Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 48

6.

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Old O’Flynn wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und gab einen genießerischen Laut von sich.

Dann sagte er: „Also, das lasse ich mir gefallen. So schlecht ist es hier in Benghasi gar nicht, was? Bisher sind wir nicht überfallen worden, und das will schon was heißen.“

Ben lachte. „Ja, allerdings. Aber der Frieden hält nur solange vor, wie auch die letzten Ausläufer des Sturms andauern. Dann verlassen die Muselmanen wieder ihre Behausungen, und früher oder später fällt ihnen unser Schiffchen bestimmt auf.“

Trotzdem sollten wir noch eine Weile hier liegenbleiben und besseres Wetter abwarten“, meinte Smoky. „Was hältst du davon?“

„Eine ganze Menge. Außerdem könnten wir die Gelegenheit nutzen und hier unsere Vorräte samt Trinkwasser ergänzen.“

„Ist das nicht zu gefährlich?“ fragte Pete Ballie. „Wohin sollen wir uns überhaupt wenden?“

„Es gibt bestimmt einen Markt“, sagte Ben. „So einen typisch orientalischen Basar mit allem Drum und Dran, wo man alles kaufen kann, was das Herz begehrt.“

„Auch Frauen?“ fragte Sam Roskill. „Mann, das wäre was.“

„Geht das schon wieder los?“ sagte Old O’Flynn. „Dein Verlangen nach Weibern ist schon fast krankhaft. Laß bloß den Unsinn, du weißt doch, wie eifersüchtig die Araber sind.“

„Eben“, sagte Al Conroy. „Außerdem ist ja gar nicht sicher, ob die Leute in Benghasi bei diesem Wetter ihren Markt überhaupt abhalten.“

„Ich finde, das sollten wir prüfen“, meinte Ben. „Es wäre zumindest einen Versuch wert. Freiwillige vor – wer meldet sich zu einem Abstecher in die Stadt?“

„Ich“, sagte Sam.

„Das hab ich mir gedacht“, brummte Old O’Flynn. „Aber du brauchst jemanden, der auf dich aufpaßt und dich festbindet, wenn dir eine vollbusige Haremstante über den Weg läuft. Ich gehe also mit. Ich muß mein gesundes Bein sowieso mal wieder bewegen, es fängt schon an zu jucken.“

Sie diskutierten noch eine Weile hin und her, dann war die Sache beschlossen, und der Alte und Sam Roskill gingen von Bord der Sambuke und zogen über die Pier davon. Der Sturmwind zerzauste ihre Haare und zerrte an ihren Gestalten, doch er war nicht mehr so heftig. Sicheren Schrittes gelangten die beiden Männer zum Kai, sahen sich ein wenig um und hatten wenig später den Weg zum Basar entdeckt.

Hier, auf einem nicht sonderlich großen, kreisförmigen Platz, stellte sich heraus, daß doch nicht alle Bewohner der Stadt aus Angst vor dem Sturm in ihren Behausungen hockten. Hier herrschte geschäftiges Leben, und der Wind pfiff über die Häuser weg, so daß der Platz vor seinem Einfluß geschützt war.

Sam und der Alte mischten sich unter die Menschen und waren bald von ihnen eingekeilt. Sie gaben acht, sich gegenseitig nicht aus den Augen zu verlieren, doch bald, als Old O’Flynn an einem Stand verhielt und mit einem dicken Burnusträger über die Preise von Datteln und Feigen zu feilschen versuchte, wobei er auf Teufel komm raus radebrechte, tauchte Sam Roskill vollends in dem Gewimmel unter und war verschwunden.

Der alte O’Flynn versuchte, sich sämtlicher Vokabeln zu entsinnen, die die Zwillinge ihm beigebracht hatten, doch der Händler stellte sich dumm und tat so, als ob er ihn nicht verstand. Ein Schwall von Worten prasselte auf den Alten nieder, und im Verlauf des mit vielen Gesten gewürzten Palavers versuchte der Araber immer wieder, ihm das Geld aus der Tasche, oder besser, aus dem Gürtel zu locken.

So war Old Donegal Daniel O’Flynn völlig auf das Geschäft konzentriert und konnte sich um Sam weiß Gott nicht mehr kümmern. Der Burnusträger war schnell und gewandt, seine dicken, aber flinken Finger gerieten verdächtig in die Nähe von Old O’Flynns Geldgurt. Als sie dann allen Ernstes versuchten, ihn zu öffnen, holte er aber mit der Hand aus und gab dem Kerl kräftig eins drauf.

