Читать книгу Seewölfe Paket 14 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 52

10.

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Sam Roskill und Al Conroy hatten ihren Unterschlupf verlassen und umrundeten die Residenz von Uluch Ali. Sie waren auf der Suche nach einer Einstiegsmöglichkeit. Gab es denn kein Fenster, durch das man klettern, keinen Balkon, den man ohne großen Aufwand erklimmen konnte?

Leider waren die Balkone und die Fenster alle vergittert, wie sie erst jetzt feststellten. Uluch Alis Palast war eine gut abgesicherte und offenbar uneinnehmbare Festung, der Kerl schien an alles gedacht zu haben, um sich ungebetene und unliebsame Gäste vom Hals zu halten.

Sam fluchte bereits leise vor sich hin. Al knirschte hörbar mit den Zähnen. Damit hatten sie nun wirklich nicht gerechnet. Was jetzt? Sie waren ausgeschlossen, fanden keine Stelle, an der sie in das Anwesen eindringen konnten, und so schien es, als müßten sie Old O’Flynn seinem gewiß nicht rosigen Schicksal überlassen.

„Mann“, flüsterte Sam wütend. „Wir müssen was unternehmen, Al. Hätten wir bloß eine Höllenflasche dabei, dann könnten wir ein Loch in die Mauer sprengen.“

„Um den ganzen Palast aufzuwekken und die halbe Stadt noch dazu?“ „Das wäre mir egal.“

„Aber Uluch Ali wäre gewarnt, ehe wir Donegal herauspauken könnten.“ „Stimmt auch“, sagte Sam. „Außerdem haben wir ja keine Flaschenbombe. Also, was schlägst du vor? Was sollen wir tun?“

„Wir müssen Verstärkung holen.“

„Von der Sambuke? Das dauert viel zu lange, bis wir dort sind, und wir haben sowieso schon zuviel Zeit vergeudet.“

„Verfluchter Mist“, wetterte Al und sah sich nach allen Seiten um. Wonach er suchte, wußte er selbst nicht genau. Doch plötzlich sah er eine kleine Gestalt aus der Öffnung einer winzigen Seitengasse hervortreten.

Al griff nach Sams Unterarm und stieß einen zischenden Warnlaut aus. Sofort fuhr Sam herum und erblickte die Gestalt ebenfalls, doch er schien nicht zusammenzufahren, sondern tat sogar zwei Schritte auf den Unbekannten zu. Plötzlich grinste er.

„Das ist mein Freund Hassan“, raunte er. „Mal sehen, vielleicht kann der uns weiterhelfen.“

Hassan näherte sich auf leisen Sohlen, blieb dicht vor ihnen stehen und wisperte in seinem grauenvollen Spanisch: „Ssämm, verzeih mir. Soll ich nicht wiederkommen, is’ zu gefährlich, hast du mich gesagt – aber Hassan dir doch guten Rat geben können, nicht?“

„Ja“, flüsterte Sam. „Schon gut, Junge, ich bin dir ja dankbar. Sag mal, hast du dieses Verhör auch verfolgt?“

„Ja. Uluch Ali schlimmster Hund aller Hunde.“

„Hast du uns auch die ganze Zeit über beobachtet?“ wollte Al Conroy wissen.

„Ja. Wollt ihr rein in Palast?“

„Natürlich, und zwar sofort“, zischte Sam. „Eine bessere Gelegenheit kriegen wir nicht. Aber hier ist alles vergittert, zum Teufel.“

Hassan entblößte die Zähne. „Weiß schon, wo richtig – kommt nur mit.“ Er wandte sich ab und lief los.

Sie mußten sich beeilen, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Rasch folgten sie ihm.

Etwas später befanden sie sich an der hinteren Seite des Anwesens, die nach Süden wies, und Hassan deutete an der Mauer hoch, die vor ihnen aufragte.

„Hier hoch“, flüsterte er. „Gute Stelle. Habt ihr Seil?“

„Ja“, gab Sam zurück.

„Gut. Anderes Seite von Mauer Wehrgang, aber nur eine Wache. Dann Treppe runter zum Innenhof, von dort Türen zu allen Gebäuden.“

Al Conroy hatte die mitgebrachte Taurolle bereits vom Gurt gelöst und raunte: „Na, dann nichts wie los. Auf was warten wir noch?“

Sam drückte Hassan noch eine Perle in die Hand, dann schüttelte er sie ihm.

