Читать книгу Seewölfe Paket 26 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 11
7.
ОглавлениеOld Donegal und seine Mannen hatten beobachtet, was sich achteraus vor der Inselbucht abspielte. Voller Genugtuung hatten sie mitverfolgt, was das blockierte Ruder den Galgenstricken auf der „San Jacinto“ bescherte.
Der alte O’Flynn hatte nicht umhin können, wieder jenes meckernde Lachen anzustimmen, von dem er nicht ahnte, daß es dem Schwarzbärtigen bereits als Grund für ein Todesurteil ausreichte.
Nun aber näherten sie sich der „Empress of Sea II.“, die da führerlos im Kabbelwasser dümpelte und ein bißchen gerupft aussah. Ernsthafte Schäden, das war schon von weitem zu erkennen gewesen, hatte sie nicht davongetragen.
Die Welt hinter Old Donegal und den Männern versank in Bedeutungslosigkeit.
„Die gute alte ‚Empress‘“, flüsterte Old O’Flynn mit erstickter Stimme und drückte damit haargenau das aus, was alle in diesem Moment empfanden.
Die Rührung hatte sie sprachlos werden lassen.
Kein Wort fiel, als sie längsseits gingen, die Jollen vertäuten und eine erste rasche Inspektion der kleinen Karavelle vornahmen.
Mit eherner Miene stelzte Old Donegal zum Achterdeck, nahm seinen angestammten Platz ein und ließ seinen Blick über das Schiff gleiten, das Hesekiel Ramsgate mit meisterhaftem Geschick nach seinen Wünschen und Vorstellungen gebaut hatte. Es war ein vollendetes Werk daraus geworden. Und man konnte es als gütige Wende des Schicksals betrachten, daß dieses Werk nicht den Naturgewalten zum Opfer gefallen war.
Eine höhere, geheimnisvolle Macht mußte die „Empress“ vor schlimmerem Schaden bewahrt haben. Und eben diese Macht mußte sie auch dorthin zurückgeführt haben, wohin sie gehörte.
In meine Hände, dachte Old Donegal voller Ehrfurcht vor jenen Dingen zwischen Himmel und Erde, die ihm rätselhaft waren, an deren Vorhandensein er aber fest glaubte.
Sämtliche Segel waren noch sauber an den Rahruten aufgetucht – wie es der Fall gewesen war, als die „Empress“ in den Wirren des Sturms verschwunden war. Keine Fremden hatten also ihre Hand an das Schiff gelegt. Die wenigen Schäden – hier eine angeknackste Spiere und da ein zerbrochenes Stück Balustrade – waren ausschließlich durch Einwirkung des Sturmes entstanden.
Die Männer waren bereits dabei, die Empress-Jolle an Bord zu hieven und die anderen in Schlepp zu nehmen, nachdem sie die Besegelung unter den Duchten verstaut hatten.
Martin Correas Stimme ließ sich dumpf aus den Unterdecksräumen vernehmen.
„Wasser bis über die Bilge!“ Er streckte den Kopf aus der achteren Luke des Hauptdecks. „Keine Lecks, Sir!“
Old Donegal nickte und lächelte zufrieden. Von seiner Lady „Empress“ hatte er das nicht anders erwartet. Die ließ sich doch nicht von einem hergelaufenen Sturm kleinkriegen, wenn sie nur mal ein bißchen führerlos war! Nein, so etwas schüttelte die Lady mit ein bißchen Bilgenwasser ab, und dann hatte sich der Fall.
„Dann mal an die Lenzpumpen“, sagte Old O’Flynn, und das Faltenmeer seines Gesichts verhärtete sich. „Und anschließend kriegen sie Zunder, die Strolche von der Bucht! Die sollen sich wünschen, nie ihre ungewaschenen Füße auf Schiffsplanken gesetzt zu haben! Denen setzen wir Feuer unter den Hintern, daß sie denken, die Hölle hätte ihren Schlund aufgetan!“
Ed Carberry und die anderen sahen sich grinsend an. Jetzt steigerte sich der Alte zur Höchstform.
Hasard und Philip liefen auf ihn zu. Plymmie war bei ihnen. Nur Sir John hatte es offenbar vorgezogen, an Land in der sicheren Höhle zu bleiben.
„Sir!“ rief Hasard junior. „Das Lenzen übernehmen wir gern!“
„Dann sind die anderen Hände frei zum Segelsetzen“, sagte Philip.
„Und zum Klarieren der Drehbassen“, fügte Hasard hinzu.
„Einverstanden“, erwiderte Old O’Flynn. „Die beiden Killigrew-Junioren übernehmen das Lenzen. Für alle anderen“, er erhöhte seine Lautstärke zum schneidenden Befehlston. „Klarschiff zum Gefecht! Segel setzen und Drehbassen klarieren! Angriff auf den spanischen Dreckeimer!“
Die Männer gerieten in Bewegung. Martin Correa übernahm das Ruder, während die anderen die Zurrings und Geitaue lösten und das Tuch von den Rahruten abwärts rauschen ließen.
