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Was ist Yoga?

Wie übe ich Yoga?

Was kann ich erreichen durch Yoga?

Wie kann ich mich weiterentwickeln durch Yoga?

Fragen, auf die man in der Philosophie des Yoga Antworten finden kann und die sich sicher auch immer wieder, auch nach vielen Jahren des Übens, stellen. Da mich dieses Thema schon viele Jahre begleitet, schrieb ich auch meine Abschlussarbeit zu meiner Yogalehrerprüfung darüber. Einiges davon findet sich nun hier wieder. Ich möchte mit einem kleinen Überblick der sogenannten Weisheitstexte beginnen:

Es gibt vier große Schriften, die in den meisten Yogalehrerausbildungen, zumindest im Ansatz, gelehrt werden:

die Upanishaden,

die Bhagavad Gita,

das Yoga Sutra und

die Hatha Yoga Pradipika.

Diese Aufzählung entspricht auch der Reihenfolge ihrer Entstehung. Um einen Einblick zu bekommen, werden wir uns die vier Schriften kurz anschauen und sie in Bezug zueinander setzen.

Die Upanishaden sind Teile der Veden. Die vier Veden sind die wohl ersten indischen Weisheitstexte, die mit Yoga in Verbindung gebracht werden und sind der Grundstock der indischen Kultur. Datiert werden sie auf etwa 1.500 vor Christus, somit entstanden sie vor ca. 3.500 Jahren. Die Upanishaden entstanden etwa ab dem sechsten Jahrhundert vor Christus und werden bis heute als Grundlagentexte des Yoga angesehen. Wörtlich übersetzt heißt upa-ni-sad nahe sitzen oder bei den Füßen sitzen oder auch das, was mir am nächsten ist.

Denn zur damaligen Zeit wurde das Wissen nur in der direkten Schüler-Lehrer-Beziehung weitergegeben, somit erklärt sich auch der Name. Sie umfassen 108 Texte und ihr Begründer soll Brahman selbst, das Unzerstörbare und Zeitlose, sein. In den Upanishaden spricht kein Gott, sondern es wird vom Göttlichen gesprochen. Sie gelten als „Gehörtes“ und damit als Teil der Offenbarung (die Veden wurden von sogenannten Rishis (Sehern) empfangen).

In den Texten wird der Begriff Atman benutzt, um das Selbst zu beschreiben, denn genau darum geht es hier: das Selbst erkennen. „Während das Ego sich den Bedingungen der äußeren Welt unterwirft und sich von Triebkräften regieren lässt, die ihm mehr oder (meist) weniger bewusst sind, ist der Atman der ‚innere Herrscher‘, der keinen Bedingungen der äußeren Welt und keinen inneren Triebkräften – auch nicht denen der Gefühle oder des Verstandes – gehorcht. … Im Kontakt mit unserer innersten Essenz wissen wir: ‚Ich bin‘“ (Trökes, 2013, S. 73).

Brahman hingegen ist gleichbedeutend mit der Weltseele, dem Absoluten. Atman = Brahman, so beschrieben auch als Sat – Chit – Ananda = Sein – Bewusstsein – Glückseligkeit, heißt: sich seiner selbst bewusst zu sein, führt zur Glückseligkeit!

Als besonders bedeutsam für die Yogapraxis in den Upanishaden gilt die Zügelung der Sinne und die Beruhigung des Geistes, dies findet sich auch in den späteren Yogaschriften (Bhagavad Gita, Yoga Sutra, Hatha Yoga Pradipika) wieder.

Die Bhagavad Gita bedeutet der Gesang des Erhabenen und besteht aus 700 Versen, die in 18 Kapitel unterteilt sind. Sie ist eingebettet in die Mahabharata, einem 100.000 Doppelverse umfassenden indischen Epos. Sie zählt zu den Smriti-Texten, den erinnerten Texten. Datiert wird sie meist auf 400 vor Christus bis 200 nach Christus. Sie entstand auf der Grundlage des Wissens der Veden und Upanishaden und baut in ihrer Begrifflichkeit in weiten Teilen auf diesen auf. Sie zählt zur Vedanta (Ende der Veden).

Lord Krishna unterweist hier als Lehrer und Manifestation Gottes in einem Zwiegespräch seinen Freund Arjuna, wie er ein spirituelles Leben führen soll. Dies soll durch die Erfüllung seiner Pflichten im Leben geschehen, sodass er zu Gott und dem Höchsten findet und Befreiung erlangen kann.

„Sein Ewigkeitswert besteht darin, dass er den Menschen nicht mehr wie in den Upanishaden in der Waldeseinsamkeit, sondern vielmehr auf dem Schlachtfeld des Lebens mit all seinen Problemen abholt und ihm Erkenntnismittel und Handlungsoptionen anbietet, die echte Lösungen darstellen“ (Trökes, 2013, S. 105).

Durch das Innehalten und das Zurückziehen seiner Sinne kann Arjuna sich wieder mit seinem innersten Wesen (Atman) und der höchsten Weisheit (Brahman) verbinden. Wichtig in der Gita ist die Übernahme von Verantwortung in unserem Tun! So heißt es auch in einem berühmten Vers: „Es ist besser, die eigene Pflicht unvollkommen, als die Pflicht eines anderen gut zu erfüllen“ (III.35).