„Mach’s gut, Amigo“, raunte er ihm zu. „Wenn uns unser Weg mal wieder nach Benghasi führt, suchen wir dich als ersten auf. In ganz Nordafrika sind wir keinem so netten Kerl wie dir begegnet.“

„Danke, Sidi“, wisperte Hassan. „Viel Glück.“

Al hatte bereits das Tau geschwungen, an dessen einem Ende ein Eisenhaken befestigt war. Der Haken flog an der Mauer hoch und krallte sich gleich beim ersten Versuch oben hinter der Umrandung fest. Al brauchte nur noch zu prüfen, ob er sich dort auch hielt. Dies tat er durch ein mehrfaches heftiges Rukken an dem Tau – es gab nicht nach, sie konnten hochklettern.

Sam sah Hassan noch einmal an, dann gab er ihm das Zeichen, sich zu verdrücken. Er blickte ihm kurz nach, als er in der Nacht verschwand. Irgendwie erinnerte er ihn an Kabil, den Shilh-Jungen, den sie in Ägypten noch einmal wiedergesehen hatten.

„Wo bleibst du?“ zischte Al. Er hing bereits an dem Tau und schickte sich an, mit dem Klettern zu beginnen.

Sam wandte den Kopf und nickte ihm zu. „Los, Al! Ich passe hier unten auf, bis du oben bist, dann folge ich dir.“

Al stieg katzengewandt an der Umfassungsmauer des Palastes hoch, eifrig darum bemüht, nicht das geringste Geräusch zu verursachen. Sam sicherte nach allen Seiten und hielt Wache.

Old O’Flynn zählte drei Männer, die eine Treppe hinunterstiegen und dann den Gang entlang auf ihn zuschritten. Etwas von dem, was sie sprachen, konnte er verstehen. Vom „Giaur“ war die Rede, vom Abholen und von den Daumenschrauben, die als erstes angelegt werden sollten.

Zornig schob er sein Kinn vor. Na wartet, dachte er, ihr werdet euch wundern.

Er konnte sie nicht sehen, doch er vernahm ihre Stimmen immer lauter und spürte, wie sie sich unaufhaltsam auf ihn zubewegten. Dann waren sie da. Er hatte vorsichtig Luft geholt, verhielt seinen Atem jetzt aber wieder. Nichts durfte ihn verraten, denn drei gegen einen war ein schlechtes Kräfteverhältnis, und es bestand auch die Gefahr, daß einer von ihnen fortlief, falls es zum Kampf kam, und Uluch Ali alarmierte.

Old O’Flynn wäre am liebsten gleich zu Uluch Ali gelaufen, um sich dafür zu bedanken, daß er ihn gedemütigt hatte. In seiner derzeitigen Verfassung hätte er ihm ohne weiteres die Kehle durchschneiden können. Wo aber sollte er den Kerl suchen? Er kannte sich in dem Palast nicht aus, und jedes Umherirren und Nachforschen konnte ihm zum Verhängnis werden. Nein, klüger war auf jeden Fall, gleich nach einem Ausgang zu suchen und sich wegzustehlen.

Die drei Männer, von denen der eine zweifellos der Folterknecht war und die beiden anderen Leibwächter ihres Herren, schritten so dicht an ihm vorbei, daß er sie mit den Fingern hätte berühren können. Er stand da wie zur Salzsäule erstarrt.

Dann waren sie vorbei und gingen zur Zelle, wo sie aber ein Rätsel zu lösen hatten: Wo steckte der Schwarze, wieso hatte er den Raum nicht aufgeschlossen, warum wartete er nicht auf sie, wie sie ihm aufgetragen hatten?

Ehe die drei die Lösung dieses Problems gefunden hatten – sie bestand darin, die Tür aufzubrechen und den Mohr aus seiner unglücklichen Lage zu befreien, damit er ihnen alles erzählen konnte – war Old O’Flynn bereits aus dem Keller fort und nahm die Stufen der Treppe, auf der er das Trio vorher hatte nahen hören.

Die Treppe beschrieb einen Bogen, und mit einemmal glomm ihm von oben rötliches Licht entgegen. Er nahm den Cutlass in die Rechte und den erbeuteten Dolch in die Linke, verlangsamte seine Schritte und schob sich an der rechten Mauer entlang.

