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5. Kapitel Langley/Virgina CIA-Zentrale

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Ein Spion am rechten Ort ersetzt 20.000 Mann an der Front. (Napoleon)

Langley/Virginia ist nicht nur ein Vorort von Washington D.C., sondern auch Sitz des wenig bekannten Turner-Fairbank Highway Research Centers, eines Forschungsinstituts der US-Straßenverkehrsbehörde und der noch weniger bekannten Claude Moore Colonial Farm, eines von privater Hand betriebenen Landschaftsparks der US-Nationalparkverwaltung. Außer diesen beiden Institutionen, die der amerikanischen Öffentlichkeit in etwa so bekannt sein dürften wie die Fortpflanzungsgewohnheiten südamerikanischer Faultiere, gibt es in Langley nichts, fast nichts.

Nichts? Ja gut, da wäre noch der Stamm- und Ausbildungssitz der Central Intelligence Agency, kurz CIA genannt, des berühmten, mitunter auch berüchtigten, wohl aber mächtigsten Auslandsgeheimdienstes der Welt, auch wenn er durch die Maßnahmen einiger Präsidenten der Vergangenheit zum Teil herbe Einbußen in seiner Machtausübung hinnehmen musste. Wenn man aber vor den ausladenden Gebäuden der Agency steht und genau hinsieht, kann man vielleicht immer noch den Schleier sehen, der die Gebäude zu umgeben scheint und den Insider gerne als die Aura der Macht bezeichnen.

Ihre häufig recht rigorosen Mitarbeiter werden wegen des besonderen Abhängigkeitsverhältnisses vom Präsidenten auch schon einmal die Bluthunde des Präsidenten genannt. Mit einem Etat von rund fünfzehn Milliarden Dollar jährlich, etwa zwanzigtausend Mitarbeitern intern und möglicherweise hunderttausend Mitarbeitern weltweit darf der Dienst dieses Attribut exklusiv für sich in Anspruch nehmen.

Der Dienst wird von Ausschüssen des Senats und des Repräsentantenhauses kontrolliert, aber es scheint nicht schwierig, pikante Aufträge vor diesen beiden Kontrollgremien zu verbergen, zumal die Agency im Gegensatz zu anderen staatlichen Behörden ihren Haushalt nicht veröffentlichen muss. Auf Weisung des US-Präsidenten, und nur auf dessen Weisung, darf die Agency durch geheime Operationen politischen und militärischen Einfluss in ausländischen Staaten ausüben, was der Öffentlichkeit freilich meist verborgen bleibt.

Der Sturz des iranischen Premierministers Mossadegh im Jahre 1953 darf dafür ebenso als Beispiel gelten wie der Sturz des Präsidenten Guzman von Guatemala im darauf folgenden Jahr oder die Ermordung Che Guevaras in Bolivien 1967.

In die Geschichtsbücher eingegangen ist auch die misslungene, desaströse Invasion in der Schweinebucht, die 1961 unter Präsident Kennedy die Revolutionsregierung Castros auf Kuba stürzen sollte und auch diverse misslungene Attentate auf den Revolutionsführer dürften auf ihr Konto gehen. Die CIA hat sich von solchen Rückschlägen in ihrer Aktivität nicht zurückhalten lassen, sondern mischt in aller Welt munter mit, und nur böse Gerüchte sagen, dass es mitunter auch ohne Weisung des Präsidenten geht. Allerdings besagte Erlass Nr. 12033 von Präsident Ford aus dem Jahre 1976, dass der Dienst keine Morde mehr begehen dürfe.

So what?

Daraus kann man zum einen schließen, dass dies vorher der Fall war, zum anderen wird von denen, die glauben, dass der Dienst sich daran hält, auch vermutet, dass sie die Erde für eine Scheibe halten.

Aber in manchen Fällen steht selbst die mächtige Agency vor einem Rätsel, einem Rätsel, das sie allerdings mit allen Mitteln zu lösen versucht.

