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Liebe und Erbarmen, du hast Geduld, deine Güte kennt keine Grenzen.“ (Jona 4,2
GNB; vgl. 2 Mo 34,6f.) In grundlegender Übereinstimmung mit der Gottesoffen-
barung im Alten Bund, doch in unübertroffener Klarheit und Anziehungskraft,
macht das Neue Testament ein Dreifaches über diesen Gott deutlich.
Gott ist ein „Du“
Gott ist nicht nur die Energie, die alles durchströmt, oder der Geist, der alles
Lebendige erfüllt. Im Gegensatz zur pantheistischen Vorstellung vom göttlichen
Sein sieht die Bibel in Gott das personale Gegenüber des Menschen, das mit seinen
Geschöpfen kommuniziert (1 Mo 3,8f.; 2 Mo 33,11), sich mit ihnen partnerschaft-
lich verbindet (Joh 14,12-14; Offb 5,10; 20,4-6) und in eine persönliche Lebens-
beziehung zu ihnen eintritt (Joh 17,3; 1 Joh 1,1-3).
Für uns Menschen bedeutet das, dass wir nicht nur an ihn glauben, sondern dass
wir ihm glauben, das heißt, ihm vorbehaltlos vertrauen dürfen und ihn deshalb
jederzeit und direkt im Gebet ansprechen können. Dies ist wahrscheinlich auch die
ursprüngliche, aus dem Indogermanischen stammende Bedeutung des Wortes
Gott: „der Angerufene“. Was immer wir über den großen Unbekannten sagen oder
auch nur schweigend erahnen mögen – Gott ist das große „Du“, mit dem ich eine
persönliche und freundschaftliche Beziehung pflegen kann!
Gott ist heilig
Wie bedeutsam, ja geradezu heilsam diese Nähe Gottes für uns Menschen ist,
wird nicht zuletzt an der Heiligkeit Gottes deutlich, die im Alten Testament häufig
hervorgehoben und im Neuen Testament im Sinne der Hoheit (Offb 4),
Unergründbarkeit (Röm 11,33-36) und Unnahbarkeit Gottes (1 Tim 6,16) verstan-
den und bestätigt wird. Das eigentlich Unfassbare und Wunderbare aber ist, dass
sich dieser heilige Gott dem Menschen liebevoll und rettend zuwendet. Seine
Heiligkeit zeigt sich gerade nicht – wie man vermuten könnte – in isolierter
Erhabenheit und unüberwindlicher Distanz, sondern in echter Zuwendung und lie-
bevoller Annäherung an seine sündigen und erlösungsbedürftigen Geschöpfe (Jes
6,1-7; 57,15).
Als „der Heilige Gottes“ verkörperte Jesus in einzigartiger und eindrucksvoller
Weise diese grundlegende göttliche Wesenseigenschaft (Mk 1,24; Lk 4,34; Joh
6,69). Für seine Nachfolger, die ebenfalls zur Heiligkeit gerufen sind (Eph 4,24;
1 Ths 3,13; Hbr 12,10), kann dies darum nicht heißen, sich in ein frommes Ghetto
fernab der sündigen Welt und der real existierenden Gesellschaft zurückzuziehen.
Vielmehr soll die Gemeinde Jesu der Welt die Vergebungsbereitschaft und bestän-
dige Liebe Gottes bezeugen und glaubhaft vorleben.