Читать книгу Strafrecht Besonderer Teil II - Sabine Tofahrn - Страница 79
1. Überblick
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Nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 liegt in der Regel ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vor, wenn der Täter zur Ausführung der Tat in eine besonders geschützte Räumlichkeit, nämlich ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum hineingelangt.
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Grund für die Strafschärfung in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ist die erhöhte kriminelle Energie, die der Täter aufwenden muss, um sich über eine besonders geschaffene Schutzsphäre hinwegzusetzen.
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Als Handlungsmodalitäten nennt das Gesetz das Einbrechen, Einsteigen, Eindringen mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen, nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug und das (wenig klausurrelevante) Verborgenhalten in einem Raum.
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Beachten Sie bei der Prüfung, dass der Täter „zur Ausführung der Tat“, also zur Begehung des Diebstahls, den Sie vorab bei § 242 geprüft haben, in die geschützte Räumlichkeit hineingelangt sein muss. Diese Voraussetzung verdient in der Klausur besondere Aufmerksamkeit, wenn während der Tat ein Vorsatzwechsel stattfindet.
Beispiel 1
A bricht die Türe einer Berghütte auf, um sich vor dem herannahenden Gewitter in Sicherheit zu bringen. In der Hütte sitzend bemerkt er dann eine Espressomaschine, die er gut gebrauchen kann. Nachdem das Wetter aufgeklärt hat, nimmt er die Maschine mit nach Hause.
Hier ist A nicht zur Ausführung des Diebstahls in die Hütte eingebrochen. Der Diebstahlsvorsatz wurde erst später gefasst.
Beispiel 2
A steigt durch ein Seitenfenster in den Schmuckladen der C ein, um eine wertvolle Perlenkette mitzunehmen. Im Geschäft muss er feststellen, dass die Kette sich nicht mehr im Laden befindet. Frustriert beschließt er, den Laden unverrichteter Dinge wieder zu verlassen. Am Ausgang entdeckt er eine Flasche Wein, die er spontan einsteckt, um sich wenigstens auf diese Art noch einen schönen Abend zu machen.
Es liegt zweifellos ein Diebstahl an der Flasche Wein vor. Zur Begehung dieses Diebstahls ist A aber nicht bei C eingestiegen, da er den entsprechenden Vorsatz erst gefasst hat, als er sich schon im Laden befand. A hat sich demgemäß wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall an der Kette und vollendeten einfachen Diebstahls an der Flasche Wein strafbar gemacht.
Beispiel 3
Achtung! Der vorgenannte Fall sieht anders aus, wenn A seinen Diebstahlsvorsatz nicht zunächst aufgibt und dann wieder neu fasst, sondern bei durchgängig fortbestehendem Vorsatz sein Interesse auf ein anderes Objekt richtet: Nachdem A festgestellt hat, dass die Kette nicht mehr da ist, schaut er sich im Laden um, um etwas anderes zu finden, das er mitnehmen kann. Dabei entdeckt er die Flasche Wein, die er alsdann einsteckt.
Nunmehr hat A sich bezüglich der Flasche Wein wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall strafbar gemacht.
JURIQ-Klausurtipp
Nicht nur bei § 243, sondern auch bei der sonst erforderlichen Beantwortung der Frage, ob eine oder mehrere Taten vorliegen, ist der Vorsatz also das wesentliche Kriterium. Ein Vorsatzwechsel kann eine Zäsur darstellen mit der Folge, dass zwei Taten angenommen werden müssen, wenn der Täter den Vorsatz zunächst aufgibt und erst danach wieder neu fasst. Mit der Problematik des Vorsatzwechsels beschäftigen Sie sich in der Klausur schon bei Erstellung der Gliederung. Im Beispiel 2 hätten Sie dann zutreffend festgestellt, dass zwei Taten vorliegen und diese zwei Taten dann auch hintereinander geprüft. § 243 hätten Sie dann bei der ersten Tat – Versuch – bejaht, bei der zweiten Tat angeprüft, aber unter Hinweis darauf, dass der Täter nicht zur Begehung dieser Tat eingestiegen ist, abgelehnt.
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Die Problematik des Vorsatzwechsels wird auch noch einmal im Zusammenhang mit § 243 Abs. 2 relevant. Siehe dazu Rn. 145.