Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 58

5.

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Es ging und ging nicht richtig weiter, wie der Seewolf erbittert feststellen mußte.

In Alexandria hatten sie von einem Teppichhändler eine Feluke erstanden, seit die Lady „Isabella VIII.“ ihr langes Leben im Kanal des Todes ausgehaucht hatte.

Ende Mai nun waren sie auf die offene See gelaufen, während Ben Brighton es vorgezogen hatte, dicht unter der Küste entlangzusegeln.

Aber diese Feluke hatte den Teufel in sich. Nach außen hin sah sie direkt verlockend aus. Sie trug ein schönes Kleidchen und war prächtig geriggt. Nur unter dem Kleidchen, da trug sie ein löchriges Höschen.

Sie war äußerlich rank und schlank und trug zwei lateingetakelte Masten, Pfahlmasten, die leicht nach vorn geneigt waren. Die Dreieckssegel wurden an langer Rute gefahren, und vorn ragte ein langer Bugspriet heraus, der eine Dreiecksfock trug.

Hasard stand auf dem weit nach hinten ausladenden Heck und lauschte den erbitterten Flüchen von Big Old Shane, den die Feluke mehr aufregte als alles andere, was er bereits hinter sich hatte.

Sehr schnell hatten die Seewölfe festgestellt, daß ihnen der Teppichhändler mit diesem großzügig bezahlten Schiffchen eine übergebraten hatte, die nicht von schlechten Eltern war.

Er hatte sie beschissen, nach der feinen orientalischen Art, wie es jedem verdammten Christenhund zustand.

„Das ist der letzte Scheißkahn“, fluchte der ehemalige Waffenschmied von Arwenack erbost. „Wenn ich diesen lausigen Teppichhändler jetzt hier hätte, dann würde ich ihn durch die Planken stampfen, und ihm seine lausige Feluke so lange um die Ohren schlagen, bis er seine eigenen Teppiche brockenweise wieder auskotzt.“

Das klang zwar recht drastisch, war aber durchaus berechtigt, denn auch Matt Davies war stinksauer.

„Stell dir vor, Sir“, sagte er und hob seine Hakenprothese, die seinen rechten Arm ersetzte. „Wir hocken in der Bilge, und als ich abrutsche, da suchte ich mit dem verdammten Haken nach einem Halt. Und ich hab wirklich nicht hart zugeschlagen, Sir, nur so aus dem Handgelenk. Und ob du es glaubst oder nicht, Sir, in der lausigen Bilge war ein Loch. Ein kleines nur, aber tatsächlich ein Loch, und der Kahn fing an der Stelle auch gleich an zu suppen. Ein echter Scheißkahn.“

Hasards Gesicht verdüsterte sich. Natürlich hatte dieser Halunke ihnen ein schönes Schiffchen vorgeführt, billig, billig, und die Segel und das laufende und stehende Gut waren ja auch alles prächtig und in bester Ordnung.

Nur am Rumpf haperte es ganz gewaltig, aber sie hatten sich nicht die Zeit nehmen können, um die Feluke aufzuslippen und sie von unten einer Inspektion zu unterziehen.

Jetzt hatten sie das Malheur, und wenn sie morgens aufstanden, dann lösten sie die Nachtwache vom Pumpen ab, und wenn sie abends müde und erschöpft in die Kojen krochen, dann übernahm die nächste Wache wieder das Pumpen.

Und so ging das, seit sie Alexandria verlassen hatten.

Die orientalische Dame war innerlich verrottet, so sah das aus, Sir, und daran war nichts mehr zu ändern. Sie hatten den Seelenverkäufer jetzt unter dem Achtersteven und mußten sehen, wie sie das hinkriegten.

Deshalb gelangten sie auch nicht richtig vorwärts, und der junge O’Flynn rechnete ihnen vor, daß sie jetzt insgesamt auf ihrer Reise von Alexandria bis in diese lausige Ecke der großen Syrte den größten Teil des Mittelmeers bereits aus ihrem Kahn gepumpt hatten.

„Was können wir tun?“ fragte Hasard verbiestert.

„Weiterarbeiten“, brummte Shane. „Ich hab ja schon fast den halben Rumpf dieser babylonischen Wanderhure geflickt, erneuert, kalfatert und wieder erneuert. Und was hilft es?“

„Nun, die größten Lecks habt ihr immerhin abgedichtet, Shane. Ohne dich wäre uns diese Tante längst unter dem Hintern abgesoffen. Hast du noch Ersatzstücke zum Flicken?“

Der ehemalige Schmied nickte grimmig.

