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Hinter grauen Dunstschwaden kroch der Morgen des 9. Juli herauf. Die Wetterlage hatte sich nicht nennenswert geändert. Die Windstärke war unvermindert, und noch immer wehte der handige Geselle aus westlicher Richtung. Lediglich die Wolkendecke riß von Zeit zu Zeit auf und schloß sich im nächsten Moment wieder. Der Nebel, der über der See lag, schien zum Schneiden dick.

Hasard Killigrew junior hatte sich eine Decke übergeworfen, denn in diesen ersten Stunden eines neuen Tages geriet man doch leicht ins Frösteln, wenn man bewegungslos an einem Fleck ausharren mußte.

Er hatte sich bei der letzten Ablösung einen Brotkanten mitgebracht, an dem er jetzt kaute, um sein unvermeidliches Hungergefühl zu dämpfen. An das warme Frühstück, das der Kutscher bereiten würde, durfte er gar nicht denken, denn dann wurde ihm erst richtig flau im Magen. Die Männer staunten nur immer, was Philip und er so alles vertilgen konnten, bis sie endlich einmal richtig satt waren.

Die Erklärung, die sie alle sofort bereit hatten, lautete dann immer, daß die Sprößlinge des Seewolfs eben etwas Kräftiges in die Knochen brauchten, weil sie noch im Wachstum begriffen waren.

Hasard und Philip hörten solche Sprüche nicht übermäßig gern, da sie sich schon recht ausgewachsen fühlten. Immerhin standen sie mittlerweile in den meisten Bereichen der täglichen Anforderungen ihren Mann, und es gab sowieso keine Aufgabe, vor der sie sich etwa gedrückt hätten.

Plymmie hatte sich zu Hasards Füßen zusammengerollt und schlief wie ein Murmeltier. Der Junge wußte aber, daß die Wolfshündin sogar im Schlaf eine Gefahr schon dann witterte, wenn „ihre“ Menschen noch nicht einmal das geringste davon ahnten.

Was die „San Jacinto“ betraf, hatten die Männer richtig vermutet. Die Dons hatten keine Neigung verspürt, noch in der Nacht irgend etwas zu unternehmen.

Offenbar hatten sie es vorgezogen, sich in ihre Kojen zu packen und die Strohsäcke abzuhorchen. Vielleicht hatten sie vorher auch noch ein Quantum Rum oder Wein genossen, um die richtige „Kojenschwere“ zu erlangen.

Hasard blickte nachdenklich zu der Galeone hinüber und dachte darüber nach, durch was Menschen wohl ihre unterschiedlichen Verhaltensweisen erwarben. Gab es sie wirklich, eine typisch englische Art und eine typisch spanische Art?

Sein Vater, so wußte Hasard aus vielen Gesprächen, war dagegen, Menschen aufgrund von Vorurteilen innerhalb enger Bereiche einzustufen. In allen Ländern der Welt, so pflegte der Seewolf stets zu sagen, gibt es diese und jene Menschen. Die Engländer sind nicht besser als die Spanier, und wer das nicht begreifen will, formt sich ein ungerechtfertigtes Feindbild.

Gewiß, nach dem Willen der Majestäten – Elizabeth I. auf der einen und Philipp II. auf der anderen Seite – befanden sich die Weltmacht Spanien und das als Seemacht noch junge England im Kriegszustand. Doch berechtigte das einen Engländer, jeden Spanier rundweg als bösen Feind abzuqualifizieren?

Nein, sagte sich Hasard junior, die Engländer gehören genausowenig einer bestimmten Sorte Mensch an, wie das bei den Spaniern der Fall ist.

Nicht alle Dons waren faul und träge wie jene dort auf der „San Jacinto“. Nicht alle Engländer waren aber auch fair und geradeaus wie die Arwenacks. Don Juan de Alcazar, der sich dem Bund der Korsaren angeschlossen hatte, war das eine gute Beispiel. Und Sir John Killigrew, der Galgenstrick aus Cornwall, war das schlechte Beispiel andererseits.

Hasard erinnerte sich an die Schwierigkeiten, die die Seewölfe in England erlebt und die letztlich dazu geführt hatten, der Alten Welt endgültig Lebewohl zu sagen. In keinem Land dieser Welt war fraglos alles nur zum Besten gestellt. Intriganten- und Verbrechertum gab es hüben wie drüben. Das lehrte die Erfahrung, und am besten konnte man es erkennen, wenn man sich die Geschichte des Seewolfs und seiner Gefährten einmal vor Augen hielt.

