Читать книгу fucking Kerle - Ruth Broucq - Страница 10

Blut geleckt

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Zwar hatte Udo mich auf die Idee gebracht, weil er mir von der früheren „Sub-Geschichte“ erzählt hatte, aber weil wir für den Start Geld brauchten, musste mein Konto dafür her halten. Wessen auch sonst? Udo hatte natürlich kein Konto, dazu war er zu hoch verschuldet. Natürlich war ich dazu bereit.

Wie wir uns von meiner Sparkasse einen Kredit holen konnten, konnte meine Freundin Esther erklären. Mit dem Sparkassen-System kannte sie sich bestens aus, wusste, dass die Filialen bis zu Tausend Mark die Kontoführung nicht anrufen mussten. Deshalb sei es möglich an den Filialen die einen Spät-Nachtschalter hatten, eine Auszahlung von Tausend Mark ohne Probleme zu bekommen.

Also stellte Esther mir einen Verrechnungsscheck über Fünfzehntausend Mark aus, der natürlich nicht gedeckt war, und noch bevor der Schwindel auffallen konnte, holten wir das Geld in einer Wochenend- Blitzaktion in Tausender-Abhebungen ab. Wir schafften an einem Wochenende zwölf Spätschalter, die restlichen Dreitausend bekamen wir nicht mehr.

Mit den undurchsichtigen Fassaden-Verträgen hatten wir schon eine nicht ganz korrekte Tätigkeit betrieben, aber mit dem ungedeckten Scheck begaben Esther und ich uns auf eine ganz heiße Spur, die sich unweigerlich irgendwann zur Mausefalle entwickeln musste. Eigentlich hätte ich das voraus ahnen können, aber ich schob einfach alle Bedenken beiseite. Leichtsinnig verließen wir uns auf das Versprechen unseres Ex-Chefs Meier, uns Rückendeckung zu geben, indem er bezeugte, dass er Esther die Überweisung dieser Fünfzehntausend Mark zugesagt hatte. Auch dass Udo sich auch dabei ganz elegant raus gehalten hatte, sahen wir nicht als Problem an.

Mit der Kurzreise nach Spanien, an die Costa del Sol, versüßte Udo mir den Übergang zu der anderen Arbeit. Er wusste mich von der unangenehmen Ahnung abzulenken.

Bei unserer Rückkehr fielen alle Probleme wie ein Wolkenguss über mich her. Die Sparkasse hatte wegen Betrugs- Anzeige gegen Esther und mich erstattet, die Mahnungen häuften sich und ich wurde zur eidesstattlichen Versicherung vorgeladen. Udo bagatellisierte die Sache, schließlich betraf es ihn ja nicht.

Aber ich hatte auch nicht die Zeit lange über die Folgen unserer illegalen “Kreditaufnahme“ nachzudenken, denn wir waren mit dem Neuaufbau unseres neuen Subunternehmens voll beschäftigt. Zum Glück waren wir so im Aufbau-Stress, das Udo nicht die geringste Zeit hatte unsere Kohle zu verzocken, darüber war ich sehr froh.

Einen ganzen Sommer lang konnten wir nicht so viele Bauarbeiter beschaffen, wie die Bauunternehmen hätten brauchen können, wir waren sehr fleißig und verdienten schneller, viel Geld, als wir es hätten ausgeben können.

Wir waren dauernd im norddeutschen Raum unterwegs, denn wir hatten dort über fünfzig Leute in Arbeit. Unser Büro unterhielten wir in Solingen, mit meiner EX- Schwiegermutter als Bürokraft. Da wir alle möglichen Nationalitäten als Arbeitskräfte beschäftigt hatten, die Nachschub aus der Heimat bestellten, mussten wir meistens Sonntagabends losfahren, um die neuen Arbeiter vom Bahnhof abzuholen. Die Neuen kamen meist in Hannover oder Hamburg aus an. Wenn wir die Leute dort hingebracht hatten, wo sie gebraucht wurden, ergab sich häufig irgendein anderes Problem, sodass wir selten vor Freitags abends wieder zurück nach Hause kamen. Die Besetzung unseres Büros, durch meine Schwiegermutter war Gold wert. Dadurch konnten wir Verbindungen knüpfen, die uns ermöglichten, schnell Lücken zu füllen, ohne Zeit zu verlieren.