„Nichts da“, sagte er barsch. „Daraus wird nichts, du Tränentier. So haben wir nicht gewettet. Behalte deine gammeligen Feigen und Datteln für dich.“ Damit wandte er sich ab und marschierte davon.

„Sam“, sagte er plötzlich. „Zum Teufel, wo steckst du?“

Sam war nicht mehr zu entdecken. Rundum war Schnattern und Zetern, Hantieren und Drängeln, doch Sam schien vom Erdboden verschluckt zu sein. Nirgends tauchte auch nur sein Gesicht auf, überall waren die bräunlichen Gesichter der schwatzenden Mohammedaner.

„Hol’s der Henker, was hat der Bursche bloß angestellt?“ fragte sich Old O’Flynn. In der Annahme, daß Sam tatsächlich einem Weiberrock nachgestiegen war, schob er sich zwischen den buntgekleideten, schwitzenden Leibern hindurch und hielt angestrengt nach Sam Ausschau, wobei er nicht vergaß, angelegentlich zu fluchen.

Der Burnusträger gab indessen nicht auf, er folgte Old O’Flynn ganz einfach und trachtete, ihn am Arm festzuhalten. Gern ließ er seinen Stand für kurze Zeit im Stich, denn dort war noch einer seiner Söhne, der die Stellung hielt und darauf aufpaßte, daß nichts gestohlen wurde.

„Sidi“, sagte der dicke Händler in flehendem Tonfall. „Du begehst einen großen Fehler. Du kannst ein glücklicher Mann werden, denn meine Ware ist einzigartig. Doch was tust du? Du vergibst eine Chance und läufst einfach davon. Das darf ich nicht zulassen. Ich bin dein Freund, komm zurück.“

Der Alte fühlte sich am Arm gepackt und versuchte, den aufdringlichen Kerl abzuschütteln. Der aber ließ nicht locker.

„Effendi!“ rief er klagend. „Sei doch nicht so herzlos! Du verletzt mich! Tu mir das nicht an!“

Old O’Flynn drehte sich mit zorniger Miene zu ihm um. „Hau ab! Verschwinde! Willst du, daß ich mein Holzbein abschnalle?“ Er wußte nicht, wie man Holzbein auf arabisch sagte, und außerdem war er viel zu aufgebracht, um sich jetzt der fremden Sprache bedienen zu können. Er sprach den Kerl in der schönsten, breitesten Cornwall-Mundart an, doch auch das konnte den Mann nicht beeindrucken.

„Laß dich von mir bedienen, o Pascha!“ jammerte er. „Es wird zu deinem Nachteil nicht sein! Ich werde Teppiche vor dir ausbreiten und dir die Füße küssen!“ Das war nicht nur eine schamlose Lüge und Übertreibung, es war schlechthin unmöglich, denn Old Donegal Daniel O’Flynn hatte ja nur einen einzigen richtigen Fuß, was der Burnusträger jedoch großzügig übersah.

„Ich will dein Diener und Sklave sein!“ versprach er. „O großer Lehrmeister, Professor, Bei, allmächtiger Herr, behandle mich nicht so schlecht!“

Verdammter Mist, dachte Old O’Flynn, da soll man Proviant und Trinkwasser besorgen, und was passiert? Sam haut einfach ab, und diese elende Kanalratte hängt mir am Heck und will einfach nicht abhauen. Was ist hier eigentlich los?

Noch einmal versuchte er, sich von dem dicken Kerl zu lösen, doch dieser krallte sich regelrecht an ihm fest. Jetzt wurde Old O’Flynn jedoch wütend. Er fuhr herum und hob eine seiner Krücken. Im Nu lag der Dicke wie von Geisterhand gefällt auf dem Pflaster des Basars und mußte aufpassen, daß man ihm nicht ins Gesicht und auf die Hände trat. Über seine Beine liefen die Marktbesucher sowieso schon weg, davor bewahrte ihn auch sein Fluchen nicht.

„So, den wären wir los“, brummte Old O’Flynn und setzte seine Suche nach Sam Roskill fort. Es sollte allerdings noch eine weitere Überraschung für ihn geben, die sehr viel unangenehmer ausfiel.

