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e) Verkehrsfeindliche Einwirkungen aus dem Straßenverkehr heraus

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Wie bereits eingangs erwähnt, soll § 315b grundsätzlich nur Eingriffe erfassen, die von außen in den Straßenverkehr einwirken. Um Strafbarkeitslücken zu vermeiden, sollen nach Auffassung des BGH, der sich die Literatur weitestgehend angeschlossen hat[19], allerdings auch solche Tathandlungen von § 315b erfasst werden, die aus dem fließenden oder ruhenden Straßenverkehr heraus begangen wurden.

JURIQ-Klausurtipp

Sollten Sie in der Klausur § 315b prüfen müssen, dann wird Ihnen in den meisten Fällen die nachfolgend dargestellte Problematik begegnen. Bei genauer Kenntnis der BGH-Rechtsprechung dürfte Ihnen die Abgrenzung zwischen einem strafbaren Eingriff gem. § 315b und einem weder von dieser Norm noch ggfs. von § 315c erfassten und damit straflosen Eingriff jedoch leicht fallen.

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Diese Eingriffe können entweder das Bereiten eines Hindernisses gem. § 315b Abs. 1 Nr. 2 oder aber die Vornahme eines ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs gem. § 315b Abs. 1 Nr. 3 darstellen. Voraussetzung ist jedoch, dass Sie sich nicht in einer Verletzung von Verkehrsregeln und in einer fehlerhaften Verkehrsteilnahme erschöpfen, da insoweit § 315c Abs. 1 Nr. 2 abschließend ist. Die Verkehrsbehinderung, die durch den zweckentfremdeten Einsatz des Kraftfahrzeuges erreicht wird, muss von einigem Gewicht sein.

Erforderlich ist mithin, dass

die Eingriffe aufgrund einer Zweckentfremdung des Fahrzeuges und der damit verbundenen Gefahrverursachung den Charakter von verkehrsfeindlichen Einwirkungen annehmen, und
der Täter in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu pervertieren und dadurch die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen. Diese „Pervertierungsabsicht“ setzt dolus directus 1. Grades voraus.

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Zusätzlich verlangt der BGH beim Einsatz eines Fahrzeuges als Waffe oder Schadenswerkzeug einen Schädigungsvorsatz, wobei dolus eventualis genügt. Der Täter muss also zumindest billigend in Kauf nehmen, dass entweder ein anderer Mensch oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert durch sein Verhalten geschädigt wird. Insofern sind die Anforderungen an den Vorsatz bei Eingriffen dieser Art höher, da es bei § 315b grundsätzlich ausreicht, dass der Täter nur die Gefährdung eines anderen Menschen bzw. einer fremden Sache von bedeutendem Wert billigend in Kauf nimmt.[20]

Hinweis

Damit kann § 315b in diesen Fällen nur als Vorsatz-Vorsatz-Kombination gem. Abs. 1 verwirklicht werden.

Beispiel

Das Falschfahren auf der Autobahn (sog. „Geisterfahrer“)[21], das gezielte Zufahren auf einen anderen Menschen[22], das vorsätzliche Rammen eines anderen Fahrzeugs bei hoher Geschwindigkeit sind als verkehrsfeindliche Eingriffe angesehen worden[23]. Auch das Abschütteln eines Polizisten, der sich zum Zwecke der Festnahme auf die Motorhaube gelegt hat, ist ein verkehrsfeindlicher Eingriff.[24]

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Nach Auffassung des BGH kann eine bewusste Zweckentfremdung sogar dann vorliegen, wenn sich der Täter objektiv verkehrsgerecht verhält, dabei aber die Absicht hat, einen Verkehrsunfall herbeizuführen.[25]

Beispiel

A positioniert sich mit seinem Fahrzeug an einer unfallträchtigen und schwer einsehbaren Straßeneinmündung, bei welcher die Verkehrsteilnehmer die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gewohnheitsmäßig übersehen. Nachdem er von seinem Freund F über Handy darüber informiert wurde, dass Verkehrsteilnehmer V sich mit überhöhter Geschwindigkeit der Einmündung nähert, biegt er mit seinem Fahrzeug von rechts kommend in die Straßeneinmündung ein und verursacht auf diese Art und Weise einen Verkehrsunfall, bei dem ein nicht unerheblicher Fahrzeugschaden sowohl an seinem als auch an dem gegnerischen Fahrzeug entsteht.

Da A hier das Fahrzeug verwendet hat, um Ansprüche gegenüber der gegnerischen Versicherung zu begründen, hat er es nicht in erster Linie als Fortbewegungsmittel eingesetzt, sondern bewusst als Unfallfahrzeug zweckentfremdet. Auf diese Zweckentfremdung kam es ihm auch an. Darüber hinaus kann ihm der entsprechende Schädigungsvorsatz unterstellt werden, da der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch nur bei Realisierung eines Verkehrsunfalls ausgelöst wird.