DCI Francis D. Lead, der mächtige Direktor of Central Intelligence, der Chef der noch mächtigeren CIA war ein imposanter Mann. Er maß fast 190 Zentimeter, seine mächtigen Schultern zeugten von einer sportlichen Vergangenheit, sein markantes, glattes Gesicht wies am Kinn ein Grübchen auf, das in früheren Zeiten seine Wirkung auf das andere Geschlecht nicht verfehlt hatte. Sein Haar war voll und an den Seiten ergraut, er trug es jetzt etwas länger als früher und achtete auf einen akkuraten Seitenscheitel. Und da er auch jetzt noch regelmäßig Sport trieb, hatte er jede Gewichtszunahme vermeiden können und das Gewicht behalten, das er einst gehabt hatte, als er noch Zweisternegeneral im United States Marine Corps war. Als Major General hatte er im Irak an der Operation Desert Storm teilgenommen und die Mutter aller Schlachten mitgemacht. Nicht in der Etappe am Schreibtisch, sondern in vorderster Front, was seine Soldaten mit hohem Respekt quittierten.

Er wurde mit dem Silver Star und der Iraq Campaign Medal ausgezeichnet und kam unverletzt in die Heimat zurück.

Von da bis zum Chefposten bei der CIA war ein kurzer Weg gewesen, worum ihn einige der Sesselfurzer in Washington, die nie eine Waffe in der Hand gehabt hatten, sehr beneideten. Seine hübsche Frau Lorraine und zwei gut gelungene Jungs rundeten sein Glück ab, weshalb er auch in schwierigen Situationen wie der jetzigen stets gelassen und cool wirkte. Lead hatte in Besprechungsraum E 112 kurzfristig eine Versammlung zusammengerufen. Es gab Probleme, Probleme, die keinen Aufschub duldeten. Aber bevor er die Unterredung eröffnete, drückte er auf einen Knopf unterhalb seines Schreibtisches. Metallplatten schoben sich mit einem leichten Summton vor die Fenster und vor die Tür, selbst die Belüftungsschächte blieben von dieser Maßnahme nicht verschont. Die Anwesenden, die im Vorraum ihre Handys abgegeben hatten, wussten, was das zu bedeutet hatte. Der DCI hatte den Raum damit in eine SCIF, eine Sensitive Compartmented Information Facility verwandelt, einen Raum, der höchsten Ansprüchen der Geheimhaltung genügte und jede Form von ungebetener Beteiligung ausschloss. Das geschah nicht so häufig, und so schauten die Anwesenden ihren Chef mit einer Mischung aus Irritation und Erstaunen an.

„Ist absolut notwendig“, meinte Lead lapidar, „Sie werden schon sehen!“

Er klopfte auf den Tisch, aber er hatte auch ohne diese Geste die Aufmerksamkeit der anderen drei Gesprächsteilnehmer. „Mr. Sanders, Ihren Bericht bitte.“

Horacio Sanders räusperte sich. Er war der neue Direktor der SAD, der Special Activities Division, jener geheimen Abteilung der CIA, die verdeckte Operationen in aller Welt ausführte und im Bedarfsfall über paramilitärische Einheiten verfügte, was der Öffentlichkeit und sogar dem Kongress weitgehend unbekannt war, weil die Kosten meist aus anderen, völlig unverdächtigen Etats abgezogen wurden.

Sanders war der einzige Farbige in diesem Kreis, im Dienst ergraut, von schlanker, hoher Gestalt. Seine hohe Stirn und seine goldene Nickelbrille verliehen ihm etwas Professorales und sein scharfer Intellekt bestätigte den äußeren Eindruck nachdrücklich.

Er war ursprünglich Analyst gewesen, kein Agent, was seiner Beförderung einen gewissen Überraschungseffekt verlieh. Er hatte nie im Militär gedient, nie eine Pistole in der Hand gehabt, nie einen Gegner getötet. Seine Waffen waren Computer und ein messerscharfer Verstand und wenn seine Finger wie rasend über die Tastatur flogen, schauten die Umstehenden mit offenen Mündern zu. Vor kurzem war es ihm gelungen, gewaltige Finanzströme von Saudi Arabien zu einigen Terrororganisationen aufzudecken, was dem arabischen Ölstaat einigen Ärger und ihm erhebliche Meriten eingetragen hatte.

Einige dieser Ströme hatte er sogar auf Offshore-Konten der Agency umgeleitet, was die Saudis gehörig geärgert und dem Präsidenten ein Schmunzeln abgerungen hatte.

