Читать книгу Das große Schlemmen - Rimur R. - Страница 17
ОглавлениеWas sich unter unseren erstaunten Blicken offenbarte, war bar jeder Vorstellungskraft. Eine Unaussprechlichkeit, die Garibald nicht nur die Nackenhaare, sondern das ganze Fell zum Stehen nötigte und er wie ein aufgeblasener Schneefuchs aussah. Ein Monstrum von unbeschreiblicher Hässlichkeit wie manch einer sagen würde, doch zugleich von unvergleichlicher Faszination. Zwischen dem Felsgestein drückte sich ein großer Kopf hindurch, der in der Form dem eines Humanoiden ähnelte, wobei der Schädel im Vergleich zum Gesicht sehr klein geraten schien. Es hatte die Nase eines Schweines und die Ohren eines Albs. Das seltsam primatenähnliche Gesicht war übersät mit Narben, Pickeln, Warzen und anderen unangenehm anzusehenden Abscheulichkeiten, die sogar mich ekelten. Doch das Unglaublichste an diesem Wesen war der Mund. Er nahm zwei Drittel des Kopfes ein und war mindestens zehn Meter breit und fünfzehn hoch! Die Zähne waren spitz und nach außen gebogen, manche waren verfault und schwarz. Das einzig ansehnliche war die gigantöse Zunge, die beständig zuckte und tanzte. Doch das konnte nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass in ihren Falten und Poren dampfende Säure oder ähnliches floss. Ich vermochte den sauren Geruch bis hierher zu vernehmen und hielt mir angewidert die Hand vor Mund und Nase. Aus dem Schlund dieser riesigen Kreatur brach wie bei einer Verpuffung heißes Feuer hervor und umschloss den unbeeindruckt wirkenden Agelulf. Ich fragte mich, wie groß dieses Wesen wohl sein würde, doch sollte ich es nie erfahren. Denn es handelte sich um keine wirkliche Wesenheit, wie ich geglaubt. „Das“, sagte Agelulf laut und deutlich präsentierend, „ist der Schlund! Der Eingang in die Höllenebenen!“
Ich war hin und weg. Garibald hingegen ging in die Hocke und defäkierte vor Angst. Es stank, ich entfernte mich von ihm. Es war ihm peinlich und er vergrub es schnell und unauffällig. „Beeindruckend“, kommentierte Thomasius. Das wollte etwas heißen. Normalerweise beeindruckte ihn nichts dergestalt schnell. „Du willst den Herrn also in die Hölle entführen? Werden wir ihn denn je wieder erblicken oder nimmst du sein Antlitz für ewig von dieser Welt?“, fragte er Agelulf. Der schüttelte den Kopf. „Nicht doch, edler Thomasius! Die Hölle hat schließlich einen Vertrag mit ihm! Und so listig wir auch sein mögen, wir Dämonen halten uns an Verträge. Wer würde uns denn noch anrufen, wenn wir diese immerzu brächen? Er wird wieder zurückkehren und mit euch allen und mir weiterhin ein glückliches Leben führen.“
Zwar war ich froh über seine Zusicherung, doch fragte ich, wie ich den ätzenden Seiber und den flammenden Rachen überstehen sollte? Ich wäre tot noch bevor ich überhaupt geschlungen würde. „Deine Furcht ist unbegründet. Dir wird nichts geschehen. Der Schlund ist nicht dazu da, um dich zu peinigen, auch wenn er es zweifelsohne könnte. Er ist vielmehr ein Werkzeug, um die dunkelsten und tiefsten vergrabenen Wünsche und Ängste zu ergründen. Das Erste erfüllt er jedem Eintretenden sofort, als eine Art letzte Erquickung. Mit dem Zweiten zu quälen ist die Aufgabe von Höllenwesen wie meiner Vielheit. Wenn du über seine Schwelle – pardon! – Zähne schreitest, wird er bereits wissen, was du dir wünschst. In deinem Falle ist es natürlich nicht schwer. Du wirst ein großes Vergnügen erleben. Es ist ein großes Privileg, durch den Schlund die Hölle zu betreten. Eines, das nur wenigen Verdammten zuteil wird. Und du, Herr, wirst es wahrscheinlich zweimal erleben. Einmal hier, jetzt und heute. Und einmal an deinem kärglichen Lebensende, wenn es mir eine Freude bereiten wird, dich hineinzustoßen.