Читать книгу Seewölfe Paket 12 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 18
3.
ОглавлениеSir John schwebte schon seit einiger Zeit über dem Strand, aber erst jetzt, als der Kampf vorbei war, ließ er sich kreisend sinken und landete auf der linken Schulter Carberrys.
„Schockschwerenot“, sagte der Profos. „Kannst du mich nicht in Ruhe lassen, du alter Krakeeler?“ Er wandte den Kopf, gewahrte dabei die amüsierten Blicke, die die anderen ihm zuwarfen, und ließ ein etwas übertriebenes Räuspern vernehmen. „Also“, brummte er. „Das wäre geschafft. Ho, seht doch, wie sich diese Hundesöhne verholen.“ Er deutete mit dem Zeigefinger zum Wasser.
Sehr rasch hatten sich die Kanus und Piraguas – insgesamt waren es acht – zu einem kleinen Verband formiert und traten die Flucht an. Als sie sich außerhalb der Reichweite aller Schußwaffen, Speere und Pfeile befanden, richtete sich Borago in seinem Kanu auf, drehte sich noch einmal zu den Gegnern um und schüttelte die Faust gegen sie. Er rief mit hoher Stimme gut ein Dutzend Worte, von denen die Seewölfe kein einziges verstanden.
Ilana trat zu Carberry, Ben, Shane und den anderen und sagte: „Ich weiß nicht, wie wir euch danken sollen. Wer seid ihr?“
Ben Brighton zwang sich, nur in ihr Gesicht zu sehen und seinen Blick nicht an ihrem wunderbaren Körper hinabwandern zu lassen.
„Ich verstehe dich nicht“, antwortete er. „Sprichst du Spanisch oder Portugiesisch?“
Ilana schaute ihre Freundinnen an. „Begreift ihr, was sie sagen?“
„Nein“, erwiderte Mileva. „Sie müssen von weit her sein. Sie sind über das große Wasser gesegelt.“
„Vielleicht sind sie Götter“, sagte Ziora. „Sie haben uns vor der größten Schande bewahrt, die uns widerfahren konnte.“
Saila schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, daß sie Götter sind. Aber sie sind gute, starke Männer, die es verdient haben, daß Tubuago, dein Vater, Ilana, sie reich beschenkt für das, was sie getan haben.“
Carberry kratzte sich am Kinn. „Verflucht noch mal – wo ist eigentlich Hasard?“ Er blickte sich um und sah seinen Kapitän bei Blacky knien. Blacky lag völlig reglos auf dem Rücken und hatte die Arme und Beine weit von sich gestreckt.
„Heiliger Strohsack“, sagte der Profos, dann setzte er sich in Bewegung und eilte zu Hasard, Blacky und Dan hinüber, froh darüber, nicht mit den unbekleideten Inselschönen radebrechen zu müssen, entsetzt jedoch über Blackys Zustand.
Auch Ben und die anderen drehten sich jetzt um und verfolgten mit sorgenvollen Mienen, wie sich der Seewolf und Dan O’Flynn um Blacky bemühten.
Carberry langte bei den dreien an.
„Hölle, Sir“, sagte er. „Dieser Himmelhund Blacky wird uns doch wohl keinen Streich spielen, was, wie?“
Hasard schüttelte den Kopf. „Nein. Er ist nur ohnmächtig. Er hat versucht, sich selbst den Pfeil aus der Schulter zu ziehen. Der Schmerz hat ihn übermannt.“
„Der Pfeil ist doch wohl nicht giftig, oder?“
„Ich will es nicht hoffen.“ Hasard sah auf und fixierte den Profos. „Wir müssen versuchen, aus den Mädchen herauszukriegen, ob es hierzulande üblich ist, die Waffenspitzen mit Gift zu präparieren.“
Ben Brighton war hinter Carberry getreten und sagte: „Ich übernehme das.“ Er wandte sich wieder um und kehrte zu den fünf Mädchen zurück, die jetzt ihre Kleidungsstücke vom Sand aufhoben und ihre Blößen damit bedeckten.
