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4.1Der Yogaweg des Patanjali oder wo bitte geht es zu Samadhi?

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Bevor wir als Yogalehrer, Coach, o. Ä. andere Menschen begleiten, ist es, aus unserer Sicht notwendig, sich selbst gut zu kennen. Deshalb beginnt dieses Buch mit dir und deiner (Helden-)Reise! Das Yoga Sutra des Patanjali (im Weiteren YS abgekürzt) ist neben der Hatha Yoga Pradipika (HYP) wohl eines der wichtigsten Werke des Yoga.

Während die Pradipika sich dem Hatha Yoga widmet und hier diverse Asanas sowie auch Pranayama und eine yogische Lebensweise erläutert werden, so stellt das Yoga Sutra eine Art Leitfaden auf dem Weg des Yoga dar. Darin zeigt Patanjali einen Weg auf, der uns helfen soll, unser Leiden zu verringern und unser CITTA, das meinende Selbst, zu erforschen und weiter zu entwickeln. Patanjali erklärt keine Asanas, sondern beschreibt den inneren Weg zur Veränderung.

„yogah cittavrtti-nirodhah“ – Yoga Sutra 1.2

Yoga ist der Zustand, in dem der Geist zur Ruhe kommt.

Das Sutra 1.2 macht sehr deutlich, worauf es im Yoga im Wesentlichen ankommt: den Geist zur Ruhe kommen zu lassen. Doch was so einfach klingt, ist es bei Weitem nicht. „Man kann nicht nichts denken“, ist ein bekannter Satz. Und jeder, der beginnt, zu meditieren bzw. versucht, sich eine Entspannungstechnik zu erschließen, kennt das Phänomen des sogenannten Affengeistes. Ich will mich vom Alltagsstress befreien und plötzlich schießen hundert Gedanken durch meinen Kopf und machen es natürlich unmöglich, den Kopf frei zu bekommen, an Entspannung ist jetzt nicht mehr zu denken.

Was also kann ich tun? Patanjali sagt, es benötigt beharrliches Üben (Abhyasa), um die Willenskraft zu mobilisieren sowie auch Gleichmut (Vairagaya), um das Ziel mit Gelassenheit und Abstand zu erreichen.

„tasya prasanta-vahita samskarat“ – 3.10

Durch wiederholtes Üben bleibt der meditative Zustand stabil.

Yoga kann uns lehren, zu erkennen, mit welchen Sichtweisen und Überzeugungen wir uns identifizieren und in welchem Maß wir daran (an-)haften. Hier erklärt er uns, dass das, was wir im Geist zusammengefügt haben, eben auch nur mit diesem Geist zu lösen ist. Diesen Prozess nennt er „Auflösung der Anhaftung“ (kaivalya). Haben wir uns durch Einsicht und Einüben von der Anhaftung gelöst, so können wir zwar zur selben Sichtweise bzw. demselben Verhalten zurückkehren, doch nun haben wir die Wahl: Wollen wir diese Sichtweise beibehalten oder wählen wir eine andere?

Dies entspricht im weiteren Sinne auch den Erkenntnissen der neueren Psychologie und Neurowissenschaften. Dies ist eine wichtige Erkenntnis: Wir sind nicht ausgeliefert und müssen erleiden bzw. erdulden, was uns geschieht. Wir haben die Wahl! Natürlicherweise hat jede Wahl immer auch eine Konsequenz.

Ich kann mir beispielsweise nicht im Supermarkt den Einkaufswagen vollladen und durch die Kasse marschieren, ohne zu bezahlen! Doch dass wir die Wahl haben, bedeutet gleichsam auch, dass wir die Verantwortung tragen! Und das möchten die meisten lieber nicht so gerne, denn dann bin schlussendlich ich selbst für mein Tun und Handeln verantwortlich und kann nicht das arme Opfer der Umstände sein. Das bedeutet, ich muss mir auch der Tragweite meiner Entscheidungen bewusst sein.

Ein Beispiel: Wenn ich gerne Fleisch esse, muss ich die Konsequenz tragen, dass für meinen Genuss ein Tier getötet wird. Und hier kommt die nächste Wahl: Woher stammt mein Fleisch? Wie wurde das Tier getötet? … etc.

Dazu passt auch die Diskussion über Tierversuche. Bin ich dafür oder dagegen? Sind Tierversuche okay, wenn sie Menschenleben retten? Mache ich einen Unterschied, welches Leben dafür „benutzt“ werden darf (z. B. eine Ratte: ja; ein Hund: nein)?!

Es geht an dieser Stelle nicht darum, zu bewerten, welche Meinung richtig oder falsch ist. Es geht nicht darum, Menschen zu ver- oder zu beurteilen oder ihnen zu sagen, wie es richtig ist, aber jeder Mensch sollte sich darüber im Klaren sein oder werden, dass er die Wahl hat und diese Wahl IMMER eine Konsequenz hat!

Aufgrund der Plastizität (Veränderbarkeit) unseres Gehirns sind wir in der Lage, uns immer wieder die geistige Verfassung zu schaffen, in und mit der wir gerne leben möchten.

Die geistigen Aktivitäten werden im Yoga VRITTI genannt, diese werden unterteilt in:

richtige Wahrnehmung (pramana);

irrtümliche Wahrnehmung (viparyaya);

Ideen und Konzepte (vikalpa);

Schlaf, mentale Abwesenheit (nidra) und

Erinnerung (smriti).

Die Ursachen unseres Leidens (KLESAS) sind meist tief sitzende Kräfte, die unser Denken und Handeln beeinflussen. Das Yoga Sutra nennt fünf Klesas:

Unwissenheit (avidya);

Ich-Haftigkeit (asmita);

Anziehung, Begierde, Haben-Wollen (raga);

Ablehnung, Vermeiden-Wollen (dvesha) und

Angst vor dem Tod (abhinivesha).

AVIDYA, die Unwissenheit, wird hier als die Wurzel aller nachfolgenden Klesas genannt. Das bedeutet, dass wir uns durch Wissen neue Möglichkeiten erschließen. Wir werden handlungsfähig und dadurch haben wir eine Wahl.

Aufgrund unserer tief sitzenden inneren Glaubenssätze und Denkmuster verfallen wir, trotz besseren Wissens, häufig in ungünstige Verhaltensmuster und stehen uns dadurch quasi selbst im Weg. Um unser Potenzial entfalten zu können, lohnt es sich also, sich dieser (Klesas) bewusst zu werden und sie als innerer Beobachter wahrzunehmen und als ersten Schritt als zugehörig zu akzeptieren. Diese Erkenntnis deckt sich mit vielen Erkenntnissen der Psychologie, wie wir noch sehen werden.

Unser Körper und unser Gehirn funktioniert im Groben noch genauso wie in der Steinzeit. Schon damals war es für uns überlebenswichtig, beispielsweise guter von schlechter Nahrung zu unterscheiden, und diese auch zu bewerten. Angst ist ebenfalls ein guter Ratgeber, denn sie macht uns achtsam und vorsichtig, solange sie in einem gesunden Maß vorhanden ist. Deshalb geht es auch nicht darum, dies abzuschalten. Wir sollten uns bewusst werden, welche alten Glaubenssätze und Denkmuster wir haben, um nicht ihnen alleine die Regie in unserem Leben zu übergeben. Wie das gehen kann, erfährst du im Verlauf des Buchs.

Yoga trifft Coaching

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