Auch die Arbeiter selbst besorgten uns oft neue Arbeitskräfte, weil sie die frisch ankommenden Landsleute am Bahnhof aufgegriffen hatten, die ebenfalls Arbeit suchten. Zu unserem Glück boomte die Baubranche so stark, dass wir allen Leuten sofort Arbeit beschaffen konnten. So wuchs unser Unternehmen teilweise ohne unser Zutun, quasi von selbst.

Um meine Kinder kümmerte sich in dieser Zeit mein Exmann, der sich das natürlich gut bezahlen ließ. Aber das honorierte ich selbstverständlich freiwillig großzügig, denn ich war froh, dass wir normal miteinander umgingen, und dass die Kinder sich nach Laune zwischen unseren Wohnungen bewegen konnten.

Manchmal nahmen wir die beiden Kinder auch übers Wochenende mit in ein schönes Wellness - Hotel, was sie sehr genossen. Aber meistens waren wir alleine unterwegs, denn wir mussten freitags immer die Löhne auszahlen, was schon viel Zeit in Anspruch nahm, weil einige Kilometer zwischen den Städten lagen. Und solch lange Fahrten, wäre kein Vergnügen für Kinder gewesen.

Auch Ester und Holger waren ständig unterwegs, denn mittlerweile war unser Unternehmen recht groß geworden. Alles lief sehr gut, bis eines Tages eine schlechte Nachricht alles veränderte. Mit einem Schlag erhielten wir eines Tages plötzlich von allen Firmen Freimeldungen für alle Leute. Die AOK hatte in Hannover bei ein paar Firmen eine Buchprüfung angeordnet. Die Firmenchefs befürchteten, zu Recht, dass sie als Drittschuldner für die Sozialabgaben ihrer Sub-Unternehmer haftbar gemacht werden würden. Also beugten sie vor, und kündigten unsere Zusammenarbeit fristlos. Von einem Tag auf den Anderen standen unsere Arbeiter auf der Straße.

Die zweite schlechte Nachricht kam fast gleichzeitig auf uns zu. Das Amtsgericht stellte und den Verhandlungstermin zu: in der Betrugssache Ruth Woods/ Esther Berlin zum Nachteil der Stadtsparkasse.

Das war ein Schock, obwohl wir damit hätten rechnen müssen.

„Also braucht ihr einen Anwalt. Ich weiß einen guten Strafverteidiger. Ich mach mal einen Termin bei dem „Dicken“. War Udos gelassene Reaktion. „Aber wir müssen uns auch wegen den Malochern was einfallen lassen. Ich fürchte nur, um diese Jahreszeit können wir die nicht mehr unterbringen.“ Schob er das Geschäftliche in den Vordergrund.

„Na gut, erst mal ist eine neue lukrative Einnahmequelle wichtig. Okay, wir haben einen guten Sommer lang abgesahnt, die Bau-Saison ist sowieso bald vorbei, dann ist eben jetzt Schluss. Dann geben wir halt das Sub-Geschäft auf und widmen uns dem Zock. Du hast mir doch erzählt, dass dein ehemaliger Chef schon wieder ein Casino aufgemacht hat, oder? Wenn der kurz nach der Knast Entlassung gleich wieder da weiter macht, wo die Schmiere ihn rausgeholt hat, was hindert uns dann auch da einzusteigen? Was dein Ex-Chef kann, können wir doch auch, oder?“ Witterte ich schon wieder eine neue Chance, gleich in ein anderes Metier umzusteigen.

Udo reagierte anfangs etwas zögerlich, fuhr aber mit mir nach Bottrop um sich den neuen „Laden“ seines ehemaligen Chefs anzusehen. Es war mir eigentlich klar, dass er neugierig darauf war.

Nach Monaten zum ersten Mal wieder ein Casino zu betreten, war für Udo wie eine Offenbarung. In dem schummerigen Raum stand in einer Dunstglocke von Zigarettenqualm, ein Würfeltisch, der dicht umringt war von vielen Männern. Mit Geldscheinen in der Hand, drängten sie sich um die engen Stehplätze. Wie von Zauberhand hatte auch mein Freund sofort ein Bündel Scheine in der Hand, und beteiligte sich an dem Spiel. Dabei vergaß er mich einfach.

Ich stand im Hintergrund, sah nur Rücken und Köpfe, und verlor Udo irgendwann aus den Augen. Es dauerte eine ganze Weile bis mein Begleiter sich meiner erinnerte. „Hier ist ja was los. Gut dass ich nicht mehr Geld mit hatte, ich bin geputzt!“ sagte Udo, als er sich mir endlich zuwandte.

„Ja, das ist unsere neue Chance. Da müssen wir rein springen!“ war ich sicher.

