Читать книгу Seewölfe Paket 17 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 14

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Die Seewölfe fühlten sich satt und rund wie lange nicht mehr. Niemand hätte für möglich gehalten, daß eine kräftige Erbsensuppe mit Speck nach so vielen Räucherheringen so gut schmecken konnte.

Jeder war mit sich und der Welt zufrieden. Selbst Old Donegal lächelte verzückt und rieb sich gedankenverloren den Bauch.

„Die Kerls in der Kombüse haben schon was los, das muß man ihnen lassen“, sagte er. „Wer ein Wort gegen dieses Essen sagt, der gehört tatsächlich an die Rah gehängt, jawohl!“

„Dann kannst du den Generalkapitän gleich dran hochziehen, Opa“, sagte Philip junior.

„Hä? Was willst du damit sagen?“

„Er hat sich strikt geweigert, die Suppe anzurühren“, berichtete Philip. „Er sagte etwas von Rattengift.“

„Na so was!“ Die Stimme des alten O’Flynn klang empört. „Da habt ihr die Suppe doch wohl wieder mitgenommen, wie?“

„Natürlich!“

„So ist’s in Ordnung“, sagte der rauhbeinige Alte. „Dann kann man notfalls später noch einen Schlag kriegen.“

Jung-Philip starrte ihn verblüfft an.

„Aber Opa …!“

Doch Old O’Flynn stolzierte bereits davon. Er drehte sich lediglich noch einmal kurz um.

„Und noch was!“ rief er. „Du Hosentrompeter sollst mich nicht ständig Opa nennen, ist das klar?“

„Klar, Op …, ich meine, aye, aye, Sir!“

Ein Ruf aus dem Ausguck unterbrach die Mittagsidylle. Will Thorne, der grauhaarige Segelmacher, war es, der vom Großmars aus die Kimm mit einem Spektiv abgetastet hatte. Und seine Augen erwiesen sich noch als bemerkenswert gut.

Die übrige Crew brauchte noch eine Weile, bis sie die Galeeren erkennen konnte, die aus südlicher Richtung herankrebsten.

„Also doch“, sagte Hasard. „Umsonst ist der Schnösel von einem Offizier nicht nach Süden geritten. Es ist durchaus möglich, daß wir ihm diesen Besuch zu verdanken haben.“

Arne von Manteuffel, der gerade sein Boot besteigen wollte, um auf die „Wappen von Kolberg“ zurückzukehren, enterte noch einmal rasch an Bord der „Isabella“, um eine kurze Lagebesprechung mit dem Seewolf abzuhalten.

„Ich finde, wir sollten einem Gefecht nicht ausweichen“, meinte Hasard, „zumal sich die Galeeren sowieso an unsere Fersen heften würden. Und beim Kreuzkurs nach Westen wären sie sogar schneller als wir.“

„Da hast du recht“, sagte Arne. „Wir könnten zwar nach Norden ausweichen, aber da würden wir gewissermaßen auf dem alten Kurs zurücksegeln.“

Ben Brighton vollführte eine abwehrende Geste.

„Und das ist nicht im Sinne des Erfinders“, sagte er. „Außerdem würde es die rachelüsternen Polen kaum besänftigen. Ich bin ebenfalls dafür, daß wir uns zum Kampf stellen, damit die ständigen Querelen endlich einmal aufhören.“

„Sollten wir nicht Woyda wieder als Geisel benutzen?“ fragte Big Old Shane. „Ich meine, die Masche hat ja schon einmal gewirkt.“

Hasard legte die Stirn in Falten.

„Davon halte ich nicht mehr viel. Wir können die Galeeren damit vielleicht für kurze Zeit auf Distanz halten, aber irgendwann haben wir sie wieder am Hals, das haben die Erfahrungen der letzten Tage deutlich gezeigt. Es muß endlich einmal ein Schlußpunkt hinter dieses Tauziehen gesetzt werden.“

Das leuchtete allen an Bord ein. Die ganze Crew war einstimmig dafür, daß den unablässigen Verfolgungsjagden und Angriffen der polnischen Soldaten endgültig Einhalt geboten wurde.