Da aber für die Saudis auch ein zweistelliger Millionenbetrag kaum mehr als Peanuts bedeutet und die guten Beziehungen zu den USA den Scheichs sehr viel wichtiger waren als ein paar Gelder, die ohnedies weg gewesen wären, hielt man sich im Wüstenstaat mit Nachforschungen oder verärgerten Reaktionen zurück und ließ die Sache auf sich beruhen.

Nicht zuletzt diese Erfolge hatten zu seiner überraschenden Beförderung beigetragen, bei der der Präsident persönlich mitgewirkt hatte.

Sein Vorgänger Philipp McAllister war vor kurzem über eine Affäre, insgeheim Marschbefehl-Operation genannt, gestolpert, die das Missfallen des Präsidenten erregt und McAllister einen vorzeitigen Ruhestand eingebrockt hatte, freilich bei vollen Bezügen. Und statt Agenten mit dubiosen Aufträgen durch die Welt zu schicken, stand er jetzt mit Vorliebe am Potomac River und angelte nach Barschen.

Sic transit gloria mundi!

Sanders sonore Stimme erfüllte den Raum.

„Nun Sir, wir haben mehrere ungeklärte Todesfälle unter unseren Agenten.“

„Ja, und ich möchte wissen, wer unsere Agenten jagt! Berichten Sie!“

„Beim ersten Fall handelt es sich um die nach wie vor ungeklärte Ermordung der Agentin Cathy Meywether in Bern. Obwohl wir hart daran arbeiten, haben wir immer noch keine Ahnung, was da passiert ist.“

„Die schwarze Cathy“, murmelte Lead, „Operation Marschbefehl, oder?“

„Ja, Sir.“

„Weiter!“

„Der zweite Fall betrifft die Tötung unseres Stationschefs in London.“

„Tom Brendan, nicht wahr? Und haben wir da wenigstens irgendwelche Erkenntnisse?“

„Nein Sir, wir sind auch da noch keinen Schritt weitergekommen, aber die Umstände lassen vermuten, dass der Täter ein Insider war. Der Täter kannte den Code und hat gewartet, bis die Sekretärin in ihre Mittagspause ging. Er kannte also die Abläufe dort genau.“

„Insider, ja? Ärgerlich, sehr ärgerlich. Aber das sind Altlasten, die Sie von Ihrem Vorgänger übernommen haben. Trotzdem, ich erwarte, dass das so schnell wie möglich aufgeklärt wird. Weiter!“

„Der dritte Fall betrifft den Feldagent Second Grade Phil Peterson. Er wurde vor drei Wochen in Ostberlin ermordet, in seinem Hotel erschossen. Wir arbeiten mit der deutschen Polizei zusammen, haben aber keinerlei Hinweise auf den Täter, aber immerhin konnte die Liste sichergestellt werden, die er von einem russischen Informanten besorgt hatte.“

Leads Augen blickten zornig, im Geist sah er vor sich, wie ein weiterer, goldener Namensstern an die Marmortafel im Eingangsbereich seines Gebäudes angebracht wurde.

„Was nutzt mir die Scheißliste, wenn sie einen weiteren Agenten gekostet hat. Der Mann war verheiratet, hatte ein Kind. Wie soll man das der Frau beibringen?“

„Nun, mit Verlaub, Sir, das gehört zum Berufsrisiko und die Frau wird es verstehen. Sie kriegt schließlich eine ansehnliche Witwenpension.“

„Sanders, werden Sie nicht zynisch!“

Lead bemühte sich, seinen Abteilungsleiter empört anzublicken. In Wahrheit teilte er dessen Meinung – jedenfalls bis zu einem bestimmten Grad.

„Weiter!“, sagte er mürrisch.

Sanders war nicht aus der Ruhe zu bringen. Er fuhr sachlich fort.

„Der vierte Fall betrifft den Tod des Agenten Second Grade Gordon Rush. Er wurde vor einer Woche in Köln erschossen, das liegt in Deutschland …“

„Ich weiß, wo Köln liegt“, meinte Lead unwirsch, „den Kölner Dom kennt ja schließlich jeder!“

Sanders ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen.

