Читать книгу Seewölfe Paket 12 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 11
7.
ОглавлениеAuch in der Nacht ließ die feuchte, schwüle Luft, die auf dem Fluß und dem Dschungel lastete, das Atmen zur Qual werden. Die meisten Männer der „Isabella“-Crew verfielen in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie in kurzen Abständen immer wieder schweißgebadet erwachten.
An das Geschrei der Brüllaffen und die unzähligen anderen Geräusche, die aus dem nahen Dschungel herüberdrangen, hatten sie sich längst gewöhnt. Nur die dicke, schwüle Luft, die man fast in Scheiben schneiden konnte, und die wie eine Decke aus Blei über dem Regenwald lag, setzte ihnen zu.
Erst ein kurzes, aber heftiges Tropengewitter, das plötzlich heraufgezogen war, brachte durch seine Regenschauer einen Hauch von Abkühlung, der aber so schnell wieder verschwand wie der grollende Donner und die zuckenden Blitze, die zeitweise die „Isabella“ und ihre nähere Umgebung in grelles, gespenstisches Licht tauchten.
Mitternacht war vorüber, und das Tropengewitter hatte sich wieder verzogen. Nur noch vereinzelt war ein kraftloses Donnern aus der Ferne zu hören.
Bald war wieder Ruhe eingekehrt. Die Nacht, die über dem Fluß und den riesigen Urwäldern des südamerikanischen Kontinents lag, nahm ihren Verlauf wie wohl seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden.
Es gab keine besonderen Vorkommnisse. Obwohl die Wachen wegen des Vorfalls mit den Indianern ihre Aufgaben sehr genau nahmen, gab es nichts Auffallendes zu entdekken. Auf dem Fluß blieb alles still. Auch an den nahen Waldrändern, die sich bis zu den Ufern des Flusses hinzogen, ereignete sich nichts. Alles schien völlig normal zu sein.
Lange Zeit nach Mitternacht glaubten jedoch einige Männer, die sich unruhig im Schlaf hin und her wälzten, ein Knistern und Knacken zu hören. Es schien aus allen Richtungen zu ertönen, als lebe das Schiff. Es hörte sich nicht an wie das Knacken im Rumpf, an das wohl jedes Seemannsohr gewohnt war, sondern ganz anders, viel merkwürdiger.
Doch die Männer, die die Nacht im Mannschaftslogis verbrachten, schenkten diesen Geräuschen im Schlaf oder Halbschlaf keine besondere Aufmerksamkeit, zumal es zeitweise kaum noch zu hören war, weil es vom Gebrüll der Aluates übertönt wurde.
Sam Roskill, Bob Grey und Dan O’Flynn, die Deckswachen, die es zeitweilig hören konnten und das Schiff und seine Umgebung im Auge behielten, vermochten jedoch nichts zu entdecken.
„Ich glaube, unter dieser Höllenhitze leidet sogar unsere Lady“, sagte Bob Gray flüsternd zu Sam Roskill. „Ich bin froh, wenn wir morgen wieder hinaussegeln. Da gibt es wenigstens ab und zu eine frische Brise.“
An das merkwürdige Knistern und Knacken, das die „Isabella“ umgab, hatten sich die Wachen bereits gewöhnt, als der erste graue Schimmer den neuen Tag ankündigte. Man gewöhnte sich an alles, an die lästigen Moskitos, an die Geräusche des Regenwaldes und selbst an die fürchterliche, drückende Hitze. Was war dagegen schon ein leises Knistern und Raunen!
Erst am nächsten Morgen sollten die Männer an Bord der „Isabella“ bemerken, daß man sich niemals voreilig an etwas gewöhnen durfte.
„Heiliger Bimbam“, stöhnte der Kutscher und schlug entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen. „Das darf doch nicht wahr sein, nein, o nein …“
Das Gesicht des Kochs und Feldschers der „Isabella“ wurde augenblicklich blaß. Dann fuhr der dunkelblonde, etwas schmalbrüstige Mann herum und jagte an Deck, als seien tausend Taufel hinter ihm her.
„Sir!“ schrie er verstört. „Sir! Schnell, hierher! In der Kombüse und im Vorratsraum ist der Teufel los.“
Hasard sah den Kutscher verwundert an. Was war los mit ihm? Was hatte ihn so aus der Fassung gebracht? Er war doch sonst ein so ruhiger, eher zurückhaltender Mann. Jetzt schien er total aufgelöst zu sein, und das wollte bei dem Kutscher schon etwas heißen.
Mit raschen Schritten folgte er ihm. Dann blieb auch er wie angewurzelt stehen, als er die Bescherung sah. Im ersten Moment glaubte Hasard, ihm sträubten sich die Haare, als er einen Blick in die Kombüse und den Vorratsraum warf, deren Schotten offen waren.
Was er dort erblickte, schien die Armee des Teufels zu sein!
Augenblicklich fiel ihm das merkwürdige Knistern und Knacken ein, das ihnen während der vergangenen Nacht Rätsel aufgegeben hatte. Jetzt sah er die Ursache jener mysteriösen Geräusche vor Augen.
Riesige rote Feuerameisen waren in Millionenscharen über die Vorräte der „Isabella“ hergefallen. Die gesamte Kombüseneinrichtung sowie die Vorräte waren kaum noch zu sehen unter den Myriaden von krabbelnden und nagenden Insektenleibern, die einen wogenden Teppich bildeten, der alles überlagerte.