Der Profos schob das gewaltige Rammkinn vor, zupfte sich am ersten Haarflaum, der auf seiner bislang so kahlen Schädeldecke sproß, und wandte den grimmigen Blick südwärts.

„Vier Galeeren sind nicht eben wenig“, meinte er, „aber ich sehe trotzdem keinen Grund, aus dem wir vor diesen plattfüßigen Wasserspinnen kneifen sollten. Gerade nach einer so kräftigen Erbsensuppe können wir alle etwas Bewegung brauchen.“

Während Arne von Manteuffel auf die „Wappen von Kolberg“ überwechselte, wurde die Gefechtsbereitschaft der „Isabella“ überprüft. Aber da gab es nur wenig zu ergänzen, man hatte sich auf dem Schiff der Seewölfe in den letzten Tagen daran gewöhnt, ständig auf der Hut zu sein. Außerdem hatte man die bestehende Gefechtsbereitschaft nach dem Abzug der Polen drüben am Strand nicht völlig aufgehoben.

Will Thorne blieb im Großmars und erhielt Unterstützung durch Bill. Beide schauten sich fast die Augen aus dem Kopf, um die Crew ständig mit neuen Meldungen versorgen zu können.

Die Zwillinge sorgten in Windeseile dafür, daß an allen Stellen, wo es nötig war, Sand ausgestreut wurde, um den Füßen der Männer bei einem Kampf festeren Halt zu vermitteln. Anschließend halfen sie dem Kutscher und Mac dabei, die Kupferbekken mit den glühenden Holzkohlen aus der Kombüse zu holen, wohin man sie vor dem Backen und Banken zurückgebracht hatte. Sie wurden rasch auf alle Geschütze verteilt.

Edwin Carberry und Old O’Flynn gingen an den achteren Drehbassen auf Station, während sich Gary Andrews und Dan O’Flynn zum gleichen Zweck auf die Back begaben.

Pete Ballie stand bereits am Ruder und Al Conroy überwachte die erneute Ausgabe der Pistolen, Musketen, Tromblons und Flaschenbomben. Gleichzeitig achtete er darauf, daß die Stückpforten geöffnet und die schweren Geschütze ausgerannt wurden.

Das alles ging reibungslos und äußerst schnell vor sich, denn die Seewölfe waren eine perfekt aufeinander eingespielte Crew, die sich auch durch eine Übermacht nicht aus dem Gleichgewicht bringen ließ.

Auch drüben auf der „Wappen von Kolberg“ hatte man sich auf den ungebetenen „Besuch“ eingestellt. Arne und seine Mannen signalisierten ihre Gefechtsbereitschaft.

Dann gingen beide Galeonen ankerauf und liefen etwas von der samländischen Küste ab, um die Luvposition zu gewinnen.

Die vier polnischen Galeeren hielten in unmißverständlicher Absicht auf die beiden Segler zu. Es gab nicht den geringsten Zweifel daran, daß sie ohne Umschweife angreifen würden. Während sich eine etwas größere Galeere, offenbar das Flaggschiff, nach vorn schob, bildeten die anderen eine breite Linie.

„Die tun ja gerade so, als bräuchten sie nur einen Dweil zu nehmen, um uns von der Wasseroberfläche wegzuwischen“, sagte Ben Brighton, der an seinem Spektiv drehte.

Der Seewolf lächelte.

„Es sieht tatsächlich nicht danach aus, als ob sie uns anpreien und zur Kapitulation auffordern wollten. Im Viererverband fühlen sie sich offenbar stark genug, um uns zu den Fischen schicken zu können.“

In der Tat boten die vier Galeeren ein groteskes Bild, zumal sie nicht nur durch die rhythmischen Riemenschläge der Ruderknechte vorangetrieben wurden, sondern auch unter Segeln standen. Das Flaggschiff hob sich deutlich von den anderen ab. Die Seewölfe schätzten das Schiff auf eine Länge von 30 bis 35 Yards. Auf dem schlanken Schiffskörper lagen große, rechteckige Holzaufbauten, die als Aus- und Auflieger für die Riemen der Ruderer dienten. Vorn lief der Schiffskörper in einen langen Oberwasser-Sporn aus, der einerseits als Rammwaffe, andererseits aber auch als Enter- und Landebrücke diente. Außerdem konnte er bei der Segelbedienung benutzt werden. Auf dem Vorderteil des Gerüstes befand sich ein Backaufbau, von dem aus man das Segel des Fockmastes bedienen konnte. Am Heck befand sich eine Hütte für die Schiffsführung.

