Читать книгу Seewölfe Paket 12 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 10

6.

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Es war bereits Nachmittag. Die feuchte Hitze überlagerte nach wie vor den Dschungel und die silbrig schimmernde Wasserfläche der Baja de Marajo.

Es war nur natürlich, daß der Trinkwasserverbrauch bei dieser drückenden Schwüle enorm stieg. Hasard ließ deshalb die „Isabella“ ein Stück in den Fluß hineinsegeln, um dort die Wasservorräte zu ergänzen.

Nachdem Smoky, der Decksälteste, mehrmals Tiefe gelotet hatte, ging die Galeone in der Nähe des linken Flußufers vor Anker.

Der einzige an Bord, der in den Genuß eines Landurlaubs gelangte, war Sir John, der karmesinrote Aracanga. Natürlich dachte er nicht im entferntesten daran, den Kapitän um Erlaubnis zu bitten.

„Eine Muck Rum! Land ho!“ schrie er zusammenhanglos, nachdem er auf der Schmuckbalustrade des Achterkastells eine Zwischenlandung vorgenommen hatte. Dann hob er sich in die Luft und flog in einer kunstvollen Schleife zum Waldrand hinüber. In wenigen Augenblicken war er im dichten Blätterdach verschwunden.

„Sir John wurde wohl vom großen Heimweh gepackt.“ Hasard lachte.

„Mag sein“, knurrte der Profos, „endlich sind wir diese rotzfreche Nebelkrähe los. Soll sie nur drüben im Dschungel bleiben, wo sie hingehört.“

Die Männer, die die Worte Edwin Carberrys gehört hatten, begannen zu grinsen, denn sie wußten nur zu genau, daß dieser rauhe Mann mit dem gewaltigen Rammkinn und dem zernarbten Gesicht im stillen inbrünstig auf die Rückkehr Sir Johns hoffte.

Gerade er war es, der sich auf seine Weise besonders gut mit dem bunten Vogel verstand. Aber natürlich hätte Ed Carberry, der im Grunde genommen einen recht weichen Kern hatte, das niemals zugegeben.

Lediglich Batuti fühlte sich veranlaßt, dem Profos einige tröstende Worte zu spenden.

„Schlimmes Vogel kehrt bestimmt zurück, Profos“, sagte er. „Wird bestimmt von anderen Vögeln verjagt, weil es so frech ist.“

Ed Carberrys Gesicht verzog sich zu einem breiten Lachen.

„Da kannst du recht haben“, sagte er, „spätestens, wenn das freche Stück beginnt, mit seinem Wortschatz anzugeben, werden sie es jagen, daß die Federn fliegen.“

Batuti stimmte in das Lachen des Profos’ ein. Der Gambia-Mann war wieder bester Laune, seit die anderen damit aufgehört hatten, ihn wegen der „Prügel“, die er von dem „magischen Fisch“ bezogen hatte, auf die Schippe zu nehmen. Einige sehr gelehrt klingende Sätze des Kutschers, der seinerzeit bei Sir Freemont, dem Arzt in Plymouth, vieles aufgeschnappt hatte, waren schließlich auch den Spöttern – wie der Profos es ausdrückte – „ins Hirn gedrungen“.

Der Kutscher wußte sogar, wie jene merkwürdigen, schlangenartigen Fische genannt wurden. Er hatte von Zitteraalen gesprochen, die eine geheimnisvolle, unbekannte Kraft auszustrahlen vermochten, die Mensch und Tier die Besinnung rauben konnte.

Noch nie hatte der schwarze Herkules den Kutscher mit so dankbaren Augen angesehen wie in diesem Augenblick.

Jetzt ging die Crew an die Arbeit, und es dauerte nicht lange, bis sämtliche Wasserfässer gut gefüllt an Bord gehievt und auf ihrem Platz verstaut waren.

Da ließ plötzlich Hasards Stimme die Männer aufhorchen.

„Das gibt’s doch wohl nicht!“ sagte er und blickte prüfend auf den Fluß, der sich, ungefähr zehn Kabellängen entfernt, durch eine Rechtsbiegung im Dschungel verlor. „Wir balgen uns mit ‚magischen‘ Fischen im Wasser herum, um den Indianern nachzulaufen, und jetzt sieht es ganz so aus, als erhielten wir Besuch von ihnen.“

Auch die Mannschaft hatte inzwischen das lange, schmale Boot bemerkt, das in rascher Fahrt den Fluß hinunterglitt und auf die „Isabella“ zuhielt.