“ Seine Worte machten mich ganz begierig, doch der Wissenshunger ward noch nicht gestillt und ich fragte, was für ein Wesen es sei, der Schlund? „Der Schlund ist Luzifer“, antwortete Agelulf. „Aber zugleich ist er es auch nicht. Er ist nur ein Teil von ihm. Die Hölle ist aus seinem Leib geschaffen und zugleich ist er ein Teil der Hölle. Es ist schwer zu erklären, zumal ein lebendiges Wesen es niemals verstehen kann.“ Das war ja alles sehr schön, aber noch mehr als das, interessierte ich mich nun, wer Luzifer war. „Er ist der oberste aller Teufel. Aus ihm ging alles hervor und zu ihm wird alles zurückkehren. Das ist er.“ Ich nickte nicht wenig beeindruckt. „Das ist schwer verdauliche Philosophie“, meinte ich ein wenig zynisch. Der Werwolf zuckte die Achseln. „Ich sagte ja, kein lebendiges Wesen kann die Hölle verstehen. Euer Horizont ist zu begrenzt.“ - „Aber dort willst du mich Verschlingern zuführen? Werde ich diese Sphäre überhaupt bewusst betrachten können?“ Ich war darüber besorgt, nur in einer Art Wahn dort unten vorarephile Abenteuer erleben zu können. Vielleicht vermochte ich mich später nicht mehr an sie zu erinnern? Doch Agelulf beruhigte mich. Er war schon längst wieder zu uns getreten und hielt mir die offene Klaue hin. Sein verführerisch-falsches Lächeln machte mich wuschig. „Keine Sorge. Die Höllenebenen werden sich so zeigen, dass du sie wirst verstehen können. Nur einige Details werden dir entgleiten. Doch die sind ohnehin unerheblich für das, was du durchmachen wirst.“ Ich schüttelte amüsiert darüber den Kopf. „Mein lieber Agelulf! Du schaffst es selbst nach fünf Jahren mich noch zu überraschen! Also gut! Ich werde mit dir kommen! Ich habe ohnehin keine Wahl, vermute ich. Doch was wird aus Thomasius und Garibald? Es wird ja wahrscheinlich nicht geringe Zeit vergehen, wie ich annehme?“ Hierauf lachte mein Hausdämon und gestattete mir einen schönen Blick in seinen hübschen Rachen hinein. „Du vergisst, dass ich einst tausend Jahre in der Hölle gewesen bin. Doch für dich waren es lediglich vierundzwanzig Stunden. Es werden wahrscheinlich ein paar Wochen oder ein ganzer Monat vergehen. Das kann ich nicht ausschließen. Doch für unsere beiden Freunde hier sollen es nur wenige Minuten sein, die sie auf uns warten müssen. Du wirst sehen, dass die Sonne noch immer nicht untergegangen sein wird, wenn wir wiederkehren!“
Das überzeugte mich vollends und ich fühlte mich bereit. Trotzdem bat ich Thomasius – sollte ich wider Erwarten doch nicht zurückkehren – Garibald zurück in das Anwesen zu bringen, die Botschaft von meinem Verschwinden zu postulieren und mein Testament öffnen zu lassen. Darin stehe alles, was zu tun und wie mit meinem Besitz umzugehen sei. Er versprach es mir als Freund. „Obgleich ich dem verwegenen Dämon Glauben schenke, dass Ihr schon sehr bald wieder in unserer Gesellschaft sein werdet“, sprach er eher sorgenlos, was ich als gutes Omen wertete. Im Anschluss trat ich zusammen mit Agelulf vor den Schlund und fragte unsicher, was nun zu tun sei? „Ganz einfach, tritt über die Zähne. Danach musst du dich um nichts mehr sorgen“, antwortete dieser. Das war leichter gesagt, als getan. Wie ich bereits erwähnte, waren die Zähne nach außen gebogen und liefen extrem spitz zu. Es wäre eine Leichtigkeit, sich selbst an ihnen zu erstechen. Und weil mein Führer die Problematik erkannte, ergriff und küsste er mich ganz unwirsch ohne Vorwarnung und raunte mir ein verheißungsvollen „Viel Vergnügen“ zu. Dann warf er mich zwei bis drei Meter in die Mundhöhle hinein.
