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8.

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Als sie wieder an Bord der „Empress“ aufenterten, sah Old O’Flynn ihnen neugierig entgegen.

„Euren Gesichtern sehe ich an, daß die Kerle hier sind.“

„Stimmt genau“, sagte Carberry. „Hasard und Philip haben das Floß entdeckt. Es liegt gut versteckt auf der Ostseite zwischen dichtem Gestrüpp.“

„Und die Kerle – habt ihr die auch gesehen?“

„Keine Spur von ihnen.“

Old O’Flynn kratzte mit der Hand über seine Bartstoppeln.

„Jedenfalls sind sie hier. Ich habe mir schon überlegt, ob wir uns nicht ein weiteres Späßchen mit den Halunken erlauben sollen. Aber das fiel mir leider erst ein, als ihr schon unterwegs wart.“

„Und was sollte das für ein Späßchen sein?“ wollte der Profos wissen.

„Ich hatte vor, ihnen das Floß zu klauen und es entweder zu zerstören oder einfach abtreiben zu lassen. Die Idee war nicht schlecht, denn dann hätten sich die Halunken schwarz geärgert. Aber der Kutscher riet mir dringend davon ab.“

„Dann hatte er sicher gute Gründe“, meinte Carberry.

„Ich hatte starke Bedenken“, erklärte der Kutscher. „Um das Floß zu klauen, hättet ihr an Land gehen müssen, und auf eine solche Gelegenheit warten die Kerle doch nur. Entweder hätten sie euch überfallen oder irgendwo aus dem Hintergrund mit Musketen beschossen. Daher erschien mir das zu riskant.“

„War es auch. Die Möglichkeit bestand immerhin. Ich an ihrer Stelle hätte das Floß sogar als Köder angeboten, aber dazu sind sie wohl zu dämlich, oder sie denken nicht soweit.“

„Was tun wir jetzt?“ fragte Nils. „Sie weiterhin zappeln lassen – oder sollen wir landen, um den Kerlen ordentlich den Marsch zu blasen? Dazu müßten wir allerdings wissen, an welcher Stelle sie sich aufhalten.“

Old O’Flynn war gar nicht dafür.

„Das gefällt mir nicht. Wenn wir landen, sind die Kerle einwandfrei im Vorteil. Wir haben ja schon selbst erlebt, was passiert, wenn man sich auf Musketenschußweite dem Ufer nähert. Da ist immer derjenige im Vorteil der an Land ist und gute Deckung hat. Nein, nein, das lehne ich ab.“

„Dann lassen wir sie eben zappeln“, schlug Carberry vor.

Auch das schien Old O’Flynn nicht so recht zu behagen. Er wollte Taten vollbringen, und nicht faul herumhocken. Die sechs Kerle gingen ihm auf den Geist, wie er versicherte.

„Wir trinken erst mal einen Schluck“, schlug er vor. „Bei einem guten Tropfen kann man alles besser besprechen, und dann fällt mir sicher noch etwas ein.“

Also wurde wieder die obligatorische Rumbuddel geholt und einer „verlötet“, wie Old Donegal das gern ausdrückte.

Der Rum schien ihn tatsächlich zu beflügeln. Er hockte auf der Gräting, wischte sich mit der Hand über den Mund und grinste.

Wenn er auf diese Art grinst, dachte Carberry, dann sieht er immer wie ein isländischer Troll aus, der etwas ausheckt, um anderen einen üblen Streich zu spielen.

„Du scheinst tatsächlich schon eine Idee zu haben“, meinte der Kutscher, „sonst würdest du nicht so grinsen.“

„Die Idee ist erst halbfertig, die muß noch einmal begossen werden, damit sie ausreifen kann.“

Old O’Flynn nahm den zweiten Schluck und pochte mit seinem Holzbein auf die Planken.

„Ich hab’s!“ rief er aus. „Wir werden den Kerlen einen lustigen Streich spielen. Ich bin sicher, daß sie darüber sehr verärgert sein werden.“

„Aber nicht die Idee mit dem Floß“, bat der Kutscher. „Die haben wir mittlerweise schon vergessen.“

„Ich auch, die ist begraben.“

„Und was hast du vor?“

Wieder erschien das schon fast diabolische Grinsen, das sich noch vertiefte.

„Wir hauen einfach ab.“

„Und wohin?“ fragte Carberry entgeistert.