Auch die Armierung des Flaggschiffes war etwas besser als bei den anderen Galeeren. Außer den Bug- und Heckgeschützen waren auf beiden Seiten mittschiffs unter der Back sechspfündige Minions zu erkennen.

„Wir werden uns zunächst um das Flaggschiff kümmern müssen“, sagte Hasard. „Es ist den anderen ein beträchtliches Stück vorausgeeilt, aber Vorwitz hat sich noch nie ausgezahlt. Später werden wir versuchen, in eine Lücke einzubrechen, denn die drei anderen haben ihre Linie ziemlich weit auseinandergezogen.“

Die letzten Worte des Seewolfs gingen im Krachen eines Kanonenschusses unter. Aus einem Buggeschütz der großen Galeere leckte eine Feuerzunge hervor, und die ausgestoßene Kugel klatschte Sekunden später etwa eine Kabellänge von der „Isabella“ entfernt ins Wasser.

„Das war wohl die offizielle Kriegserklärung“, sagte Ben Brighton, „denn noch liegen sie außerhalb jeder Schußweite.“

„Pah, Angabe war das, nichts als Angabe!“ rief Edwin Carberry, der an einer Heckdrehbasse auf Station war. „Die wollen uns imponieren und spielen sich deshalb auf wie ein Sack voller Flöhe! Wenn ihnen erst unsere harten Nüsse um die Ohren fliegen, kneifen sie schnell den Hintern zu!“

Das Flaggschiff, auf dem sich nach Schätzung des Seewolfs einschließlich der Ruderknechte mindestens sechzig bis siebzig Mann befanden, schien sich als erstes die „Isabella“ ausgesucht zu haben, weil von der großen Galeone die Hauptgefahr ausging.

„Wir fallen nach Backbord ab und gehen auf Gegenkurs“, entschied Hasard und gab dem Rudergänger, Pete Ballie, eine entsprechende Anweisung. „Wenn wir auf gleicher Höhe mit der Galeere sind“, fuhr er fort, „begrüßen wir sie mit einer Breitseite, daß sie die Englein singen hören.“

Während man auf dem Flaggschiff der Polen die Segel einholte, um die Manövrierfähigkeit zu verbessern, fiel Pete Ballie hart nach Backbord ab, und die „Isabella“ lief über Backbordbug liegend auf Gegenkurs.

Die Polen jedoch schienen die Absicht der Engländer erraten zu haben, denn sie korrigierten, so schnell es nur ging, ebenfalls den Kurs und liefen schräg von vorn auf die Steuerbordseite der Galeone zu. Der gewaltige Rammsporn war wie ein riesiger Zeigefinger auf die „Isabella“ gerichtet.

„Die wollen uns ihren Piekser in den Bauch jagen“, sagte Ben Brighton.

„Das werden wir eben verhindern müssen“, erwiderte Hasard. Seine Wangenmuskeln zuckten, was bei ihm auf äußerste Konzentration und Entschlossenheit hindeutete.

Der Abstand zwischen den feindlichen Linien verringerte sich rasch. Jetzt waren bereits das Stimmengewirr, die gebrüllten Kommandos, die Drohungen und Verwünschungen zu hören, mit denen sich die Polen auf das Gefecht vorbereiteten. Hastig eilten Männer der Besatzung und Seesoldaten auf den Decks hin und her, um die Befehle des Kommandanten auszuführen.

Da plötzlich donnerte erneut ein Buggeschütz der Galeere los. Diesmal plumpste die Kugel nur noch höchstens dreißig Yards vor dem Bug der „Isabella“ ins Wasser und ließ eine Wassersäule aufsteigen, die sich spaltete und dann wieder in sich zusammenfiel. Auch eine Salve von Musketenschüssen krachte.

Die Seewölfe konnten jedoch ihre Culverinen noch nicht einsetzen, denn die Galeere befand sich nicht in deren Schußwinkel. Also mußte man ihnen zunächst mit anderen Mitteln beikommen.