„Notfalls holen wir uns an Land ein paar Zedern“, meinte er. „Aber es dürfte vorerst noch reichen.“

Erbittert ging er davon, fluchend, wie schon seit langem nicht, denn dieser versuppte Kahn bereitete immer mehr Ärger.

Batuti, Gary Andrews und Matt Davies pumpten weiter. Auch die Zwillinge, Hasard und Philip, blieben von dieser Anstrengung nicht verschont.

Der einzige, der an Bord dieses „Mistschiffes“, wie Shane es bezeichnete, nichts zu tun hatte, war der Schimpanse Arwenack. Auch ihm gefiel diese Feluke nicht, und so turnte er nur ganz selten herum.

Ja, auf der alten „Isabella“ da hatte es ihm gefallen, da konnte er auf den Rahen spazierengehen oder sich von einem Tampen zum anderen schwingen, und da konnte er auch den Papagei Sir John so richtig herumscheuchen. Aber hier gab es keinen Papagei, den hatte Carberry mitgenommen, und so fühlte sich der Affe einfach nicht richtig wohl. Und weil ständig gepumpt werden mußte, kümmerten sich die Männer um ihn auch nicht so, wie sie es vorher immer getan hatten.

So hockte er meist traurig auf dem Achterdeck herum und sah fast ein wenig krank und apathisch aus.

Aus dem Rumpf der Feluke drang erneut Gehämmer. Big Old Shane ersetzte Ferris Tucker, der sich jetzt an Bord der französischen „Mercure“ befand, und er tat es mit Bravour, seit sie die vielen Schäden entdeckt hatten.

Er hatte schon zwei neue Planken eingezogen, er hatte kleinere Lecks repariert und verdämmt, und jetzt hockte er wieder in der Bilge und flickte die kleinen Löcher, durch die es ständig suppte.

Dann, kurz nach Mittag des siebenten Juni, zog im Osten eine dunkle Wolkenwand auf.

Hasard betrachtete sie mit leichter Besorgnis, Dan O’Flynn blickte durch das Spektiv und sah den Seewolf anschließend an. Sein Blick war ebenfalls besorgt. Nicht, daß sie sich vor einem heraufziehenden Sturm fürchteten, der scherte sie den Teufel. Aber wenn man einen Sturm gut überstehen wollte, dann brauchte man ein stabiles und seetüchtiges Schiff, und eben das hatten sie nicht. Die Feluke war eher mit einem Sieb zu vergleichen, das ein wenig verstopft war, aber immer noch so viele Löcher aufwies, daß es kräftig hindurchtröpfelte.

„Ich weiß schon, was du sagen willst“, meinte der Seewolf. „Aber du brauchst es nicht aussprechen. Wenn der Segen losgeht, dann können wir nur noch beten.“

„Eine halbe Stunde noch“, schätzte Dan, „dann brauchen wir nicht mehr zu pumpen. Wir drehen den Mistkahn einfach um und gießen das Wasser wieder heraus.“

„Eine gute Idee. Sag Shane Bescheid, er soll die Arbeit einstellen, und die anderen sollen mit dem Pumpen aufhören. Alles seefest zurren, ein paar Strecktaue spannen, und den Affen nach unten bringen. Ich bleibe solange am Ruder.“

Dan O’Flynn gab die Befehle weiter, und die Männer hörten resigniert mit dem Pumpen auf, die Gesichter verkniffen und ärgerlich, die Arme lahm vom ständigen Auf und Ab.

Gary Andrews spuckte über Bord und sah grimmig achteraus.

„Wenn ich den lausigen …“

„Teppichhändler jetzt hier hätte“, ergänzte Dan, „würdest du ihn durch die Planken stampfen.“

„Woher weißt du das?“

„Das sagen wir alle doch schon seit ein paar Tagen. Ich wünschte nur, der alte Gauner wäre jetzt hier bei uns an Bord. In einer halben Stunde nämlich würde ihm sein schmieriges Grinsen vergehen.“

Die dunkle Wand wuchs bedrohlich an. In das tiefhängende Grau mischte sich Schwarz. Wolkenwirbel begannen in der Bank zu rotieren und sich zu verdichten, und über das Wasser fuhr zitternd ein böartiger Wind, der klagend durch die Takelage heulte.

„Packt die Segel auf!“ rief Hasard. „Laßt nur die Fock stehen, gleich ist es soweit.“

Unter lästerlichen Flüchen wurde zuerst das große Segel aufgepackt. Die Rute an der es gefahren wurde, zurrten sie fest. Schließlich stand nur noch die Fock am Bugspriet.

