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Geduld

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Nach der Attacke der Echsen mit den Lanzen, die aus ihren Mäulern geschossen waren, musste Haif sich verbieten, diesen unheilvollen Ort fluchtartig zu verlassen. Seit dem Eintreffen des Herrschers hatte er sich nicht einen Millimeter von seinem Versteck wegbewegt.

Er wünschte sich, er hätte nicht alles sehen müssen, was sich in den letzten Mondstunden vor seinen entsetzten Augen abgespielt hatte. Die Schreie, die sich in sein Gedächtnis einbrannten und fortan von seinem Unterbewusstsein immer wieder hochgespült wurden. Es war wohl das Grausamste, das er je erlebt hatte. Und Koros war das grausamste Wesen, dem er je begegnet war.

Den einzigen Trost, den Haif fand, war, dass er durch seine akribischen Beobachtungen wertvolle Informationen sammeln konnte. Das betraf vor allen Dingen Pais. Der Herrscher hatte dessen Verstand irgendwie manipuliert. Er hatte sein Denken verändert. Daran bestand für den kleinen Sortaner mit dem schmutzigen Fell kein Zweifel mehr.

Als sämtliche Augen auf die Echsen gerichtet waren, hätte er die Gelegenheit beim Schopfe packen und Pais da raus holen können. Aber nachdem dieser mit seiner Armbrust auf die gegenüberliegende Seite geschossen hatte, entschied sich Haif dagegen. Er selbst wäre wahrscheinlich das nächste Ziel der Schusswaffe des Menschen geworden.

Es musste eine andere Lösung her. Doch je länger Haif zögerte, desto unwahrscheinlicher wurde eine weitere Gelegenheit, Pais zu befreien.

Wenn Haif seine Situation einigermaßen realistisch betrachtete, dann gab es im Grunde nichts, was er ausrichten konnte, ohne dabei sein Leben zu verlieren oder das Leben des Menschen zu gefährden.

Was mochte nur im Kopf von Pais vorgehen? Wie war es möglich, ihn wieder zu Verstand zu bringen? Aber die nahe liegendste Frage war: Was machte Haif eigentlich noch hier? Es war doch völlig sinnlos! Gegen diese unsichtbaren Mächte, über die Koros verfügte, war er, der kleine, ängstliche Hasenfuß Haif Haven doch machtlos.

Trotz aller Zweifel, aus irgendeinem Grund entschied er sich zu bleiben. Er wollte nicht akzeptieren, dass es keine Alternativen mehr gab. Tief in Gedanken versunken vernahm er einen dumpfen Donnerschlag. Erschrocken presste er sich sein Fernrohr vors linke Auge. Alle zwölf Katapulte waren auf die gegenüberliegende Felsspalte gerichtet. Tabis und Toba ließen im Akkord die Druckbomben auf die Ahnen-Seite feuern. Eine Salve von Detonationen erschütterte die Erde.

Ameisengroße Figuren rannten im Fernrohr des Sortaners um ihr Leben. Und überall dort, wo eine der Druckwellen ausbrach, entstanden innerhalb von Sekundenbruchteilen leere Flächen. Dutzende Gestalten flogen wie aufgewirbelter Staub durch die Luft. Viele von ihnen verschwanden in der Schlucht. Nichts hielt den unsichtbaren Explosionen stand. Die provisorischen Abwehrtürme, Munition, ja sogar Geröll und tief wurzelnde Bäume wurden weggerissen. Nur die großen Steinstatuen hielten stand und beschrieben weiterhin ihren Halbkreis.

Offenbar verlor Koros die Geduld und machte nun kurzen Prozess.

Haif sah, wie er während des Bombardements zu seinem Berater hinüberlief.

»Na? Was sagst du nun, Wrax? Das wolltest du doch, oder? Du wolltest doch, dass es schnell vorübergeht. Hier! Da hast du es. Sieh es dir an! Schneller kann es nicht gehen«, sprach der Herrscher boshaft.

Wrax war zu einem Eisklumpen erstarrt und reagierte nicht mehr auf seinen Ersten.

Vielleicht war es der beste Abwehrmechanismus, der ihm zur Verfügung stand, dachte Haif traurig.

Das Beben der Druckbomben erstarb schließlich nach ein paar unerträglichen Minuten.

Zitternd blickte Haif mit seinem Vergrößerungsglas auf eine menschenleere Klippe der Ahnenländer. Nichts als Leere. Ein paar Nachzügler auf dem Rückzug huschten durchs Bild.

Und dann: nichts.

Nichts, was Koros Cusuar noch aufhalten würde.

Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe)

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