Die beiden nackten Gestalten, die bereits deutlich zu erkennen waren, brauchten sich nicht besonders mit dem Paddeln anzustrengen, weil das leichte Boot durch die Strömung vorangetragen wurde.

„Da tanzen doch gleich die Kakerlaken im Reigen“, entfuhr es dem Profos. „Da kreuzen doch tatsächlich Indianer bei uns auf, gerade so, als ob wir sie zu einer Muck Rum eingeladen hätten.“

Mit diesen Worten traf Ed Carberry den Nagel auf den Kopf, denn die beiden Indianer mit ihren bemalten Gesichtern steuerten unbekümmert auf die „Isabella“ zu, ohne das geringste Anzeichen von Scheu oder Furcht. Sie wirkten tatsächlich so, als erwarte man sie mit aller Selbstverständlichkeit.

„Ob das nicht ein Trick ist?“ fragte der alte O’Flynn. „Vielleicht wollen die beiden nur einen harmlosen Eindruck schinden, und wenn ihnen das gelungen ist, tauchen plötzlich Scharen von Booten auf. Dann sieht die Sache schon gleich nicht mehr so einfach aus.“

Damit hatte Old Donegal Daniel O’Flynn das ausgesprochen, was die Mehrheit er Männer an Bord, einschließlich Hasards, dachte. Es war schließlich nicht das erste Mal, daß man mit raffinierten Tricks versuchte, die „Isabella“ zu überrumpeln.

„Wir werden die Augen offenhalten“, sagte Hasard. „Im Moment sieht das Ganze zwar eher komisch als gefährlich aus, aber du kannst durchaus recht haben, Donegal. Sorgt auf alle Fälle dafür, daß die Drehbassen einsatzbereit sind und holt einige Musketen und Pistolen. Vorsicht ist die Mutter der Weisheit.“

Dieser Anweisung wurde sofort Folge geleistet, und es dauerte nur sehr kurze Zeit, bis die „Isabella“ zumindest gegen einen ersten Ansturm gewappnet war.

Aber es geschah nichts, außer daß das schmale Boot jetzt die „Isabella“ erreichte und an der Steuerbordseite längschor.

Die beiden kleinen Männer mit den gedrungenen, muskulösen Oberkörpern waren nur mit einem winzigen Lendenschurz bekleidet, was darauf schließen ließ, daß sie nicht das erste Mal mit Weißen Kontakte aufnahmen.

Die meisten Völker dieses Kontinents hatten in unbekümmerter Nacktheit gelebt, bis die Missionare der Weißen erschienen waren, um sie auf ihren „unschicklichen Wandel“ hinzuweisen.

Die Mannschaft der „Isabella“ sollte sich darin nicht getäuscht haben. Die beiden Indianer legten mit aller Selbstverständlichkeit die Paddel binnenbords und erhoben sich in ihrem Boot. Jedoch nicht, ohne vorher nach ihren langen Blasrohren gegriffen zu haben.

Einer der beiden vollführte eine unmißverständliche Geste.

„Wir auf Schiff steigen!“ rief er in einem schauderhaften Spanisch, das er wohl in irgendeiner Hafenkneipe zwischen dem dritten und vierten Schnaps gelernt hatte. Er sah dabei die Männer, die sich über das Schanzkleid gebeugt hatten, herausfordernd an.

„Was wollt ihr, und woher seid ihr?“ rief Hasard zurück.

„Wir Icoraci“, sagte der Wortführer der beiden und deutete in die Richtung, aus der sie herangepaddelt waren.

„Icoraci?“ fragte der Seewolf zurück.

„Si, Señor“, erwiderte der Indianer und nickte. „Icoraci“.

„Hm“, sagte der Seewolf und zuckte mit den Schultern. „Entweder meint er mit ‚Icoraci‘ seinen Stamm oder aber irgendein kleines Nest, in dem sich Weiße angesiedelt haben.“

Zu den Indianern gewandt, wiederholte er seine Frage: „Und was wollt ihr?“

„Auf Schiff“, lautete die Antwort. „Mit Capitán sprechen.“

„Die gehen aber ran an den Speck“, sagte der Profos. „Außerdem sind die kleinen Kerle ziemlich leichtsinnig. Wir könnten ja auch Schnapphähne sein und sie …“

„Klettert an Bord!“ rief Hasard und unterbrach damit die Überlegungen Ed Carberrys.

