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Bestandsaufnahme: Wie gehen Sie mit sich selbst um?

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In der heutigen Zeit geht es vor allem um eins, um mehr. Mehr Tempo, mehr Erleben, mehr Erfolg. Wir wollen viel, möglichst alles, und das schnell. Die Beschleunigung hat uns fest im Griff. Wir hetzen von einem „To do“ auf unserer Liste zum nächsten. Die Menge dessen, was wir erledigen und erfüllen wollen, steigert sich ständig. Perfekt zu funktionieren lautet das oberste Gebot. Wir legen uns selbst einen Zwang zum Multitasking auf, um alles zu schaffen. Denn wenn das eine fertig ist, steht das nächste schon an. Dieses permanente Gas geben auf der Überholspur hinterlässt Spuren; wir selbst drohen dabei auf der Strecke zu bleiben. Die unentwegten Anforderungen im Berufs- und Privatleben führen uns nicht selten an die Grenze unserer Kräfte. Die Gedanken rasen dahin und hüpfen unaufhörlich von einem Thema zum anderen. Wir können unsere Aufmerksamkeit nicht optimal lenken und schweifen dauernd ab. Wenn ein Termin den nächsten jagt, bleibt schließlich keine Zeit mehr zum Entspannen und Abschalten. Das quälende „Ich müsste eigentlich noch …“ erzeugt ständigen Druck. Wir fühlen uns wie in einem Hamsterrad gefangen, Tag für Tag, Woche für Woche, und wissen irgendwann nicht mehr, wie wir herauskommen sollen.

Genauso erging es mir. Permanentes Ausgelaugtsein, Unzufriedenheit und ein Gefühl der Leere waren die Folge eines Lebens, geprägt durch Selbstvernachlässigung und Stress. Beruflich war ich stark eingebunden. Als Dozentin an der Universität bereiteten mir die Lehrveranstaltungen mit den Studierenden zwar große Freude, jedoch war dies nur ein Teil der Arbeit. Ich hatte die Aufgabe wissenschaftliche Berichte zu schreiben, Fördermittel für die Forschung zu beantragen, an scheinbar endlosen Sitzungen teilzunehmen, Sprechstunden abzuhalten und, was mir besonders wichtig war, die Seminare gründlich vor- und nachzubereiten. Außerdem war ich noch als Redaktionsmitglied einer pädagogischen Zeitschrift tätig, was bedeutete, dass es zusätzlich Unmengen an Artikeln und Korrekturen zu lesen und Korrespondenzen zu erledigen gab.

Dazu galt es, weitere Rollen zu erfüllen: die der perfekten Partnerin, der fürsorglichen Tochter, der Enkeltochter, die sich um die pflegebedürftige Großmutter kümmerte, der zuverlässigen und unternehmungslustigen Freundin, Tante, Nachbarin und noch einige mehr. In der knappen Freizeit, die blieb, trainierte ich zusätzlich für einen Halbmarathon, da ich schließlich seit ein einigen Jahren jedes Jahr an einem teilnahm, und war als ehrenamtliche Vorlesepatin in der Kinderklinik aktiv.

Obwohl ich glaubte, dass mich dies alles erfüllte und ich mich wohl dabei fühlen müsste, verriet meine Unzufriedenheit Folgendes: Ich kümmerte mich um vieles, nur nicht um mich selbst. Ich räumte unzähligen Menschen und Tätigkeiten Zeit ein, nur für mich selbst hatte ich keine Zeit. Bei dem Versuch, es allen recht zu machen, habe ich einen Menschen vergessen: mich selbst.

Das hinterließ Spuren. Die Arbeit bereitete mir zunehmend weniger Freude und war durch mechanisches Funktionieren gelenkt. Mein Selbstwertgefühl war alles andere als stabil, der innere Kritiker nörgelte ständig an mir herum. Dinge, die ich sonst mit großem Elan und Enthusiasmus erledigte, ließen mich nun seufzen. Dienst nach Vorschrift, ohne Power und Vision. So kannte ich mich nicht.

Ich hatte bis dato viel geleistet, steckte voller Ideale und Ziele. Als Lehrerin habe ich nebenberuflich einen Master-Abschluss erlangt und den Sprung an die Universität geschafft. Innerhalb von zwei Jahren habe ich dann promoviert. Das war eine sehr anstrengende aber auch lohnende Zeit für mich. Ich habe erfahren, was man schaffen kann, wenn man es wirklich will.