Daß die Kerle an Bord der „San Jacinto“ nicht zur aufrichtigen spanischen Kategorie gehörten, war dem Sohn des Seewolfs längst klargeworden. Einiges erschien höchst merkwürdig an dieser Galeone, wenn man es sich in Ruhe überlegte.

Die „Viento Este“, vor der Nachbarinsel aufs Riff gebrummt, hatte als Einzelfahrer eine höchst wertvolle Goldladung in den Laderäumen gehabt. Mit allen verfügbaren Jollen war die Schiffsbesatzung losgesegelt, um Florida zu erreichen.

Zweifellos hatten der Kapitän und seine Offiziere aber nicht nur vorgehabt, sich an Land als beklagenswerte Schiffbrüchige umsorgen zu lassen. Wenn man folgerichtig überlegte, konnte der Kapitän unter keinen Umständen vorgehabt haben, die „Viento Este“ einfach im Stich zu lassen.

Nein, wenn dieser Kapitän ein Mann von der aufrichtigen Sorte war, dann mußte für ihn die Pflichterfüllung an erster Stelle stehen. Und die Pflicht besagte in seinem Fall, daß er das Gold seinem rechtmäßigen Eigentümer zuführen mußte – nämlich dem König von Spanien. Darüber mochte man denken, wie man wollte, doch in Sachen Pflichtauffassung war der persönliche Spielraum eben nicht besonders groß.

Merkwürdig also, daß nur diese „San Jacinto“ aufgekreuzt war, um wegen des Havaristen und seiner Ladung nach dem Rechten zu sehen – noch dazu mit einer relativ kleinen Crew an Bord, die man nicht anders als einen Haufen von Galgenstricken bezeichnen konnte.

Wenn sich der Kapitän der „Viento Este“ nach Fort St. Augustine durchgeschlagen hatte – was nach Lage der Dinge wahrscheinlich gewesen wäre –, dann hatte als logische Konsequenz ein kleiner Verband aufmarschieren müssen, der zumindest aus Bergungs- und Bewacherschiffen bestand.

Statt dessen war lediglich dieser armselige Handelsfahrer mit mäßiger Armierung und einer zahlenschwachen Besatzung erschienen. Einer Besatzung überdies, die sich weniger von seemännischen Grundsätzen als von menschlichen Schwächen leiten ließ.

Die Gier nach Gold war bei diesen Kerlen unverkennbar.

Hasard liebte es, als sinnvolle Zeitausfüllung das Aneinanderfügen von Fakten zu betreiben und daraus Schlußfolgerungen zu ziehen, mögliche Konsequenzen in ihrer Tragweite gegeneinander abzuwägen und für sich selbst die Entscheidung zu treffen, die er an der Stelle der Erwachsenen getroffen hätte, die die Verantwortung trugen.

Die Folgerungen waren in diesem Fall einfach.

Der Kapitän der „Viento Este“ befand sich nicht an Bord der „San Jacinto“.

Der Schwarzbärtige, der das Kommando an Bord führte, war auch nicht der Kapitän der „San Jacinto“, denn er und seine Galgenstricke hatten sich dieses Schiff angeeignet, um sich die Goldladung der „Viento Este“ zu holen.

Woher aber hatten sie die Position der aufgebrummten Gold-Galeone gekannt?

Darauf gab es nach Hasards Erkenntnis nur eine mögliche Antwort: Die Kerle unter dem Schwarzbart hatten zur ursprünglichen Besatzung der „Viento Este“ gehört. Daraus folgerte wiederum, daß sie sich den unglückseligen Kapitän des Einzelfahrers irgendwie vom Hals geschafft hatten.

Es war Mordgesindel, was sich an Bord der „San Jacinto“ befand.

Eine andere Erklärung gab es nicht, so sehr Hasard auch sein Hirn anstrengte. Dieses Mordgesindel würde alles daran setzen, um in den Besitz des Goldes zu gelangen. Das hatte der Schwarzbärtige in der jüngsten Vergangenheit bewiesen, als er sinnlos Männer opferte, ohne über die Erfolgsaussichten einer Aktion ausreichend nachzudenken.