„Natürlich, Sir. Und genau vor diesem Kölner Dom wurde er erschossen. Die Umstände sind noch ungeklärt, die Kölner Polizei hat noch keine Erkenntnisse über Täter oder Motiv weiß aber, dass das Opfer einer von uns war.“

„Weil …?“

„… er seinen Ausweis in der Tasche hatte!“

Lead nickte. Das war nicht ungewöhnlich und verstieß gegen keine Regel, solange er nicht verdeckt arbeitete. Das Bild des toten Agenten tauchte vor seinen Augen auf.

Sein volles schwarzes Haar, sein markantes Gesicht, seine kräftige Statur, seine offenen, ehrlichen blauen Augen. Erst seit drei Jahren bei der Agency, aber bald wäre eine Beförderung zum First Grade fällig gewesen.

Er hatte Rush gut gekannt und ihn wegen seiner sorgfältigen und gleichzeitig dezenten Arbeitsweise geschätzt. Eine dezente Arbeitsweise ist für eine Agency wie die ihre von höchster Bedeutung, egal, ob es sich dabei um eine Observierung oder eine angeordnete Liquidierung handelt.

Jetzt musste man seiner Frau Nancy und den beiden Kindern diese Nachricht beibringen – ein Scheiß-Job.

Okay, das würde Sanders machen, der kann so was. Eine angemessene Beisetzung in Arlington, kaum zwei Meilen von hier, mit Trompete, Salutschüssen und eingerollter, übergebener Fahne. Eine Pension für die Witwe und ein weiterer Name auf dem Messingschild im Eingangsbereich, auf der die im Einsatz umgekommenen Agenten verewigt waren. Das war alles, was von ihm bleiben würde.

Er zwang sich, in die Gegenwart zurückzukehren.

„Woran hat Rush gearbeitet?“

Tim Bernardini, sein Nebenmann, hob die Hand. Er war noch recht jung, ein untersetzter Mitdreißiger mit leichtem Bauchansatz, einer spitz gebogenen Nase und einer Schildplattbrille, die er gerne auf der Hand balancierte. Die Kollegen verglichen ihn gerne mit dem verstorbenen Schauspieler Robin Williams, ein Vergleich, den er gerne zur Kenntnis nahm. „Rush war zusammen mit Agent Wills auf eine Gruppe von Waffenhändlern angesetzt, die von Westdeutschland über Belgien und Holland Waffen in den Nahen Osten verschiebt, Adressat vermutlich IS-Gruppen im Libanon und in Syrien.“

„Wo ist Wills?“

„Noch in Köln.“

„Haben wir Kontakt zu ihm?“

„Ja, Sir!“

„Okay. Soll erst mal da bleiben. Hat die Ermordung von Rush mit seinem Auftrag zu tun?“

„Eher nicht, Sir“, antwortete Bernardini. „Die beiden Agenten waren erst seit vier Tagen unten und hatten noch keinen Kontakt zu der Gruppe geknüpft. Sie waren noch bei den Vorermittlungen. Von daher glaube ich nicht …“

„Okay!“

Lead unterbrach ihn unwirsch.

„Was ist mit Warschau?“

„Warschau ist noch mysteriöser, unser … äh … fünfter Fall“, Sanders sonore Stimme füllte den Raum.

„Barbara Dudek, Agentin First Grade. Erfahrene Agentin, seit mehr als zwölf Jahren bei uns. Sie war in Warschau auf Urlaub. Wie Sie sicher wissen, stammen ihre Großeltern aus Krakau in Polen. Sie leben noch dort und Agentin Dudek hatte sie besucht. Sie war auf dem Rückweg und machte für zwei Tage Station in Warschau.“

„Also hatte sie dort keinen Auftrag?“

„Nein, Sir, wie schon gesagt, sie war dort auf Urlaub. Hätte gestern zurückkehren müssen. Auch die Polizei in Warschau tappt noch im Dunklen. Allerdings gibt es zwischen den beiden Taten einen erheblichen Unterschied.“

„Nämlich?“

Nun meldete sich der dritte Teilnehmer, der bisher schweigend dabei gesessen hatte.