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Eine Strafbarkeit gem. § 315b in Fällen der soeben genannten Art wird in der Literatur teilweise abgelehnt. Es wird darauf hingewiesen, dass ein verkehrsgerechtes Verhalten des Täters, welches nur aufgrund eines Fehlverhaltens eines Dritten zu einer Schädigung führen kann, nicht von § 315b erfasst werden könne.[26] Die andere in der Literatur vertretene Ansicht verweist allerdings darauf, dass ein Unfall provozierendes Verhalten gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoße und deswegen gerade nicht verkehrsgerecht sei, womit der Anwendungsbereich der §§ 315b ff wieder eröffnet sei.[27]

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Da der BGH zur Bestimmung der Tatbestandsmäßigkeit des verkehrsfeindlichen Eingriffs maßgeblich auf subjektive Komponenten wie die Pervertierungsabsicht und den Schädigungsvorsatz abstellt, stellt sich für Sie in der Klausur die Frage, wo und wie diese BGH-Rechtsprechung dargestellt werden muss. Eine Aufteilung dergestalt, dass im objektiven Tatbestand zunächst danach gefragt wird, ob eine Einwirkung von einigem Gewicht vorliegt und erst im subjektiven Tatbestand der Schädigungsvorsatz und die Absicht diskutiert werden, empfiehlt sich nicht, da die Einwirkung nur dann tatbestandsmäßig ist, wenn die subjektiven Anforderungen erfüllt sind. Dementsprechend kann bei diesen Problemfällen die BGH-Rechtsprechung mit ihren subjektiven Anforderungen nur im objektiven Tatbestand dargestellt werden. Um kritische Anmerkungen des Korrektors zu vermeiden, sollten Sie in Fällen dieser Art nicht zwischen objektivem und subjektivem Tatbestand unterscheiden, sondern Ihre Ausführungen mit „I. Tatbestand“ übertiteln und unter dieser Überschrift dann einheitlich die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 315b prüfen.


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Klausurrelevant sind in diesem Zusammenhang auch die Fälle der sog. „Polizeiflucht“. Die frühere BGH-Rechtsprechung hat § 315b Abs. 1 Nr. 3 bejaht, wenn der Täter gezielt auf einen ihn anhaltenden Polizisten zufährt, um ihn zu zwingen, den Weg freizugeben und dabei vorhat, dem Polizisten im letzten Augenblick auszuweichen. Voraussetzung war jedoch, dass der Täter das Fahrzeug nicht nur lediglich als Fluchtmittel nutzen wollte (dann kein verkehrsfeindlicher Eingriff), sondern zugleich als Werkzeug zur Nötigung „pervertieren“ wollte, um sich einen Fluchtweg zu eröffnen.[28] Nach jetziger BGH-Rechtsprechung wäre nunmehr in Fällen dieser Art zusätzlich erforderlich, dass der Täter mit der Möglichkeit der Verletzung des Polizeibeamten gerechnet und diese billigend in Kauf genommen hat. Gleiches gilt für die Fälle, in denen der Täter verfolgende Polizeifahrzeuge durch verkehrswidriges Verhalten abdrängen möchte. Nimmt er nur eine Behinderung und Gefährdung der Polizisten als Folge seines Verhaltens billigend in Kauf, so ist eine Strafbarkeit gem. § 315b Abs. 1 Nr. 2 zu verneinen, da der Täter in diesen Fällen das Fahrzeug überwiegend als Fluchtmittel benutzt, so dass ein Eingriff vorliegt, der überwiegend aus dem Straßenverkehr heraus erfolgt und nicht verkehrsfeindlich ist. Nimmt der Täter hingegen auch hier z.B. eine Körperverletzung der verfolgenden Polizeibeamten billigend in Kauf, setzt er das Fahrzeug nicht nur als Fluchtmittel, sondern verkehrswidrig als Werkzeug zur Nötigung und Körperverletzung ein, so dass das Bereiten eines Hindernisses gem. § 315b Abs. 1 Nr. 2 bejaht werden kann.[29]

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Im letztgenannten Beispiel kommt natürlich auch eine Strafbarkeit gem. § 315c Abs. 1 Nr. 2 in Betracht. Zu bedenken ist aber, dass nur § 315b über Abs. 3 die Möglichkeit der (Erfolgs-) Qualifikation eröffnet ist, weswegen beide Normen in Tateinheit gem. § 52 stehen können und in der Klausur zu prüfen sind.

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Bei Eingriffen des Beifahrers in den Verkehrsvorgang ist streitig, ob diese von § 315b I Nr. 3 erfasst sein sollen.

Beispiel

Das Abziehen des Zündschlüssels durch den Beifahrer während der Fahrt, so dass die Lenkradsperre ausgelöst wird[30] oder aber das Ziehen der Handbremse bei 140 km/h, um den Fahrer zu einem langsameren Fahren zu veranlassen.

In Rechtsprechung und Teilen der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Handlungen des Beifahrers nur dann erfasst sein sollen, wenn dieser das Fahrzeug pervertiert.[31] Insofern gelten für den Beifahrer die gleichen Anforderungen wie für den Fahrer. Der Beifahrer wird damit als normaler Verkehrsteilnehmer angesehen. Liegt eine Pervertierung nicht vor, handelt es sich um einen aus dem Straßenverkehr stammenden Eingriff, der nicht von § 315b erfasst sein soll. Da § 315c in derartigen Fällen nicht verwirklicht sein kann, ist das Verhalten jedenfalls nicht nach den Straßenverkehrsdelikten strafbar.

Eine starke Gegenmeinung[32] widerspricht einer dadurch eintretenden Privilegierung des Beifahrers und stuft Eingriffe des Beifahrers als verkehrsfremde Eingriffe von außen in den Straßenverkehr ein, die regelmäßig von § 315b erfasst werden. Damit ist jedenfalls eine Bestrafung nach den Straßenverkehrsdelikten möglich.

Strafrecht Besonderer Teil III

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