Deshalb, und das war die nächste Folgerung, mußte man mit dem Schlimmsten rechnen. Dieser Gegner war nicht mit normalen Maßstäben zu messen, Fairneß durfte man gar nicht erst voraussetzen. Und obwohl die Kerle kein Beiboot mehr hatten, würden sie sich noch die bösartigsten Tricks einfallen lassen, um doch noch in der Bucht zu landen.

Dieser neue Tag, das spürte Hasard, konnte bereits die Entscheidung bringen. Aber es konnte ebensogut eine Menge Überraschungen geben. Schließlich wußte bestenfalls der Teufel, welche hinterhältige Taktik die Mörderbande an Bord der „San Jacinto“ ausbrütete.

Unvermittelt hob Plymmie den Kopf und schnupperte. Hasard strich ihr lächelnd über das Fell. Allein an ihren Augen sah er, daß es keine Gefahr war, die da drohte oder sich näherte. Vielmehr etwas Vertrautes, Altbekanntes.

Sekunden später sauste dieses Vertraute in der Gestalt von rotem Gefieder heran. Ein greller Farbtupfer, der sich aus dem Dunst vor der steilen Felswand löste und zielstrebig auf das Ufergestrüpp am südlichen Hang zuhielt.

Mit einem kurzen Flügelklatschen landete Sir John auf der Schulter des: Jungen. Als wollte er sich einschmeicheln, rieb der Papagei seinen Kopf an Hasards Ohr. Der Junge gab ihm einen Brocken Hartbrot, und der Krummschnabel Sir Johns begann sich mit mahlenden Geräuschen zu bewegen. Dazu ließ er leise, rollende Laute des Wohlbehagens hören.

„Untersteh dich, jetzt herumzukrakeelen“, sagte Hasard warnend. „Die Männer schlafen noch, auch Philip. Wenn du sie aufweckst, drehe ich dir den Hals um, und Mister O’Flynn erlebt die größte Freude seines Lebens.“

Sir John schien zu begreifen, was der Sohn des Seewolfs meinte, und wenn es nur der ernste Tonfall war, aus dem er es heraushörte.

Als sich die Morgennebel zu lichten begannen, nahm Hasard das Spektiv und bezog den höher gelegenen Ausguckposten oberhalb der Felsengrotte. Sir John blieb beharrlich auf seiner Schulter, als wollte er nachholen, was ihm während der zurückliegenden Stunden an menschlicher Nähe gefehlt hatte. Plymmie trottete mit lautlos-federnden Bewegungen neben dem Jungen her.

Aus der erhöhten Position beobachtete Hasard als erstes die Galeone, die draußen im Riffgürtel an den Ankertrossen schwojte. Obwohl sie die „San Jacinto“ aus der ärgsten Gefahrenzone westwärts verwarpt und den zusätzlichen Anker ausgebracht hatten, war es nach Hasards Überzeugung doch sträflicher Leichtsinn, den die Kerle da an den Tag legten. Alleiniges Ziel dieser völlig unvernünftigen Maßnahme konnte es nur sein, daß sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit den Strand mit den Bordgeschützen unter Feuer nahmen.

Wenn es der Wind nicht wollte, würde daraus so schnell nichts werden.

Hasard hob den Kieker und spähte zu den Decks der Galeone. Obwohl das Tageslicht schon vor mindestens einer halben Stunde eingesetzt hatte, waren die Lampen der „San Jacinto“ noch nicht gelöscht worden. Der Sohn des Seewolfs glaubte seinen Augen nicht zu trauen.

Eine der beiden Ankerwachen döste auf einer Taurolle vor dem Steuerbordniedergang zur Back. Der zweite Kerl lag auf der vorderen Grätingsluke, wo die warme Luft aus den Unterdecksräumen heraufstieg.

Es war unbegreiflich. Hasard konnte es beim besten Willen nicht fassen. Da war erst vor ein paar Stunden ein Mann getötet worden, weil er als Wachgänger gedöst hatte. Diese Kerle hatten die Exekution mit eigenen Augen ansehen müssen. Und jetzt leisteten sie sich die gleiche Nachlässigkeit!

Keine Frage, daß sie zu jener spanischen Art gehörten, deren Denken und Tun von unendlicher Trägheit bestimmt wurden.

Und die anderen an Bord der Galeone schliefen offenbar noch immer selig.

