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Kapitel 8

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Ihr könnt mir glauben, um drei Uhr morgens in einem Schulmädchen-Outfit durch die Lobby des Bellagio zu sprinten, erregt gar nicht so viel Aufmerksamkeit, wie man denken würde. Jedenfalls nicht, wenn es eine Schießerei bei den Aufzügen gibt. Und der Feueralarm losgegangen ist und eine Sirene ohne Unterbrechung kreischt. Und alle Anwesenden um ihr Leben rennen. Von daher ist es nicht besonders auffällig, dass ich mit der Goldkette in der Hand davonsprinte.

Ich komme nach draußen und sehe überall Polizeiautos, die rot und weiß blinken. Hier lungern eine Menge Leute herum, die scheinbar aus dem Hotel geflohen sind und denken, der Gewaltausbruch dort drinnen hat keine Chance, nach hier draußen zu kommen. Ein paar Polizisten stehen mit gezogenen Waffen herum und schauen sich panisch um.

Auf der Hauptstraße ist immer noch viel Verkehr, die Leute, die im Bally's oder im Paris auf der anderen Straßenseite sind, haben keine Ahnung, was im Bellagio los ist. Sie trinken, zocken und haben keine einzige Sorge im Leben, während hinter mir die Leute kreischen und weinen und sterben.

Jetzt kommt eine Gruppe Motorräder die Auffahrt hoch. Die Dinger sind kreischend bunte Spaßmaschinen, wahrscheinlich Hondas. Ich renne auf sie zu.

Der Anführer des Trupps hat inzwischen angehalten und nimmt seinen Helm ab. Ich werfe einen Blick hinter mich, der Eingang ist nun etwa zwanzig Meter entfernt und die beiden Männer von Roland kommen gerade heraus. Ich wende meine Aufmerksamkeit dem Motorradfahrer zu und sage mit verführerischem Lächeln: »Hey, das ist aber eine heiße Maschine!«

Er hat eine übertriebene Gesichtsbräune, dunkles Haar mit Strähnchen und trinkt wahrscheinlich am liebsten Red Bull. Er lächelt und sagt: »Danke. Vielleicht willst du ja mal eine Tour mit mir machen?«

Ich stehe nicht einmal zwei Meter weit weg und gebe mir Mühe, so charmant wie möglich zu sein. Dann werfe ich ihm einen verruchten Blick zu, schnappe mir seinen Helm und sage: »Am liebsten würde ich eigentlich jetzt sofort fahren.«

Er schaut mich verwundert an und fragt: »Echt?«

Ich schaue nochmal hinter mich. Die beiden Kerle rennen jetzt, die Knarren halten sie in ihrer Hüftgegend.

»Das einzige Problem ist«, sage ich dem Kerl und trete den letzten Schritt an ihn heran, »ich fahre nur selbst!«

Sein Lächeln verschwindet abrupt. Er schaut mich verwirrt an, aber da habe ich auch schon den Helm auf – er riecht nach Zigaretten – habe den Lenker mit der einen Hand gepackt und schubse ihn mit der anderen von der Maschine. Er schreit auf und geht zu Boden. Da gebe ich auch schon Gas und lasse die Kupplung kommen – der Kerl hat nicht mal eine Chance, vorher aufzustehen.

Der Hinterreifen fängt an zu qualmen, als ich mich auf der Stelle drehe, dann rase ich auch schon los. In der Ferne höre ich ein Ploppen, als einer der Männer auf mich schießt. Am Ende der Auffahrt halte ich kurz an und schaue zurück. Rolands Männer gehen weitaus weniger subtil bei der Beschaffung ihrer fahrbaren Untersätze vor: Die anderen Biker liegen auch auf dem Boden und versuchen gerade aufzustehen. Rolands Schergen haben sich ihre Maschinen geschnappt und drehen nun ebenfalls um, damit sie mich verfolgen können.

Natürlich können sie Motorrad fahren. Es war wohl ein wenig naiv von mir, etwas anderes vorauszusetzen. Ich gebe ihnen noch eine Sekunde, um sicherzustellen, dass sie mich gesehen haben, und rase dann auf die Hauptstraße.

Ich fahre nach Süden und schere zwischen den Autos hin und her. Manche bremsen, manche hupen, manche schreien mir Obszönitäten hinterher. Ich fahre einfach weiter – vorbei am Monte Carlo und am MGM Grand. An der großen Kreuzung beim New York New York schaltet die Ampel auf Rot. Die Autos vor mir halten alle an, also fahre ich auf den Bürgersteig und schalte runter, damit ich keine Passanten umfahre.

An der Ecke blicke ich zurück und sehe, dass Rolands Männer hinter mir her sind. Sie machen mir alles nach und fahren jetzt auch auf dem Gehweg. Ich gebe ihnen wieder eine Sekunde, bevor ich die Kupplung springen lasse und dann Richtung Tropicana Avenue rase.

Ich war bestimmt schon ein halbes Dutzend Mal in Las Vegas und kenne mich ziemlich gut aus. Mein Plan ist, sie auf der Bundesstraße abzuschütteln. Deswegen fahre ich in nördlicher Richtung auf die 15. Der Verkehr ist hier weniger dicht. Nur ein paar Taxen und Lastwagen sind unterwegs, kaum noch Privatfahrzeuge. Als ich an einem von denen vorbeifahre, schaut der Fahrer mich an. Er sieht mich auf dem Motorrad, sieht mein Outfit und starrt mich fassungslos an. Da er mich unter dem Helm nicht lächeln sehen kann, zeige ich ihm ein Daumenhoch und schaue mich um. Die beiden Idioten sind ziemlich weit zurück, also gehe ich vom Gas und lasse sie aufholen. Während sie das tun, greife ich nach der Glock.