„Großer Gott, unsere Vorräte“, murmelte Hasard. „Die lassen keinen Krümel mehr übrig, und haben sie erst alles aufgefressen, werden sie auch noch das Schiff zerkleinern! Wie mögen diese Biester nur plötzlich an Bord gelangt sein?“
Der Kutscher zuckte hilflos mit den Schultern und versuchte mit einer raschen Bewegung einen Teil dieser knisternden und fressenden Insekten von einem Kombüsenregal zu streifen.
Blitzschnell zog er jedoch seine Hand zurück. Die Ameisen hatten ihn sofort angegriffen und äußerst schmerzhaft in die Haut gezwackt.
Der Kutscher begann seine rechte Hand wie irr zu schütteln. Die Bisse brannten teuflisch, und das Jucken, das darauf folgte, war auch nicht gerade angenehmer. Völlig am Boden zerstört sah er Hasard an, während diese Bordplage unermüdlich weiterfraß.
Beiden Männern war längst klargeworden, daß damit nicht nur sämtlicher Proviant ungenießbar geworden war, sondern daß nichts, aber auch gar nichts, übrigbleiben würde.
Im Nu hatte sich die ganze Crew der „Isabella“ versammelt, um die Plagegeister in Augenschein zu nehmen. Und immer wieder tauchte die Frage auf, wie die Ameisen wohl an Bord gelangt sein könnten. Während der alte O’Flynn seiner Überzeugung Ausdruck verlieh, daß das alles nicht mit rechten Dingen zugehen könne, erwog der Profos die Möglichkeit, daß diese „elenden und gefräßigen Krabbeldinger wohl auf Kakerlaken durch die Luft geritten“ sein mußten, um an Bord zu kommen.
Es dauerte jedoch nicht lange, und die Männer hatten entdeckt, daß die roten Feuerameisen auf einem durchaus erklärbaren Weg auf ihr Schiff gelangt waren. In diesem Zusammenhang wurde ihnen auch plötzlich klar, warum die Indianer, die gestern auf sehr nachdrückliche Weise Pulver von ihnen hatten haben wollen, bei ihrem Rückzug Steine ins Wasser geworfen hatten. Was man gestern noch für eine Verrücktheit der Eingeborenen gehalten hatte, erhielt jetzt einen – wenn auch makaberen – Sinn.
Die Männer starrten immer wieder entgeistert auf das Bild, das sich ihnen an der Bordwand der „Isabella“ und auch außerhalb im Wasser bot.
Die Indios hatten durch die Steine, die sie ins flache Wasser geworfen hatten, Überbrückungspunkte für die Ameisen geschaffen, die noch jetzt für weitere Myriaden dieser emsigen Tierchen die Möglichkeit boten, die „Isabella“ zu entern.
Wo die Steine nicht ausreichten, bildeten die Tiere durch Hunderttausende von Leibern Brücken, über die ihre Artgenossen schwimmend und krabbelnd ihr Ziel erreichen konnten. Vermutlich hatten die Indianer auch Köder ausgelegt, um dieses teuflische Heer anzulocken.
Jetzt wurde die Mannschaft lebendig. Hasard gab sofort Befehl, den Anker zu hieven und die „Isabella“ ein Stück weiter in den Fluß zu segeln, um zumindest den noch weiter anrückenden Ameisenscharen die Möglichkeit zu nehmen, noch an Bord zu gelangen.
Sobald einige Kabellängen weiter flußaufwärts der Anker wieder geworfen worden war, überlegten die Männer fieberhaft, wie sie diese ungebetenen Gäste wieder loswerden könnten. Aber es wollte ihnen absolut nichts Brauchbares einfallen.
Einige Männer hatten sich breitflächige Holzstücke aus der Werkstatt Ferris Tuckers geholt und begannen, damit auf die Insekten einzuschlagen, aber sie gaben das bald wieder auf. Auf diese Weise würden sie es nie schaffen, das wurde ihnen rasch klar. Die Biester waren nicht nur sehr verfressen, sondern auch angriffslustig. Etliche rieben sich schon die schmerzende Haut, die dann durch die Bisse höllisch zu jukken begann. Das Jagdergebnis, das sie mit den Plankenstücken erzielt hatten, stand dazu in keinem Verhältnis.
Trotzdem überlegten sie fieberhaft weiter, wie sie dieser Plage Herr werden konnten, während die Ameisen längst auch über den Notproviant, den harten Zwieback, herfielen.
„Wenn diese Teufelsflöhe so weiterfressen“, stellte der Profos mit grimmigem Gesicht fest, „dann wird die ‚Isabella‘ bald so ähnlich aussehen wie das Wrack da unten an der Flußmündung.“
Noch während die verschiedensten Vorschläge von den Männern vorgebracht wurden, stellte Hasard fest, daß eine Gruppe an Land gehen mußte, um neue Vorräte zu beschaffen. Denn bereits jetzt schon gab es an Bord der „Isabella“ nichts mehr, was genießbar war.
Während der Kutscher und einige weitere Männer sich anschickten, ihr Glück mit Ausräuchern zu versuchen, ließ Hasard ein Boot abfieren, um zusammen mit Ed Carberry, Dan O’Flynn, Batuti, Jeff Bowie, Ferris Tucker und Stenmark im nahen Dschungel neue Vorräte zu holen.
Der Rest der Mannschaft würde inzwischen nichts unversucht lassen, um das Millionenheer der roten Feuerameisen wieder loszuwerden.