Der zweite Windstoß jaulte heran. Wild kräuselte er die langgezogene Dünung und setzte ihr winzige Schaumkronen auf. Die ersten Vorboten des nahenden Sturmes waren da, ihnen folgten die tobenden Brüder, die vor dem Angriff noch einmal tief Luft holten.

Die Männer kehrten auf das Achterdeck zurück. Der Schimpanse befand sich unter Deck, und als Dan ihn verstaut hatte, fing er einen fast menschlich wirkenden Blick des Affen auf, als wollte der sagen: „Verdammt noch mal, was mutet ihr mir eigentlich zu? Soll ich auf diesem lausigen Eimer vielleicht zugrunde gehen? Könnt ihr denn nicht ein anständiges Schiff auftreiben?“

Inzwischen hatte sich die schwarze Wolkenbank ausgedehnt und den Horizont mit tintiger Schwärze überzogen.

Der Wind pfiff lauter, die See kräuselte sich noch mehr, und aus der Dünung wuchsen Berge und Täler von tintigem Schwarz. Himmel und Meer gingen in eins über, bald darauf war die Kimm nicht mehr zu sehen.

Es wurde so dunkel, als sei der Abend angebrochen.

„Soll ich das Ruder übernehmen?“ fragte Shane. „Du könntest dich ein wenig ausruhen, Sir.“

„Ausruhen ist gut“, sagte Hasard lächelnd. „Du hämmerst und sägst den ganzen Tag und hast den Kahn einigermaßen wieder auf Vordermann gebracht, und da soll ich mich ausruhen. Ich habe mich die ganze Zeit am Ruder ausgeruht, und das werde ich jetzt weiterhin tun. Glaubst du, daß der Kahn es übersteht?“

„Ganz sicher bin ich nicht. Die Lecks werden sich vergrößern, aber ich glaube schon, daß er hält. Ich hoffe es jedenfalls“, setzte Shane etwas leiser hinzu.

Ein hart anrollender Brecher ließ die Feluke hart überkrängen. Das Focksegel blähte sich wild auf, dann stand es wie ein Brett im Wind.

„Wir sollten es auch noch wegnehmen“, meinte Dan. „Als Sturmsegel nutzt es uns nichts mehr, gleich spielt die See verrückt, und dann sind wir das Ding ebenfalls los.“

Noch sah es nicht danach aus, als müßten sie vor Topp und Takel lenzen, aber Hasard kannte dieses Wetter zur Genüge. Aus dem starken Wind wurde sehr schnell ein ausgewachsener Sturm, das ging in dieser Ecke des Mittelmeeres von einer Minute zur anderen, und so nickte er.

„Ja, weg mit dem Tuch“, sagte er nach einem schnellen Blick zum Himmel. Dort wurde es jetzt noch finsterer, und in der Luft lag der schrille Gesang von wütenden Elementen.

Das Focksegel wurde weggenommen, und als die Männer diesmal aufs Achterdeck zurückkehrten, da pfiff es bösartig heran. Die flachgehende Feluke begann zu ächzen und zu knarren, sie hob den Bug in den Himmel und knallte hart in die See zurück. Gleichzeitig rollte sie auch, und die ersten Brecher wälzten sich über Deck.

Zischen und Brausen lagen in der Luft, und schon ein paar Minuten später begann ein Höllentänzchen, das den Männern noch lange in Erinnerung blieb.

Sie alle dachten wieder an ihre alte gute „Isabella“, die jetzt wahrscheinlich so tief im Sand des Todeskanals steckte, daß nichts mehr von ihr zu sehen war. Mit spielerischer Eleganz hätte sie diesen Sturm abgeritten.

Die Feluke aber benahm sich wie ein störrischer alter Gaul, der seinem Herrn den Gehorsam verweigert.

Sie ließ sich in der schweren See schlecht steuern. Jede Welle warf sie wie einen Korken hin und her. Schlingernd, knackend und ächzend legte sie sich von einer Seite auf die andere. Dann taumelte sie, schaffte die Wellenberge kaum und ließ sich von den heranstürmenden Wogen untertauchen und überrollen.

Eine Welle schlug ihr bretthart unter den Bug. Sie steilte nach oben, drehte sich leicht zur Seite und stemmte sich gegen das Hindernis, statt sanft emporzuklimmen.

Das Achterdeck wurde von Brechern überschwemmt, der Bug sackte weg wie ein Stein und erhob sich nur sehr schwerfällig.

