Читать книгу Seewölfe Paket 26 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 17

5.

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Auf dem einen südwärts segelnden Floß hockte Acosta am Ruder und grinste verzerrt vor sich hin.

Seine fünf anderen Kerle grinsten ebenfalls etwas mühsam. Sie waren heilfroh, so glimpflich davongekommen zu sein, und darüber palaverten sie jetzt auch noch.

„Das sind vielleicht ein paar blöde Kerle“, sagte Dino, ein dickwanstiger Bursche mit plattgedrückter Nase. „Bei mir hätte es keinen Pardon gegeben. Ich hätte alle abgeknallt.“

Die anderen pflichteten ihm lebhaft bei. Auch der Stotterer, den sie wegen seiner Aussprache Tartamudo nannten, gab ihnen recht. Aber weil er immer so lange brauchte, um einen Satz herauszubringen, nahm ihn keiner für voll, und sie hörten ihm auch gar nicht erst zu.

Aber es war bezeichnend für sie, daß sie jetzt groß herumtönten, seit sie ihre Freiheit wieder hatten.

Beide Flöße segelten fast nebeneinander in Richtung Süden. Es war jetzt später Nachmittag, und eine laue Brise trieb die Flöße langsam über das Meer.

Acosta warf immer wieder einen Blick zurück. Er sah das Wrack der „San Jacinto“ und achteraus von ihr die Karavelle. Dort waren die Kerle gerade dabei, etwas weiter achteraus zu verholen.

Auch die fünf anderen sahen gespannt dem Manöver zu, konnten es sich allerdings nicht erklären.

Noch etwas später sahen sie, wie ein Beiboot zu der zerschossenen Galeone gepullt wurde.

„Einen Kieker hätten wir mitnehmen sollen“, sagte Acosta. Dann ließ er für einen kurzen Augenblick das Ruder los und rieb sich die Hände.

„Jetzt gehen sie an Bord und werden eine Überraschung erleben. Die zweite wird noch folgen.“

Mittlerweile wußten alle Schnapphähne, was Acosta und Prado mit dem Proviant angestellt hatten.

„Ich kenne doch die Kerle“, sagte Acosta. „Sobald sie in der Proviantlast stehen und den verlockenden Speck sehen, werden sie nicht widerstehen können und sich ein paar Scheiben absäbeln. Dann finden sie den Wein und den Rum, und aus lauter Freude werden sie sich das Zeug zu Gemüte führen. Ist doch überall das gleiche“, meinte er mit einer wegwerfenden und verächtlichen Handbewegung. „Ich würde es ja auch nicht anders halten. Aber die sind bald geliefert.“

Seine Begeisterung steckte die anderen jedoch nicht an. Sie hatten kein richtiges Vertrauen mehr zu ihm, weil alles, was er bisher angepackt hatte, schiefgegangen war.

„Vielleicht sind sie schlauer, als wir denken“, sagte Esposito, ein Glatzkopf mit wildem Schnurrbart, der ihn brutal und hinterhältig aussehen ließ.

„Was heißt hier: Schlauer als wir denken?“ fuhr Acosta den Kahlköpfigen an. „Wenn ich mir etwas überlege, dann überlege ich es richtig, weil ich Kerle von der Sorte genau kenne. Nach einer Weile kippen die aus den Latschen.“

Miguel, Dino und Esposito warfen Acosta einen Blick zu, der mehr als deutlich ausdrückte, was sie von ihm hielten.

„Deine Pläne sind ja immer ganz gut“, meinte Miguel, „aber sie gelangen meist nicht zur Ausführung.“

Auf Acostas Stirn schwoll eine Ader dick an. Sein Gesicht begann sich heftig zu röten.

„Sei vorsichtig mit dem, was du sagst“, drohte er. „Ich kann auf dich ohne weiteres verzichten.“

„Wenn du auf einen nach dem anderen verzichtest, dann hast du bald niemanden mehr, und es dürfte dir im Alleingang sehr schwerfallen, noch das Gold zu ergattern.“

„Das sieht nicht nur Miguel so“, sagte Esposito, „das sehen wir anderen auch so. Bisher sind wir immer nur auf die Schnauze gefallen, mehr haben wir noch nicht erreicht.“

Acosta merkte selbst, daß seine Führungsrolle immer mehr abbröckelte. Aber er konnte es sich nicht leisten, noch einen seiner Kerle kaltblütig umzulegen. Auf dem Floß hätte es einen Aufstand gegeben, und außerdem wußte er nicht genau, wie Prado reagieren würde.