„Dan!“ rief der Seewolf. „Gib den Burschen Zunder und halte auf den Bug!“

„Aye, aye, Sir!“ rief Dan O’Flynn zurück, der vorn an der Steuerbord-Drehbasse auf Station war. Gleich darauf senkte er die Lunte nieder.

Einen Lidschlag später stieß das schwenkbare Geschütz wummernd und fauchend seine Ladung aus. Dan hatte sein Möglichstes getan, um die Reichweite zu erhöhen, und siehe da, es klappte.

Die Ladung, die aus gehacktem Eisen und Blei bestand, prasselte der Galeere voll ins Vorschiff. Berstendes Holz und laute Schreie bestätigten den Treffer. Von den Soldaten, die das Buggeschütz hatten nachladen wollen, war plötzlich nichts mehr zu sehen. Einer von ihnen wälzte sich auf den Planken.

Für die Seewölfe war dieser Treffer das Startsignal. Ein lautes „Arwe-nack!“ tönte aus rauhen Männerkehlen, und das war die Kampferklärung der Männer von der „Isabella“. Das Tor, das dieser uralte Schlachtruf aufstieß, war das Tor zur Hölle, wie sich das noch innerhalb der nächsten knappen Stunde erweisen sollte.

„Diese Wasserspinne ist verdammt schnell!“ brüllte Carberry. „Wenn die ihren Kurs nicht ändert, tut sie mit ihrem Rammsporn unserer Lady glatt Gewalt an!“

„Laß sie ruhig näher ran, Ed!“ rief Hasard. „Wenn sie unserer Steuerbordseite den Bug zudreht, bietet sie uns zwar eine kleinere Angriffsfläche, aber wir können ihr dennoch ganz ordentlich einheizen.“

Der Seewolf warf einen Blick zur „Wappen von Kolberg“, gleich darauf huschte ein Grinsen über sein Gesicht, seine eisblauen Augen blitzten.

Ben, Ed und die anderen Männer auf dem Achterdeck folgten seinem Blick, da sahen auch sie, was geschah.

Arne von Manteuffel hatte das Vorhaben seines Vetters rechtzeitig erkannt. Deshalb hatte auch er abdrehen lassen und ging nun ebenfalls auf Gegenkurs zu dem Flaggschiff.

Die „Wappen von Kolberg“ lag nahezu auf gleicher Höhe mit der „Isabella“, und bereits in wenigen Augenblicken würde die Galeere genau zwischen den beiden Seglern stehen. Man konnte sie dann von zwei Seiten aus in die Mangel nehmen, und die Polen mußten sich entscheiden, auf welches Schiff sie sich mit ihrem Rammsporn konzentrieren wollten. Wahrscheinlich würden sie weiter auf die „Isabella“ zuhalten, doch in diesem Falle hatten sie die „Wappen von Kolberg“ im Rücken.

Jetzt krachte auf Arnes Galeone ein Drehbassenschuß, der dem Flaggschiff der Polen riesige Holzstücke aus dem Backaufbau fetzte. Der Galeeren-Kommandant ließ mit Musketenfeuer antworten und wenig später krachte das Minion auf der Steuerbordseite.

Die sechspfündige Kugel orgelte jedoch knapp am Bug der „Wappen“ vorbei, weil der Schußwinkel sehr ungünstig lag.

Der Kommandant brüllte mit wütender Stimme weitere Befehle, die jedoch das Durcheinander an Bord der Galeere nur noch verstärkten. Offenbar hatte man erkannt, daß es ein Fehler gewesen war, den anderen Galeeren zu weit vorauszueilen. Doch es blieb den Polen nicht die Zeit, über diese Fehlentscheidung lange nachzudenken. Die beiden Segler befanden sich jetzt auf gleicher Höhe, und die Galeere lag schräg dazwischen.

Die Besatzung des Flaggschiffs erkannte die Gefahr und begann aus allen Rohren zu feuern, aber sie wurde durch das Drehbassen-, Musketen- und Tromblonfeuer der beiden Galeonen in ihre Grenzen verwiesen.

„Sir?“ rief Ferris Tucker, der an seiner Schleudervorrichtung wartete.