Agent Herbert Collins war erst seit zwei Jahren bei der Agency, ein schlanker, aber kräftiger, gut aussehender Mann mit vollem schwarzem Haar, energischem Kinn und ausdrucksvollen Gesichtszügen. Er lehnte sich nach vorne, als wolle er die Aufmerksamkeit des Direktors gewinnen, die er ohnehin hatte. „Rush wurde mit einem großkalibrigen Gewehr aus relativ kurzer Entfernung erschossen, Peterson mit einer 9 mm Pistole, aber Dudek wurde vergiftet.“

„Ich habe es in der Akte gelesen. Aber vergiftet? Wie? Weiß man Näheres?“

„Ja, Sir. Mir liegt der Obduktionsbericht aus Warschau vor, die Kollegen waren sehr kooperativ. Bei der Obduktion hat man eine winzige Kapsel aus Platin und Iridium gefunden, die das Gift Rizin freigesetzt hat. Rizin gewinnt man aus dem Samen des Wunderbaums, man kann es aber auch chemisch herstellen. Es gehört zur Gruppe der Lektine, die aus einer zellbindenden und einer giftvermittelnden Komponente bestehen. Seine tödliche Wirkung wird auf eine Hemmung der eukaryotischen Proteinbiosynthese zurückgeführt.“

„Mensch, Collins. Können Sie das auch etwas einfacher darstellen?“

Lead verzog seine Mundwinkel mürrisch nach unten und klopfte mit seinem Füller auf den Tisch.

„Natürlich, Sir. Ich werde mich bemühen, aber es handelt sich um einen durchaus komplexen Vorgang.“

„Also?“

„Bei der Proteinbiosynthese handelt es sich um die Neubildung von Proteinen in Zellen, das ist der für alle Lebewesen zentrale Prozess der Genexpression, durch den die Proteine der Erbinformation gebildet werden. Wird dieser Prozess nachhaltig gestört oder gar verhindert, tritt der Tod ein.“

„So schnell?“

„Normalerweise tritt der Tod erst nach Stunden ein“, ergänzte Sanders nüchtern, „wenn der Tod so schnell eintritt, muss es sich um eine besonders hohe Dosierung gehandelt haben.“

„Dazu kommt, Sir, dass solche Mittel gewöhnlichen Kriminellen nicht zur Verfügung stehen, man kann so etwas weder im Drogeriemarkt kaufen noch im Internet noch nicht einmal im Darknet. Mit diesen Mitteln arbeiten nur wenige Geheimdienste. Wir haben äh … auch schon damit gearbeitet.“

„Welche Geheimdienste arbeiten sonst noch mit … Rizin?“, wollte Lead wissen.

„Nun, soweit wir wissen, waren das der FSB und sein Vorgänger KGB, früher die ostdeutsche Stasi, der bulgarische Geheimdienst DANS, der israelische MOSSAD und zu Zeiten Ghadaffis der libysche Geheimdienst Amn Al-Jamahirya, aber das ist vorbei. In Libyen gibt es, wie Sie wissen, keinen nennenswerten Geheimdienst mehr, nur noch Chaos.

Vom Einsatz bei anderen Diensten ist uns nicht bekannt. Vielleicht arbeiten auch die Chinesen …“

„Bloße Vermutungen bringen uns nicht weiter“, raunzte Lead. „Fassen wir zusammen: Zwei unserer Mitarbeiter wurden in Bern und in London ermordet, das ist ein halbes Jahr her und wir haben keine Ahnung, wer die Täter waren. Das ist höchst unbefriedigend! Wenn der Senat davon erfährt, haben wir ein Problem. Oder besser, ich habe ein Problem. Und dann wurden drei weitere unserer Agenten im Abstand von jeweils einer Woche ermordet, in Köln und in Polen und in Berlin, mit unterschiedlichen Methoden. Zwischen den Opfern und ihren Tätigkeiten scheint kein Zusammenhang zu bestehen und trotzdem glaube ich nicht an einen Zufall. Zudem weist die Tötungsart zumindest in einem Fall auf die Verwicklung eines anderen Dienstes hin. Wer will uns hier an den Karren pissen?“

Keine Antwort, die Männer schwiegen.

