rachen ich denn vorher gewesen war. Ich war zuerst ein wenig mürrisch und wütend und spielte die beleidigte Leberwurst. Witzigerweise machte ihn das traurig, weil er mich nicht hatte verärgern wollen. „Aber du hast gesagt, das Eudamos dich runterschlucken darf! Das hast du gesagt!“ Jetzt rechtfertigte er sich auch noch für seinen Betrug! Dieser Kerl war mit allen Wassern gewaschen. Da ich keine Lust auf einen Diskussion hatte, ging ich nicht weiter drauf ein, sagte, dass es in Ordnung sei und er Recht habe und erzählte dann vom letzten Abenteuer, dass ich in der Stadt Arkenthand erlebt hatte.