In der Endphase der Promotion zerbrach meine langjährige Beziehung. Die Trennung war eine schmerzhafte Erfahrung. All das, was bisher eine unverrückbare Konstante war, löste sich urplötzlich auf. Das Vertraute zu verlieren und loszulassen war ein bitterer Prozess, der tiefe Spuren hinterließ. Im Anschluss an meine Doktorarbeit habe ich dann eine vielversprechende Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin bekommen. Von außen betrachtet lief es geordnet, ich ging eine neue, gute Partnerschaft ein und wir bezogen ein gemeinsames Zuhause. Im Laufe der Zeit spürte ich jedoch, dass ich innerlich massiv aus der Balance geraten war. Ich nahm perspektivisch ein Stück Abstand von mir selbst und wechselte in die Zuschauerrolle. Und ließ es laufen, anstatt etwas zu unternehmen. Das war ein großer Fehler, wie mir heute klar ist, aber ich geriet in einen Sog aus Selbstkritik und negativen Gedanken, der mich immer tiefer runterzog. Ich fühlte mich erschöpft und hilflos. Schließlich suchte ich meinen Arzt auf, der mir riet, die Notbremse zu ziehen und eine Auszeit verordnete. Seit langer Zeit tat ich nun etwas, was ich ansonsten erfolgreich verdrängte: Ich dachte über mich und die Art und Weise, wie ich mit mir selbst umging, nach.

Ich unterzog mich wie beim TÜV einer Bestandsaufnahme und sah zum ersten Mal seit Wochen genau hin. Der momentane Ist-Zustand war nur ein blasses Abbild von mir. Mein Inneres hat irgendwann auf Autopilot geschaltet und so hatte ich das Gefühl, nicht mehr selbst das Steuer in der Hand zu haben. Ich dachte, die Umstände bestimmen mein Leben und ich könne nichts ändern. Diese Ansicht war schlichtweg falsch. Im Nachhinein war diese Zeit, so schmerzlich und kräftezehrend sie auch war, sehr lohnend für mich. Denn gerade dieses vermeintliche Scheitern, dieses Nicht-mehr-Können brachte mich dazu, ehrlich mit mir selbst zu sein. So erschöpft und lieblos ich zu mir selbst war, brauchte ich mir nichts mehr vorzumachen: Ich kümmerte mich nicht um mein eigenes Wohlergehen.

Jede Selbsterkenntnis fängt damit an, schonungslos ehrlich zu sein. Am meisten fühlt man sich dabei von den Dingen getroffen, die man vor sich selbst verheimlicht hat. Ich erkannte, dass es mit meiner Selbstliebe und meinem Umgang mit mir selbst alles andere als gut aussah. Es war lange her, dass ich so richtig zufrieden gewesen war mit mir oder dass ich selbst von ganzem Herzen etwas Positives über mich gedacht hatte. Stattdessen hatte ich mich immer weniger selbst beachtet. Mich selbst, im Kern meines Wesens. Das hatte ich nur erfolgreich verdrängt. Die Fassade nach außen stimmte, aber in mir drin war nicht alles im Lot. Ich war aus dem Gleichgewicht geraten, da ich nicht mehr bewusst und gut für mich selbst gesorgt habe. Die ständigen Selbstangriffe in Form von Selbstabwertungen und negativen Denkmustern schwächten meine Energie. Mein innerer Akku war definitiv leer. Meine Umwelt und mich selbst nahm ich unachtsam wahr. Beim Mittagessen, mehr geschlungen als genossen, dachte ich über die Nachmittagsplanung nach, während ich mich gleichzeitig mit Kollegen unterhielt. Was ich da eigentlich genau aß und wie es schmeckte, habe ich nicht registriert. Meine Gedanken kreisten um Zukünftiges und Vergangenes; dem gegenwärtigen Moment habe ich keine Beachtung geschenkt. Meine Unachtsamkeit mir selbst und dem Leben gegenüber trieb mich vor sich her.