Acosta lenkte vorsichtig ein, denn auch die Kerle waren alle bewaffnet. Das Blatt konnte sich sehr schnell zu seinen Ungunsten wenden.

„Viel haben wir nicht erreicht, das ist schon richtig“, sagte er. „Aber es wird sich bald einiges ändern, dann nämlich, wenn wir richtig zuschlagen.“

„Wir haben schon oft zugeschlagen, aber leider immer ins Leere“, sagte Dino.

„Immer – immer – i – i – ins Lee – re“, wiederholte Tartamudo.

„Halt du lieber dein Maul!“ schrie Acosta den Stotterer an. „Bis du ein dämliches Wort gequasselt hast, haben wir längst das Gold.“

Die Entfernung zur „San Jacinto“ wurde immer größer. Jetzt waren auch an Deck des Wracks keine Einzelheiten mehr zu erkennen. Sie sahen nur noch ganz undeutlich und klein zwei oder drei Gestalten, die aber auch bald aus ihrem Gesichtskreis verschwanden.

Acosta versuchte sich weiterhin zu verteidigen, denn die gleichgültigen oder zweifelnden Blicke der Kerle ärgerten ihn maßlos. Sie taten so, als erzähle er Märchen, die sie schon hundertmal gehört hatten.

„Wir sind zwölf Mann, haben zwei Flöße und sind alle gut bewaffnet“, zählte er auf. „Außerdem sind wir aus der Reichweite dieser Bastarde. Wir werden nachher eine der kleinen Inseln anlaufen und die Dunkelheit abwarten. Bei Nacht ist die Karavelle dann fällig. Wenn wir Glück haben, lebt von den Kerlen bis dahin keiner mehr.“

Für Acosta war das alles immer sehr einfach – jedenfalls in seinen eigenen Vorstellungen. Er war stur entschlossen, sich das Gold doch noch mit Gewalt zu holen.

Aber schon etwas später erlebte er eine herbe Enttäuschung, obwohl seine eigenen Kerle fast schon wieder überzeugt waren, doch noch in den Besitz des Goldes zu gelangen.

Die Enttäuschung bereitete ihm Prado.

Auch auf seinem Floß befanden sich außer ihm fünf Kerle. Da waren Santos, Normando, Felipe, Senona und der listige Morro, letzter ein dürrer, aber zäher Kerl, der etwas mehr Verstand hatte als die anderen und auch immer überlegte, wenn er etwas tat.

Auch sie unterhielten sich, aber auf andere Weise, als Acosta sich das vorstellte.

Prado, der frühere Bootsmann der „Viento Este“, blickte aus schmalen Augen zu dem anderen Floß, wo Acosta an der Pinne hockte.

Acosta hatte offenbar wieder mal Schwierigkeiten mit seinen Kerlen, denn er brüllte herum und pfiff den Stotterer an. Da drüben regte sich offener Widerspruch.

Prado grinste sich eins. Seit sie abgesegelt waren, hatte er lange überlegt und längst einen Entschluß gefaßt. Er wollte das Gold natürlich auch, aber nicht auf Acostas Art mit der Brechstange. Das war ihm viel zu riskant, denn auch er hatte vor den Kerlen auf der Karavelle einen höllischen Respekt. Zudem war es mehr als fraglich, ob Acostas „Vergiftungsmethode“ überhaupt klappen würde.

Morro hockte neben ihm mit übergeschlagenen Beinen. Zwischen den Beinen hatte er einen geladenen Blunderbuss liegen, mit dem er hin und wieder spielte.

„Der hat wieder mal Ärger, der Versager“, sagte er. „Das dauert nicht mehr lange, dann gehen ihm die anderen an den Kragen. Ich bin jedenfalls von dem Kerl restlos bedient. Wir sind sechs Mann und können selbst bestimmen, was wir wollen. Oder siehst du das anders, Prado?“

„Du meinst – natürlich sehe ich das genauso. Mit anderen Worten: Ihr habt keine Lust mehr, euch Acosta unterzuordnen.“

Er sah die Kerle der Reihe nach lauernd an.