Hasard widmete dem Spanier keine weitere Aufmerksamkeit und begann mit seinem nun fälligen Rundblick mit Hilfe des Spektivs. Nach Westen hin hatten sich die Nebelfelder bereits weitgehend aufgelöst, doch die Kimm war nach wie vor im Dunst verschwommen. Der Sohn des Seewolfs schwenkte den Kieker nur langsam und suchte jedes einzelne Nebelfeld gründlich ab.

Der Wind trug seinen Teil dazu bei, daß die Sicht zusehends klarer wurde.

Plötzlich, das Spektiv nach Nordwesten gerichtet, glaubte Hasard, seinen Augen nicht mehr trauen zu können.

Was sich da ein wenig dunstverhangen, aber doch deutlich genug im Okular abzeichnete, hätte man in nordafrikanischen Wüstenregionen als Fata Morgana bezeichnet.

Es war wie ein Schock.

Hasard richtete sich kerzengerade auf. Seine Muskeln spannten sich ungewollt. Er drehte an der Scharfstellung des Kiekers, in der Annahme, das Bild würde dadurch vielleicht verschwinden. Dann spähte er mit bloßem Auge nach Nordosten.

Das Bild blieb.

Es war Wirklichkeit.

Die „Empress of Sea II.“!

Da dümpelte die kleine Karavelle im kabbeligen Wasser, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, daß ein im Sturm verschollenes Schiff auf diese Art und Weise wieder bei seinen Eignern „vorbeischaute“.

Die Position der sacht dahintreibenden „Empress“ war etwa zwischen der ursprünglichen und der jetzigen Insel der Mannen vom Bund der Korsaren.

Hasard wirbelte herum und rannte los, daß Sir John erschrocken hochflatterte und im Steilflug in die Öffnung der Felsengrotte zurückkehrte. Plymmie folgte dem Jungen mit langen Sätzen, wie er zum Strand hinuntereilte.

Als erstes rüttelte er Old Donegal wach.

„Granddad! Mister O’Flynn, Sir! Das glaubst du nicht, das mußt du sehen! So was gibt es einfach nicht!“

Old Donegal, noch im Halbschlaf, rieb sich knurrend die Augen.

„Etwas, was es nicht gibt, brauche ich mir ja wohl nicht anzusehen, oder?“

„Etwas, was es normalerweise nicht geben kann“, verbesserte sich Hasard. „Es handelt sich nämlich um die ‚Empress‘.“

Auch die anderen waren inzwischen wach geworden.

Noch nie hatten sie den alten O’Flynn so schnell aufspringen sehen. Obwohl er ihnen gegenüber mit seinem Holzbein doch erheblich im Nachteil war, erreichte er als erster den südlichen Hang und stapfte neben dem stolz strahlenden Hasard junior aufwärts.

Dann, als sie den Ausguckposten erreichten, stand Old Donegal schlagartig wie erstarrt. Es war, als hätte ihn ein unsichtbarer Blitz getroffen und zur Bewegungsunfähigkeit verdammt.

Die „Empress of Sea II.“ war auch ohne Spektiv einwandfrei zu erkennen, da sich die letzten Nebelschwaden in der kurzen Zeit fast vollständig gelichtet hatten.

„Da ist sie, Mister O’Flynn“, sagte Hasard junior, während nach und nach die anderen eintrafen. „Eine Verwechslung ist ja wohl nicht möglich, denn die ‚Empress‘ gibt’s meines Wissens nur einmal.“

„Teufel, ja, Junge“, flüsterte Old Donegal ergriffen, „da hast du recht. Da hast du verdammt recht. O Mann, o Mann, und da denkt man schon, man müßte eine dritte ‚Empress‘ bauen lassen! Aber nein, was tut dieser Schlickrutscher von einer Karavelle? Taucht einfach, wieder auf, als wäre er nur mal eben vorübergehend in der Versenkung verschwunden!“ Bei den letzten Worten hatte sich die Stimme des Alten vom Flüstern zu begeistertem Gebrüll gesteigert, und gleich darauf war es auch äußerlich mit seiner Ruhe vorbei.

„Sie ist wieder da!“ schrie er und warf die Arme in die Luft. „Sie ist wieder da! Meine liebe kleine ‚Empress‘ ist wieder da!“ Er drehte sich auf der Stelle, tanzte im Kreis und schrie es immer wieder in den Morgen hinaus: „Sie ist wieder da, sie ist zurückgekehrt! Sie hat eine Seele, meine ‚Empress‘! Ohne mich konnte sie es nicht aushalten, ich wußte es doch!“

Ed Carberry und Stenmark wechselten einen vielsagenden Blick.

