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Kapitel 13

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»Wer zur Hölle bist du?«

Ich schätze, dieser Kerl ist Julio. Er trägt eine Chino-Hose und ein braunes Hemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen aufgerollt sind. Eine Goldkette hängt um seinen Hals. In der Hand hält er eine Browning 1911, die natürlich genau auf mich zielt.

Ich antworte nicht.

Er schaut einen seiner Freunde an, schüttelt den Kopf und grinst. »Wie schade, eine harte Braut wie dich hätten wir gut gebrauchen können. Ich hätte auch nichts dagegen, dich selbst einzureiten.«

Langsam richte ich mich auf. Ich lege mein Gewicht auf ein Knie und hebe die Hände als Zeichen, dass ich mich ergebe.

»Das Problem ist«, fährt Julio fort, »du bist anscheinend eine totale Fotze. Und wir hassen totale Fotzen.«

Insgesamt sind es fünf Männer, aber der, um den ich mir Sorgen mache, ist Julio. Er scheint der Anführer zu sein. An einem seiner Schneidezähne fehlt eine Ecke, und darauf konzentriere ich mich, als er weiterspricht. Seine Worte höre ich gar nicht mehr, ich versuche nur, langsam aufzustehen und dabei so zu tun, als wäre ich verletzt. Ich balanciere auf meinem Knie und lasse meine Hände nach unten sinken, so als würde ich mich am Boden abstützen wollen.

Aber während meine Hand da unten ist, greife ich nach der Kimber, die ich am Fußknöchel trage, reiße sie nach oben und lasse Julios angeknacksten Zahn mit einer Kugel verschwinden.

Sein Kopf wird nach hinten gerissen, aber was viel wichtiger ist, er redet endlich nicht mehr. Ich richte die Kimber auf seinen Nachbarn, doch bevor ich den Abzug drücken kann, rammt mir einer der anderen Männer den Lauf seiner Pistole in den Nacken.

Auf einmal knallt es, dann nochmal, und noch ein drittes Mal, und ich verstehe es nicht, denn das Geräusch scheint nicht aus den Waffen der Männer zu kommen. Nein, es kommt von weiter weg, aus der Dunkelheit. Einer der Männer zuckt, geht zu Boden, und einer seiner Kollegen folgt ihm auf die gleiche Weise. Dann verschwindet der Druck in meinem Nacken und die beiden verbleibenden Kerle rennen weg, wobei sie aus dem Lauf in die Dunkelheit der Wüste feuern.

Ein Motor jault auf. Scheinwerfer werden angeschaltet und verraten die Position eines Fahrzeugs, das sich bereits auf der Einfahrt der Ranch befindet. Selbst aus dieser Entfernung sehe ich sofort, dass es der Escalade ist, der sich unbemerkt genähert haben muss und nun auf mich zurast. Sofort weiß ich, wer da im Dunklen schießt – Nova muss mit einem Scharfschützengewehr auf einem der Hügel liegen. Die beiden übrigen Männer schießen weiter zurück und haben mich anscheinend für den Moment vergessen, also erschieße ich erst den einen, dann den anderen. Mit der Pistole in der Hand wirble ich einmal im Kreis herum, um sicherzustellen, dass es keine weiteren Überraschungen geben wird. Die einzigen Bewegungen, die ich wahrnehme, kommen von den Mädchen, die sich im Eingangsbereich des Farmhauses hingekauert haben. Die eine, der ich in den Bauch geschlagen habe, starrt mich böse an. Ich ignoriere sie und eile zum Wärterhäuschen. Es ist leer, die drei Kerle liegen immer noch genauso tot am Boden, wie ich sie zurückgelassen habe. Ich komme genau in dem Moment wieder raus, als Scooter den Escalade anhält. Nova kommt von seinem Hügel aus angerannt, das Gewehr in der Hand. Ich laufe auf sie zu und war selten zuvor so froh, die beiden zu sehen.

Nova erreicht den SUV als Erster. Er öffnet eine der Hintertüren, schmeißt das Gewehr hinein, schüttelt mir gegenüber den Kopf und schließt die Tür wieder.

»Ich dachte, Berlin wäre das letzte Mal gewesen«, sage ich grinsend zu ihm. Scooter stellt den Motor ab und steigt aus.