Santos schüttelte nur stumm den Kopf, ebenso Felipe. Normando sagte es gleich etwas drastischer.

„Ich auf keinen Fall. Wenn der mich noch einmal schief anglotzt, knall’ ich ihm was in den Wanst, und das wird ein schönes rundes Stück Blei sein.“

„Wie siehst du das, Senona?“

„Mit dem Idioten haben wir nur Ärger gehabt, weiter nichts. Vom Gold sind wir immer noch so weit weg wie vom Mond. Alles nur großkotzige Versprechungen, und dann legt der Mistkerl auch noch die eigenen Leute um, wenn sie etwas sagen.“

„Und du, Morro?“

„Hab’ ich doch schon gesagt, oder? Beinahe hätte mich der Drecksack auch abgemurkst. Das liegt jetzt natürlich auch an dir, Prado“, fügte er hinzu. „Du hattest ja selbst schon genug Ärger mit ihm. Ich will mit ihm jedenfalls nichts mehr zu tun haben. Er ist allein schuld daran, daß alle Aktionen gescheitert sind und unser Schiff jetzt ein Trümmerhaufen ist. Wenn wir ihn los sind, können wir auf eigene Faust weitermachen. Der sitzt uns doch nur wie eine dicke Laus im Pelz und weiß alles besser.“

Damit war Acosta schon ausgebootet. Er wußte es nur noch nicht.

Prado hatte sich schon länger mit dieser Aussicht befaßt. Sollte der Kerl seinen eigenen Weg gehen, sie würden ihren gehen und damit wesentlich besser fahren.

„Also sind wir alle einer Meinung“, sagte er. „Dann soll Acosta die Karavelle eben selbst entern. Daran werden sie sich sowieso die Zähne ausbeißen.“

„Ganz klar“, sagte Morro eifrig. „Er glaubt nämlich, daß die Kerle auf der Karavelle so dämlich sind und sich einfach entern lassen. Die ahnen doch längst, daß wir nicht aufgeben. Die sind viel gerissener, als wir denken. Das haben sie ja bewiesen.“

Prado nickte nachdenklich. Der dürre Bursche hatte recht, der fiel nicht auf jeden Schmus herein.

„Wir werden jedenfalls anders vorgehen, aber das werde ich euch nachher erklären.“

Der vorläufige Grund für Prados Schweigen war das andere Floß, das sich jetzt auf dem Törn nach Süden ihnen noch weiter näherte.

Der Abstand betrug nur noch knappe zehn Yards.

Acosta schien äußerst miese Laune zu haben, weil die Kerle nicht mehr so richtig nach seiner Pfeife tanzen wollten. Deshalb versuchte er jetzt, wieder alle unter einen Hut zu bringen.

Acosta segelte noch ein bißchen näher an Prados Floß heran. Dann zwang er sich zu einem überlegenen Grinsen, obwohl ihm die Galle hochstieg, als er die abweisenden Gesichter der anderen sah.

„Nur keine schlechte Laune!“ rief er hinüber. „Heute nacht haben alle unsere Sorgen ein Ende. Dann sind wir reich und haben Gold im Überfluß.“

„Ich kann den Scheiß von dem Kerl nicht mehr hören“, murmelte Morro. „Der ist nur am Rumtönen und schickt wieder die anderen vor.“

Den anderen erging es genauso. Auch sie konnten Acostas Wunschdenken nicht mehr hören. Es fiel ihnen auf die Nerven, weil es nur hohle Phrasen waren.

„He, verdammt, nun reißt euch mal zusammen!“ rief Acosta. „Denkt daran, daß wir bald in Samt und Seide gehen werden und viele schöne Jungfrauen uns begleiten, die uns aus der Hand fressen.“

Er grinste dreckig bei seinen Worten. Die anderen grinsten mehr abfällig, denn Acosta drosch wieder mal Stroh und sah sich in Glanz und Gloria mit einer Schar Jungfrauen umherziehen.

„Die Jungfrauen holt er sich aus den Kaschemmen in Havanna“, raunte Santos, „da gibt es ja genug.“

Aber Acosta tönte noch weiter, als seine Worte offenbar auf keinen fruchtbaren Boden fielen.