„Jetzt schnappt er über“, sagte der Profos. „Jetzt hat’s ihn endgültig erwischt. Armer Kerl. Was wird bloß Mary Snugglemouse sagen, wenn wir ihr diesen verrückten Spinner zurückbringen?“

Old Donegal hörte es nicht. Er schrie und tanzte.

„Sie hatte Heimweh, die kleine Süße! Sehnsucht nach mir! Ist es denn zu fassen?“

Stenmark schüttelte mißbilligend den Kopf und warf einen Blick zur Bucht.

„Mit seinem Gezeter weckt er wahrscheinlich sogar die Schnapsleichen auf dem spanischen Eimer auf.“

Der Kutscher nickte schweigend und schritt auf den Tanzenden und Schreienden zu. Ruhig legte er ihm die rechte Hand auf die Schulter und sprach ihn an, als hätte er es wieder einmal mit einer kranken Kuh zu tun.

„Nun ist es genug, Old Donegal. Wenn wir noch lange hier herumstehen und uns nur freuen, wird die ‚Empress‘ sehr bald verschwunden sein. Vielleicht ist dir aufgefallen, daß wir noch immer einen handigen Westwind haben. Wenn wir uns nicht beeilen, verschwindet die ‚Empress‘ tatsächlich auf Nimmerwiedersehen. Darauf kann ich dir Brief und Siegel geben.“

Old O’Flynn ruckte herum und starrte den Kombüsenmann minutenlang erschrocken an.

„Los jetzt!“ sagte er unvermittelt in barschem Befehlston. „Auf was wartet ihr noch? Alle drei Jollen besetzen und dann los! Tempo, Tempo, sonst ziehen uns die verdammten Dons noch einen Strich durch die Rechnung.“

Den Männern blieb keine Zeit, sich über Old Donegals Rückkehr in die Wirklichkeit zu wundern. Denn sie mußten sich höllisch beeilen.

Es hatte nicht ausbleiben können, daß die Kerle auf der „San Jacinto“ mitkriegten, was sich oberhalb der Bucht abspielte. Natürlich hatten sie noch nicht bemerkt, was der Anlaß des plötzlichen Geschreis war. Aber es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, wann sie begriffen, auf welche Weise sich das Blatt gewendet hatte.

Keiner der Männer um Old Donegal Daniel O’Flynn verschwendete einen Gedanken an das Gold, das in der Höhle lagerte.

Die „Empress“ war ihnen wichtiger als jeder irdische Reichtum. In dem Punkt stimmten sie mit Old Donegal überein, wenn sie es auch nicht hinausbrüllten.

Die drei Jollen wurden zu Wasser gebracht, und nachdem die Männer ein Stück gepullt hatten, setzten sie Segel und gingen auf Kurs Nordwest – weit genug entfernt von der „San Jacinto“, die noch immer vor ihren beiden Bugankern lag.

Old Donegal hatte den Platz auf der Achterducht der Empress-Jolle eingenommen. Verstohlen wischte er sich von Zeit zu Zeit über die Augen, doch er konnte den Männern auf den Duchten nicht verheimlichen, daß diese Augen tränenfeucht waren.

Auf der spanischen Galeone hatte unterdessen Geschrei eingesetzt. Gestikulierend hasteten die Kerle an Deck hin und her, nachdem sie minutenlang von der Back aus herübergestarrt hatten.

Die Männer vom Bund der Korsaren beachteten sie nicht. Ihnen erging es kaum anders als dem alten O’Flynn, der vor Rührung wieder völlig stumm geworden war. Ein seltsames Würgen in der Kehle konnte keiner der Männer leugnen, wenn er darüber nachdachte, auf welch wundersame Weise die „Empress“ in Wind und Wetter ausgerechnet hierher, zu den Cat Cays, getrieben worden war.

Man würde es in Zukunft verteufelt schwer haben, dem alten O’Flynn zu widersprechen, wenn der von seinen übersinnlichen Mächten schwafelte. Wie, in aller Welt, sollte man die Rückkehr der „Empress“ mit logischen Begründungen erklären?

Seewölfe Paket 26

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