Wie sieht es bei Ihnen aus? Erhalten Sie die TÜV-Plakette der Achtsamkeit mit sich selbst? Sind Sie zufrieden mit der Art und Weise, wie Sie sich selbst behandeln? Lieben und akzeptieren Sie sich voll und ganz, mit Ihren Stärken und vermeintlichen Schwächen? Sind Sie ein Fan von sich selbst?

Bei einer objektiven Betrachtung ist es oft ernüchternd, wie lieblos wir mit uns selbst umgehen. Seien Sie ehrlich: Haben Sie heute Morgen nur Gutes über sich und Ihr Aussehen gedacht, als Sie sich im Badezimmer zurechtgemacht haben? Die Kommentierung unseres eigenen Aussehens ist meist geradezu erbarmungslos erniedrigend. Niemals würden wir so das Aussehen eines anderen beurteilen. Doch uns selbst tun wir dies an und bauen damit gleichzeitig unbewusst ein Stück unseres Selbstwerts ab. Tag für Tag. Gehen überkritisch und hartherzig mit uns selbst um. Reden uns ein, wir wären nicht klug, hübsch, schlank oder begabt genug. Können uns weit zurückliegende Fehler nicht verzeihen, Vergangenes nicht loslassen und zeigen uns selbst gegenüber keine Wertschätzung. Führen negative Selbstgespräche und greifen uns in Gedanken selbst an. Halten an Selbstzweifeln fest, die uns innerlich einschränken. Verzeihen anderen vermeintliche Schwächen, nur uns selbst nicht, denn bei uns selbst ist Perfektion gerade gut genug. Dabei kann niemand nur Stärken haben. Die Welt wäre ein schrecklich langweiliger Ort, wenn dies anders wäre.

Wie gehen Sie den ganzen Tag lang mit sich selbst um? Arbeiten auch Sie fortwährend „To-do“-Listen ab, auf denen alles Mögliche steht, nur nicht der Punkt „Zeit für mich“? Lassen Sie sich von negativen Gedanken Energie abziehen? Richten Sie den Fokus eher auf Ihre angenommenen Schwächen als auf Ihre Stärken? Schieben Sie die eigenen Wünsche und Gefühle auf? Was tun SIE eigentlich für sich selbst?

Nehmen Sie sich Zeit, an sich zu denken, ohne dabei egoistisch zu sein. Denn es ist Ihr Leben. Das einzige, was Sie haben.

Was wäre, Sie würden die ganze Energie, die Sie tagtäglich in Grübelei, Unzufriedenheit oder Angst investieren in eine andere Richtung lenken? Was aus Ihrem Leben wird, haben Sie selbst in der Hand. Überlegen Sie sich, wie Sie leben wollen; Sie haben die Wahl. Das ist Freiheit, denn Freiheit bedeutet, eine Wahlmöglichkeit zu haben. Sie können sich weiter selbst missachten und von einem bewussteren Leben nur träumen. Oder Sie können jetzt, in diesem Moment, sagen: „Ich werde dieses Leben haben! Ich werde alles daran setzen, es zu erreichen.“ Überlegen Sie es sich gut. Sie haben nur eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung. Wie Sie diese gestalten, liegt an Ihnen. Sie entscheiden. Dass Sie nun genau dieses Buch in den Händen halten, zeigt, dass Sie etwas ändern wollen. Also, nutzen Sie die Chance und tun Sie es.

Wann haben Sie sich das letzte Mal für etwas, das Sie getan haben, selbst gelobt und waren so richtig zufrieden mit sich selbst? Meist kehren wir die eigenen Erfolge, ob kleine oder große, unter den Teppich. Vergleiche mit anderen, die noch bessere Leistungen erzielt haben, ziehen wir stattdessen schnell. Egal wie bemerkenswert unsere Leistung auch war, stehen wir so stets schlecht da. Wir sind Meister der Selbstsabotage und bemerken dabei gar nicht, wie sehr wir uns damit schaden. Wir verhindern unser Glück, indem wir uns selbst links liegen lassen und nicht beachten.