„Zieht nicht solche Gesichter, ihr Bastarde. Es ist doch wohl klar, daß wir eisern zusammenhalten und noch in dieser Nacht die kleine Karavelle entern werden. Ein Klacks wird das! Alles klar?“

Prado sah ihm grinsend ins Gesicht.

„Noch ist überhaupt nichts klar“, sagte er lässig. „Es ist nur klar, daß du bisher alles vermasselt hast.“

„Was, zum Teufel, soll das heißen?“ brüllte Acosta. Er ließ das Ruder fahren und starrte aus flammenden Augen zum anderen Floß.

Aber Prado ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er hatte von dem Kerl endgültig und für alle Zeiten genug.

Auf dem anderen Floß spitzten sie überrascht die Ohren.

„Das bedeutet, daß du wirklich alles, aber auch alles vermasselt hast!“ rief Prado zurück. „Aber wenn du die Karavelle heute nacht entern willst, bitte sehr, das kannst du ja tun, aber ohne mich und die anderen, die auf meinem Floß sind.“

Acosta glaubte, sich verhört zu haben. Dann wurde er fuchsteufelswild und grob.

„Was hat das zu bedeuten, ihr verfluchten Hundesöhne? Wollt ihr etwa von der Fahne gehen?“

„Genau das haben wir vor. Frag’ doch die anderen bei mir, sie werden es dir bestätigen: Sie haben die Schnauze endgültig voll von deinen so erfolgreichen Unternehmungen.“

„Das gibt es bei mir nicht!“ brüllte Acosta. „Nicht mit mir. Du wirst das gleich als erster bereuen – und ihr anderen auch!“

Acosta hatte eine wilde Wut gepackt. Jetzt wurde sie noch größer. Er bückte sich, griff nach einer Muskete und wollte damit auf den kalt grinsenden Prado feuern.

Er hatte sie noch nicht richtig in der Hand, als er schluckend zu dem dürren Morro starrte.

Der hatte ein noch besseres Argument in der Faust, denn er zielte mit einem Blunderbuss genau auf Acosta. Dabei grinste er höhnisch und überlegen.

Acosta war sich darüber klar, daß ihn der Dürre bedenkenlos abknallen würde, sobald er die Muskete auch nur noch ein Stückchen höher hob.

„Leg’ sie wieder hin“, sagte er gehässig. „Und warte nicht zu lange damit. Greif lieber zum Ruder.“

Immer noch schluckend, starrte Acosta zu seinen ehemaligen Kumpanen. Jetzt hatte sich die Restmannschaft der „San Jacinto“ geteilt und war endgültig auseinandergefallen. Er konnte es einfach nicht begreifen.

„Du siehst also, daß sie von dir bedient sind“, sagte Prado, „und zwar restlos. Sie akzeptieren dich nicht mehr als Anführer.“

Die fünf Kerle nickten unisono und grinsten kalt. Morro hielt immer noch den Blunderbuss auf Acosta gerichtet.

Der selbsternannte Kapitän – jetzt weiß vor Wut im Gesicht – legte die Muskete wieder auf das Floß zurück.

„Ohne mich werdet ihr nie an das Gold gelangen“, drohte er mit vor Wut heiserer Stimme. „Ihr habt es auch noch nicht.“

„Aber du hast es, was?“

„Ich kriege es, das weiß ich.“

„So, wie du alles bisher gekriegt hast“, höhnte Morro. „Du hast nur Sand in den Stiefeln vom vielen Herumlatschen, mehr nicht. Und mehr wirst du auch nicht kriegen.“

Von Acostas Kerlen muckste sich kein einziger. Sie hockten nur da und starrten abwechselnd von einem zum anderen.

„Überlegt es euch noch einmal“, sagte Acosta mit erzwungener Ruhe. „Wenn wir nicht zusammenhalten, dann läuft auch nichts. Aber ich werde euch zu dem Gold führen.“

Von Prados Floß erklang Gelächter, erst leise, dann lauter werdend, was Acosta zur wilden Verzweiflung trieb.

Obwohl der Blunderbuss auf ihn gerichtet war, bückte er sich erneut und wollte nach der Muskete greifen.

„Er will unbedingt ein Loch in seinem verdammten Schädel haben“, sagte Morro mit gellendem Lachen.