Wenige Sekunden später kleben sie an mir dran. Wir haben etwa hundertzehn, hundertzwanzig Sachen drauf. Sie haben sich aufgeteilt; einer ist links hinter mir, der andere rechts. Beide haben ihre Waffen gezogen. Ich tippe die Bremse leicht an und sie rasen an mir vorbei, wobei sie sich gleichzeitig nach mir umdrehen und beide dämlich glotzen. Ich mache schnell Ene-mene-muh im Kopf, um zu entscheiden, welchen ich zuerst erschieße. Der Rechte kriegt eine Kugel in den Rücken. Er geht ebenso hart zu Boden wie seine Maschine, die Funken sprühend über den Asphalt schlittert.

Der andere Depp richtet seine Waffe auf mich und fängt an zu schießen. Ich ducke mich und schwenke schnell nach links, wobei ich – scheiße nochmal – die Pistole verliere.

Der Kerl macht einen weiten Bogen nach rechts. Er schaut mir hinterher und fällt zurück. Ich gebe Gas bis zum Anschlag und sehe der Tachonadel beim Klettern zu. Hundertdreißig, hundertvierzig, hundertfünfzig. Ich konzentriere mich auf den Verkehr, auf die Taxen, Autos und Lastwagen. Ich schere von einer Spur in die andere und weiß, dass mein Verfolger ganz dicht an mir dran ist. Bei diesem Tempo wird er keinen weiteren Schuss versuchen, aber ich hatte es auch schon mit größeren Trotteln zu tun, also wer weiß – vielleicht wird dieser hier mich überraschen.

Ich versuche Nova oder Scooter zu erreichen, aber der Transmitter reicht nur zwei Meilen weit. Wenn alles nach Plan gelaufen ist, müssten sie schon in der Garage sein.

Eine Abfahrt kommt rasend schnell auf mich zu. Ich entscheide mich in letzter Sekunde, sie zu nehmen und auf die 515 zu wechseln. Nach vielleicht hundertfünfzig Metern fahre ich ab und bin schon wieder auf dem Las Vegas Boulevard. Nach drei Blocks fahre ich rechts ran, springe von der Maschine und schaue zurück in die Richtung, aus der ich gekommen bin.

Rolands Handlanger ist drangeblieben und kommt in meine Richtung.

Ich stelle sicher, dass er mich gesehen hat, und renne dann die Fremont Street hinunter. Obwohl es so spät ist, ist die Straße proppenvoll. Zu dieser Zeit sind allerdings nur noch die Freaks unterwegs, sodass ich mit meinem Outfit eigentlich gar nicht auffallen sollte. Trotzdem starren oder pfeifen mir einige hinterher. Ich werfe einen Blick über die Schulter und erwarte, Rolands Schergen zu sehen, der mir zu Fuß folgt. Aber der verrückte Hurensohn ist immer noch auf der Maschine und fährt auf dem Gehweg. Er lässt den Motor aufheulen, damit ihm die Leute aus dem Weg gehen. In einer Hand hält er seine Pistole, für den Fall, dass er noch nicht auffällig genug ist.

Falls es einen Gott gäbe, müsste längst die Polizei auf diesen Irren zustürmen, aber vielleicht spielt Gott gerade Blackjack im Golden Nugget. Ich hingegen bin allein und muss mir etwas anderes ausdenken, denn ich weiß genau, dass der Kerl mich gesehen hat – und wollte das ja auch.

Ich nähere mich dem Four Queens und stürme in das Casino. Falls mich Leute anstarren, bemerke ich es nicht, denn ich konzentriere mich voll auf den Eingang. Ich positioniere mich seitlich davon, den Helm in der Hand. Dann warte ich. Ich lausche dem Klang des Casinos, dem Rasseln der Automaten und dem Gemurmel von Stimmen. Dann höre ich das Motorrad kommen. Ich höre, wie der Motor abgestellt wird. Wenig später taucht Rolands Kerl in der Tür auf. Er hat immer noch die Waffe in der Hand. Ich denke mir: Was soll's, denn für alle Zuschauer wird mein Tun wie reine Notwehr aussehen. Als er an mir vorbeigeht, schlage ich ihm den Helm ins Gesicht. Er prallt gegen den Türrahmen und die Waffe fällt klappernd zu Boden. Ich trete sie außer Reichweite und prügle weiter mit dem Helm auf ihn ein. Irgendwie habe ich ein Déjà-vu, denn das erinnert mich an Roland im Schlafzimmer. Nur habe ich diesmal ein gebannt zuschauendes Publikum – die Leute starren mich schweigend an. Jetzt hört man nur noch das Geklimper der einarmigen Banditen. Ich rieche Schweiß, Zigarettenrauch und entfernte Gerüche des Buffets. Das Gesicht des Mannes ist nur noch eine blutige Masse.

Ich richte mich auf, lasse den Helm fallen und wende mich dann meinen Zuschauern zu.

»Dieser Wichser hat versucht, mich zu vergewaltigen!«, schreie ich.

Dann mache ich mich aus dem Staub, aber nicht, ohne mir noch die Pistole zu schnappen und sie unter meinem Hemd verschwinden zu lassen. Anschließend tauche ich in der Menge aus Verrückten unter.

OHNE AUSWEG (Holly Lin)

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