Gleich darauf konnte die „Empress of Sea II.“ ihre hervorragenden Eigenschaften als Am-Wind-Segler unter Beweis stellen, und Martin Correa bewies, daß er dieses Musterbeispiel englischer Schiffsbaukunst perfekt beherrscht. Hart über Backbordbug segelnd, ging die kleine Karavelle auf Kurs Südwest und stieß bereits Minuten später an der Nordspitze der Insel vorbei. Der Kurs der „Empress“ bildete nun einen spitzen Winkel zur Nord-Süd-Linie der Insel.
Old Donegal hatte sein Spektiv angesetzt und beobachtete das Geschehen vor der Bucht. Auf dem aufgebrummten Spanier herrschte noch immer Wuhling. Die Kerle schienen kopflos zu sein.
Was auch der Sinn des Ruderblockierens war, dachte Old Donegal voller Genugtuung, und gleich werdet ihr endgültig wie die aufgescheuchten Hühner herumrennen.
Denn offenbar waren die Dons so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß sie noch gar nicht bemerkt hatten, welches neue Verhängnis sich ihnen näherte.
Martin Correa hielt die „Empress“ auf Anweisung Old O’Flynns zunächst weiter auf Kurs Südwest, und sie entfernten sich auf diese Weise von der Insel.
Der Kutscher hatte in der Kombüse Holzkohle entfacht und stellte die Becken mit der Glut für die Lunten bereit. Die Zwillinge waren mit dem Lenzen schon nahezu fertig. Carberry und die anderen hatten die Drehbassen in aller Eile gereinigt und den Rohren die erste Ladung gesetzt.
Die Taktik stand bereits fest. Worte waren darüber nicht mehr zu verlieren. Die Männer um Old O’Flynn zeigten wieder einmal, daß sie eine erprobte und verschworene Gemeinschaft waren, die sich in vielen gefahrvollen Situationen perfekt aufeinander eingespielt hatte.
Nach einer Halse in dreihundert Yards Entfernung von der Insel jagte die „Empress“ im Direktkurs auf die Bucht zu.
„Klar bei vorderen Drehbassen!“ brüllte Old Donegal.
Carberry, der an dem Hinterlader vorn an Steuerbord stand, zeigte klar. Auch Stenmark und die anderen gaben ihr Zeichen der Einsatzbereitschaft.
Die Einzelheiten wurden von Sekunde zu Sekunde deutlicher.
Die „San Jacinto“ war mit dem Bug voraus aufgelaufen. Ihr Achterschiff zeigte seewärts. Und damit bot der Spanier den Angreifern seine verwundbarste Seite.
Old Donegal überzeugte sich mittels des Spektivs, daß seine Kalkulation aufging. Die „Empress of Sea“ rauschte aus dem toten Winkel heraus auf die festsitzende Galeone zu. Denn sie blieben außerhalb des Wirkungsbereichs der Bordgeschütze. Achtern hatte die „San Jacinto“ keine Kanonen, und auch Drehbassen waren oberhalb der Heckbalustrade nicht zu sehen.
Ohnehin zeigte sich keine Seele auf dem Achterdeck.
Die Ursache erkannte Old O’Flynn, als er mit dem Spektiv die Wasserlinie rings um das Achterschiff absuchte. An der Steuerbordseite, knapp unterhalb der Wasserlinie, gluckerte es munter in den Schiffsleib. Also hatten sie an den Lenzpumpen alle Hände voll zu tun, schufteten vermutlich wie die Berserker und hofften, zu retten, was noch zu retten war.
Sie sollten kein Glück damit haben.
Das schwor sich der alte O’Flynn in diesen Minuten.
Augenblicke später war es soweit.
Mühelos fand die „Empress“ ihren Weg durch die Riffs. Wegen ihres geringen Tiefgangs bestand praktisch keine Gefahr, daß sie sich den Bauch aufschlitzte.
„Feuer frei!“ brüllte Old Donegal, als sie auf Schußweite an das Heck der Galeone herangesegelt waren.
Die Spanier, die noch immer nichts mitgekriegt hatten, traf es wie aus heiterem Himmel.
Carberry und Stenmark jagten die Ladungen der beiden vorderen Drehbassen in die Heckgalerie der „San Jacinto“.
Dem Wummern der Schüsse folgte das Bersten und Splittern von Holz und Bleiglas. Die Galerie flog auseinander, und kein Fenster der Achterdeckskammern blieb heil.
Die Männer an Bord der „Empress of Sea“ brüllten den alten Kampfruf aus Cornwall, der schon unendlich viele Gegner zur See in Furcht und Schrecken versetzt hatte.
„Ar – we – nack! Ar – we – nack!“
Es klang wie rollender Donner, und aus den Unterdecksräumen der Galeone drangen jetzt die Entsetzensschreie der Spanier. Ihnen war schockartig klargeworden, in welcher aussichtslosen Lage sie sich befanden.