Sam drehte sich um und vermutete Old O’Flynn dicht hinter sich, doch der Alte war nicht mehr zu sehen. Kopfschüttelnd ging Sam ein Stück in der Richtung zurück, aus der sie gekommen waren, doch nirgends war eine Spur von seinem Begleiter zu entdecken.

Also, das schlägt doch wirklich dem Faß den Boden aus, dachte er, erst will er auf dich aufpassen, und dann verholt er sich selbst. Was soll denn der Blödsinn?

„Donegal“, sagte er laut, doch seine Stimme ging in dem allgemeinen Geschrei und Gezeter unter. Er versuchte es noch einmal, wieder ohne Erfolg. Irgendwo jammerte ein Mann auf arabisch, seine Stimme klang so nervtötend wie die eines Muezzins. Sam ahnte nicht, daß es der dicke Händler war, der Old O’Flynn am Arm festhielt, sonst hätte er sich gleich in die entsprechende Richtung bewegt.

Überhaupt, er hatte den Eindruck, die Orientierung verloren zu haben. Er empfand dies als Schande, biß sich wütend auf die Unterlippe und beschloß, den Markt ganz zu überqueren, dann am Rand des Platzes entlangzugehen und auf diese Weise zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Sofort setzte er seinen Plan in die Tat um.

Bevor er aber den Basar hinter sich zu bringen vermochte, trat das ein, was Old O’Flynn schon befürchtet hatte: Eine verschleierte Frau lief Sam über den Weg und warf ihm einen so verheißungsvollen und lokkenden Blick aus ihren dunklen Augen zu, daß sein Herz schneller zu schlagen begann. Er lächelte ihr zu, sie wandte sich ab und tauchte in der Menschenmenge unter. Täuschte er sich oder hatte sie wirklich gekichert?

Rasch nahm er die Verfolgung auf. Sie durfte ihm nicht entwischen. Klar, so ein Europäer stellte eine Versuchung für sie dar, und einem kleinen Abenteuer schien sie nicht abgeneigt zu sein. Warum denn auch nicht? Was war schon dabei? War es vielleicht etwas Schlimmes? Ach wo. Wer sich sucht, der findet sich, und was sich neckt, das liebt sich auch, dachte Sam. Er grinste und hielt seine Gedanken für besonders geistreich.

Mit einemmal erschien sie wieder vor ihm. Er stieß schnell einen zahnlosen Menschen zur Seite fort, der ihm irgendwelchen Tand andrehen wollte, schlüpfte in eine Lücke zwischen zwei dick in Tuch gehüllten Gestalten und heftete sich der Araberin an die Fersen.

Sie bewegte sich schnell voran, fast so hastig, als wäre sie auf der Flucht, und er mußte aufpassen, daß sie sich ihm nicht wieder entzog. Sam grinste immer noch. Er glaubte zu wissen, welche Erklärung hierfür vorlag. Zum einen wollte sie ihn natürlich necken, zum anderen aber war es hier wie auch auf anderen orientalischen Märkten die Regel, daß Frauen sich so wenig wie möglich zu zeigen hatten und am besten gleich wieder weggingen, wenn sie ihre Einkäufe getätigt hatten. Ja, in Persien und anderswo weiter im Osten, so hatte Sam vernommen, sollte es dem zarten Geschlecht sogar ganz verboten sein, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Rückständige Völker, komische Sitten, dachte er, dann konzentrierte er sich wieder darauf, den Abstand zwischen dem Mädchen und sich zu verringern.

Mädchen oder Frau? Nun, so leicht ließ sich das nicht feststellen, zumal sie dicht vermummt war, aber Sam nahm an, daß sie unverheiratet war, denn andernfalls wäre in der Zwischenzeit ja sicher irgendwo der vor Eifersucht rotglühende Ehemann aufgetaucht.

Ein junges Weib hatte er da also vor sich, und soweit aus ihren großen dunklen Augen zu schließen war, mußte sie auch verdammt hübsch sein. Dies schienen auch ihre Formen zu bestätigen, die sich unter ihrem Gewand deutlich genug abzeichneten – ein niedlicher runder Hintern, recht üppige Hüften und munter hüpfende Brüste unter rotem und dunkelrotem Stoff. Was wollte der Mensch noch mehr?