Acosta ließ die Muskete fallen, als sei sie aus glühendem Eisen.

Der Dürre war auch schon drauf und dran, abzudrücken und hätte sicher keinen Augenblick gezögert.

„Na schön“, knirschte Acosta. „Dann fahrt zur Hölle! Der Teufel soll euch alle holen, und wenn ihr Bastarde je wieder meinen Kurs kreuzt, dann gibt es Zunder.“

„Das gilt auch für dich“, sagte Prado. „Paß auch gut auf, daß dir nicht ein paar von deinen Kerlen ins Kreuz springen, wenn du dich umdrehst.“

Er stänkerte noch ein bißchen, um die anderen aufzuhetzen, doch die meisten hatten noch Angst vor Acosta. Sie ergriffen allerdings auch nicht seine Partei und blieben sehr wortkarg.

Dann winkte Prado Acosta lässig mit der Hand zu, als wolle er ein paar Hühner verscheuchen.

Acosta änderte den Kurs, zähneknirschend und von einer berstenden Wut erfüllt. Am liebsten hätte er Prado und seine fünf Kerle vom Floß geschossen, doch das Kräfteverhältnis war gut verteilt, denn auch die anderen waren alle bewaffnet.

„Nun reg dich wieder ab“, sagte Dino kleinlaut. „Wir brauchen die anderen ja nicht unbedingt.“

Acosta war so von Wut erfüllt, daß er eine ganze Weile lang nicht antworten konnte. Mit Haß in den Augen starrte er dem Floß nach, auf dem die „Fahnenflüchtigen“ und „Abtrünnigen“ hockten und in aller Seelenruhe dem weißen Strand einer Insel zupaddelten.

„Ich lege diesen Schweinehund um“, sagte Acosta heiser. Er wollte schon wieder zur Muskete greifen, aber Esposito drückte den Lauf mit sanfter Gewalt zur Seite.

„Bringt doch nichts ein“, sagte er ruhig. „Die zielen im Augenblick mit vier Musketen auf uns.“

Acosta hatte das in seiner grenzenlosen Wut nicht einmal bemerkt. Jetzt sah er, daß vier grinsende Kerle höhnisch über ihre Musketen das Floß anvisierten.

Da legte er die Waffe mit einem Fluch zurück. In seinen Augen aber loderte ein unversöhnliches Feuer, das vom Haß genährt war.

„Drecksbande, verfluchte“, knurrte er. „Aber wir schaffen es auch allein, ohne die Mistkerle.“

„Richtig“, stimmte Miguel zu. „Du wolltest uns doch noch deinen Plan verklaren.“

So langsam beruhigte Acosta sich wieder.

„Ja, ich habe vor, die Insel da drüben anzulaufen.“

„Da, wo Prado hin will?“

„Nein, verdammt, die andere da drüben. Dort können uns die Kerle von der Karavelle nicht sehen. Auf der Insel warten wir die Dunkelheit ab und kehren dann wieder zurück. Bei der richtigen Finsternis entern wir die Karavelle, nachdem wir uns rangepirscht haben.“

„Wir sind aber nur sechs Mann“, gab Dino zu bedenken.

„Das weiß ich selbst. Aber ich will das Gold haben, bevor es den anderen Dreckskerlen in die Finger fällt. Deshalb entern wir eben mit nur sechs Mann. Das hat auch gleich noch den Vorteil, daß wir dann um so schneller das Gold kriegen.“

Miguel und Esposito kratzten sich die Schädel, weil sie Acostas Gedankengänge nicht ganz begriffen. Die drei anderen sahen ebenfalls verunsichert aus.

„Das kapiere ich nicht ganz“, sagte Miguel lahm. „Wieso kriegen wir das Gold dann schneller?“

Acostas Gesicht nahm wieder einen hinterhältigen Ausdruck an. Er grinste jetzt auch etwas schief, denn er glaubte, wieder einmal ganz genial zu handeln.

„Ganz einfach. Wenn wir entern, dann schnappen wir uns den erstbesten Kerl, überwältigen ihn und nehmen ihn in die Mangel. Dann werden die anderen schon aufstecken, wenn sie nicht das Leben ihres Kumpans riskieren wollen.“

„Und wenn sie es trotzdem tun?“

So ganz waren die anderen von der Theorie des schnellen Goldes noch nicht überzeugt.