Hasard nickte. „Gib ihnen eine Flasche Brandy, Ferris!“

Sekunden später flog die Flasche in hohem Bogen durch die Luft und senkte sich auf die Bugpartie der Galeere nieder. Die ohrenbetäubende Explosion, die dann alle anderen Geräusche übertönte, löste bei den Polen Wuhling aus. Kein Wunder, denn es flogen ihnen buchstäblich die Fetzen um die Ohren. Der gefährliche Rammsporn war plötzlich verschwunden, und von dem gesamten Backaufbau waren nur noch Bruchstücke zu erkennen.

Die Galeere geriet augenblicklich aus dem Kurs, denn die Ruderknechte dachten nicht mehr daran, als Kugelfang zu dienen. Sie ließen die Riemen fahren und versuchten, in Dekkung zu gehen.

„Und jetzt geben wir ihnen den Rest!“ befahl der Seewolf. „Paßt auf, daß die Schüsse nicht zu hoch liegen, sonst blasen wir am Ende noch Arne einige Pfunde Eisen zwischen die Rippen. Steuerbordseite Kuhl – Feuer!“

Sofort senkten die Männer an den vier 25pfündern die Zündschnüre auf die Bodenstücke der Geschütze, dann drückten sie die Luntenstöcke fest auf die Öffnungen der Zündkanäle. Mit einem gewaltigen Fauchen rasten die Kugeln aus den Rohren, die Kanonen rollten in den Holzlafetten zurück und wurden von den Brooktauen abgebremst.

Das Inferno ließ das ganze Schiff erzittern. Dunkler, fetter Qualm stieg auf, während die Kugeln über die See orgelten und wie Blitzschläge in die Galeere hieben.

Kaum war der Donner verstummt, mischte sich die „Wappen von Kolberg“ ein. Die Mündungsflammen ihrer Backbordgeschütze stachen grell aus den Rohren und jagten ihre Kugeln von der anderen Seite her in den Leib der Galeere.

Das höllische Bersten und Krachen dauerte nur einen Augenblick. Das Flaggschiff war buchstäblich in Stücke gerissen worden. Trümmer flogen durch die Luft, Masten splitterten und stürzten ins Wasser, Planken wirbelten durch die Gegend. Das Gebrüll der Besatzung verriet totale Panik. Wer noch konnte, sprang über Bord, um wie vom Teufel gejagt davonzuschwimmen. Niemand wollte von dem sinkenden Wrack in die Tiefe gerissen werden.

„Die haben ihr Fett!“ stellte der Profos überflüssigerweise fest. „Sie wollten es ja nicht anders haben.“

Inzwischen waren die drei anderen Galeeren ziemlich nahe heran und begannen, aus ihren Buggeschützen zu feuern. Eine Kugel raste gefährlich dicht über die Galion der „Isabella“ weg und schlug in die sinkenden Trümmer des ehemaligen Flaggschiffs. Ein weiteres Geschoß streifte die Querbalustrade, die die Back zur Galion hin abgrenzte.

Dan und Gary, die sich wegen der Drehbassen in unmittelbarer Nähe befanden, kriegten einige Splitter um die Ohren. Aber sie hatten Glück, die Sache war mit einigen Kratzern abgetan. Auch am Schiff entstand kein größerer Schaden.

Die Galeeren griffen mit dem Mut der Verzweiflung an, denn für einen Rückzug war es jetzt zu spät. Außerdem fühlten sie sich ja immer noch in der Überzahl – trotz der Vernichtung ihres Flaggschiffs.

„Die Lücken sind noch immer groß genug!“ rief der Seewolf. „Los, wir segeln hinein, und dann feuern wir aus allen Knopflöchern!“

Rasch winkte Hasard zu Arne hinüber. Seine Geste wurde sofort beantwortet. Beide Galeonen liefen direkt auf die Linie der herankrebsenden Galeeren zu, auf denen man in Windeseile die Segel barg.

Die Kommandanten der polnischen Schiffe durchschauten die Absicht der Galeonen-Kapitäne und versuchten eilig, ihren Kurs zu ändern. Aber es war bereits zu spät dazu, die beiden Schiffe auf die „Hörner“ zu nehmen. Die Polen hatten, wie der Seewolf schon einmal festgestellt hatte, ihre Linie zu weit ineinandergezogen.