So geriet er bis ganz nach oben und hatte den Blick frei auf einen quadratischen, überdachten Innenhof, in dem ein Springbrunnen plätscherte und bunte Blumen wuchsen. Fakkeln, die in eisernen Haltern an Säulen befestigt waren, verbreiteten das Licht.

Vorsichtig spähte er nach links und rechts, konnte aber keinen Menschen entdecken. Ohne zu zögern, begann er damit, den Hof zu überqueren, doch er war keine zehn Yards weit gelangt, da geschah es.

Hinter einer Säule trat die Gestalt eines bulligen Mannes hervor. Donegal bemerkte ihn zu spät, und es hatte keinen Zweck mehr, umzukehren. In Dekkung werfen konnte er sich auch nicht, es war sinnlos, ihm blieb nur noch die eine Möglichkeit, nämlich, sich dem Kampf zu stellen.

Der bullige Kerl trug einen Helm und ein weites Gewand, seine Füße jedoch waren nackt. Die Sohlen patschten leise, als er sich dem entflohenen Gefangenen näherte. Einen Alarmruf stieß er aber nicht aus, vielleicht war er zu fasziniert von der Aussicht, diesem Giaur ganz allein den Garaus zu bereiten. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze des Hohns und der Grausamkeit. Seinen Säbel hatte er mit einer blitzschnellen Bewegung gezückt, und jetzt ließ er die Klinge probeweise durch die Luft pfeifen.

Old O’Flynn sprang plötzlich auf ihn zu. Er wollte die Initiative nicht diesem Kerl überlassen. Für einen kurzen Augenblick war der Araber überrascht. Donegal nutzte seine Chance und schlug ihm mit der Klinge des Cutlass’ auf den Säbel. Es klirrte, der Wächter stieß einen Laut der Verblüffung aus, wollte seine Waffe hochreißen, vermochte aber auch das nicht mehr zu tun, denn jetzt stach der Alte mit seinem Dolch zu.

Der Dolch blieb in der Schulter des Arabers stecken. Old O’Flynn kämpfte hart und ohne jede Rücksichtnahme. Was man ihm zugefügt hatte, hatte ihm gereicht, er wollte nicht noch einmal erniedrigt werden, und seine Tage hier in Benghasi, ausgerechnet bei Uluch Ali, zu beenden, war auch nicht seine Absicht.

Der Cutlass knallte noch einmal auf den Säbel, dann zuckte er unversehens wieder hoch und strich dem Wächter des Palasthofes quer über die Brust. Das Gewand zerplatzte, der Mann stöhnte auf. Old O’Flynn hieb ihm die Faust unters Kinn und sah ihn zusammensinken, dann lief er fort, ehe weitere Wächter eintreffen und ihm endgültig den Fluchtweg abschneiden konnten.

Blutüberströmt blieb der Muselmane auf dem Innenhof liegen, doch er sollte es überleben. Wenig später stürmten mehrere Männer aus dem Hauptgebäude des Palastes auf den Hof, weil sie durch die wummernden Schläge alarmiert worden waren, die aus dem Keller drangen, und so fanden sie ihren Kumpanen und schleppten ihn schleunigst fort.

Zu diesem Zeitpunkt aber befand sich Old O’Flynn bereits in dem hintersten Gebäude des Anwesens, einem übelriechenden Stall, in dem dicht an dicht die Kamele und Pferde des Uluch Ali standen. Er überlegte, ob er nicht ein Pferd nehmen sollte, ließ es dann aber doch sein. Das ist viel zu auffällig, sagte er sich.

Seine Suche nach einem rückwärtigen Ausgang lohnte sich: Er fand ihn, konnte den eisernen Riegel beiseiteschieben und brauchte nur noch vorsichtig die Tür zu öffnen. Danach schob er sich durch den schmalen Spalt, der ihn auf die Straße führte, und verließ mit einem letzten Fluch auf den Lippen die Residenz des Feindes.

Al Conroy kauerte bereits oben auf dem Wehrgang und spähte, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß kein Wächter in der Nähe war, zu Sam hinunter, der in diesem Moment mit dem Aufstieg begann.