Ich glaubte zunächst, ich würde sofort zersetzt und hatte im ersten Moment panische Ängste durchzustehen, bevor mir fast gleichsam bewusst wurde, dass nichts schmerzte und mir die Extremitäten nicht abfaulten. Die Zusammensetzung der Säure musste sich verändert haben, noch bevor ich auf dem riesigen Mundfleisch aufgeschlagen war, welches in Breite und Länge dem eines Hauses glich. Überrascht und leise fröhlich über die unerwartete Wendung fuhr ich mit der Hand über dieses sich seltsam anzufassende Fleisch. Es war mit keiner Zunge vergleichbar, die ich in der Vergangenheit ertastet oder mich auf ihr befunden hatte. Wohl war sie zwar genauso glitschig und weich wie jede andere bisher, aber je nachdem in welche Richtung ich meine Hand bewegte, wurde sie rau, glatt oder so scharfkantig, dass ich mir kleinste Schnitte im Fleisch zuzog, die nicht wehtaten und erst nach mehr als zehn Sekunden zu bluten begannen. Ich wollte Agelulf und den anderen beiden gerade von meiner Entdeckung berichten, da bemerkte ich den dämonischen Werwolf winken. Keine zwei Sekunden später fielen Ober- und Unterkiefer krachend zusammen. Alles in dieser Mundhöhle wurde jetzt nur noch von den züngelnden Flammen des Höllenschlundes erleuchtet, denen ich mich nach wie vor nicht zu nähern getraute. Das brauchte ich jedoch auch nicht. Für mich tat sich ein anderer Weg in die Hölle auf. Die kolossale Zunge nämlich krümmte sich nach oben, sodass ich zunächst dem sengenden Feuer entgegenglitt, ohne etwas dagegen tun zu können. Erst jetzt beobachtete ich, dass dieses schöne Werk nicht nur eine oder zwei, sondern gleich multiple Zungenfalten aufwies, die sich alle bis zur Wurzel erstreckten. Abrupt hielt ich mitten in der Bewegung inne, obwohl ich – der Schwerkraft gebietend – hätte weiter gleiten müssen. Doch die Schwerkraft galt hier nicht mehr. Die Zunge hatte sich nahezu achtzig Grad aufrecht gestellt, doch ich erhob mich und konnte schreiten, als befände ich mich auf horizontalem Boden. Es war eine sehr verwirrende Erfahrung.
Um mich herum begann alles zu zucken und zu zittern, so als erlitt das teuflische Geschmacksorgan einen Krampf oder epileptischen Anfall. Ich vermochte kaum mich auf den Beinen zu halten und schwankte und torkelte wild herum. Da bildete sich vor meinen Augen auf der Höllenzunge eine weitere. Und neben dieser noch drei oder vier von ähnlicher Größe neben und hinter mir! Ich konnte es nicht genau zählen, denn im nächsten Augenblick stieß mich die frontal zu mir erwachsene um. Ich lag auf dem Rücken, drehte mich auf den Bauch und wollte aufstehen, doch hielt mich jene gleichgroße Zunge auf dem Boden, indem sie sich auf mich fallen ließ. Ihrer schlankeren Form nach zu urteilen, schien es die eines Bären zu sein. Eine weitere der anderen reckte sich zu meinem Gesicht hinab, mit dem ich seitlich lag. Diese zweite war wie das Mundfleisch eines Wolfes geformt und zwang mit ihren beiden Spitzen meine Lippen und Kiefer gewalttätig auf, sodass die dritte – ich glaubte in ihr etwas drachiges erkannt zu haben – in meinen Mund gelangte. Eine vierte schlängelnde Reptilienzunge drückte sich zwischen die auf mir liegende Bärenzunge und mich, bahnte sich einen Weg durch meine Gewänder und fand doch tatsächlich sehr zielbewusst das Löchlein, welches dem geneigten Leser als Anus bekannt ist. Es mag einem seltsam erscheinen, doch ich fühlte mich vielmehr in der Gewalt vierer autonomer Persönlichkeiten, denn Auswüchsen des Höllenschlundes. Während die drachige mich oral und die reptilische anal befriedigte, verblieb die Bärenzunge weiterhin auf mir und drückte mich mit angenehmen Gewicht nach unten. Die wölfische hingegen änderte ihre Position, verschwand und erwuchs unter mir erneut in voller Länge. Dort massierte sie mir erotisch mein Glied. Was für eine famose Situation! Ich befand mich im Höllenschlund, wo ich von mehreren Zungenwesen wie zwischen zwei Brotscheiben eingeklemmt war und von zwei weiteren penetriert wurde! Was hatte Agelulf noch gleich gesagt? Der Schlund erkenne meine tiefsten Wünsche? Ich möchte hervorheben: Ich habe mich mit diesen mir gänzlich unbekannten Begehren selbst übertroffen!