Das Yoga Sutra gilt als einer der bedeutendsten Grundlagentexte der Yogalehre. Über seinen Autor Patanjali ist so gut wie nichts bekannt, er soll es vor ca. 2.000 Jahren verfasst haben.

Allerdings gibt es auch andere Meinungen, die vermuten, dass das Yoga Sutra von mehreren Gelehrten verfasst wurde und Patanjali nur der Führer der Gelehrten war. Andere hinterfragen gar, ob Patanjali wirklich gelebt hat oder er nur als Name für mehrere Autoren dient.

Das Yoga Sutra stellt eine Art Leitfaden auf dem Weg des Yoga dar. In 195 Sutren, die in vier Kapitel unterteilt sind, zeigt uns Patanjali einen Weg auf, der uns helfen soll, unser „Leiden“ zu verringern und unser CITTA, das meinende Selbst, zu erforschen und weiter zu entwickeln. Patanjali erklärt keine Asanas (Körperübungen), sondern beschreibt den inneren Weg zur Veränderung.

Mit dem achtfachen Pfad bekommen wir einen Übungsweg an die Hand, der uns helfen soll, die innere Zufriedenheit zu erreichen. Die ersten beiden Empfehlungen Yama und Niyama sind ihrerseits noch einmal in fünf Unterpunkte unterteilt. Wichtig hierbei ist jedoch, diese sollen an unsere Einsicht, möglichst achtsam und bewusst zu leben, appellieren. Die Umsetzung muss jedoch jeder für sich selbst finden. So können diese Verhaltensregeln auch sehr starr und akribisch ausgelegt werden, was jedoch, für mein Empfinden, nicht im Sinne des Yoga wäre.

Der achtfache Pfad ist wie folgt gegliedert:

1.Yama: Das Verhalten gegenüber anderen Menschen

(Ahimsa = Gewaltlosigkeit, Satya = Wahrhaftigkeit, Asteya = nicht stehlen, Brahmacharya = das richtige Maß finden und Aparigraha = nicht horten)

2.Nyama: Das Verhalten uns selbst gegenüber

(Shauca = Reinheit, Santosha = Zufriedenheit, Tapas = Selbstdisziplin, Svadhyaya = Selbstreflexion, Ishvara Pranidhana = Vertrauen)

3.Asana: Körperübungen

4.Pranayama: Atemübungen

5.Pratyahara: Zurückziehen der Sinne

6.Dharana: Konzentration

7.Dhyana: Meditation

8.Samadhi: Zustand innerer Zufriedenheit

Die Hatha Yoga Pradipika entstand um das 15. Jahrhundert und wurde von Swami Svatmarama verfasst. Sie besteht aus 643 Versen und ist in vier Kapitel unterteilt:

1. Kapitel: Die Bedeutung von Hatha Yoga und die Voraussetzungen hierfür (Yamas und Niyamas, Ernährung, Asanas)

2. Kapitel: Erläuterung von Pranayama und den Kryas (Reinigungstechniken)

3. Kapitel: Erläuterung der Energielenkung (Kundalini) bzw. ihrer Erweckung, sowie Mudras (Handgeste) und Bandhas (Verschlüsse)

4. Kapitel: Erläuterung von Meditationstechniken (Pratyahara, Dharana, Dhyana, Samadhi, Nada Yoga)

Im Gegensatz zu den ersten drei beschriebenen Texten liegt der Schwerpunkt der Pradipika auf der Praxis, es werden uns genaue Anleitungen zum Üben an die Hand gegeben. Allen Texten gemeinsam ist die Schulung auf das Zurückziehen der Sinne: Pratyahara. Hier zeigt sich auch, wie eng die Texte doch miteinander verknüpft sind.

Das Schöne ist, meiner Meinung nach, dass jeder Mensch für sich seine „Lehren“ für seine Weiterentwicklung aus den Schriften ziehen kann. Es lohnt sich, sich tiefer mit ihnen zu beschäftigen, wobei ich auch feststellen konnte, dass vieles nach und nach erst begreifbar wird und man die Texte häufig wieder zur Hand nehmen muss und sich damit beschäftigen sollte, um irgendwann mehr und mehr an ihre Essenz zu gelangen.

Oder um den inspirierenden Eberhard Bärr zu zitieren: „Es geht nicht darum, ein guter Mensch zu werden, sondern ein klarer. Ein klarer Mensch ist nicht beeinflussbar! Hier gibt es nichts zu glauben, sondern es geht um Selbsterforschung“ (dieses Zitat stammt aus einem Seminar, das ich bei Eberhard im Frühjahr 2020 besucht habe).

Ich kann nur empfehlen, Eberhard einmal auf einem Seminar zu begegnen. Für mich ist er einer der Menschen, die sich hier bei uns im Westen so tief mit den Weisheitstexten befasst und auseinandergesetzt haben, wie vielleicht kaum ein anderer und diese auch wunderbar anschaulich nahebringen kann!

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