Bevor die Galeeren mit ihren Rammsporen irgendwelchen Schaden anrichten konnten, befanden sich die Galeonen auf gleicher Höhe mit ihnen.

Das Donnern der Drehbassen, Musketen und Tromblons, die auch auf der „Isabella“ und der „Wappen von Kolberg“ voll im Einsatz waren, rollte wie ein Gewitter über die Wasserfläche.

Dann schien sich urplötzlich erneut der Schlund der Hölle zu öffnen und alles an Feuer, Tod und Verwüstung auszuspeien, was in ihm war.

Auf beiden Seiten der „Isabella“ brüllten je drei 17pfünder des Vordecks und vier 25pfünder der Kuhl auf. Von Steuerbord und Backbord aus rasten je sieben schwere Kanonenkugeln fauchend und zischend auf die Galeeren zu und verwandelten sie in Wracks. Dabei hatte die „Isabella“ ihre Culverinen oberhalb und unterhalb des Quarterdecks noch gar nicht zum Einsatz gebracht. Wie es schien, war dies auch nicht mehr nötig, denn das Schiff der Seewölfe hatte sich auch mit einem Teil seiner Stücke schon in eine feuerspeiende Festung verwandelt.

Auf der „Wappen von Kolberg“ wummerten die Culverinen ebenfalls. Die Galeone hatte sich zur selben Zeit wie die „Isabella“ in die feindliche Linie geschoben.

Naturgemäß erwischte es die mittlere der drei Galeeren am härtesten, da sie je eine Breitseite von beiden Galeonen empfing. Die Treffer hieben sie in Stükke, der Besatzung blieb nur noch der Sprung über Bord.

Von den beiden letzten polnischen Schiffen stand eins in Flammen und sackte über das Heck weg, das andere krängte durch die Einschläge unterhalb der Wasserlinie so stark nach Steuerbord, daß sein Sinken nur eine Zeitfrage war.

Überall sprangen Soldaten, Ruderknechte und Besatzungsmitglieder über Bord. Niemand dachte mehr daran, die beiden Segler zu beschießen.

„Die Küste ist nicht weit entfernt, sie werden sie schwimmend erreichen können“, sagte Ben. Seine Blikke wanderten über das Bild der Verwüstung. Wohin man blickte, sah man Menschen, die um ihr Leben schwammen, dazwischen trieben Planken, Maststücke, Segelfetzen, Stengen, Fässer und Holzteile.

Old O’Flynn räusperte sich.

„Ich schätze, die Bernsteinjäger haben vorerst die Nase voll.“

„Das ist anzunehmen“, sagte Hasard. „Wir haben schließlich auch noch eine andere Aufgabe, als uns ständig mit polnischen Verbänden herumzuschlagen.“

Der alte O’Flynn rieb sich zufrieden die Hände.

„Weißt du, auf was ich jetzt Lust habe, Sir?“

Der Seewolf sah ihn abwartend an.

„Zwei Wünsche habe ich“, fuhr Old Donegal fort. „Zuerst einmal möchte ich zur Vorpiek gehen, um dem Generalkapitän zu berichten, warum es hier so gewaltig gekracht und gedonnert hat. Sein Gesicht würde mich schon im voraus für allen zukünftigen Ärger entschädigen. Und dann – äh – möchte ich mir noch einen Schlag Erbsensuppe aus der Kombüse holen.“

Die Seewölfe brachen in schallendes Gelächter aus ob der seltsamen Gelüste des alten O’Flynn. Die Mittagszeit war zwar erreicht, aber das Backen und Banken hatte heute, bedingt durch die turbulenten Ereignisse, etwas früher stattgefunden. Alle fühlten sich noch satt, nur Old Donegal schien dieses Mal ein Loch im Magen zu haben.

Die Lage an Bord der „Isabella“ normalisierte sich rasch wieder, und beide Galeonen verließen schon kurze Zeit nach dem Gefecht die samländischen Küstengewässer mit Kreuzschlägen westwärts …

Seewölfe Paket 17

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