„Wir segeln zu der ersten Insel zurück, wo die ‚Viento Este‘ aufgebrummt ist, von der wir das Gold geborgen haben.“

Die anderen sahen Old Donegal zunächst noch verständnislos an. Selbst der Kutscher runzelte fragend die Stirn.

„Schön und gut“, sagte er schließlich. „Aber was tun wir auf der anderen Insel – Däumchen drehen?“

„Arbeiten“, sagte Old O’Flynn geheimnisvoll. „Natürlich tun wir nur so, als würden wir arbeiten.“

Carberry sah den Alten von der Seite her an. Dann räusperte er sich.

„Seit wann wirken denn zwei Schlucke so stark auf dich?“ fragte er anzüglich. „Mehr hattest du doch nicht. Und den Scheiß nennst du eine Idee?“

„Laß mich doch ausreden, du Tranfisch. Wir nehmen ein paar leere Kisten mit, Schaufeln und Spaten und graben im Sand. Die Kerle werden das beobachten und genau wissen, wonach wir graben. Nämlich nach den Goldbarren, die wir versteckt haben.“

Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann verstand jeder die Gedankengänge des Old O’Flynn.

Carberry schlug ihm grinsend auf die Schulter. Der Kutscher war ebenfalls am Grinsen.

„Das wird sie sicher sehr grämen“, meinte er. „Das wird sie aber auch gleichzeitig aktiv werden lassen und zwingen, etwas zu unternehmen, einen Angriff nämlich.“

„Das hast du sehr richtig erkannt“, lobte Old O’Flynn. „Erst werden sie sich schwarz und grün ärgern, dann werden ihnen sämtliche Gäule durchgehen, und dann greifen sie nachts unüberlegt an, weil sie sonst von dem vermeintlichen Gold nie wieder etwas zu sehen kriegen. Aber wir werden mit der Karavelle auf sie lauern und ihnen entgegensegeln, sobald sie diese Insel verlassen. Dann gibt’s Zunder, und wir haben die Kerle endgültig vom Hals.“

„Dann verholen wir doch am besten gleich“, schlug der Profos vor. „In einer Stunde können wir auf der anderen Insel sein.“

„Das tun wir auch“, versicherte Old O’Flynn. „Holt den Anker ein und setzt die Segel. Ich möchte zu gern die Gesichter der Kerle sehen, wenn sie uns beim Buddeln beobachten. Und wenn sie dann noch erfahren würden, daß das Gold doch auf dieser Insel und alles andere nur eine Finte ist, dann möchte ich die Visagen noch lieber sehen.“

Sie verloren keine Zeit mehr. Sie wußten, daß sie beobachtet wurden, holten den Anker ein und setzten die Segel.

„Na denn, Amigos“, sagte Old O’Flynn händereibend, „jetzt könnt ihr mal die Klüsen aufreißen.“

Die „Empress“ nahm Kurs auf die Insel, wo die „Viento Este“ aufgelaufen war. Die Insel lag nördlich vor der jetzigen. Die Kerle konnten also die südliche Westküste gut beobachten.

Eine knappe Stunde später lag die „Empress“ an der gewünschten Stelle und ging vor Anker. Die Segel wurden weggenommen.

„Jetzt holen wir leere Kisten aus dem Laderaum und ein paar Schaufeln“, sagte Old O’Flynn. „Und dann buddeln wir den Strand ein bißchen um. Dort vorn, zwischen den Palmen, ist ein guter Platz. Die Kerle werden nicht feststellen können, ob wir wirklich Gold in die Kisten laden.“

Gleich darauf waren sie eifrig bei der Sache. Ein paar leere Kisten wurden in die Jolle geladen, ebenso ein paar Schaufeln.

Dann pullten sie zum Strand hinüber und taten sehr geheimnisvoll.

Zwischen den Palmen wurde emsig gebuddelt. Der Profos bückte sich grinsend, hob einen Stein aus dem Sand und legte ihn neben die leere Kiste.

Von weitem mußte das eine Menge Eindruck schinden.

Die anderen gruben auch eifrig den Sand um und verschreckten ein paar Krabben, die sich dort eingebuddelt hatten und nun verstört zum Wasser dwarsteten.

„Wahrhaftig, ein toller Spaß“, sagte Carberry.

Immer eifriger bückten sie sich. Dann waren die ersten Kisten „voll“ und wurden von jeweils zwei Mann zur Jolle transportiert, wobei die Kerle so taten, als hätten sie schwer zu schleppen.

