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Kapitel 6 – Vergeigter Impfstart – September 2021

Sie öffnete die Augen und versuchte sich zu erinnern. Er war wieder da. Der Traum von früher. Als sie 16 war. Sein Gesicht war nicht erkennbar. Er erhitzte das Haschisch, zerkrümelte es und stopfte es in seine Pfeife. Dann bröckelte er etwas Tabak dazu und fing an zu ziehen. Sie saß im Schneidersitz auf ihrer lilafarbenen Decke, im Hochsitz am Waldrand von Oberreut. Mit dem Fahrrad waren sie hergefahren. Er gab ihr die Pfeife und sie machte einen tiefen Zug. Zu tief, sie musste husten. Er nahm ihr die Pfeife weg, küsste sie sanft. Gefühlvoll glitten seine Hände über ihr Gesicht. Er ertaste ihre Konturen und fuhr entlang zum ersten Knopf ihrer Bluse. Dann öffnete er jeden Einzelnen. Langsam. Er zog an der Pfeife. Sie war dran.

Ungelenk schob sie seine Hände unter sein Shirt und stülpte es über seinen Kopf. Sie zog wieder und genoss den Nebel, der sich langsam um ihren Kopf legte. Das Hasch zeigte bereits seine Wirkung – zu schnell. Er nahm ihr die Pfeife ab, zog selbst wieder daran und ließ seine Hände wieder über ihren glatten Körper streichen. Dann öffnete er ihren BH. Seine Finger kreisten über ihre kleinen Brustwarzen. Sie küssten sich leidenschaftlich. Der Traum endete immer gleich. Sie saß sehnsüchtig auf ihm, ritt ihn gefühlvoll, bis sie schließlich beide mit einem extatisch stummen Schrei kamen. Sie wachte abrupt auf. Sie war feucht. Wie immer bei diesem Traum.

„Hast du gesehen, was der designierte Kanzler deiner FORTSCHRITTSPARTEI gerade vorschlägt?“, rief Sven aus der Küche, wo er sich gerade ein Schinkenbrot machte. Sie blickte auf die Nachricht von NEWSLOX:

Heftige Kritik nach verschobenem Impfstart: designierter Kanzler Spieler kündigt an, Impfstoffbeschaffung nicht mehr allein der EU zu überlassen.

Hoffentlich beschleunigt das das lahme Impfen, überlegte Sven. Das würde seinem Geschäft guttun, wenn die Menschen wieder normal einkaufen würden. So richtig überzeugt war er aber nicht. Er biss in sein Brot. Weil er nicht aufpasste, landete der Fettrand auf dem Hosenbund und bekleckerte den brauen Gürtel und die Anzughose.

„Mist.“

Sie sagte nichts. Sie hatte ihm nichts zu sagen. Ihre glückliche Welt war eingebrochen wie ein Schlittschuhläufer im Eis. Sven fummelte an der Hose herum und versuchte das Fett auf dem Gürtel weg zu polieren. Vergeblich. Machte es nur schlimmer. Er trat einen Schritt zurück und schaute durch die Flügeltür ins Wohnzimmer.

„Wir stehen erst am Anfang der Krise, Liebling. Wir müssen zusammenhalten und das Beste draus machen. Hörst du? “

Er schloss die Kühlschranktür und schaute Richtung Sofa. Sie hatte die Augen geschlossen. Er wusste nicht, dass sie wieder versuchte zu träumen. Er würde es nie erfahren. Er durfte es nicht. Die Träume gehörten nur ihr.

Brenzlige Wahlen

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