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a) Positionierung zur ordentlichen Gerichtsbarkeit

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Das deutsche Rechtsschutzsystem ist konzeptionell durch die deutliche Unterscheidung zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht vorgeprägt. Maßgeblicher Abgrenzungsgesichtspunkt ist die Frage, ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt. § 40 Abs. 1 VwGO trifft zur Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs folgende Festlegung: „Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.“

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Durch die Verfassung ist für Fragen der Entschädigung bei Enteignung der ordentliche Rechtsweg vorgegeben.[96] Nach Art. 14 Abs. 3 GG steht im Falle einer Enteignung „[w]egen der Höhe der Entschädigung [. . .] im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen“. § 40 Abs. 2 VwGO versucht, Staatshaftungsfragen an dieser Vorgabe zu orientieren: „Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.“ Der Gesetzeswortlaut lässt erkennen, dass die Zuständigkeit im Einzelfall doch schwieriger zu bestimmen ist, als es Art. 14 Abs. 3 GG bei oberflächlicher Betrachtung suggeriert. Hier spiegelt sich die historisch gewachsene Mehrgleisigkeit des deutschen Staatshaftungsrechts wider. Nicht selten hängt von der Einordnung der geltend gemachten Entschädigung der Rechtsweg ab, sie muss entsprechend vorab erfolgen. So kann bei einem Entschädigungsanspruch zweifelhaft sein, ob es sich um einen Aufopferungsanspruch oder einen Anspruch auf Ausgleich für eine Inhalts- und Schrankenbestimmung handelt, wobei für ersteren der ordentliche Rechtsweg, für letzteren der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist.[97]

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Der Regierungsentwurf zur VwGO sah noch eine Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, was aber aufgrund „massiver Lobbyarbeit führender Repräsentanten der Zivilgerichtsbarkeit“ verhindert wurde.[98] Die heute etablierte und konsolidierte Verwaltungsgerichtsbarkeit rechtfertigt eine solche Rechtswegaufspaltung an sich nicht mehr. Als Erklärung für ihren gleichwohl gegebenen und mit der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für das Vergaberecht und das Regulierungs- und Kartellverwaltungsrecht sogar eher noch ausgebauten Fortbestand erscheint ein Misstrauen der Politik gegenüber der Verwaltungsgerichtsbarkeit am Wahrscheinlichsten.

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