Der erste Pendelverkehr zwischen „Empress“ und Strand begann. Auf der Karavelle wurden die leeren Kisten übernommen, nach unten in den Laderaum geschafft und ebenso leer wieder nach oben gereicht. Die Jolle pullte wieder zurück.

Old O’Flynn hatte ein Dauergrinsen im Gesicht und geizte nicht mit der Rumbuddel. Bei jeder Fahrt gab es einen kleinen Schluck.

Prado und seinen fünf Kerlen war es entgangen, daß ein Boot die Insel gerundet hatte. Sie hatten sich etwas weiter ins Innere zurückgezogen, um dem krakeelenden Papagei zu entwischen, der ihren Standort verraten konnte.

Erst viel später kehrten sie wieder an den Ausgangspunkt ihrer Beobachtung zurück.

Da sahen sie, wie auf dem Dreimaster gerade der Anker gehievt und die Segel gesetzt wurden.

Prado schluckte hart, als er sah, daß die Karavelle Kurs auf die südliche Westküste der nördlich gelegenen Insel nahm.

„Was hat das denn zu bedeuten?“ fragte er verblüfft. „Die Kerle hauen einfach ab und kümmern sich nicht um das Gold? In meinen Schädel geht das jedenfalls nicht hinein.“

Er sah in fünf verblüffte und verdatterte Gesichter. Keiner konnte sich einen Reim auf den plötzlichen „Umzug“ bilden.

Sie starrten dem Schiffchen nach, bis es auf der anderen Insel erneut vor Anker ging.

Prado sah alles deutlich durch den Kieker. Erstaunt registrierte er, daß drüben Kisten und Schaufeln ausgeladen und in die Jolle verfrachtet wurden. Ein paar Kerle pullten zum Strand hinüber und begannen gleich darauf eifrig im Sand zu buddeln.

Erst da ging Prado und seinen Kerlen das Licht der Erkenntnis auf. Sie gewannen eine völlig neue „Einsicht“.

„Verflucht!“ brüllte Prado. „Die graben da drüben unser Gold aus und verladen es auf die Karavelle. Das darf nicht wahr sein!“

Er stöhnte laut auf und gab den Kieker an seine Kerle weiter, die alle reihum hindurchstarrten.

„Was heißt das?“ fragte Normando verständnislos. „Wieso buddeln die da drüben nach dem Gold, wenn es doch auf dieser Insel vergraben liegt?“

Ein wüster Fluch war zuerst die Antwort. Dann schlug sich Prado mit der Hand klatschend an die Stirn.

„Scheiß, verdammter!“ schrie er außer sich vor Wut und Enttäuschung. „Wir hocken auf der falschen Insel, wir Idioten. Natürlich – die Kerle werden ja auch nicht so dämlich sein und das Gold erst zu dieser Insel bringen. Sie haben das Gold genau da vergraben, wo die ‚Viento Este‘ aufgebrummt ist, und jetzt holen sie es. O du lieber Himmel, was sind wir doch für Idioten!“

„Die Einsicht kommt reichlich spät“, sagte Morro kalt. „Acosta hätte ich das ja zugetraut, aber dir nicht. Jetzt liegt das Gold für uns auf dem Mond.“

Prado steckte den Vorwurf zähneknirschend ein.

„Ihr anderen hättet ja auch mal nachdenken können“, sagte er. „Aber diese Bastarde haben sich immer so benommen, als würden die Goldbarren auf dieser Insel liegen.“

Jetzt ging auch dem Dämlichsten von ihnen ein Licht auf. Ein paar jaulten ihre Enttäuschung hinaus. Einer warf sich in den Sand und trommelte mit den Fäusten so lange darin herum, bis er das Zeug zwischen den Zähnen hatte und es wütend und knirschend ausspie.

„Wir sind allesamt Blödmänner“, sagte Morro in vortrefflicher Selbsterkenntnis. „Das hätten wir uns denken können.“

Er riß Santos das Spektiv aus der Hand. Dann stieß er einen grimmigen Fluch aus.

„Die ersten drei Kisten voller Gold werden gerade zur Jolle geschleppt“, jaulte er. „Jetzt pullen diese Bastarde hinüber und laden es aus. Der Alte hat eine Buddel in der Hand und gibt einen aus. Klar, die saufen jetzt einen vor Freude. Und was tun wir? Wir haben nicht mal mehr was zum Saufen, und das Gold können wir nur aus der Ferne betrachten.“

So fluchten, brüllten und schrien sie sich vor Wut die Kehlen heiser, bis Prado eingriff.