Dann erkundigte Udo sich nach den diversen Möglichkeiten in der Zockbranche zu starten. Wir erfuhren, dass das BKA die Unbedenklichkeits-Bescheinigung für ein neues 24er-Roulettes erteilt hatte, und dass wir mit der Gründung eines eingetragenen Vereins das Spiel veranstalten könnten, ohne das die örtlichen Ordnungsämter dagegen Einwände haben könnten.

„Na bitte, das ist doch eine super neue Möglichkeit. Einen Verein zu gründen, ist kein Problem, und Geld haben wir auch genug. Also wissen wir schon wie es bei uns weiter geht, dann werden wir uns direkt mal in Solingen nach einem Laden umschauen.“ Bestimmte ich schon unser Vorgehen, als wir auf dem Heimweg waren. Während Udo noch immer zögerte, war ich Feuer und Flamme, drängte ihn, keine Zeit zu verlieren, denn ich hatte mittlerweile eine Nase für lukrative Geschäfte.

Wie es meine Art ist, wollte gleich kurz entschlossen starten. Nach kurzem Zögern gab Udo nach und stimmte zu. Ohne lange Überlegung fuhr ich Richtung Innenstadt, und entdeckte gleich am Schlagbaum zwei leere Läden. „Da sieh mal, Udo, gleich zwei freie Läden nebeneinander. Hauptverkehrsstrasse, große Ampelkreuzung, direkt gegenüber von unserem Stadt- Theater, besser geht’s nicht.“ Rief ich erfreut und fuhr eine Schleife zur anderen Straßenseite.

Bei einem Ladenlokal war nicht zu ermitteln, wer der zuständige Vermieter war, denn auf den vielen Klingeln standen nur ausländische Namen. Aber bei dem Haus daneben hatten wir Glück. Der Besitzer dieses Hauses wohnte gleich über dem freien Laden auf der ersten Etage.

Die Leute waren Holländer und sehr freundlich, die uns gleich die Räume zeigten. Wir erkundigten uns nach der Größe, und dem Mietpreis, der erstaunlich gering war. Aufgrund der positiven Auskünfte vereinbarte Udo einen Besichtigungstermin für den nächsten Nachmittag.

„Warum hast du die Sache auf morgen verschoben? Wir haben doch nichts vor.“ Wunderte ich mich, als wir ins Auto stiegen.

Seine Antwort gefiel mir absolut nicht. „Ich will mir erst noch einen Partner suchen, und mit dem zusammen entscheiden, welchen Laden wir nehmen.“

„Was? Warum das denn? Das brauchen wir doch nicht, wir haben Geld genug, um auf die Einmischung eines Partners verzichten zu können.“ Protestierte ich. „Mir hat die Erfahrung mit unserem letzten Partner gereicht. Ich habe keine Lust mich über die Fehler anderer zu ärgern oder für deren Faulheit mit zu arbeiten. Nee!“

„Red nicht so einen Mist, du hast doch von dem Geschäft keine Ahnung. Ein Spielbetrieb ist doch etwas ganz anderes als der Sub. Man kann kein Casino alleine betreiben. Das ist ein Sieben-Tage-Geschäft, mit sehr langen Öffnungszeiten. Das Spiel kann auch mal über 24 Stunden gehen, dann bist du froh, wenn du Entlastung hast. Also halt dich aus Sachen raus, wovon du null Ahnung hast. Ich weiß schon was ich tue, schließlich habe ich genug Erfahrung in der Branche. Ich weiß auch schon wen ich frage. Den Fransmann, das ist ein wandelnder Geldschrank, und er ist korrekt und zuverlässig.“ Fuhr Udo mich hart an, er duldete keinen Widerspruch. Beleidigt schwieg ich.

Zwar kannte ich den Klaus, genannt Fransmann, wenn auch nur flüchtig aus dem Sportcafe, aber egal um wen es sich handelte, ich war gegen eine Partnerschaft, denn die Erfahrung mit der Letzten hatte mir gereicht.

Bei der Besprechung schloss Udo mich aus. Er ging mit dem Fransmann in das Hinterzimmer des Sportcafes, eine Rumpelskammer, wo nur altes Mobiliar und der Würfeltisch standen. Dieser Raum wurde nur für „Sondersitzungen“ benutzt, und dass nicht Jeder Zutritt hatte, zeigte Udo mir deutlich, indem er die Tür hinter sich, vor meiner Nase, schloss. Ich war kotzsauer, empfand das als unverschämt.

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