Auch er schüttelt den Kopf, doch er lächelt, während er auf seinem Kaugummi herumkaut. »Du, Holly, bist echt komplett irre.«

»Stimmt, aber ich bin dabei auch noch verdammt heiß.«

Er lacht, schüttelt noch einmal den Kopf und macht dann einen Schritt auf mich zu, um mich zu umarmen. Das kommt selten vor, aber ich lasse es geschehen. Mein Herz schlägt mir immer noch bis zum Hals, denn ich weiß, dass ich gerade um ein Haar den Löffel abgegeben hätte. Das ist mir nicht zum ersten Mal passiert, ich habe schon öfter an den Pforten des Jenseits gestanden, aber immer wieder relativ locker die Kurve gekriegt. Das war heute anders. Ich war wirklich nicht sicher, ob ich es schaffe.

Nova muss es als Erster gesehen haben. Mein Rücken ist der Ranch zugedreht, an die Mädchen denke ich in diesem Moment nicht. Scooter umarmt mich und Nova steht lächelnd hinter ihm. Dann verschwindet sein Lächeln, doch es ist Scooter, den ich schreien höre. Das Nächste, was ich mitkriege, ist, dass er mich noch fester umklammert und herumwirbelt, dann lässt er mich los und wendet sich dem zu, was auf ihn zukommt.

Es ist das Mädchen, dem ich eine verpasst hatte, die, die als Erste auf Julios Forderung eingegangen ist. Sie muss aus dem Haus gekommen sein und sich eine der Waffen geschnappt haben – so wahr mir Gott helfe, mir wird jetzt klar, dass sie sich ausgerechnet meine Pistole geschnappt hat, die P226. Die hat sie im Anschlag, während sie auf uns zu rennt und schreiend feuert.

Scooter fängt die Kugeln. Er steht vor mir, beschützt mich, und kriegt alles ab. Für einen kurzen Moment stehe ich wie gelähmt da und weiß nicht, was ich machen soll.

Dann bewege ich mich. Bevor Nova überhaupt reagieren kann, springe ich hinter Scooter hervor und renne auf das Mädchen zu, die immer noch auf mich zukommt. Sie schießt auch immer noch, aber das ist mir egal. Ich fange sie ab, schlage ihr die Waffe aus der Hand, dann kriegt sie meine Faust ins Gesicht und einen Schuh ans Knie, was sie zu Boden bringt. Dann bücke ich mich, schnappe mir die Waffe – meine gottverdammte, eigene Pistole – mache einen Schritt zurück, ziele auf ihr Gesicht und feure, bis sie kein Gesicht mehr hat. Dann schieße ich weiter, bis ich keine Kugeln mehr habe und der Abzug nur noch klickt.

Nova ruft meinen Namen.

Die Frau ist tot, aber ich will sie nochmal töten.

»Holly, hilf mir!«

Ich wende mich ab. Mit der leeren Waffe in der Hand sprinte ich zurück zum Escalade. Nova kniet auf dem Boden und hält Scooter, der aus irgendeinem Grund noch am Leben ist. Sein gesamter Oberkörper ist voller Löcher, aber er lebt noch.

Ich falle auf die Knie und sage Nova, dass er den Wagen starten soll.

»Holly …«

»Starte den Wagen!«

Er springt hoch und rennt zum Wagen. Der Motor brüllt auf.

Ich halte Scooter fest und flüstere ihm zu, dass alles gut wird. Er atmet pfeifend und spuckt Blut.

Nova kommt wieder und hilft mir, Scooter aufzurichten. Gemeinsam schieben wir ihn auf den Rücksitz. Sein Atem pfeift jetzt noch mehr und ich weiß gar nicht, warum ich mir selbst etwas vormache, doch irgendwie glaube ich wirklich, dass er es schaffen wird. Dass wir ihm die Hilfe holen werden, die er braucht. Dass sie die Kugeln herausfischen, die Wunden schließen und ihn wieder aufpäppeln werden.

Etwas in dieser Art flüstere ich ihm zu, während Nova einsteigt, einen Gang einlegt und die Räder auf dem sandigen Boden durchdrehen lässt. Er vollführt eine wilde Drehung und rast dann zurück in Richtung des Highways. Ich presse Scooter an mich, Scooter, der immer mehr Blut hustet, und sage ihm, dass alles gut wird. Das sage ich ihm immer wieder, so lange, bis das Pfeifen und das Blut spucken aufhört und ihm sein Kaugummi aus dem Mund fällt und auf dem Boden landet.

OHNE AUSWEG (Holly Lin)

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