Doch änderbar ist vieles. Eine Studie der Universität Zürich in der Schweiz zeigt, dass Zufriedenheit trainierbar ist. 180 Männer und Frauen trainierten zehn Wochen lang gezielt bestimmte Charakterstärken wie Optimismus, Dankbarkeit und Humor. Um Dankbarkeit zu schulen, mussten sich die Teilnehmer zum Beispiel mit ihrem Sitznachbarn darüber austauschen, wie sie in einer bestimmten Situation Dankbarkeit erlebt hatten. Vor und nach den zehn Wochen Training füllten sie Fragebögen zu ihrer Lebenszufriedenheit und ihrem Wohlbefinden aus. Das Ergebnis: Die Teilnehmer waren nachher glücklicher, heiterer und häufiger positiver Stimmung. Jeder ist seines Glückes Schmied. An dieser Redewendung ist also etwas Wahres dran.

Da wir unser Glück selbst in der Hand haben, beeinflussen wir dadurch maßgeblich auch unseren Gesundheitszustand. Forscher der Columbia University in New York haben in einer Langzeitstudie mit 1739 gesunden Erwachsenen bestätigt, dass glückliche und zufriedene Menschen seltener Herzkrankheiten bekommen. Je positiver die Lebenseinstellung der Teilnehmer war, desto geringer erwies sich das Risiko für einen Infarkt oder eine schlechte Durchblutung der Herzkranzgefäße. Da sich innere Zufriedenheit und Optimismus günstig auf die Gesundheit auswirken, gilt es dafür etwas zu tun. Glück und gute Laune kann man allerdings nicht kaufen, wir sind in diesem Punkt ganz allein verantwortlich und müssen daher bewusst dem Kreislauf des negativen Denkens und der Unachtsamkeit entrinnen.

Wichtig ist hierbei, wie bei jeder Änderung, dass man sich ganz bewusst festlegt. Ja oder Nein. Hin zu einem besseren Umgang mit sich selbst oder eben nicht. Eine wirkungsvolle Veränderung ist kaum zu erreichen, wenn man es gleichgültig und nicht voller Elan angeht. Das ist vergleichbar mit halbherzig gemeinten Silvestervorsätzen, die oftmals nur so daher gesagt sind. Meist halten die Vorsätze nur ein oder zwei Tage und dann ist alles wieder beim Alten. Weil sie nicht zu hundert Prozent gewollt waren, weil sie nicht aus tiefstem Herzen kamen, weil nicht alles daran gesetzt wurde, sie zu erreichen. Entscheiden Sie sich also bewusst dazu, es vollen Herzens anzugehen. Zeigen Sie die Bereitschaft, etwas für sich zu tun und bleiben Sie am Ball. Genauso wie man nicht Klavier spielen lernen kann, wenn man nur ab und zu mal ein bisschen übt, erbringt auch ein gleichgültiges Angehen der Veränderung des Umgangs mit sich selbst nicht das beste Resultat. Und das Beste haben Sie selbst ja wohl verdient, oder?

Hätte ich mich nicht ganz klar dazu entschieden, Verantwortung für mein Leben zu übernehmen, würde ich wahrscheinlich immer noch so unachtsam mit mir selbst umgehen. Nun erfüllen mich Optimismus, Freude, Liebe zum Leben und zu mir selbst und geben mir Kraft und Zuversicht. Ich wünschte, ICare wäre eher in mein Leben getreten, denn so hätte ich mir vieles erspart, was kontraproduktiv für mich und auch mein Umfeld war. Doch es ist niemals zu spät, Änderungen herbeizuführen. Wenn man sich immer nur Optionen freihält, kann man nichts verändern im Leben. Nur was einem bewusst ist, kann man auch bewusst verändern. Entscheiden Sie sich also für einen besseren Umgang mit sich selbst, anstatt eines „vielleicht“ oder „mal sehen“. Nehmen Sie das Heft selbst in die Hand und begeben Sie sich auf den Weg. Kleine positive Veränderungen können Sie dabei sofort erzielen, das ist nicht schwer. Um hartnäckige negative Denkmuster, die schon verinnerlicht wurden, abzulegen, ist ein ausdauerndes Training erforderlich. Schritt für Schritt. Und ICare bietet Ihnen das optimale Rüstzeug dazu!

Freuen Sie sich, wenn Sie den Entschluss gefasst haben, etwas für sich zu tun. Ein buddhistisches Sprichwort sagt: „Der Tag, an dem Du einen Entschluss fasst, ist Dein Glückstag.“ Seien Sie stolz auf sich. Der erste Schritt in ein neues achtsames Leben ist getan, weil Sie sich dazu entschlossen haben.

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