Gleich darauf wurde die Jakobsleiter hinuntergelassen, und die beiden braunen Kerle turnten flink daran hoch. Wenig später standen sie auf der Kuhl und sahen auch jetzt nicht im entferntesten scheu oder ängstlich aus. Ganz im Gegenteil. Sie schienen sich als diejenigen zu betrachten, die hier Forderungen zu stellen hatten. Und mit diesen Forderungen rückten sie auch ohne Umschweife heraus.

„Wir wollen Pulver haben“, sagte der Wortführer in seinem holprigen Spanisch. „Einige Fässer voll, por favor!“

Die Männer der „Isabella“, die halb gespannt und halb belustigt einen Halbkreis um die beiden Indianer gebildet hatten, sahen sich verblüfft an.

„Einige Fässer Pulver?“ fragte Hasard mit ungläubigem Gesicht. „Was wollt ihr denn mit dem Pulver?“

„Schießen“, wurde prompt erwidert. „Wir haben Waffen von weißen Männern. Españoles sagen dazu ‚Musketen‘ und ‚Pistolen‘. Aber wir brauchen Pulver, sonst Waffen still, sagen keinen Ton.“

Ed Carberry atmete rasselnd durch.

„Jetzt hört euch diese Kerlchen an“, sagte er und verzog dabei sein Gesicht zu einem fürchterlichen Grinsen. „Klettern an Bord und wollen Pulver, als wären wir hier ein Krämerladen, der das Zeug faßweise zu verkaufen hätte. Heiliges Kanonenrohr, was man hier doch so alles erleben kann! Wollen die Gentlemen sonst noch was? Vielleicht ein Culverinchen, um damit die Bananen von den Bäumen zu schießen, was, wie?“

„Nun mal langsam, Ed“, sagte der Seewolf. „Wir wollen ihren Forderungen nicht gleich gezielte Schüsse vor den Bug setzen. Unterhalten wir uns doch erst einmal mit ihnen, vielleicht können sie uns so manche Frage beantworten, die uns seit kurzem Kopfzerbrechen bereitet.“

„Du meinst wegen des Wracks?“ fragte der Profos.

„Genau, Ed. Es würde mich wundern, wenn unsere Besucher darüber nichts wüßten.“

„Da kannst du auch wieder recht haben“, brummte der Profos und versuchte, die Narben in seinem Gesicht wieder zu glätten.

Hasard wandte sich den beiden Indianern zu Ohne zunächst auf ihre Forderungen einzugehen, sagte er: „Da unten an der Flußmündung liegt ein Wrack, die Überreste eines Schiffes. Darin befanden sich noch gestern viele menschliche Skelette. Ich nehme an, daß es sich dabei um Indianer handelte. Heute waren sie weg, verschwunden. Was ist damit geschehen?“

Für einen Augenblick sahen sich die beiden Indianer an und wechselten schnell einige Worte in einer kehlig klingenden Sprache. Dann blickte der Wortführer Hasard wieder an, und seine dunklen Augen blitzten dabei.

„Pulver“, sagte er, ohne auf die Frage des Seewolfs einzugehen. „Einige Fässer.“ Er beschrieb dabei mit ausladenden Gesten, wie groß die Fässer zu sein hätten.

„Ich habe euch etwas gefragt“, erklärte Hasard, und seine Stimme war um einen Ton schärfer geworden. „Was ist das für ein Wrack, und was ist mit den Skeletten geschehen? Wenn ihr mir nicht antworten wollt, dann verlaßt bitte sofort das Schiff!“ Er unterstrich seine Worte mit einer unmißverständlichen Handbewegung.

Wieder wechselten die beiden Indianer einige rasche Worte, dann sagte der Sprecher in seinem gebrochenen Spanisch: „Reste von Schiff liegen schon lange da. Wasser hat sie gebracht. Schiff ganz kaputt. Zwei weiße Männer, Españoles, lebten noch. Sie haben geschossen.“

„Er meint wohl, daß das Wrack vor langer Zeit hier gestrandet ist“, sagte Hasard. „Und an Bord waren noch zwei überlebende Spanier, die sich offenbar mit den Indianern angelegt haben.“

Zu den beiden Besuchern sagte er dann: „Die weißen Männer haben auf euch geschossen. Was ist mit ihnen geschehen?“

„Tsantas“, erwiderte der Indianer und legte dabei die Kante seiner flachen Hand gegen die Kehle. Er sagte das, als hätte er soeben eine Frage nach dem Wetter beantwortet.

