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Idyll zu Langres

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Obwohl Fontane der Meinung war, seine vollkommenste Unschuld sei evident, konnte sich die Militärgerichtsbarkeit in Langres nicht entschließen, ihm ohne weiteres die Freiheit zurückzugeben. Es geschah, was immer in solchen Fällen zu geschehen pflegt: eine Autorität schob einer andren die Verantwortung zu. Der Brigadegeneral beschloss, den Gefangenen der übergeordneten Institution zu übergeben: der Division, die ihren Sitz in Besançon hatte. Aber bis Fontane überführt wurde, vergingen noch drei Tage. Sie waren sein Idyll zu Langres. Was der neuen Aufgabe geschuldet war, die er von seinem »Gardinenchef« Bourgaut zugewiesen bekam. Fontane avancierte zum Gesellschafter von »Monsieur Louis«, Bourgauts dreizehnjährigem Sohn, mit dem er nun zwölf Stunden des Tages las, lernte und spielte. Dabei kam es zu skurrilen Momenten. Fontane erzählt, wie beide auch eine Art ernsteren Sport betrieben. »Mon cher Louis« zeigte seinem neuen Hauslehrer, wie man aus Knallpapier sandkorngroße Körnchen für ein kleines Pistolet herausschälte. Und während Papa Bourgaut in seinem entlegenen Büro Listen schrieb und revidierte, feuerten dessen Sohn und Fontane im oberen Stockwerk auf eine Papierscheibe, dass der Kalk von den Wänden flog.

Am 11. Oktober kündigte Bourgaut den Transport nach Besançon für den nächsten Tag an. Außerdem prognostizierte der »Gardinenchef«, Fontane werde entweder über die Schweiz in die Heimat zurückgeschickt oder er erhalte von höherer Stelle die Genehmigung, in Frankreich zu bleiben. In diesen paar Worten lag ein ganzer Himmel, jubelte Fontane. Er fühlte sich wie genesen, betrachtete sich als frei. Das feierliche Abschiedsmahl, bei dem Madame Bourgaut einen Taubenbraten servierte, machte das Idyll zu Langres perfekt. Nach der Festlichkeit rollte er seine paar Sachen in die Reisedecke hinein und warf sich aufs Bett. In zwölf Stunden hoffte er in Besançon, in vierundzwanzig Stunden in Freiheit zu sein. Dem Leser von Kriegsgefangen bleibt nicht viel Zeit, sich mitzufreuen. Auch das Kapitel über seine Zeit in Langres beendet Fontane mit einem Cliffhanger, der die zuvor beschriebene Stimmung konterkariert: Es war anders beschlossen.

Fontanes Kriegsgefangenschaft

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