Der einzige Wachtposten des Wehrganges schien sich gerade auf der anderen Seite zu befinden. Ehe er zurückkehrte, um seine Runde zu beschließen, mußte auch Sam es geschafft haben. Dann mußten sie zusehen, daß sie so schnell wie möglich dorthin gelangten, wo man Old O’Flynn festhielt. Doch wo, zum Teufel, war das? Wer würde es ihnen verraten?

Al stockte plötzlich der Atem, denn er sah, wie sich unten in der Mauer eine Tür nach außen hin öffnete. Er konnte Sam noch durch einen gezischten Laut warnen, und Sam verhielt – dann entließ die dunkle Türöffnung eine Gestalt auf die Straße.

Ein Kaftanträger! Zweifellos ein Wächter des Palastes, der etwas gehört hatte und nun nach dem Rechten sah. Er brauchte nur den Kopf zu heben, dann entdeckte er Sam, und mit einem einzigen Schuß konnte er ihn von der Mauer holen.

Al und Sam waren vor Schreck wie erstarrt.

Dann aber tat Sam das einzig Richtige. Er ließ das Tau los, breitete die Arme aus – und fiel von oben genau auf den Kaftanmann, ehe dieser weitergehen konnte. Er riß ihn mit sich um. Sie wälzten sich auf dem Pflaster, dann holte Sam mit der Faust aus und schmetterte sie dem Gegner gegen den Kopf.

Al schwang sich wieder über die Brüstung und hangelte am Tau nach unten. Etwa anderthalb Yards über dem Boden ließ auch er sich fallen und wollte Sam Beistand leisten, doch das war schon nicht mehr nötig. Der Kaftanmann lag reglos am Boden und war bewußtlos.

„Die Tür“, zischte Sam. „Warum haben wir die nicht entdeckt?“

„Nicht mal Hassan hat etwas davon gewußt“, gab Al genauso leise zurück. „Also ist es eine Geheimtür. Sieh mal, sie geht völlig nahtlos in die Mauer über, wenn sie zu ist.“

„Ja, stimmt. Gut, wir können also von hier aus rein.“

„Und was tun wir mit dem Kerl hier?“

„Den schaffen wir weg“, flüsterte Sam Roskill. „Los, faß mal mit an.“

Sie beugten sich über ihn, um ihn hochzuheben und wegzuräumen, da fiel ihr Blick auf sein Gesicht, das inzwischen durch die verrutschte Kapuze freigegeben wurde.

„Da laust mich doch das Kielschwein“, sagte Sam erschüttert.

„Donegal“, stammelte Al. „Ist denn das die Möglichkeit?“

„Vielleicht ist es sein Geist …“

„Ach, red doch keinen Quatsch.“ Al Conroy erhob sich. Er fackelte nicht lange, zog den Alten zu sich hoch, bückte sich wieder und warf ihn sich über die Schulter. „Nichts wie weg“, sagte er.

Sam rollte noch schnell das Tau zusammen, dann rannten sie los – zum Hafen. Im Nu hatte sie das Dunkel der Nacht verschluckt.

In einer Hausnische stand Hassan, der zwölfjährige Junge, und lachte leise. Er war froh, daß das Unternehmen gelungen war. Er stellte sich vor, wie Uluch Ali toben würde – und darüber freute er sich ungemein.

Schnell hatten Al und Sam mit ihrem immer noch besinnungslosen Kameraden den Hafen erreicht, und kein Araber tauchte auf und verstellte ihnen den Weg. In aller Eile suchten sie die Pier auf, an der sie das kleine Beiboot der Sambuke vertäut hatten, verfrachteten Old O’Flynn hinein, sprangen auf die Duchten und pullten los, aus der Hafenbucht hinaus und nordwärts zu der Sambuke, wo Ben und die anderen voll Sorge auf ihre Rückkehr warteten.

Unterwegs, etwa auf halbem Weg, gab Old O’Flynn ein Ächzen von sich und schlug dann die Augen auf.

„Was ist denn hier los?“ sagte er knurrend. „Wo bin ich eigentlich?“

„So sicher wie in Abrahams Schoß an Bord unseres Bootes“, erwiderte Sam Roskill und ruckste vergnügt weiter.