Die Seewölfe sahen es mit immer größerem Unbehagen, selbst der ehemalige Schmied verzog skeptisch das Gesicht.

Aus den Wellen stieg gischtiger Schaum, der die Sicht nahm und in langen Streifen über das Deck wehte. Die Naturgewalten wurden lauter. In der Luft lag nun ein beständiges Dröhnen und Brausen. Man konnte kein einziges Wort mehr verstehen.

Auf dem Achterdeck standen die Seewölfe nur noch mühsam auf den Beinen. Auch dort waren Strecktaue gespannt worden, damit man in diesem Höllenreigen nicht unversehens den Halt verlor.

Riesige fast pechschwarze Berge rollten heran, denen Täler von erschrekkender Tiefe folgten. Hatte die Feluke es wirklich geschafft, einen dieser Berge zu erklimmen, dann stand sie auf dem höchsten Punkt wie unschlüssig da, ehe sie hinabfiel. Den zweiten heranwogenden Berg schaffte sie dann meist nicht mehr und nahm ihn voll. Eine hochgehende See fegte über das Achterdeck, schäumend und brüllend, und riß den Männern die Beine unter dem Leib weg.

Sie lenzten jetzt vor Topp und Takel, das bedeutete, daß kein fester Kurs mehr anlag, kein Segel gefahren wurde, und die Feluke zum Spielball entfesselter Elemente wurde. Der Wind trieb sie erbarmungslos über das kochende Meer, ließ sie tanzen, hüpfen und wilde Sprünge vollführen.

Shane und Dan hatten an langer Leine eine Spiere achtern über Bord gebracht und ein paar Trossen hinterhergeworfen, damit die Feluke nicht querschlug.

Es half nicht viel, es wurde kaum besser. Die orientalische Lady hatte ein Eigenleben und ganz beträchtliche Mucken, die sie jetzt ausspielte.

Aber sie hielt wie durch ein Wunder, nur sackte sie ganz unmerklich tiefer ab, und in den Räumen begann das eingedrungene Wasser klatschend hin und her zu schwappen. Die See vergrößerte die Lecks und setzte dem maroden Rumpf hart zu.

Immer zorniger brüllte der Sturm, immer wilder türmten sich die Wellen auf, und immer schlechter wurde die Sicht.

Hasard hatte sich am Ruder festgebunden. Die Männer, die nicht an Deck gebraucht wurden, hatte er nach unten geschickt, damit nicht noch einer über Bord gewaschen wurde.

So kämpfte sich die Feluke durch den Sturm, immer wieder von rollenden harten Brechern überschüttet. Dumpfe Schläge erschütterten sie bis in den letzten Verband und ließen die Spanten bedrohlich ächzen.

Selbst der Seewolf glaubte nicht mehr daran, daß sie es schaffte und diesen Sturm abritt. Er war sich sogar ziemlich sicher, daß die Feluke bald kentern würde, so schlecht benahm sie sich. Sie war nicht für harte Stürme gebaut, sie war zu zerbrechlich, um der See energischen Widerstand entgegenzusetzen.

Aber sie hielt trotz aller pessimistischen Orakeleien. Nach einer Weile schien sie sich sogar an das Chaos gewöhnt zu haben.

Fast drei Stunden lang ritt, taumelte und rollte sie von einer Seite zur anderen, hob den Achtersteven, stellte sich mit dem Bug fast in den Himmel und wurde gebeutelt.

Dann klang der schwere Sturm unmerklich ab, und die Männer erschienen wieder an Deck. Dort unten war es fast noch schlimmer gewesen als hier oben.

Shane hielt sich an dem Manntau fest und blickte voraus. In der dunklen Wand erschienen hellere Flecken, der Schaum nahm ab, und die hohen tintenschwarzen Wasserberge färbten sich grau.

„Daß sie das überstanden hat“, sagte er kopfschüttelnd, „grenzt ja direkt an ein Wunder.“

Er mußte immer noch laut brüllen, um verstanden zu werden, aber er sah den Seewolf nicken.

„Das Gröbste ist vorbei!“ rief er laut. „Aber wir haben Unmengen Wasser gezogen und liegen ziemlich tief.“

Das bedeutete wiederum pumpen, pumpen und nochmals pumpen, bis zum Umfallen, aber selbst daran hatten sie sich nun schon gewöhnt.

„Ihr könnt die Spiere und die Tampen wieder einholen“, sagte Hasard. „Wir setzen wieder das Focksegel und gehen auf unseren Kurs zurück.“

Spürbar flaute der Wind ab, seine Heftigkeit ließ nach, und nachdem die Fock gesetzt worden war, jagte die Feluke fast gierig über das Meer.