Smoky hatte den davoneilenden Piraguas und Kanus der Indios noch einen Blick nachgeworfen. Als Ben in seiner unmittelbaren Nähe war, sagte er: „Die Kerle runden die Insel im Osten. Vielleicht fahren sie bis zu unserer Ankerbucht hinauf. Da kann man nur hoffen, daß Donegal und die anderen auf der Hut sind.“
„Ich schätze, sie sind es, denn sie haben ja unsere Schüsse gehört“, erwiderte Hasards Erster Offizier und Bootsmann. „Im übrigen nehme ich nicht an, daß den Indios nach einer neuen Auseinandersetzung zumute ist.“
Er trat zu Ilana, nickte ihr lächelnd zu und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Brust. „Ich – Ben.“
Sie lachte und sagte: „Ilana.“ Dabei legte sie sich die Hand auf den Oberkörper.
„Gut, Ilana.“ Ben deutete zu dem Platz, an dem sich inzwischen alle anderen Männer um den besinnungslosen Blacky versammelt hatten. „Mann verwundet. Pfeil in der Schulter. Verstehst du?“ Er bohrte sich den Finger in die linke Schulter.
Ilana hob den Kopf, spähte zu Blacky und den anderen hinüber, sprach aufgeregt mit ihren Freundinnen und wandte sich dann wieder an Ben. „Wir können ihn in unser Dorf bringen. Dorf. Schamane. Du verstehst?“
Ben schüttelte den Kopf, und deshalb bückte das Mädchen sich jetzt und zeichnete mit der Spitze des Pfeiles, den sie vorher auf Borago gerichtet hatte, kleine, bucklige Hütten in den Sand.
Ben kauerte sich neben sie hin und fragte: „Wo ist das Dorf? Dort? Oder dort?“ Er wies mit der Hand in verschiedene Richtungen.
„Es steht gut dreitausend Schritte entfernt ganz in der Mitte unsere Insel“, sagte Ilana in ihrer Sprache, die ein wenig guttural und doch melodisch klang.
„Zu weit“, meinte Ben. „Dann lieber auf unser Schiff.“ Er ließ sich von ihr den Pfeil aushändigen, kritzelte die Umrisse einer Bucht in den feinkörnigen Sand und malte ein Schiff mit drei Masten hinein. Er wies mit dem Finger darauf und sagte: „Dort ankern wir. Am Ostufer.“
„Seht ihr!“ rief Mileva, die den beiden über die Schultern geblickt hatte. „Sie haben also wirklich ein Schiff und sind über das große Wasser gesegelt!“
Ben fragte: „Der Pfeil – könnte er giftig sein?“
Die Mädchen verstanden ihn wieder nicht, und deshalb hob er den Pfeil an, den Ilana ihm gegeben hatte, faßte mit zwei Fingern die Spitze an und versuchte, den Mädchen durch Gesten zu erklären, was er wissen wollte.
Blacky hatte unterdessen die Augen aufgeschlagen. Er blickte zum Profos auf, der ihn aus großen, besorgten Augen ansah, und mußte trotz seiner Schmerzen unwillkürlich grinsen.
„Tja, Mister Carberry“, sagte er heiser. „Da hast du dich zu früh gefreut. Ich bin noch nicht abgesegelt, und ich werd’s vorläufig wohl auch nicht tun.“
„Halt doch die Luke, du Barsch!“ fuhr der Profos ihn an. „Wenn der Scheißpfeil vergiftet war, kratzt du doch ab, und wir armen Irren können dann zusehen, wo wir mit deiner verdammten Leiche abbleiben.“
Blacky erblaßte. „Hölle, daran hab ich noch gar nicht gedacht. Mann, wenn das wahr ist! Wenn da wirklich Gift dran war, dann …“
Hasard legte ihm die Hand auf den Arm. „Nun halt mal die Luft an, Blacky. Pfeilgifte und alle anderen tödlichen Mittel, die wir bislang bei den Indianern kennengelernt haben, wirken unmittelbar und so schnell wie Schlangengift. Daß du noch am Leben bist und keine Lähmungen hast, ist das sicherste Zeichen dafür, daß die Pfeilspitze nicht irgendwie behandelt war.“ Er sah zu Carberry auf. „Und du, Ed, solltest dir manchmal besser überlegen, was du sagst. Das mit dem Gift hättest du Blacky gar nicht erst auf die Nase zu binden brauchen.“
„Aye, Sir“, sagte der Profos zerknirscht.