„Und wieso habe ich eine Beule am Kopf, Mister Roskill, wenn ich fragen darf?“

„Die müssen dir Uluch Alis Leute verpaßt haben.“

„Hör mal – willst du mich vielleicht auf den Arm nehmen?“

„Unsinn“, sagte jetzt Al Conroy. „Das will er nicht. Du solltest dich überhaupt erst mal bei uns bedanken, Donegal, wir haben dich nämlich gerettet.“

Der Alte stieß einen verächtlichen Laut aus. „Also, wenn ich mich recht entsinne, dann habe ich mich selbst befreit. Aber ein paar Minuten fehlen mir. Da waren die stinkenden Kamele und die Gäule, und dann eine Tür, ich öffnete sie und ging raus – und dann gab’s einen Knall, und ich war weg.“

„Das muß die Tür gewesen sein“, sagte Sam treuherzig. „Als wir dich fanden, lagst du schon da wie ein Bündel Lumpen.“

Al hatte Mühe, sein Lachen zu verkneifen.

Sie erreichten die Ankerbucht, steuerten hinein und gaben sich Ben, Pete, Smoky, Bob und Will durch ein Zeichen zu erkennen. Die Begrüßung fiel ziemlich stürmisch aus, man klopfte sich gegenseitig auf die Schultern, dann wurde das Beiboot an Bord der Sambuke geholt, und Benn bereitete sich aufatmend auf das Auslaufen vor.

Wenig später gingen sie ankerauf und verließen die Bucht. Ihr Kurs führte bei halbem Wind aus Norden westwärts, nichts war ihnen jetzt wichtiger, als Benghasi so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Denn Ben kalkulierte haarscharf: Gegen einen Uluch Ali und dessen Piratenbande hatte er mit seinen sieben Männern nichts, aber auch gar nichts zu melden, da konnte er nichts ausrichten, wenn es zu einem Kampf kam.

„Was ist denn das für eine scheußliche Beule, die du da hast?“ fragte Will Thorne, als er dicht vor Old O’Flynn stand und ihn im Mondlicht etwas genauer betrachten konnte.

„Das sind so die Wunden, die man abkriegt, wenn man sich mit einem Kerl wie Uluch Ali einläßt“, erwiderte der Alte würdig. „Kannst du dir das nicht denken?“

„Könnte es nicht sein, daß dir jemand auf den Kopf gefallen ist?“ fragte Pete Ballie lachend.

„Quatsch“, sagte Donegal.

„Sam und Al, wo wart ihr eigentlich, als Donegal gegen die Tür lief?“ wollte Bob Grey plötzlich wissen.

„Na, an der Mauer natürlich“, entgegnete Al.

„Mauer? Welcher Mauer?“ hakte der Alte nach.

So ging das noch eine Weile weiter, aber dann ging Old O’Flynn plötzlich ein Licht auf.

„Jetzt wird mir alles klar!“ schrie er. „Ihr Halunken, ich hab’s ja geahnt! Ihr Verrückten! Ihr habt mich halb totgeschlagen, und um ein Haar wäre doch noch alles schiefgegangen!“

„Du hättest dir ja auch nicht unbedingt einen Kaftan überzuziehen brauchen!“ rief Sam.

„So? Ich nicht? Und ihr? Sieh dich doch selbst mal an!“

Sam Roskill blickte an sich hinunter. Richtig, er trug selbst noch den Kaftan, den er sich mit Al zusammen im Hafen besorgt hatte. Seine etwas verlegene Miene löste ein allgemeines Gelächter an Bord der Sambuke aus – und Old O’Flynn war bereit, ihm und Al die Beule zu verzeihen.

Am achten Juni gegen dreiundzwanzig Uhr hatten sie die Bucht nördlich von Benghasi verlassen. Die Sambuke segelte in die Nacht hinein, neuen Abenteuern entgegen, von denen die acht Seewölfe noch nichts ahnten.

Sie konnten ja auch nicht wissen, daß Muley Salah irgendwo da draußen auf See mit seinen drei Feluken kreuzte und nach den „verfluchten Christenhunden“ suchte. Und auch von der größten Überraschung, die sie erwartete, hatten weder Ben Brighton noch die anderen zu diesem Zeitpunkt auch nur eine annähernde Vorstellung.

Bald sollten sie der englischen Handelskaravelle „Arethusa“ begegnen oder besser, einem ihrer Besatzungsmitglieder, mit dem es eine ganz besondere Bewandtnis hatte …

Seewölfe Paket 14

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