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2. Gaetano Filangieri (1752–1788)

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Der Beitrag Gaetano Filangieris[128] zu der europäischen Strafrechtsreform des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts wird oft unterschätzt. Während Beccarias Text „Über Verbrechen und Strafen“ die strafrechtspolitischen Forderungen der Aufklärer wie Montesquieu, Helvetius, Voltaire und Diderot genial auf den Punkt bringt und damit den Puls der Zeit trifft, fasst Filangieri am Ende der Aufklärungsepoche die Ideen zur Strafrechtsreform noch einmal in großem Detail systematisch zusammen. Seine Gedanken zum Strafrecht finden sich vor allem im 1783 in erster Auflage erschienenen dritten Band seines Hauptwerks „Szienza della legislazione“.[129]

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Filangieri will die Strafrechtsreform unter drei Leitgedanken stellen, nämlich „größte Sicherheit für die Unschuldigen“, „größte Abschreckung der Bösen“ und „kleinste freie Willkür der Richter“.[130] Wie Beccaria argumentiert er auf der Grundlage der Lehre vom Gesellschaftsvertrag. Die Sicherung der Rechte Unschuldiger soll vor allem durch ein sorgfältig durchdachtes System prozessualer Vorkehrungen erreicht werden, denen Filangieri einen Großteil seines Buches widmet. Folter lehnt er, Beccaria folgend, entschieden ab. Wie sein Mailänder Landsmann sieht Filangieri die Hauptaufgabe des Strafrechts in der Abschreckung (der „Bösen“), wobei er die generalpräventive Perspektive von der spezialpräventiven trennt. Dabei thematisiert auch er den Gedanken der Verhältnismäßigkeit:

„Der Endzweck der Gesetze, wenn sie Verbrechen bestrafen, kann … kein anderer sein, als den Verbrecher von fernerer Beunruhigung der Gesellschaft abzuhalten; und andere von der Nachahmung seines Beispiels durch den Eindruck abzuschrecken, den die an ihm vollzogene Strafe auf ihr Gemüt machen soll. Kann diese Absicht mit gelinderen Strafen erreicht werden, so muss das Gesetz keine härteren brauchen. Jene Strafen sind folglich die vorzüglichsten, welche … durch den kleinsten möglichen Schmerz des Übertreters den größtmöglichen Abscheu vor Missetaten und die größtmögliche Furcht bei solchen hervorbringen, die sich könnten dasselbe Verbrechen gelüsten lassen. Wenn daher der Gesetzgeber Strafen für die verschiedenen Arten der Verbrechen festsetzt, so darf er sich keinen höheren Grad von Strenge erlauben, als zur Unterdrückung der schlimmen Leidenschaft nötig ist, welche dieses und jenes Verbrechen hervorbringt.“[131]

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Sehr bemerkenswert sind schließlich die Ausführungen Filangieris zum Begriff des Verbrechens, etwa zum Handlungsbegriff, zum Vorsatz und zum freien Willen als Voraussetzung der Strafbarkeit: „Wenn eine Handlung nur insoweit zugerechnet werden kann, als sie freiwillig geschieht: so findet kein Verbrechen statt, wo keine Freiheit des Willens stattfindet.“[132] Filangieris scharfsinnige Analysen weisen auf die Entwicklung der italienischen,[133] aber auch der deutschen Rechtsdogmatik im 19. Jahrhundert voraus.

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