Die Männer der „Isabella“, die dem Gespräch interessiert folgten, blickten sich betroffen an. Bill, der Moses, faßte sich unwillkürlich an den Kopf, als wolle er prüfen, ob sich der noch an seinem Platz befand.

Hasard ging jedoch nicht näher auf die Antwort der Indianer ein, sondern setzte seine Befragung fort.

„Was waren das für Skelette, die sich in dem Wrack befanden, und wo sind sie jetzt?“

Wenn nicht unablässig die Stimmen des Dschungels von den nahen Flußufern die Umgebung mit schrillem Kreischen, mit Brüllen, Pfeifen und Zirpen erfüllt hätten, dann hätte man jetzt, bei dieser Frage des Seewolfs, die berühmten zu Boden fallenden Stecknadeln hören können. Hasard hatte damit gewissermaßen die Rätselfrage gestellt, die sie alle seit Tagen beschäftigte.

Und sie brauchten nicht lange auf die Lösung zu warten.

„Skelette Tote unseres Stammes“, berichtete der Indianer. „Wir schon lange die Reste von Schiff benutzen für unsere Ahnen. Wir legen Tote in Schiff ab, mit Gesicht zu Sonne und Wasser. Wenn Gebeine gebleicht, wir holen sie. Auch in der Nacht wir haben Gebeine geholt, als wir dieses Schiff gesehen haben. Es war noch nicht Zeit, aber Ahnen sollen in Sicherheit sein.“

„Was tut ihr mit den Gebeinen, wenn sie in der Sonne gebleicht worden sind?“

„Wenn ganz gebleicht, werden zu Staub zerrieben wie Pulver“, erklärte der Indio und beschrieb dabei mit zahlreichen Armbewegungen, wie die Gerippe im Mörser zerstampft wurden. „Wenn Staub, dann mit Bananenbrei vermischt. Götter wollen, daß Ahnen so gegessen werden. Sind dann eins mit uns.“

Für einen Moment herrschte Totenstille. Die Männer sahen sich mit starren Gesichtern an, und Bill, der Moses, verfärbte sich allmählich grün im Gesicht. Auch den anderen konnte man ansehen, daß sie auf die Kochkünste des Kutschers am heutigen Tag wohl keinen großen Wert mehr legen würden.

Dan O’Flynn preßte sich die rechte Hand auf die Magengegend und kniff die Lippen zusammen.

Die Stirn Ed Carberrys legte sich in Falten, und sein zernarbtes Gesicht verwandelte sich augenblicklich in eine furchterregende Grimasse.

„Was? Wie?“ fragte er. „Die beiden Stinte wollen hier wohl Witze erzählen? Leider kann ich darüber gar nicht lachen. Man sollte ihnen ein Stück Tau über den Achtersteven ziehen, wenn sie sich einbilden, daß wir ihnen solchen Unsinn abkaufen. Oder soll ich ihnen vielleicht eigenhändig die Haut in ganz schmalen Streifen von ihren karierten …“

„Schon gut, Ed“, stoppte Hasard die unchristlichen Pläne seines grimmig dreinblickenden Profos’. „Was die beiden Burschen eben erzählt haben, ist kein Witz, auch wenn es sich im ersten Moment so anhört. Ich habe schon einige Male davon gehört, daß es Volksstämme gibt, zu deren Religion es gehört, ihre Ahnen in pulverisierter Form zu verspeisen. Ich habe es zunächst auch für Unsinn gehalten, aber jetzt, da unsere beiden Besucher in aller Selbstverständlichkeit darüber berichten, zweifle ich nicht mehr daran. Außerdem wissen wir nun auch, zu welchem Zweck man die vielen Gerippe in das Wrack gebracht hat.“

Ed Carberry blickte Hasard entgeistert an. „Es ist wirklich kein Witz?“

„Nein, Ed.“

„Na, wenn du es sagst, will ich es glauben. Aber – pfui Teufel – ich rühre in meinem ganzen Leben keine Banane mehr an. Und wehe, wenn ich den Kutscher einmal dabei erwische, daß er irgend etwas in seine Bratpfannen streut, was wie Pulver aussieht, dann …“

Die weiteren Worte des Profos’ gingen im Gelächter der Männer unter, die sich inzwischen von ihrem Schock erholt hatten.

Das also war das Geheimnis der wracken Galeone! Mit Sicherheit würden ihnen das Schiffsgerippe und der Ahnenkult der Eingeborenen noch lange Zeit Gesprächsstoff während einsamer Deckswachen bieten.