Die See dünte langgezogen. Immer noch tauchte das Schiff hart ein, aber im Vergleich zu vorhin war das nur ein Klacks.

„Dem Himmel sei Dank“, sagte Dan O’Flynn erleichtert. Dann sah er plötzlich in Hasards ratlos wirkendes Gesicht. Gleichzeitig scherte die Feluke leicht aus dem Kurs. Von achtern war im selben Augenblick ein leichtes Krachen zu hören.

Die Männer sahen sich entgeistert an.

„Das Ruderblatt ist gebrochen“, sagte Hasard fassungslos. „Kein Druck mehr, das ist ja unglaublich.“

„Nachwehen sind das“, knurrte Shane gereizt. „Jetzt hat sie diesen verdammten Sturm überstanden, und jetzt, nachdem das Wasser fast ruhig ist, da bricht das verdammte Ding weg.“

Auf dem Ruder lag tatsächlich kein Druck mehr. Hasard bewegte es ungläubig hin und her. Nichts, die Feluke begann zu gieren, das Ruder ließ sich mühelos bewegen wie ein Schwengel, dem der Widerstand fehlt.

Er hörte seine Männer erbittert fluchen und konnte es ihnen nicht verdenken, denn er fluchte lauthals mit. Wenn sie diesen lausigen Teppichhändler jetzt …

„Diesen verdammten Mistkahn soll doch der Teufel holen!“ brüllte Shane voller Wut. Er hob die riesigen Fäuste und drohte aufs Meer hinaus. „Ja, geht das denn immer so weiter, verdammt noch mal?“

Dan O’Flynn und Batuti rannten über das schwankende Deck nach vorn, ohne daß es einer Aufforderung bedurft hätte. Erneut begann der Nervenkrieg mit diesem Höllenschiff, das auf den ersten Blick so prächtig ausgesehen hatte, so daß sie alle darauf hereingefallen waren. Hasard ärgerte sich schwarz, daß man ihn derart übers Ohr gehauen hatte.

Aber was half’s? Sie mußten wieder ranklotzen und improvisieren, nur stand ihnen diesmal eine Heidenarbeit bevor.

Erneut wurde die Fock eingeholt und anschließend ein Treibanker ausgebracht, der die Feluke vor dem Wind hielt. So trieben sie nochmals zwei Stunden, ehe der Schaden besichtigt werden konnte, und das Ergebnis verblüffte sie doch. Das verdammte Ruderblatt hatte den gewaltigen Sturm überstanden. Es war erst gebrochen, als sich das Meer wieder beruhigt hatte, und es war so gebrochen, daß sie damit lange Zeit beschäftigt sein würden.

Erst als die See sich beruhigt hatte, gingen sie daran den Schaden mit unzulänglichen Bordmitteln zu beheben. Dabei fluchten sie, was das Zeug hielt.

Es war ein Kreuz mit diesem Kahn. Kaum war der eine Schaden behoben, da tauchte der nächste auf.

Dazwischen mußte gepumpt werden, denn die Wassereinbrüche waren ganz beträchtlich. Diesmal klotzten die Zwillinge hart mit ran, denn an Deck wurde jetzt jede Hand gebraucht.

Hasard sah auf den Schimpansen, der lustlos auf dem nassen Deck hockte und ein grämliches Gesicht zog. Schade, daß sie dem das Pumpen nicht auch beibringen konnten, dachte er. Sie brauchten wirklich jede Hand. Konnte man einem Affen das nicht doch beibringen, überlegte er. Arwenack war einigermaßen intelligent. Allerdings war er auch so intelligent, daß er sich dafür als gänzlich ungeeignet erwies, denn als der Seewolf es probehalber einmal versuchte, da fletschte Arwenack nur sein Gebiß und begann wie ein alter Hund zu knurren.

Aber die anderen taten das auch. Sie fluchten und brummten vor sich hin, und ihre Laune befand sich auf einem absoluten Tiefpunkt. Jede Minute dachten sie an den Teppichhändler und bezogen ihn in ihre Verwünschungen mit ein. Aber der Halsabschneider und Schnapphahn war weit weg. Ganz sicher lachte er sich eins ins Fäustchen, daß er ein paar Dumme gefunden hatte, die ihm den Mistkahn auch noch vergoldeten.

Für die Seewölfe-Gruppe unter Hasard aber ging es ums nackte Überleben, denn diese Feluke war wie ein Sarg, der sie bald alle auf Tiefe ziehen würde.

Seewölfe Paket 14

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