„Haltet jetzt eure Schnauzen“, knurrte er. „Ich bin genauso enttäuscht wie ihr. Oder glaubt ihr, mir gefällt es, daß die Bastarde das Gold abräumen? Wir werden es uns schon noch holen.“

„Und wie stellst du dir das vor?“

„Die Kerle wissen nichts von uns und nehmen an, daß wir längst abgehauen sind. Daher werden sie auch nicht besonders aufmerksam sein. Noch vor Mitternacht segeln wir hinüber und holen uns das, was uns zusteht. Dann wird angegriffen, und zwar blitzartig.“

Die Worte Prados richteten die Kerle zwar noch nicht auf – dafür war ihre Enttäuschung zu stark, aber sie waren sich zumindest darüber einig, daß es höchste Zeit wurde, die Karavelle anzugreifen, zu entern und sich in den Besitz des Goldes zu bringen.

Tagsüber hatte das natürlich keinen Zweck, da hatten sie keine Chance gegen die Drehbassen. Aber wenn der Angriff nachts erfolgte, würde die Überraschung um so größer sein.

Der Kieker ging wieder reihum. Sie starrten sich die Augen aus und zählten die Kisten mit, die an Bord gebracht wurden. Mit leeren Kisten kehrte die Jolle jedesmal zum Strand zurück.

Der Anblick der Kisten reizte die Kerle bis zur Weißglut, aber Prado verstand es, sie auch in dieser Hinsicht zu beruhigen.

„Das spart uns doch nur die mühsame Buddelei“, sagte er. „Wenn wir den Kahn entern, haben sie bereits alles schön sauber verpackt, und wir brauchen nur noch loszusegeln. Diesmal schaffen wir es ganz bestimmt.“

Der Tag verging für die Meute quälend langsam und wollte kein Ende nehmen. Sie konnten nicht einmal schlafen oder dösen, denn das, was sie auf der anderen Insel sahen, beschäftigte sie pausenlos und ließ ihnen keine Ruhe.

Unterdessen pausierten die Kerle auf der Nordinsel einmal in aller Ruhe und schlugen sich die Bäuche voll. Danach gingen sie wieder an die Arbeit, und eine Kiste nach der anderen verschwand auf dem kleinen Dreimaster.

Dann wurde es langsam dunkel. Sie sahen, daß am Strand der anderen Inseln Fackeln entzündet wurden. Aber die Gestalten waren nur sehr schlecht bei der Dunkelheit zu erkennen.

Immer noch verging die Zeit quälend langsam. Dann gab Prado endlich den erlösenden Befehl.

„Schiebt das Floß ins Wasser – und dann nichts wie hinüber.“

Das taten sie nur allzu gern. Das Floß wurde ins Wasser geschoben und das kleine Segel gesetzt. Die sechs Kerle hielten ihre Musketen schußbereit.

„Dann segeln wir jetzt los und fangen sie gleich hinter der Insel ab, sobald sie gerundet haben“, sagte Old O’Flynn.

Am Strand brannten immer noch Fackeln, und es hatte ganz den Anschein, als würde dort immer noch gebuddelt. So sollte es für die anderen ja auch aussehen.

Etwas später lag die „Empress“ feuerbereit auf der Lauer im Sichtschutz der Insel.

Dann tauchte das Floß auf. Es segelte langsam und schwerfällig, hielt aber stur Kurs auf die nördliche Insel, wo am Strand die Fackeln brannten.

Die Karavelle rauschte dem Floß entgegen. Die vorderen Drehbassen waren ausgerichtet.

„Feuer frei!“ rief Old O’Flynn. „Zeigt es den Halunken!“

Zwei Drehbassenschüsse fetzten in das Floß und rissen es auseinander. Holz splitterte, Kerle stürzten ins Wasser.

Ein dritter Schuß folgte und zerriß brüllend die Nacht. Der Blei- und Eisenhagel fetzte noch einmal hinein. Vom Floß blieben nur noch Trümmer, von den Kerlen war keiner mehr zu sehen.

Prado und seine Meute waren ein bißchen klüger gewesen als Acosta mit seiner Horde, aber für Old Donegal und seine Crew eben doch nicht klug genug.

Jetzt hatten auch die letzten sechs Kerle ausgespielt. Auf den Inseln herrschte wieder Ruhe …

ENDE

Seewölfe Paket 26

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