Ben Brighton gesellte sich mit den fünf Mädchen zu ihnen und erklärte: „Nach allem, was ich aus den Gesten der Mädchen schließen konnte, verwenden die Indio-Krieger auf Maracá kein Pfeilgift. Die Kerle, die die fünf überfallen haben und sie vergewaltigen wollten, stammen offenbar von der Nordinsel. Zwischen ihnen und den Bewohnern dieser Insel herrscht Streit.“
„Wie das alles zusammenhängt, werden wir später noch klären“, sagte der Seewolf. „Jetzt bringen wir erst mal Blacky zurück an Bord der ‚Isabella‘. Danach sehen wir weiter.“
„Achtung“, sagte Dan O’Flynn plötzlich. Er hatte die ganze Zeit über den Hang beobachtet, und diese Vorsichtsmaßnahme erwies sich jetzt als richtig, denn zwischen den Büschen waren Gestalten aufgetaucht.
Die Männer hoben ihre Waffen und hielten bereits nach Deckungsmöglichkeiten Ausschau, aber von oben her erklang jetzt der Ruf einer ihnen nur allzu bekannten Stimme:
„Sir! Freunde! Ich bin’s – Jeff Bowie! Bob Grey ist bei mir!“
„Kommt ’runter“, sagte Hasard. „Was gibt’s? Hat Old O’Flynn euch geschickt?“
Jeff und Bob richteten sich hinter den Sträuchern auf und stiegen zum Strand hinunter.
„Wir haben die Schüsse gehört“, sagte Bob Grey. „Aus der Art, wie sie abgegeben wurden, ließ sich schließen, daß ihr aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf Wild gefeuert hattet. Das war ja ein richtiges Stakkato von Schüssen, und sie gingen ihrem Klang nach alle in die Luft.“
„Richtig, du Hering!“ rief Ferris Tucker. „Aber ihr beiden könnt froh sein, daß ihr euch rechtzeitig genug zu erkennen gegeben habt. Sonst hätten wir euch nämlich abgeknallt wie die Hasen.“
Jeff und Bob waren auf dem Strand angelangt und blickten betroffen zu Blacky.
„Was ist passiert?“ fragte Jeff.
„Ich erzähle euch alles, während wir zu unsrer alten Lady marschieren“, erwiderte Blacky, der sich jetzt mit Hasards Hilfe aufrichtete. „Jeff, es wäre ganz gut, wenn du neben mir bleiben könntest. Ich kann allein gehen, aber falls ich doch wieder umkippe, kannst du mich stützen.“
„Bob“, sagte der Seewolf. „Du läufst schon mal vor und unterrichtest Donegal, daß hier kriegerische Indios mit Kanus unterwegs sind, die uns auch in der Ankerbucht angreifen könnten.“
„Aye, Sir.“
„Und wir, Sir?“ fragte Big Old Shane. „Was tun wir? Bringen wir die Mädchen in ihr Dorf?“
„Ich glaube, das brauchen wir nicht mehr“, entgegnete Hasard. „Auch dort sind die Schüsse gehört worden, und natürlich ist man sofort aufgebrochen, um nach dem Rechten zu sehen.“ Er streckte die Hand aus und deutete auf die Gestalten der Männer, die sich an der westlichen Seite des Hanges erhoben hatten.
Es waren nahezu zwei Dutzend braunhäutiger Männer, die alle nur mit Tüchern um die Lenden bekleidet waren und als Waffen Speere, Pfeil und Bogen und lange Messer trugen.
Ihre Mienen waren so grimmig, als wollten sie sich jeden Augenblick auf die Männer der „Isabella“ stürzen.