Doch die beiden braunen Männer fanden hier absolut nichts zum Lachen. Ihre Forderung lautete nach wie vor: „Pulver!“

Aber Hasard schüttelte energisch den Kopf.

„Nein!“ sagte er. „Das Pulver ist für euch zu gefährlich. Wenn ihr tatsächlich über Schußwaffen verfügt, dann würdet ihr euch damit gegenseitig ausrotten. Ich bin gern bereit, euch einige nützliche Werkzeuge wie Äxte und Messer zu überlassen, das ist sinnvoller.“

Hasard vertrat seinen Entschluß mit absoluter Bestimmtheit, und allein seine Stimme ließ erkennen, daß es daran nichts, aber auch gar nichts zu ändern gab.

Das schien jedoch die beiden Indianer aus der Ruhe zu bringen. Sie begannen augenblicklich in ihrer kehligen Sprache zu brüllen und zu toben, schwangen drohend die Fäuste und fuchtelten mit ihren langen Blasrohren herum.

Unwillkürlich schlossen die Seewölfe einen Kreis um die beiden, um eingreifen zu können, falls einer auf dumme Gedanken verfallen sollte. Schließlich war die verheerende Wirkung der Blasrohre mit ihrem todbringenden Inhalt nicht zu unterschätzen.

Immer wieder fiel das spanische Wort für Pulver, und schließlich erklärte der Wortführer der beiden frank und frei, daß man sich viele Tsantas holen würde, falls sie kein Pulver erhielten. Er unterstrich diese Drohung mit eindeutigen Handbewegungen.

Das wurde nun dem Profos endgültig zu viel.

„So eine Frechheit!“ brüllte er. „Was glaubt ihr beiden Sumpfhühner wohl, was ihr euch bei uns an Bord alles erlauben könnt, was, wie?“

Ehe sich die beiden versahen, hatte sie der bullige Profos gepackt und hievte sie wie zappelnde Puppen über das Schanzkleid. Augenblicklich landeten beide in ihrem schaukelnden Boot.

„So, ihr Knochenfresser“, setzte der Profos noch hinzu, „wenn ihr euch noch einmal hier blicken laßt, werde ich aus euch beiden Pulver herstellen, und zwar so viel, daß ihr damit gegenseitig eure Affenärsche wegschießen könnt.“

Die beiden Indianer bedachten die Männer an Bord der „Isabella“ mit haßvollen Blicken und wüsten Drohungen, als sie mit ihrem Boot davonpaddelten. Doch sie fuhren nicht in die Richtung, aus der sie erschienen waren, sondern hielten direkt auf das nahe Ufer zu. Dort verschwanden sie für kurze Zeit im Gebüsch, schleppten eine Unmenge große Steine in ihr Boot und paddelten wieder den verwundert dreinblickenden Seewölfen entgegen.

„Jetzt wollen die uns wohl mit Steinen bewerfen“, bemerkte Ben Brighton und setzte den Kieker ab. „Das ist doch wohl der Gipfel der Dreistigkeit!“

„Ha! Dann werfe ich mit Kanonenkugeln zurück“, prophezeite der Profos.

Doch es sollte nicht zu diesem wunderlichen Kampf kommen, denn wie die plötzlichen Aktivitäten der beiden Eingeborenen bewiesen, sollten die Steine ganz anderen Zwecken dienen, Zwecken, die der Crew der „Isabella“ vorerst noch völlig rätselhaft und unerklärlich blieben.

Die beiden braunen Burschen schleuderten zwar einige Steine zur „Isabella“ hinüber, warfen sie dann jedoch lediglich ins flache Wasser und steuerten dabei ihr Boot zum Ufer zurück.

Niemand konnte sich erklären, was das zu bedeuten hatte. Manche hielten die beiden Eingeborenen für verrückt, weil sie Steine ins Wasser fallen ließen, bis sie am Ufer angelangt waren. Wenig später paddelten sie flußaufwärts und verschwanden bald aus den Augen der Seewölfe.

„Hoffentlich haben sie sich jetzt durch die Steinwerferei abreagiert“, bemerkte Ferris Tucker.

Hasard beschloß, jetzt, da die Dunkelheit mit tropischer Geschwindigkeit hereinzubrechen begann, die Nacht hier zu verbringen. Am nächsten Morgen sollte das Schiff den Fluß verlassen, um über die Baja de Marajo ins offene Meer zu segeln.

Noch ahnten die Männer an Bord der „Isabella“ nicht, daß sich ihre Abreise verzögern würde.

Seewölfe Paket 12

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