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Und, was hast du?

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Diese Spannung trägt zu dem großen Druck bei, der in Schulen heute vielfach spürbar ist. Schon ab der zweiten Klasse geht es um den Übergang auf das Gymnasium, in Klasse fünf und sechs um den Verbleib auf demselben und später um den besten Abischnitt. Konkurrenz und Vergleich sind allgegenwärtig. Meine Tochter, durchaus eine »gute« Schülerin, sagte auf die Frage, was sie an Schule am meisten stört: »Die Frage: Und, was hast du?« Nach jeder Arbeit und jeder Zeugnisvergabe beginnt das große Vergleichen: Wer ist besser als der andere? Die Vergleiche erzeugen Druck – und der tut ihr nicht gut. Anderen auch nicht, wie sie aus Gesprächen mit ihren Freundinnen und Klassenkameraden weiß. Nicht selten kommt dann noch Druck von zu Hause dazu. Eine Mitschülerin darf bei einer Note schlechter als »gut« für vier Wochen nicht mehr zum Tanztraining gehen, sondern muss stattdessen lernen, ein Klassenkamerad sieht sich bei jeder schlechten Note mit Standpauken konfrontiert. Unterstützung sieht anders aus.

Doch auch Eltern stehen immer wieder am Rande des Nervenzusammenbruchs. Sie wollen das Beste für ihre Kinder und möchten für einen möglichst hohen Bildungsabschluss sorgen, damit ihre Kinder später ein gutes Leben haben. Eine Fokussierung auf Fachwissen, Noten und Vergleichstests wie PISA ist oft die Folge.

Der Druck aus den Elternhäusern kommt aber nicht nur bei den Kindern an, sondern genauso bei den Lehrerinnen und Lehrern. Sie müssen vorgegebene Lehrpläne erfüllen, Stoff durchackern, Fehler anstreichen und bewerten. Viel zu oft werden die Pädagogen in diesem System zu Defizitnachweisern, und das sehr häufig gegen ihre Überzeugungen. Sie wollen mehrheitlich etwas anderes, wollen ihre Schülerinnen und Schüler unterstützen auf ihrem Weg. Doch das ist kaum möglich, wenn schon wieder die nächste Klausur ansteht und der Lehrer wieder Noten geben muss.

Kinder brauchen zum Lernen Menschen, mit denen sie sich austauschen können und denen sie sich verbunden fühlen.

Sich dabei seine eigene Lust am Entdecken, Gestalten und Weiterentwickeln zu erhalten, ist alles andere als einfach – und doch so notwendig, um den Job zu machen. Denn Kinder – und nicht nur sie – brauchen zum Lernen neben Freiräumen für eigenes Denken und Raum zum Ausprobieren vor allem erfahrene Menschen, mit denen sie sich austauschen können und denen sie sich emotional verbunden fühlen.

Liebe Lehrerinnen und Lehrer, die Sie jeden Tag probieren, Ihren Schülerinnen und Schülern einer dieser Menschen zu sein: Danke. Ich ziehe den Hut vor der Arbeit, die Sie jeden Tag leisten. Leider zahlen Sie dafür oft einen hohen Preis.

Lebendigkeit entfesseln

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