Das Ende des Marktes rückte näher, der Rand des kreisrunden Platzes war erreicht. Die Blume des Orients tauchte in dem Halbdunkel einer Gasse unter, als sei dies eine Selbstverständlichkeit, und Sam glaubte sich auch nicht zu täuschen, als er feststellte, daß sie ihre Schritte etwas verlangsamte.

Aha, dachte er, jetzt geht’s los. Sie lockt dich zu sich nach Hause, wir sind wohl gleich da.

In seinem Geist nahmen nun traumhafte Bilder von exotischen Innenhöfen voller Blumen und weißer Statuen Gestalt an. Er sah sie nackt am Rand eines Teiches stehen und einladende Gebärden vollführen. Sie war ein Wesen von betörender Schönheit, ihre langen schwarzen Haare, jetzt nicht mehr unter ihrer Kopfbedeckung versteckt, flossen über ihre Schultern und umrahmten ein liebliches Gesicht.

Sam wurde fast schwindlig. Mann, wird das ein Fest! dachte er immer wieder.

Er war nun ebenfalls in der Gasse, und seine Augen mußten sich erst ein wenig an das Halbdunkel gewöhnen. Plötzlich durchfuhr ihn ein eisiger Schreck. Er vermochte sie nicht mehr zu entdecken – hatte sie ihn am Ende doch zum Narren gehalten und nur an der Nase herumgeführt?

Er blieb stehen, und sein Grinsen zerbröckelte. Eine Weile stand er recht unschlüssig da, dann wollte er schon umkehren und sich wieder auf die Suche nach Old O’Flynn begeben, doch da geschah es.

Eine kleine Hand schien sich aus einer der Häuserfassaden hervorzuschieben, aber natürlich war das eine optische Täuschung. Vielmehr kam sie wohl aus einem Eingang oder aus einer Toreinfahrt. Der Zeigefinger krümmte sich und bewegte sich auffordernd hin und her, und unmißverständlich bedeutete diese Geste hier wie daheim in Cornwall, wo man auch schon mal auf solche Weise eingeladen wurde: Nun mal los, auf was wartest du noch?

Sam atmete auf, und das Grinsen erschien wieder auf seinem Gesicht. Er schritt weiter, zielstrebig und fest entschlossen jetzt, und beim Gehen drückte er schnell noch etwas seine Brust heraus. Dann bog er um die Ecke in die schmale Einfahrt ein, in der die Frau stand.

Sie kicherte tatsächlich, drehte sich flink wieder um und führte ihn durch die Einfahrt auf einen winzigen Hof, der zwar nicht so malerisch war wie der in Sams Phantasie, aber dennoch ganz einladend wirkte.

Nichts konnte Sam Roskills Begeisterung und Verlangen dämpfen, er war sozusagen hingerissen von diesem Zauber des Orients und folgte der Verführerin bedenkenlos. Hätte Old O’Flynn ihn in diesem Augenblick beobachten können, er hätte sein Lächeln als ausgesprochen dämlich eingestuft und ihn als Narren bezeichnet – doch der Alte hatte ganz andere Probleme, und es gab auch sonst niemanden, der Sams Weg durch den Hof in die Gemächer der Orientalin verfolgen konnte. Man war hier so richtig ungestört, und auch das trug zu Sams Hochgefühl bei.

Die Gemächer entpuppten sich zwar als ärmliches Hinterzimmer, doch Sam war nun schon soweit, daß ihm die schmutzigen Wände wie schneeweiße Marmorfassaden erschienen und das unordentliche Mattenlager in der Ecke wie ein Himmelbett mit prunkvollem Baldachin. Jawohl, er stand schon gar nicht mehr richtig mit den Füßen auf der Erde, sondern hatte abgehoben und schwebte den Sphären der Glückseligkeit entgegen.

Sie war stehengeblieben und hatte sich zu ihm umgedreht. Er näherte sich ihr mit verzücktem Grinsen und sagte mit einer Stimme, die ihm selbst völlig fremd klang: „Nimm doch endlich deinen Schleier runter.“

Sie kicherte wieder, schien seine Worte aber nicht verstanden zu haben. Darum legte Sam nun selbst Hand an und begann an ihrer Maskierung herumzunesteln. Sie reckte ihm zwar ihre imposanten Brüste entgegen und tat auch sonst alles, um ihn abzulenken, doch er ließ nicht locker und hakte seinen einen Finger so entschlossen hinter ihren Schleier, das dieser sich löste und fiel.