„Stellt keine dämlichen Fragen“, sagte Acosta. „Dann schnappen wir uns eben den nächsten Kerl. Ich möchte wissen, was da schiefgehen soll! Wir müssen nur vorsichtig sein.“

Einer hatte aber doch noch Einwände, und das war der glatzköpfige Esposito, der mißtrauisch Acosta anblickte.

„Da sind immer noch zwei Sachen, die mir nicht gefallen. Die Kerle haben Drehbassen an Bord. Wenn sie uns rechtzeitig bemerken, dann werden sie uns mit Blei beharken, daß es nur so raucht.“

„Wir werden eben so leise heransegeln, daß sie uns nicht bemerken. Und was mißfällt dir sonst noch?“

„Die Sache mit Prado. Was tun wir, wenn wir mit dem gleichzeitig bei der Karavelle sind?“

„Sind wir nicht“, behauptete Acosta. „Wir werden eher da sein, weil wir eher aufbrechen. Von dem Gold werden Prado und seine Dreckskerle überhaupt nichts sehen, und wenn sie glauben, sie könnten es uns später auf die laue Tour abnehmen, dann sind sie geliefert.“

„Hoffentlich geht alles glatt“, sagte Miguel zweifelnd, aber auch diese Bedenken räumte Acosta schnell aus.

„Sicher geht alles glatt. Einesteils bin ich ganz froh, daß Prado mit den anderen Bastarden verschwunden ist. Das hat für uns nämlich noch einen weiteren Vorteil.“

Die anderen hörten wieder interessiert zu, denn Acosta sprach diesmal mit solcher Sicherheit, als hätten sie das edle Metall bereits eingesackt.

„Welchen Vorteil?“

„Na, überlegt doch mal: Wenn die sechs Kerle weg sind, brauchen wir das Gold auch nicht mit ihnen zu teilen. Dann gehört uns alles.“

Rein rechnerisch hörte sich das gut an. Es gab nicht mehr Hälften, sondern nur noch eine Masse, die durch sechs geteilt werden mußte, obwohl sich Acosta als der Initiator wohl den größten Teil der Beute bewilligen würde. Aber dann hatten sie immer noch genug. Schließlich war es eine ganze Schiffsladung voller Goldbarren, die auf sie wartete.

Sie steuerten die Nachbarinsel an und zogen das Floß auf den Strand.

Die Dunkelheit war schon zu ahnen. Nicht mehr lange, und die Sonne würde hinter der westlichen Kimm verschwinden.

Acosta rieb sich die Hände und freute sich auf die Dunkelheit. Wenn ihnen nur einer der Kerle in die Finger fiel, dann konnten sie ihn so lange in die Mangel nehmen und piesacken, bis er das Versteck mit dem Gold verriet.

Das waren Acostas Gedanken, und daher konnte er es kaum erwarten, endlich loszuschlagen.

Auf der anderen Insel rieb man sich ebenfalls die Hände.

„Den Dreckskerl sind wir los“, sagte Prado zufrieden. „Sollen sie nur entern und sich die Schädel einrennen. Die haben offenbar die Drehbassen auf der Karavelle vergessen. Sobald die lieben Freunde bemerkt werden, ist es aus mit ihnen. Die Kerle werden sie wegputzen wie alte Lappen.“

„Hoffentlich“, sagte Senona, ähnliche Gedanken hegend wie Acosta. „Dann wird der Batzen für uns auch größer bei der Teilung.“

Das freute auch die anderen sehr.

„Weiter, weiter“, drängte Santos, „was tun wir dann?“

„Ich bin davon überzeugt, daß sich das Gold nach wie vor auf der Insel befindet, wo wir mit der ‚San Jacinto‘ gestrandet sind. Das ist für mich so sicher wie das Amen in der Kirche. Es kann gar nicht woanders sein.“

Darin stimmten ihm alle zu.

„Keiner wird so dämlich sein und sich damit abplagen, das Gold auf eine andere Insel zu schaffen“, meinte Normando.

„Richtig, das können wir voraussetzen. Wir werden daher auch in der Nacht zurückkehren, aber nicht, um die Karavelle zu entern, denn das dürfte uns nichts einbringen, wie ich schon gesagt habe.“

„Du willst Acosta das Gold holen lassen und es ihm dann bei günstiger Gelegenheit abnehmen?“ fragte Santos.