Lead schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.

„Verdammte Scheiße. Wir müssen das aufklären, und zwar bald. Dass Agenten im Dienst umkommen, ist normal, Berufsrisiko. Dass sie aber gezielt ermordet werden, ist nicht hinnehmbar, absolut nicht. Und die Öffentlichkeit ist auch schon informiert.

Hier, steht schon was in einer regionalen deutschen Zeitung, dem äh … Kölner Stadtanzeiger und es nur eine Frage der Zeit, bis sie das in der Post auch finden.

Er nahm eine Zeitung aus der Akte und knallte sie auf den Tisch:

Mysteriöser Mord auf der Domplatte

In den frühen Stunden des gestrigen Abends wurde auf der Domplatte ein mysteriöser Mord begangen. Ein Mann, etwa Mitte Dreißig, wurde aus kurzer Entfernung erschossen. Seine Identität ist der Polizei bekannt, wird aber aus ermittlungstaktischen Gründen noch verschwiegen. Wie wir aber aus gut informierten Kreisen erfahren haben, soll es sich bei dem Opfer um einen Mitarbeiter der amerikanischen CIA gehandelt haben. Was macht ein CIA-Agent am Dom und wer hat ein Interesse, ihn zu ermorden? Die Polizei tappt noch im Dunkeln. Zeugen werden gebeten, sich bei der Polizei unter 0221/ 229-0 zu melden.

„Die Sache hat höchste Priorität, meine Herren. Wir werden unter Ihrer Führung, Collins, eine Gruppe von fünf Agenten zur hausinternen Ermittlung daran setzen. Das alles schmeckt nach einem Maulwurf in unseren Reihen, das Schlimmste, was uns passieren kann. Ich höre schon, wie der Kongressausschuss mir seine peinlichen Fragen stellt, daran darf ich gar nicht denken!“

Er machte eine kurze Pause, um seine Worte wirken zu lassen, bevor er fortfuhr: „Also, höchste Geheimhaltungsstufe und ich erwarte sehr bald Ergebnisse. Berichte unmittelbar an mich und nur an mich! Außerdem werden wir dem Agenten Wills in Köln Verstärkung schicken. Prüfen Sie, Sanders, wer dafür in Frage kommt.“

Er machte eine kurze Pause und griff nach dem Teeglas, das er immer vor sich stehen hatte.

„Wo treibt sich eigentlich Agent Donelli rum?“

„Er ist zurzeit in Mailand und observiert eine Gruppe von Salafisten“, sagte Sanders.

„Ziehen Sie ihn ab, ich will ihn auch in Köln haben, soll was Ordentliches für sein Geld tun. Nehmen Sie für die Observation ein paar junge Nachwuchsagenten.“

„Okay, Sir.“

Lead fixierte seine Mitarbeiter mit einem scharfen Blick, was Komplikationen bedeutete und erhöhte Alarmbereitschaft hervorrief.

„Im Übrigen ist die NSA bereits involviert und wird ihre Kontakte zu anderen Diensten einsetzen und da ein terroristischer Hintergrund nicht auszuschließen ist, hat auch das FBI erste Ermittlungen aufgenommen. Und damit nicht genug, auch der Stabschef vom Weißen Haus sitzt mir im Nacken! Ich habe den Eindruck, die halbe Welt steht hier in Langley vor der Tür und wartet darauf, wie wir das Problem lösen. Die Sache bläht sich auf wie Ballon und wir müssen aufpassen, dass wir nicht mitten drin sitzen, wenn er platzt.

Fünf tote Agenten aus unserer Firma!

Ein Albtraum!

In zwei Tagen habe ich ein Meeting mit den zuständigen Abteilungsleitern von NSA und FBI und dem Stabschef. Und dann möchte ich nicht als nackter Mann dastehen.“

Die drei Mitarbeiter nickten. Das war verständlich, diese Peinlichkeit mussten sie ihrem Direktor ersparen.

Aber schon fuhr Lead fort:

„Und noch etwas, Kollegen: Der Präsident persönlich ist beunruhigt, für ihn ist die Sache eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit. Sie wissen, was das bedeutet, meine Herren, also ab an die Arbeit!“

Die Köln-Affäre

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