Da zerplatzten all die rosaroten Träume mit einem Knall. Sam kehrte aus dem Reich der Illusionen in die gnadenlose Wirklichkeit zurück und stand als total verdatterter englischer Seemann, den man nach allen Regeln der Kunst hereingelegt hatte, vor der vermeintlichen Blume des Orients.

An der waren nämlich nur die Augen, der Busen und der Hintern ansehnlich, der Rest nicht. Schlimmer noch – sie war ein Ausbund an Häßlichkeit. Ihre Nase war verwachsen und an der Spitze von einer Warze gekrönt, ihr Mund wurde von einer Erscheinung verzerrt, die große Ähnlichkeit mit einer Hasenscharte hatte, ihre Zähne waren bräunlich und schadhaft. Doch dies alles war noch lange nicht das Schlimmste.

Sam stockte der Atem.

Die Stirn unmittelbar unter dem Haaransatz, die Wangen und die Kinnpartie dieser Hexe wurden von scheußlichen Pusteln entstellt, über deren Ursprung er sich erst gar keinen falschen Vorstellungen hinzugeben brauchte. Zu augenscheinlich war die Herkunft, und allein der Gedanke an die furchtbare Krankheit ließ ihn erschaudern.

„Blatternarben“, flüsterte er. „Allmächtiger, laß es nicht wahr sein. Beim Klabautermann, ich träume wohl?“

Unwillkürlich schloß er die Augen und öffnete sie wieder, aber die gräßliche Erscheinung blieb, ja, sie verzog jetzt sogar ihren Mund zu einem höhnischen Grinsen.

„Komm“, sagte sie auf arabisch.

Soviel verstand auch Sam, denn mit seinen Kameraden hatte er sich lange genug in Ägypten aufgehalten und einiges von der fremdartigen Sprache gelernt.

Er wich zurück.

„Küß mich“, sagte sie.

Doch er äugte bereits zur Tür und kam mit sich selbst überein, daß es keine Feigheit vor dem Feind war, wenn er jetzt die Flagge strich und schleunigst verschwand. Er war froh darüber, daß er nicht versucht hatte, Zärtlichkeiten mit ihr auszutauschen, ehe er sie als das entlarvt hatte, was sie wirklich war. Jahre mochten vergangen sein, seit sie von der Krankheit befallen worden war, doch wer wollte schon dafür garantieren, daß nicht allein ihr Atemhauch bereits ansteckend wirkte?

„Ade, mein Schatz, ich reise“, sagte Sam. Dann warf er sich herum.

Wie durch ein Wunder standen jetzt aber zwei Kerle unter dem Türrahmen des Hinterzimmers, hingezaubert wie durch Allahs Hand, und versperrten ihm den Fluchtweg. Sie sahen noch schmuddeliger aus als das „Gemach“, und ihre finsteren Mienen ließen nicht den geringsten Zweifel über ihre Absichten offen. Der eine hatte einen dichten Schnauzbart, der andere fiel Sam durch seine prächtige Glatze auf, auf der nicht ein einziges einsames Haar ein trostloses Dasein führte.

Das Mädchen – oder besser, das Ungeheuer – stieß einen Schrei aus, deutete auf Sam und schien einen Befehl zu geben. Sofort hoben die Kerle ihre Hände und schoben sich auf Sam zu. Vielleicht waren sie die Brüder der schaurigen Lady, oder aber ihr Bruder und ihr Onkel, möglicherweise auch ihr Vater und ihr Onkel – egal, das verwandtschaftliche Verhältnis spielte nicht die geringste Rolle und bedurfte keiner weiteren Erörterungen. Hier ging es nämlich um etwas ganz anderes – um Sams Haut.

Ganz gleich, ob die Häßliche ihn in die Falle gelockt hatte, damit ihre Helfer ihn ausplündern konnten, oder aber ob sie auf diese Art einen Freier mit Gewalt dazu zwingen wollte, einen gewissen Dienst an ihr zu verrichten – beides war lebensgefährlich.

Sam griff deshalb zum Messer.

„Vorsicht“, sagte er warnend. „Mit mir ist nicht gut Kirschen essen. Ich kann verdammt unangenehm werden.“

Entweder verstanden sie diese Worte nicht, oder sie wollten sie nicht begreifen, jedenfalls rückten sie weiterhin mit grimmigen Mienen auf ihn zu.

Seewölfe Paket 14

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