„Der hat es noch gar nicht. Wir werden die Insel anlaufen und uns dort festsetzen, um alles genau zu beobachten. Das kann ruhig einige Zeit dauern.“

Er sah Enttäuschung in den Gesichtern und schüttelte den Kopf.

„Ich habe doch gerade eben gesagt, daß das Gold auf der Insel und nicht auf der Karavelle ist. Aber diese Kerle werden das versteckte Gold ja auch irgendwann einmal holen. Dazu müssen sie dann allerdings erst an Land gehen. Diese Gelegenheit warten wir ab und schlagen dann zu, wenn sie nicht mehr damit rechnen. Dann haben wir zumindest ein oder zwei Kerle in der Hand. Und daß die uns das Lied vom Gold singen werden, das verspreche ich euch, wenn wir sie danach sehr höflich fragen. Aus einem Kerl kriegt man alles heraus, wenn man es nur richtig anstellt. Dafür habe ich ein paar feine Methoden, denen auch der stärkste Kerl nicht standhält. Haben wir ein paar von den Kerlen, ist die Gruppe aufgesplittert. Ein paar an Land, ein paar auf dem Schiff. Der Vorteil liegt dann ganz klar auf unserer Seite, denn mit den Drehbassen können sie schließlich nicht an Land. Wir liegen in der besseren Position. Erst danach werden wir uns überlegen, wie wir weiter vorgehen. Alles andere ist vorerst müßig. Das muß sich aus der Handlung selbst ergeben. Wir haben also erst einen Teil des Planes zu erfüllen, woraus sich der andere entwickelt. Das ist besser, als blindlings anzugreifen.“

Jetzt waren alle am Feixen und am Grinsen, denn Prados Plan schien wesentlich erfolgreicher zu werden als Acostas Hauruck-Methode. Sie wünschten ihren Kumpanen nur noch, daß sie sich blutige Köpfe holten.

Inzwischen war das Floß auf den Strand gelaufen. Mit vereinten Kräften zogen sie es noch ein Stück höher hinauf.

Von Acosta war nichts mehr zu sehen, von der „San Jacinto“ und der Karavelle ebenfalls nicht. Sie konnten hier erst einmal in aller Ruhe abwarten und es sich gemütlich machen.

Sie hockten sich erwartungsvoll an den Strand und holten ihre Vorräte vom Floß.

„Kalte Verpflegung“, sagte Prado, „ein Feuer können wir uns hier nicht erlauben, man würde es sehr weit sehen. Aber wenn wir Rotwein dazu trinken, rutscht es auch ganz gut hinunter.“

„Gut, daß wir uns für dich entschieden haben“, sagte Santos. Er säbelte sich eine Speckscheibe ab, kaute etwas Hartbrot dazu und spülte mit Rotwein nach.

Die anderen mampften drauflos und freuten sich, daß sie sich bald jeden Wunsch erfüllen konnten.

Dann starrten sie in den Sonnenuntergang und sahen zu, wie die Riesenscheibe scheinbar im Meer versank.

Jetzt war nur noch ein kleiner Bogen übrig, der rasch tiefer glitt und schließlich auch verschwand. An der Kimm standen nur noch bunte Wolken in den Farben Orangerot und Tieflila, die immer mehr in Schwärz übergingen.

Dann war die Nacht da.

„Wer will, der kann sich ein paar Stunden hinlegen“, sagte Prado. „Einer geht den Strand ab, damit wir keine Überraschungen erleben.“

„Die Karavelle segelt bestimmt nicht hierher“, sagte Santos.

„Ich denke an unseren lieben Freund. Dem traue ich viel eher zu, daß er heimlich heransegelt und einen kleinen Feuerzauber auf uns veranstaltet.“

Schlafen wollte keiner, denn Acosta trauten sie nicht über den Weg. Der kriegte es in seinem Haß fertig und stattete ihnen einen blitzschnellen Besuch ab.

Daher gingen Morro und Senona die erste Runde Wache und wechselten sich später mit zwei anderen ab. Gesprächsthema war das Gold, und wie sie es einmal anlegen wollten. Darum drehte sich alles.

Seewölfe Paket 26

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