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DIE METAMORPHOSEN DES IMPERIALISMUS

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In der Welt des modernen warenproduzierenden Systems ist die Politik immer schon die Fortsetzung der ökonomischen Konkurrenz mit anderen Mitteln, wie der Krieg (nach einem Wort von Clausewitz) die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist. Diese vermittelte Identität von Konkurrenz, Politik und Krieg ist es, die den Kampf um die planetarische Hegemonie impliziert und insofern kapitalistische Geschichte geschrieben hat.

Der ursprünglich polyzentrische Kampf um die kapitalistische Weltherrschaft war zunächst ein rein europäischer und hatte seine Wurzeln in der west- bzw. mitteleuropäischen Konstitutionsgeschichte der kapitalistischen Produktionsweise. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert bildeten sich dabei zusammen mit dem modernen warenproduzierenden System die europäischen territorialen Nationalstaaten heraus, deren Begriff der Nation auf die übrige Welt ausstrahlte und die globale Entwicklungsgeschichte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts bestimmen sollte. Zunächst aber erschien die riesige Masse der außereuropäischen Weltregionen nur als politisch leerer Raum und als Zankapfel in der kolonialen Expansion Europas. Der europäische Staats- und Nationsbildungsprozess eskalierte dabei frühzeitig zu einem Konflikt der entstehenden nationalökonomischen bzw. nationalstaatlichen kapitalistischen Konstrukte um die Welthegemonie.

Da der Kampf auch immer um die kolonialen Gebiete und damit in Übersee geführt wurde, reimte sich Weltmarkt von Anfang an auf Weltkrieg. Das Ringen der kapitalistischen Nationalstaaten Europas um die globale Vormacht musste dabei letztendlich unentschieden bleiben, weil schon von den Ausgangsbedingungen her keiner von ihnen einen entscheidenden Vorteil geltend machen konnte. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wechselte die Rolle der Vormacht mehrmals, die identisch war mit der Rolle des jeweiligen Vorreiters in der kapitalistischen Entwicklung.

Zwar konnte dann Großbritannien für einen Großteil des 19. Jahrhunderts die Position der Weltmacht Nr. 1 einnehmen, insofern es als Schrittmacher der Industrialisierung lange Zeit die entscheidende Transformation dominierte, in der sich die kapitalistische Produktionsweise überhaupt erst auf ihren eigenen Grundlagen zu entwickeln begann. Aber die Aufholjagd Frankreichs und vor allem Deutschlands in der industriellen Entwicklung hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts diesen Vorsprung nahezu wettgemacht und damit auch das politisch-militärische Machtgleichgewicht erneut verschoben. In der Epoche der beiden industrialisierten Weltkriege und der damit verbundenen Weltwirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit zerfleischten sich die europäischen nationalen Raubstaaten des Kapitalismus gegenseitig und blieben zu Tode erschöpft auf dem Schlachtfeld zurück. Der Weltmarkt brach praktisch zusammen; der Welthandel fiel auf ein Niveau zurück, das nur noch dem Stand gegen Ende des 19. Jahrhunderts entsprach. Damit aber drohte auch die weitere kapitalistische Entwicklung auf den nationalökonomischen Binnenmärkten und innerhalb der auf sich selbst zurückgeworfenen Nationalstaaten zu erlahmen.

Dieser Zusammenbruch als Folge des europäischen Kampfes um die kapitalistische Weltherrschaft war bereits der Vorschein einer absoluten Grenze des modernen warenproduzierenden Systems. Aber eben nur der Vorschein. Denn die weltweite sozialökonomische Katastrophenwelle in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war in erster Linie politisch-militärisch induziert, also in abgeleiteten Formen des Kapitalverhältnisses, während der ökonomische Spielraum weltkapitalistischer Entwicklung noch keineswegs ausgeschöpft war. Das konnte man damals aus der Binnenperspektive der Ereignisse natürlich nicht erkennen. Aus heutiger Sicht aber lässt sich sagen, dass es sich bei der Epoche der Weltkriege mit der darin eingeschlossenen Weltwirtschaftskrise um die letzte und größte Durchsetzungskatastrophe der kapitalistischen Produktionsweise (also innerhalb einer ökonomisch weiter aufsteigenden Bewegung) gehandelt hat, noch nicht um deren absolute innere Schranke, die das Ende der ökonomischen Aufstiegsbewegung selber markiert.

Weltordnungskrieg

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