Martin Correa drehte nach Backbord.
Lässig und elegant, im Vorbeigehen, hämmerten die Männer des alten O’Flynn die Drehbassenladungen von Steuerbord in das Achterschiff und in die Flanke des Spaniers.
Bei diesem Manöver zerschossen sie auch die Vorleine des Floßes, das längsseits vertäut war und gleich darauf abtrieb.
Old Donegal gab Befehl, beizudrehen und auf Distanz zu gehen, als auf der Kuhl der Galeone die ersten Gestalten sichtbar wurden. Jemand brüllte Befehle. Offenbar glaubten die Kerle, mit ihren Geschützen noch etwas ausrichten zu können.
Ein grimmiges Lächeln kerbte sich in die Mundwinkel des Alten, während er zusah, wie die Männer die Drehbassen an Steuerbord nachluden.
Dann gab er den Befehl zum erneuten Angriff.
Martin Correa legte Ruder, und nach einer eleganten Halse rauschte die „Empress“ zum zweitenmal auf die „San Jacinto“ zu – wieder aus dem toten Winkel.
Wütendes Geheul ertönte von der Kuhl der Galeone, als die Dons begriffen, daß ihre Geschütze nicht mehr wert waren als Spielzeug.
Gestalten stürmten auf das Achterdeck. Die langen Läufe von Musketen blinkten matt im frühen Tageslicht.
Nur eine einzige Kugel fetzte durch das Focksegel der „Empress“ und schwirrte davon, ohne weiteren Schaden anzurichten.
Der blonde Schwede drückte den Lauf des Hinterladers in der Drehlafette schräg nach oben und zündete.
Aus dem Lauf leckte die Feuerzunge mit Gebrüll, und die Ladung von gehacktem Blei hämmerte knapp unterhalb der Heckbalustrade in die beachtenswerten Schnörkelverzierungen, die dort angebracht waren.
Schreiend ergriffen die übrigen drei oder vier Musketenschützen die Flucht, ohne auch nur einen Schuß abgefeuert zu haben. Keine weitere Gestalt ließ sich auf dem Achterdeck blicken.
„Breitseite Steuerbord!“ rief Old Donegal mit Donnerstimme.
Augenblicklich legte Martin Correa Ruder. Das Heck der Karavelle schwang herum, und die Männer stießen die Lunten in die Zündlöcher.
Grellrote Blitze zuckten aus den Laufmündungen. Das Krachen der Drehbassen vereinte sich zu einem urgewaltigen Hall, der über die Wasseroberfläche rollte und sich mit dem schmetternden Klang der Einschläge vereinte.
Haargenau in die Wasserlinie rasten sämtliche Treffer.
Wirbelnde Splitter wurden aus den Außenplanken gerissen. Lecks klafften reihenweise, und das Wasser zeigte gurgelnde Schaumbildung, wo es seinen Weg in das Innere des Achterschiffs fand – zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Leck an der Steuerbordseite.
Mit Geheul und Gebrüll hatten sich der Schwarzbärtige und seine Kerle unter Deck verkrochen.
Den dritten Angriff fuhr der alte O’Flynn wiederum aus dem toten Winkel heraus. Diesmal ließ er die Backbordbreitseite auf den schon waidwunden Schiffsleib abfeuern.
Abermals leckten die Feuerzungen von der „Empress of Sea“ zum Achterschiff der Galeone hinüber. Die Splitter und größeren Plankenstücke, die jetzt knapp über und in der Wasserlinie herausgerissen wurden, vergrößerten die gerade begonnenen Lecks um ein Vielfaches.
Doch der alte O’Flynn dachte beileibe noch nicht daran, schon lockerzulassen.
Mit dem vierten Angriff nahmen sie sich die Backbordseite der „San Jacinto“ vor, die achtern zusehends tiefer sackte. Die Wasserlinie hatte bereits die Höhe der zerschossenen Heckgalerie erreicht. Es suppte in die Fenster, in denen nur noch Reste vom Bleiglas hingen.
Das Donnergebrüll der Drehbassen dröhnte von neuem auf die Galeone ein, und nun rasten die Ladungen zerfetzend und zerschmetternd über die Planken der Kuhl. Den Kerlen unter Deck mußte es durch und durch gehen.
Wieder drehte die „Empress“, wieder ging sie auf Distanz, und von neuem jagte sie auf das Schiff zu, das schon ein Wrack war.
Achtern saß die „San Jacinto“ jetzt auf Grund. Die unteren Räume des Achterkastells standen bereits vollends unter Wasser.
Und von neuem krachten die Drehbassen der „Empress of Sea“.
Old Donegal Daniel O’Flynn dachte nicht daran, schon aufzuhören. Mit eisenharter Miene gab er immer neue Angriffsbefehle. Er würde erst dann mit dem Beschuß aufhören, wenn er den verdammten Kahn in einen Trümmerhaufen verwandelt hatte …
ENDE