Das sinnlich-vorarephile Erlebnis fand jedoch noch eine Fortführung. Das bisherige war nur der erste Akt. Der zweite, kaum noch zu steigernde, folgte nun erst. Die drachige Zunge hatte sich sehr weit in meinen Mund vorgearbeitet und füllte ihn zur Gänze aus, berührte gar mein Gaumenzäpfchen. Sie unterbrach den intensiven Kuss nicht, sondern veränderte ihre Position so, dass ich den Kopf frontal drehen musste und sah, wie sie kleiner wurde, jedoch nicht völlig verschwand. Hinter ihr – und das war die Krönung schlechthin an diesem Orte – erwuchs ein fleischgewordener Wolfsschädel aus dem Mundfleisch des Höllenschlundes empor. Zwar augenlos, doch in aller Deutlichkeit als solchen erkenntlich. Ich bekam den Eindruck, als würde er mich betrachtend observieren, bevor sich der fleischliche Oberkiefer vom Untergrund löste und einen Mund weithin eröffnete. Der Rachen dieser Wesenheit war zungenlos. Dies aus einem bestimmten Grunde heraus, denn das dazugehörige Geschmacksorgan war jenes, auf welchem ich bereits lag und welches mir Hoden sowie Phallus leckte. Wie bei einem Puzzle kam der Wolfsschädel näher heran und ich auf seinem Fleische fand Platz an vorgesehener Stelle. Nicht dunkel, aber ohne Flammen tat sich mir ein erleuchteter neuer Schlund auf, der mich sehr an den Agelulfs erinnerte. Nun im Rachen eines Pseudowolfes und in jenem des Höllenschlundes verdickte sich die Schlangenzunge in meinem Enddarm und stieß mit größtmöglicher Heftigkeit zu, dass mir war, als zerbarst ich jeden Augenblick. Durch die ungebändigte Kraft wurde ich tiefer hinein gebracht in den neuen Gaumen. Ich wollte es! Ich verlangte danach mit jeder Faser meines Leibes! Ich hielt mich nicht mehr an der wölfischen fest, sondern krallte meine Finger in ihren Rücken hinein, um mich nach Vorne ziehen und schneller der Glückseligkeit begegnen zu können. Doch so schnell war man nicht mit mir geendet. Die noch in meinem Mund verlaufende Drachenzunge drückte mich mehrmals wieder zurück, wollte ich vorwärts gelangen. Ich hatte einen harten Kampf zu bewältigen, in dem ich mit einer Mischung aus Lust, Sehnsucht, Anstrengung und Neugierde konfrontiert wurde. Ich achtete fast gar nicht darauf, als meine Hoden zu pumpen begannen und ich dem Höllenschlund als Tribut meinen Saft zurückließ. Ich tönte und stöhnte, aber die Lust war mir diesmal eher lästig, obgleich ich sie nicht missen wollte. Mein Bauch war ein Wust aus Aufregung und Erregung, kribbelte unablässig und war zugleich flau und dumpf. Was erwartete mich in diesem rot erleuchteten Rachen, was nur? Sobald entladen, ließ der Gegendruck des Drachenfleisches nach und ließ von mir ab. Auch die Bärenzunge hielt mich nicht mehr mit ihrem erdrückenden Gewicht zurück, sondern schob mich hinfort und tiefer hinein. Die Schlangenzunge blieb an Ort und Stelle und ich verspürte weiterhin ihr Pochen, als würde ein Herz in ihr schlagen. Weiterhin aber hatte sie aufgehört mich zu rammen. Ihre Aufgabe war, wie die der anderen, erfüllt. Die famose wölfische unter mir leckte ich wohl so intensiv, wie ich noch nie eine geleckt hatte, um den kostbaren Seiber zu schmecken.
Ich war nicht mehr im Himmel, sondern nur noch in der Hölle. Die Wonne war mir vergangen. Lust hatte latent dominiert. Meinen Leib mit der verdorbenen Seele darin bugsierte das Maul im Maul in seinen angenehm engen Schlund hinein und drückte die Spitze mir zwischen die Pobacken. Laute, langsame Schluckgeräusche umgaben mich. Es knatschte, gurgelte und knatschte wieder. Wann durfte je ein Lebender solche Wohlfahrt erfahren? Nie und nimmermehr würde das in Zukunft sein. Ich hatte das Privileg erhalten, war der einzige bisher und werde immer der einzige bleiben. Ich gelangte in keinen Magen, wie sich der geneigte Leser sicherlich vorstellen kann. Sondern mich empfing Finsternis. Gestaltlos, ohne Materie, ohne Raum und Zeit. Es war schrecklich. Nichts mehr von alledem war da, was ich eben noch erleben durfte. Nur noch die Angst. Die war übriggeblieben. Jetzt verstand ich, was mein dämonischer Führer angedeutet hatte und mir wurde Bange. Würde ich jetzt für immer in dieser Leere umherschweben? Ich würde nicht. Denn zu meinem unsäglichen Glück wurde mein Geist meinem Körper entrissen und zum Fremden entführt. Kaum länger hätte ich es auch nicht ertragen können, in dieser einsamen Zwischenwelt.